Ene mene meck, und du bist weg

(wehmütige) Gedanken zum Buch von Janina Kugel
 

Urlaubslektüre 2021 – ganz weit oben im Koffer lag das Buch „It’s now. Leben. Führen. Arbeiten“ von Janina Kugel. Fazit: Es ist spannend, einen Blick in die Welt der Wirtschaftslenker:innen zu erhaschen, allerdings kam Wehmut beim Lesen der Lektüre hoch.
 

Janina Kugel, viele Jahre Mitglied des Vorstands und Arbeitsdirektorin bei Siemens, nun Aufsichtsrätin, Beraterin, Speakerin und Buchautorin. Ihr Buch „It’s now. Leben. Führen. Arbeiten“. enthält spannende Einsichten, einen sehr differenzierten Blick auf Führung und viele Einblicke in Innovatives, das sie auf den Weg gebracht hat. Und am Ende frage ich mich: warum ist sie keine Vorständin mehr, mit all ihrem Wissen, ihren klugen und reflektierten Sichtweisen und ihren grandiosen Erfahrungen?
 

Ene mene meck, und Du bist weg: manchmal fühlt frau sich an den Kinderabzählreim erinnert, wenn schon wieder eine der wenigen Vorständinnen ein Unternehmen verlässt. Muss das sein, auch wenn wir uns in den vergangenen Jahren schon fast dran gewöhnt haben?
Veränderungen, das Lieblingsthema, bei dem Janina Kugeln uns in ihrem Buch mitnehmen möchte. Warum stellt sie aber nicht in Frage was längst hinterfragt gehört? Macht es Sinn, dass die klugen Köpfe nur dann in die Vorstände kommen, wenn sie sich mit Haut und Haaren dem Job verschreiben? Brauchen wir nicht neue Ansätze wie Top-Sharing, damit die Vorstandsfrauen nicht alle nach ein paar Jahren das Handtuch werfen? Wie passt es zusammen, dass einerseits massiv für eine Frauenquote gekämpft wird, es dann aber jeder einzelnen Frau überlassen bleibt, in den nach wie vor männlich geprägten Systemen zu überleben?
 

Vorstandposten als Schleudersitz

 

Wir brauchen nicht noch mehr Ex-Vorständinnen, die kluge Bücher schreiben, inspirierende Reden halten, sondern wir brauchen Vorständinnen, die es bleiben, wenn nicht in einem Unternehmen, dann in einem anderen. Wie wollen wir denn Frauen ermutigen, diesen Weg zu gehen, wenn ein Vorstandsposten als Schleudersitz wahrgenommen wird, aber nicht mit sicherer Landung, sondern nur mit Rückgratverkrümmungsoption.
Interviews mit amtierenden und ehemaligen Vorständinnen, die von Cross Consult in den letzten Jahren geführt worden sind, haben gezeigt, dass vor allem eine gute Vernetzung, klare Wahrnehmung von Mission Impossibles, Unterstützung durch Coaches, und weitreichende Kenntnisse zu Macht- und Mikropolitik hilfreich sind, um in eisigen Höhen nicht nur zu überleben, sondern gut zu leben.
 

It’s now Frau Kugel, um gemeinsam darüber nachzudenken, wie das gelingen könnte. Wir freuen uns auf den Dialog.
 

Janina Kugel: „It´s now: Leben, führen, arbeiten – Wir kennen die Regeln, jetzt ändern wir sie“.
Ariston Verlag. 216 Seiten,

https://www.penguinrandomhouse.de/Buch/Its-now/Janina-Kugel/Ariston/e587173.rhd
 

Autorin: Dr. Nadja Tschirner

Netzwerken – mutig, vielschichtig, lebendig

Christiane Wolff ist aus unserer Sicht eine Netzwerk-Ikone. Warum sie Frauennetzwerke für so wichtig hält, erzählt sie uns in diesem Interview.

 

CC: Frau Wolff, Sie sind seit kurzem selbständig als Kommunikations- und Positionierungsexpertin und haben lange Zeit in Führungsrollen in Agenturen gearbeitet – zuletzt als Chief Marketing Officer DACH für die Agenturgruppe Dentsu. Sie sind aber auch seit 20 Jahren die Netzwerk-Ikone, die Frauen mit ihren Netzwerken stets ermutigt sichtbar zu werden, über ihre Herausforderungen zu sprechen und sich gegenseitig zu unterstützen. Welche Bedeutung haben für Sie Frauennetzwerke?

 

Ch. Wolff: Netzwerken bedeutet für mich extrem viel. Für meine berufliche Karriere, aber auch für mich persönlich. Mein Netzwerk gibt mir die Freiheit, das zu tun, was ich wirklich tun möchte. Fast alle meine beruflichen Schritte habe ich aufgrund meines Netzwerks gemacht und auch in meinen jeweiligen beruflichen Positionen hat mir mein Netzwerk immer wieder neue Impulse, Inspirationen und natürlich auch Ideen und Antworten gegeben, wenn ich nicht weiter wusste.
Es ist eine ständige Inspiration und Unterstützung, die ich für meine Karriere als elementar empfinde. Ein Netzwerk aufzubauen und zu pflegen erfordert viel Hingabe, Zeit und Engagement. Aber gibt mir als Geschenk so viel zurück, dass ich ohne mein Netzwerk nicht die Person wäre, die ich heute bin, und nicht dort wäre, wo ich heute bin.
Und mich jetzt selbständig zu machen, als Kommunikationsexpertin für Positionierung von CxOs und Führungskräften und natürlich auch weiterhin als Ambassador für dentsu, ist durch mein Netzwerk ein viel leichterer Schritt gewesen!

 

CC: Sie waren beim Thema Frauennetzwerke vor 20 Jahren ganz vorne mit dabei und haben seitdem zahlreiche Frauen inspiriert sich zu vernetzen. Was nehmen Sie selbst für sich aus dem Netzwerken mit?

 

Ch. Wolff: Netzwerken ist erst mal ganz viel Geben. Als Mensch – das sehe ich immer als eine Einheit, meine persönliche und meine berufliche Seite – überlege ich zunächst, wofür ich stehe und was meine Expertise ist und welche Erfahrungen ich in ein Netzwerk hineingeben kann. Das ist für mich immer der erste Schritt.
Und wenn ich offen bin und auf Menschen zugehe und Ihnen meine Unterstützung anbiete, mich einbringe und engagiere, dann bekomme ich diese Unterstützung in den meisten Fällen eben auch zurück. Daher habe ich ganz viel aus meinen Netzwerken mitnehmen dürfen – bis heute. Von großartigen Jobangeboten über tolle Kooperationsideen bis zur Unterstützung bei ganz kleinen Anfragen, die im täglichen To-do anfallen. Das kann eine Location sein, ein Kontakt oder eine Expertin, die ich für ein bestimmtes Thema suche.

 

CC: Gibt es aus Ihrer Sicht Unterschiede zwischen Frauennetzwerken und Netzwerken, die männlich geprägt sind?

 

Ch. Wolff: Ich erlebe in Frauennetzwerken wahnsinnig viel Offenheit und Authentizität. Das empfinde ich als sehr positiv und vertrauensvoll. Ich habe das Gefühl, Netzwerke sind für Frauen auch heute ein wichtiger Ort, um sich wirklich öffnen zu können und mit Gleichgesinnten über auch sensible Themen sprechen zu können. Daher haben aus meiner Sicht Frauennetzwerke auch weiterhin eine absolute Berechtigung und einen sehr relevanten Wert. Ich kann das natürlich bei Männern nur von außen betrachten. Und habe hier das Gefühl, dass Männer sich entspannter unterstützen. Sei dies ein neuer Job, ein Kontakt oder eine Empfehlung. Und es auch als selbstverständlich zu sehen, bei bestimmten Tätigkeiten oder Unterstützungen eine Rechnung zu stellen. Da tun wir Frauen uns in beiden Punkten noch sehr schwer.

 

CC: Was können Männernetzwerke von Frauen lernen und was können Frauennetzwerke von Männern lernen?

 

Ch. Wolff: Das sind genau die beiden Punkte, die ich oben genannt habe. Ich glaube, wir Frauen dürfen und müssen uns noch viel selbstverständlicher gegenseitig empfehlen und für neue Jobs, Positionen oder Projekte ins Gespräch bringen. Ich weiß auch nicht genau, warum wir uns hier so schwertun. Ist es die Angst, jemanden zu empfehlen, ohne sicher zu sein, dass sie die Rolle auch erfolgreich erfüllt? Hier habe ich noch keine wirkliche Antwort oder auch Lösung gefunden.
Und ich glaube, Männer können sich bei uns eine Scheibe abschneiden, wenn es darum geht, eigene Ängste und auch Fehler öffentlich zu machen und darüber im vertrauten Kreis zu sprechen.

 

CC: Nach einer Phase als selbständige Unternehmerin und Ihrer Rolle als CMO Dach bei dentsu haben Sie nun eine neue Herausforderung als selbständige Kommunikationsberaterin gesucht und gefunden. Sie sind zudem auf allen Social Media Kanälen aktiv und organisieren zahlreiche Netzwerkevents. Was treibt Sie an? Woraus schöpfen Sie Energie?

 

Ch. Wolff: Ich liebe es, Menschen zusammen zu bringen, sie miteinander zu vernetzen, Neues zu entwickeln und entstehen zu lassen und dies auch auf die Straße zu bringen. Mich treibt an, aus jeder Begegnung und mit jedem Menschen das Besondere heraus zu spüren und zu merken, wo sie oder er auf ähnlichen Themen unterwegs ist oder sich unterstützen und ergänzen kann. Ich glaube, wir sind im Miteinander viel stärker, kreativer, innovativer und erfolgreicher unterwegs. Daher glaube ich an die Kraft der Begegnung und sowohl an das berufliche als auch menschliche Wachstum, das aus dem persönlichen Austausch entsteht. Hier erwächst so viel Energie und diese Energie fasziniert mich und treibt mich an.
Deswegen mache ich mich jetzt auch genau mit diesem Thema selbstständig. Aus Menschen Marken zu machen, sie aus ihrer beruflichen Brille, aber auch aus ihrem menschlichen Sein mit allen Werten und ihrer Haltung eine Persönlichkeitsmarke gemeinsam zu entwickeln und diese dann mit allen Kräften in die richtigen Kanäle und auf die relevanten Plattformen zu bringen. Potentiale zu sehen und gemeinsam zu entwickeln – das gibt mir extrem viel Energie!

 

CC: Sie waren in vielen männerdominierten Organisationen als weibliche Führungskraft aktiv. Was sind Ihre Learnings? Wie kann es gelingen, in solchen Organisationen als Frau erfolgreich zu sein?

 

Ch. Wolff: Ich kann es zwar nicht belegen und habe hier auch keine Statistik, ich habe aber schon das Gefühl, dass wir Frauen oftmals noch besser, noch schneller und noch erfolgreicher sein müssen, um an die Spitze zu kommen. Für mich sind es neben einer persönlichen Begeisterung für meinen Job auch immer die Thinking out of the box-Ideen und Momente, die Frauen aber natürlich auch jeden Mann sichtbarer werden lassen. Einen USP in seiner Rolle zu finden und diesen auch sichtbar zu machen. Und einen schlauen Match zu finden zwischen den Werten, für die ich stehe und den Anforderungen an meinen Job und meinen beruflichen Zielen.
Sichtbarkeit zu erreichen ist auch für Frauen im Job aus meiner Sicht nicht nur wichtig, sondern elementar. Sich ein internes und externes Netzwerk aufzubauen, ein persönliches Kompetenzteam für die wirklich heiklen Fragestellungen und auch über berufliche Erfolge zu sprechen und sie ebenso sichtbar zu machen. Hier tun sich Frauen aktuell in der Regel noch schwerer als Männer.
Es mit kleinen Schritten auszuprobieren und sich im Unternehmen Verbündete zu suchen, die sich gegenseitig pushen, kann ein guter Tipp sein. Sich vorzunehmen, in jedem Meeting ein Thema zu kommunizieren, sich innerhalb des Unternehmens zu vernetzen, mit Themen-Lunches beispielsweise oder sogar ein eigenes Netzwerk zu gründen, sind sicher auch gute erste Schritte. Daneben kann sich jede Mitarbeiterin mit ihrer Expertise auch als Thought Leader innerhalb und außerhalb des Unternehmens auch als Corporate Influencerin positionieren. Es gibt heute so viele Möglichkeiten und Kanäle, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen. Einfach starten und machen!

 

CC: Viele Männer haben in ihrer Sozialisation gelernt, dass sie über ihre Erfolge sprechen müssen, um gesehen zu werden. Viele Frauen hingegen haben Bescheidenheit immer noch als Tugend in sich verankert? Wie schaffen Sie es, Frauen zu ermutigen, mit ihren Erfolgen sichtbar zu werden, anstatt sich für ihre Erfolge zu schämen?

 

Ch. Wolff: Wir haben Jahrzehnte oder Jahrhunderte lang gelernt, nicht aufzufallen. Es wird sicher noch einige Zeit dauern, bis wir diese Haltung abgelegt haben. Sich selber darüber klar zu werden, dass ich frei nach dem Motto „Tue Gutes und sprich darüber!“ auch über erfolgreiche Projekte und erreichte Ziele im Job spreche und darauf stolz bin, ist für viele daher noch nicht selbstverständlich. Aber zu wissen, dass ich nur über eine gewisse Sichtbarkeit auch die nächsten beruflichen Schritte mache, hilft enorm. Und es hat sich zum Glück in den letzten Jahren einiges getan. Ich habe das Gefühl, es gibt sehr viele wunderbare und erfolgreiche Frauen, die dies auch gerne kundtun. Und das ist gut so. Sich hier Vorbilder zu suchen und zu schauen, wie sie es umsetzen, kann auch für die ersten Schritte in die Sichtbarkeit motivieren!

 

CC: Was hat Sie selbst in Ihrem Leben ermutigt, bzw. wer oder was hat Sie ermutigt Ihren Weg zu gehen?

 

Ch. Wolff: Meine Eltern waren sehr offene, mutige und abenteuerlustige Menschen. Und sie waren und sind mir ein großes Vorbild. Sie sind immer ihren Weg gegangen und sind dabei ihren Werten treu geblieben. Sie waren bereits in den 1960er-Jahren in New York, Pakistan und Afrika mehrere Jahre zum Arbeiten. In der damaligen Zeit hieß das noch etwas ganz anderes als in der heutigen globalen und digitalisierten Welt. Die Geschichten, die Erfahrungen und die Ideen, die sie davon mitgebracht haben und die ich miterlebt und aufgesogen habe, haben mich sicher stark geprägt.
Nach den Auslandsaufenthalten sind wir nach Offenbach gezogen. Und auch das Erwachsenwerden in dieser Stadt, die von Diversity und Migration schon seit den 1950er-Jahren geprägt wurde, hat mich sicher sehr in meinem Tun und Werden begleitet. Meine Schulzeit, wenn ich hier heute aus bayrischer Sicht zurückblicke, war auch eine sehr proaktive. Wir haben sehr viel eigene Projekte auf die Beine gestellt und durften uns sehr früh schon selber ausprobieren. Ich empfand das System dort sehr partnerschaftlich und motivierend.

 

CC: Frau Wolff, Sie haben früh erkannt, dass Netzwerke wesentlich dazu beitragen, Frauen zu stärken. Sie setzen sich darüber hinaus aber auch dafür ein, das Thema „GenderDiversity“ bei Ihren Arbeitgebern immer wieder auf die Agenda zu setzen. Was würden Sie Frauen mit auf den Weg geben, die das Thema vorantreiben möchten?

 

Ch. Wolff: Wir alle wissen, dass wir nur in diversen Teams wirklich kreativ, innovativ und damit auch erfolgreich sein können. Hier braucht es immer einen Kopf im Unternehmen, der das auch wirklich auf seine Agenda setzt. Hier helfen Vorbilder aus der obersten Geschäftsführung und drum sollte man sich hier unbedingt Verbündete holen. Und gemeinsam und vielleicht auch mit externer Unterstützung Projekte aufsetzen, die sich des Themas annehmen und auch wirklich ins Tun kommen.
Wir sind es ja gewohnt, groß zu denken und das ist auch gut so. Dennoch helfen hier vielleicht auch manchmal kleine Pflänzchen, wenn es nicht gleich das große Ganze geben kann. Und ich habe in meinem beruflichen Leben die Erfahrung gemacht, dass manches Mal Themen so lange diskutiert werden, dass dann am Ende gar nichts umgesetzt wird. Und hier lautet meine Devise: Es muss nicht immer alles gleich von Anfang an perfekt sein. Lieber 80-prozentig starten und mit einer Idee im Kopf loslegen und dann kann man auf dem Weg immer noch nachjustieren und korrigieren. Aber erst mal machen!
Auch bei diesem Thema hilft es sicher, sich mit Netzwerken auseinander zu setzen und auch dort um Unterstützung zu fragen. Hier gibt es ja zum Glück sehr viele tolle Initiativen und Projekte, die man anschauen und sicher auch Unterstützung bitten kann.

 

CC: Gibt es für Sie eine zentrale Erkenntnis zum Thema Frauen in Führung, die Sie gerne noch mit uns teilen möchten?

 

Ch. Wolff: Ich habe in dieser für uns sicher oft anstrengenden, weil immer digitalen Zeit gelernt, dass es hier fast noch wichtiger ist, auch über Gefühle zu reden und auch Persönliches zu zulassen. Führung heißt für mich miteinander und gemeinsam. Partnerschaftlich und auf Augenhöhe. Wir sind hier Begleiterin, Coach und Vorbild. Diese Rolle verlangt sehr viel Aufmerksamkeit und immer wieder auch Nachjustieren. Und es auch zu schaffen, in der nicht persönlichen Kommunikation den Menschen zu sehen und zu spüren und sie oder ihn wahrzunehmen. Da haben wir als Frauen sicher aufgrund unserer Sozialisation einige Vorteile, die wir hier gut anwenden dürfen und sollten.

 

CC: Liebe Frau Wolff, ich danke Ihnen für das sehr offene, bereichernde und inspirierende Gespräch.

 

Hier der Kontakt von Christiane Wolff!

To be discovered: Ist das Gras auf der anderen Seite des Zauns wirklich grüner?

Wer kennt das nicht. Strahlende Bilder von Firmenevents im Internet, Preisverleihung „Great Place to work“ und schon schleicht sich der Gedanke ein, dass es woanders bestimmt viel toller ist zu arbeiten.
 

So wie Freunde immer das attraktivere Urlaubsziel gewählt haben, das bessere Wetter hatten und man immer aus unerfindlichen Gründen in der längsten Schlange im Supermarkt landet.
Viele Menschen wollen sich optimieren, ihre Lebensumstände verbessern, auf der Karriereleiter nach oben streben, auf keinen Fall stehen bleiben. Da wird verglichen, bewertet, und kalkuliert. Doch auf welcher Basis. Häufig erliegen wir einfach nur dem Irrglauben, dass es woanders besser ist, weil wir auf herausstechende Merkmale achten. Der berühmte Heiligenscheineffekt macht es möglich, dass wir ein leuchtendes Merkmal auf alles übertragen. Wenn ein Unternehmen tolle Autos baut, dann muss es dort Spaß machen zu arbeiten. Wenn ein Unternehmen eine tolles Restaurant für die Mitarbeiter:innen hat und dort auch noch veganes Essen anbietet, dann scheinen ihnen die Mitarbeiter:innen wirklich viel wert zu sein.
 

Ähnliche Attraktion übt in Pandemiezeiten nun offenbar die jeweilige Homeoffice-Regelung aus.
Auffällig ist, dass sich die Fluktuation in der Pandemie nun eindeutig nochmals verstärkt hat. Könnte man die Menschenbewegungen zwischen den Unternehmen abbilden, so wären wir wahrscheinlich alle überrascht. Gefühlt berichten gerade alle Unternehmen davon, dass ihnen viele Mitarbeiter:innen den Rücken kehren, dass sich aber genauso viele für sie als neuen Arbeitgeber interessieren. Die Logik dahinter: das Gras auf der anderen Seite des Zauns ist immer grüner.
 

Cross Talents

Mit dem ersten Cross-Mentoring für junge Talente, dem Cross Talents, hat Cross Consult genau diese Problematik aufgegriffen. Mitarbeiter:innen, die noch nicht in Führung sind, können im Cross Talents ihr Netzwerk in andere Unternehmen erweitern und über eine:n Mentor:in aus einem anderen am Programm beteiligten Unternehmen erfahren, dass überall nur mit Wasser gekocht wird, dass die Probleme und Herausforderungen immer und überall ähnlich sind.
 

Als Mitarbeiter:in sollte man sich vor allem überlegen, welche Kriterien bei der Arbeitsplatzwahl entscheidend sind. Auch wenn Produkt und Kantine leuchten, ist es das was ich brauche, um langfristig Spaß an der Arbeit zu haben? Oder sollte ich mir nicht genau überlegen, auf welche Kriterien ich einen potenziellen Arbeitgeber hin abklopfen will?

  • Wie sieht es mit Führung in Teilzeit oder Job-Sharing Möglichkeiten aus?
  • Wie ist die grundsätzliche Verweildauer im Unternehmen?
  • Gibt es Programme, die auf dem Weg in Führung unterstützen?
  • Wie sieht es mit der Möglichkeit aus, Karriere und Kind zu vereinbaren?
  • Nehmen auch Männer im Unternehmen mehr als 2 Monate Elternzeit, oder ist das ein No-go?
  • Kann man Karriere auch ausserhalb des ursprünglich gewählten Tätigkeitsbereiches machen, oder ist man auf ewig im Silo gefangen?
  • Wie sieht es mit der Fehlerkultur aus?
  • Werden die Mitarbeiter:innen ermutigt innovativ zu sein?

 

Cross Talents : Virtuelles Info Meet UP für interessierte Teilnehmer*innen (crossconsult.de)

Mutter.Vater.Kind

Mutig gemeinsam Verantwortung übernehmen.

 

Kennen Sie noch das Spiel aus Kindertagen? Wir schlüpften in die Rollen unserer Eltern und spielten etwas nach, was uns jeden Tag vorgelebt wurde. Je nach Familienmodell haben sich die Jungs dann mehr oder weniger als sorgender Vater eingebracht. Da die Welt der Väter meist Blackbox war, haben auch die Jungs das gespielt, wie sie den Vater in der Familie erlebt haben.

Mutter.Vater.Kind mutiert dann später in den Familien und im gesellschaftlichen Gefüge zu Mutter-Kind-Turnen, Mutter-Kind-Massage. Doch wie sollen Väter in eine Rolle reinwachsen, in der sie per se erst einmal nicht mitgedacht werden? Und dann erwarten Frauen später, dass auch Männer einen Teil der Mental Load übernehmen. Wenn ich will, dass jemand Verantwortung übernimmt, braucht es Möglichkeiten mit dem Tätigkeitsbereich vertraut zu werden, Fähigkeiten aufzubauen, Routinen zu etablieren, Selbstbewusstsein zu entwickeln. Denn nur wenn man sich einigermaßen sicher fühlt, wird man auch für andere Verantwortung übernehmen wollen. Das heißt jetzt nicht, dass Frauen jetzt auch noch die Verantwortung haben, Männer auszubilden oder fit zu machen. Nein, es geht darum wahrzunehmen, dass andere keine Verantwortung übernehmen, wenn wir als Frauen nicht loslassen.

Konkret kann das heißen, keine gemeinsame Urlaubsreise zu planen, wenn der Mann in Elternzeit geht, sondern diese Zeit als Ermutigungsphase zu betrachten, in der der Vater Kompetenzen, aber vor allem Selbstbewusstsein im Umgang mit Kindern aufbauen kann. Eine Zeit, in der er sich unbedingt mit anderen Männern darüber austauschen sollte, wie es ist Verantwortung für Kinder zu übernehmen, keine planbaren Tage mehr zu haben, die Bedürfnisse der Kinder in den Mittelpunkt zu stellen, eigene Bedürfnisse zurückzufahren und sich damit auch manchmal fremdbestimmt zu fühlen.

 

Liebe Mütter: Väter dürfen es anders machen

Gleichzeitig haben Frauen dann die Chancen wahrzunehmen, dass man es vielleicht auch alles ganz anders machen könnte, dass es auch andere kreative Lösungen gibt, und das Leben der Kinder nicht notwendigerweise gefährdet ist, wenn der Vater es anders macht. Wenn sich beide zuständig fühlen, tauchen plötzliche viele Fragen auf, die sich für einen partnerschaftlichen Austausch eignen: Wessen Ansprüche prägen den Familienalltag? Wem sind welche Themen wichtig? Wer übernimmt welche Tätigkeiten? Was wird überhaupt alles als Care-Arbeit wahrgenommen? Wem fällt was leicht? Wofür zollt man dem oder der anderen Respekt? Wie geht man damit um, dass sich mit dem Heranwachsen der Kinder die Verantwortungsbereiche ständig erweitern oder auch nur verändern? Wie oft macht es Sinn, die Aufgabenverteilung neu auszuhandeln? Wo kann man sich als Familie Unterstützung von außen holen, dass die Care-Arbeit auf mehr Schultern verteilt wird? Entscheidend ist: bewahren wir uns den kindlichen Blick, dass Frauen und Männer alles können, in den Weltraum fliegen und Pausenbrote schmieren.

 

Die vielen Herausforderungen vor denen Führungsfrauen stehen, die Familie und Karriere vereinbaren wollen, und wie sie sich partnerschaftlich mit ihren Männern den Workload und den Mentalload teilen, stand im Mittelpunkt des Austausches im Frühstück „Familie und Karriere“ im Rahmen des Cross-Mentoring Netzwerkes München am 18. Juni 2021. (mehr zum Cross-Mentoring München)

Interview mit Dr. Richard Schneebauer über die verschiedenen Rollen des Mannes, Beziehungsprobleme und Geschlechterrollen

“Nur wer sich selbst gut spürt und sich seiner Stärken und Schwächen bewusst ist, kann auch gut führen”

 

Nach vielen Jahren Frauenförderung hat sich die Wahrnehmung durchgesetzt, dass Frauen gefördert werden müssen, damit wir dem Ziel „Mixed Leadership“, also gleichberechtige Teilhabe von Frauen und Männern an Führung näherkommen. Wir haben aber in den letzten Jahren gesehen, dass wir dem Ziel nicht wirklich näherkommen, wenn Männer sich ihrerseits für das Thema nicht einsetzen. Wie gelingt es Männer davon zu überzeugen, dass es sich auch für sie lohnt?

 

Langsam sickert es zu den Männern durch, dass das Mauern und Festhalten am Alten auch an ihnen zerrt. Aber natürlich verunsichern solche Veränderungen, auch wenn das im Alltag kaum ins Bewusstsein durchdringt. Was es braucht ist nicht nur Power und starke Forderungen der Frauen, es braucht zusätzlich auch Angebote, die sich direkt an Männer richten. Sonst haben sie immer das Gefühl, bei Frauenthemen mitmachen und sich selbst aufgeben zu müssen. Welche Vorteile gemischte Teams und veränderte Rollenbilder für uns Männer bringen, müsste auch stärker unter Männern thematisiert werden.

 

Herr Schneebauer, Sie sagen „Frauen haben sich seit Jahren auf den Weg für mehr Gleichberechtigung gemacht. Jetzt sind die Männer dran, gemeinsam zu überlegen, wie sie den Weg gehen wollen“. Wie könnte dieser Weg aus Ihrer Sicht aussehen?

 

Es entsteht gerade in vielen Bereichen, dass Männer sich mehr reflektieren, dass sie in neuer, weniger konkurrenzbehafteten Art zusammenkommen und überlegen, wie sie ihr Leben und ihr Mannsein gestalten wollen. Männerforschung ist nun Teil der Genderforschung. Männerberatung etabliert sich. Unternehmen stehen zwar erst am Anfang, aber auch hier wird vielen PersonalerInnen bewusst, dass es neben Angeboten für Frauen auch solche für Männer geben sollte, um das gute Miteinander zu fördern.

 

 Letztlich, so machen Sie in Ihren Büchern deutlich, haben Frauen und Männer ähnliche Bedürfnisse, Ängste, Unsicherheiten, nur gesteht die Gesellschaft Frauen offenbar eher zu darüber zu sprechen, ohne dass sie dann gleich als schwach abgestempelt werden. Wie können Frauen Männer dazu ermutigen, vielschichtiger zu sein.

 

Indem sie die Männer immer wieder ermutigen und gleichzeitig auch ihr eigenes Denken hinterfragen. Die meisten Frauen haben in Wahrheit noch Probleme damit, wenn ihr Partner, ihr Kollege oder Chef eine „schwächere“ Seite zeigt. Insofern müssen beide Seiten dazulernen. Sehr viele Männer kommen übrigens auf Druck der Partnerin zum ersten Gespräch. Wenn er danach für sich selbst kommt, ist der größte Schritt schon getan, das zeigt, dass „ermutigen“ Sinn machen kann!

 

In Ihrem ersten Buch „Männerabend“ sprechen Sie dieProblematik an, dass Männer sich zwar treffen und Dinge miteinander unternehmen, aber gemeinsam über Schwierigkeiten und eigene Herausforderungen sprechen, eher selten vorkommt. Warum ist es aus Ihrer Sicht wichtig, dass Männer gute Freunde haben, mit denen sie reden?

 

Ja, das ist leider tatsächlich immer noch so, vor allem bei denen ab 30. Sie sprechen zwar darüber, was passiert ist, aber selten wie es ihnen dabei gegangen ist. Das fehlt Männern für ihre innere Sicherheit. Denn es entlastet ungemein, zu erkennen, dass doch letztlich alle ihre Themen haben, ihre Sorgen, ihre Probleme, die Momente, wo man sich eben nicht stark und heldenhaft fühlt. Im Kopf wissen das die Männer heute, aber im realen Erleben ist sehr viel Luft nach oben. Ein offenes und wertschätzendes Gespräch unter Männern ist Gold wert. Wenn sie ohne Abwertung oder spontane kumpelhafte Aufmunterung a lá „Andere Mütter haben auch schöne Töchter!“ zusammenkommen können, dann geht das tief, gibt enorm viel Kraft und Lebensfreude.

 

In Ihrem Buch „Männerherz“ steht das Thema „Beziehung“ im Vordergrund. Sie bringen auch persönliche Erfahrungen einer Trennung mit ein. Warum ist es für Männer wichtig, sich stärker mit dem Thema Beziehung zu beschäftigen? Welche Bedeutung hat das auch für das Miteinander von Frauen und Männern im Berufsalltag.

 

Traditionell haben Männer das Thema Beziehung nach der Eroberung eher an die Frau ausgelagert. Das funktioniert heute nicht mehr so gut, Frauen wollen mehr und nehmen abwesende Männer nicht mehr so hin. Wir Männer dürfen nicht einfach zu vieles Recht machen wollen, sondern müssen uns selbst damit beschäftigen, was wir möchten, empfinden, wie wir das gut rüber bringen usw. Was das für die Zusammenarbeit auf allen Fronten bringt, liegt wohl auf der Hand. Nur wer sich selbst gut spürt und sich seiner Stärken und Schwächen bewusst ist, kann auch gut führen.

 

Männer gelten stereotyp als das starke Geschlecht. Der Gehirnforscher Gerald Hüther entlarvt in seinem Buch „Männer“ den dahinterliegenden Mechanismus. So sei das Balzverhalten bei den Menschen letztlich davon geprägt, dass Männer ihre Stärke und ihren beruflichen Erfolg herausstreichen, um damit bei den Frauen punkten zu können. Was passiert aber, wenn Frauen das gar nicht mehr so wichtig ist, da sie selbst erfolgreich sind? Haben Männer Angst, dass Frauen sie dann nicht mehr wollen?

 

Diese Angst kennen wohl beide Geschlechter und ja es verändert sich sehr viel. Das fordert uns alle und bietet unendlich große Chancen. Wir Männer haben da noch einiges aufzuholen! Daher meine Bücher und mein Anliegen, für Männer hier einen Rahmen zu schaffen, der es ihnen in einer wertschätzenden Art ermöglicht, durch echte Begegnungen hier dazuzulernen. Ich selbst habe davon über die Jahre enorm profitiert.

 

Wenn wir schon über Ängste bei Männern sprechen: was sind aus Ihrer Erfahrung aus 20 Jahren Männerberatung die Ängste, die viele Männer umtreiben?

 

Die Angst (erneut) verletzt zu werden. Die Angst vor der eigenen Kraft und damit zu verletzen, was nicht nur körperlich gemeint ist. Die Angst unter Männern nicht zu bestehen, als unmännlich da zu stehen. Das ist aber je nach Arbeits- und Lebensbereich mittlerweile sehr unterschiedlich. Im Kunst- und Kulturbereich ist das natürlich weniger Thema als in männlich geprägten Unternehmen. Letztlich wollen wir alle Anerkennung und Bestätigung – für das, was wir sind und tun. Aber insgeheim spüren viele Männer, dass ihre Art irgendwie aus der Zeit gefallen scheint und einen Aufbruch benötigen würde. Aber zu oft bleiben wir starr stehen oder laufen hektisch davon, bis es in irgendeiner Weise kracht.

 

Wie könnte ein besseres Miteinander von Frauen und Männern aussehen? Was braucht es dafür?

 

Mehr Selbsterkenntnis und Selbstannahme auf beiden Seiten. Verzeihen und Selbstverantwortungsübernahme, kein Wettlauf im Opferstatus. Ich denke, dass Frauen sich weiterhin und noch viel mehr stärken sollten und dass Männer mehr Kraft aus herzlichen wertschätzenden Begegnungen unter Männern schöpfen sollten. Wenn wir das lernen, können wir Menschen ganz wunderbar gemeinsam noch viel mehr erreichen. Dann können wir in vielen Bereichen offener und damit diverser werden. Das ist nicht umsonst in aller Munde, schließlich brauchen wir und unsere Welt neue Lösungen.

 

Herr Schneebauer. Ich danke Ihnen für das offene Gespräch.

 

Dr. Richard Schneebauer ist Autor, Dozent, Trainer und Vortragsredner und beschäftigt sich mit verschiedenen Rollen des Mannes, Beziehungsproblemen und Geschlechterrollen. Sein jüngstes Buch: Männerherz.

 

Das Interview führte Dr. Nadja Tschirner, Geschäftsführerin der Cross Consult GbR

Unternehmerin Ute Doetsch als Mutmacherin – von der Geschäftsführung zur Inhaberin

Interview mit Ute Doetsch, Geschäftsführerin der brandarena GmbH & Co. KG

 

  1. Die brandarena steht für Innovation, coole Ideen, modernes Auftreten und Agieren. Welchen Anteil haben Sie als Chefin an diesem Erfolg?

 

Das freut mich, dass brandarena mit diesen Attributen wahrgenommen wird. Den größten Anteil an dem Erfolg hat sicherlich das brandarena-Team. Unsere Aufgabe im Führungsteam ist es ein vertrauensvolles Umfeld zu schaffen und die Kolleg:innen zu motivieren. Mein Anteil daran ist es zu zu hören, Anstöße zu geben und neue Ideen zu fördern – und von den jungen Kolleg:innen zu lernen.

 

  1. Frau Doetsch, Sie haben den Schritt gewagt und gemeinsam mit Ihrem Geschäftspartner die brandarena übernommen. Damit machen Sie Frauen Mut ihren Weg zu gehen. Was hat Sie bewogen, diese Herausforderung anzunehmen?

 

Ich habe die brandarena schon seit 2003 gefühlt wie eine Unternehmerin geführt, obwohl ich “nur” Geschäftsführerin war. Das war möglich, da der ANTENNE BAYERN Vorstand mir vertraut hat und ich ausreichend Selbstvertrauen in meine Fähigkeiten entwickeln konnte.

Ein anderer, wichtiger Aspekt war auch, dass mein Lebenspartner mich sehr motiviert hat diesen Schritt zu gehen. Er hat viel Interesse an den Themen der brandarena. Ich kann ihn immer um Rat fragen und die Themen mit ihm diskutieren.

Das war eine gute Ausgangsbasis für die Übernahme.

Da ich dieses Jahr 55 Jahre alt werde, war es für mich auch sehr wichtig, das Unternehmen nicht alleine zu führen. Mit Marc Hörhammer (38 Jahre) habe ich einen perfekten Geschäftspartner gefunden. Er ist auch seit vielen Jahren ein Teil der brandarena, wir kennen uns lange und gut, schätzen uns sehr und haben die gleiche Leidenschaft für die Brandarena.

Altersdiversität und Geschlechtervielfalt im Management sind Erfolgsfaktoren und zu zweit sind viele Herausforderungen noch besser zu bewältigen.

 

  1. Als Mixed Leadership Team sind Sie Beide Vorbild und zeigen, dass Frauen und Männer gemeinsam Großes bewegen können. Wie gelingt es Ihnen, Diversität in Ihrem Unternehmen voranzutreiben?

 

Diversität ist ein wichtiges Thema. Je bunter ein Team ist, desto besser. In der Diversität eines Teams liegt die große Chance, unterschiedliche Blickwinkel und Erfahrungen offen auszutauschen und dabei neue Ideen zu finden. Dass dabei neue Arbeitszeitmodelle und Flexibilität gefragt sind, gehört dazu. Unser Ziel ist es ja, dass der Kunde happy ist und wir gemeinsam Freude an der Arbeit haben.

 

  1. Was braucht es aus Ihrer Sicht, dass man sich für andere Perspektiven und Ideen öffnet, damit Neues entstehen kann?

 

Wichtig ist erst mal, dass man bereit für Neues ist. Der Welt mit offenen Augen und Ohren begegnen. Man darf nicht auf dem Alten beharren. Ich mag das Zitat von Einstein: „Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben“. Als Führungskraft müssen wir zeigen, welche positiven Auswirkungen Neues haben kann – aber auch die Herausforderungen von Neuem müssen angesprochen werden.

Damit Neues entsteht, ist vernetztes Denken sehr wichtig. Daraus entsteht Kreativität und die erzeugt wiederum „Neues“. Das kann man richtig trainieren. Wertvolle Tipps dazu sind in dem Buch „Die Kunst des kreativen Denkens“ (Dorte Nielsen & Sarah Thurber) zu finden.

Sehr wichtig ist auch ein vertrauensvolles Umfeld. Jeder darf / soll seine Gedanken frei formulieren dürfen – egal wie verrückt sie sind. Ich habe schon oft erlebt, dass unsere sehr jungen Kollegen:innen, die noch in der Ausbildung sind, großartige Ideen haben, auf die wir so nicht gekommen wären.

 

  1. Eine Agentur zu leiten ist mehr als Führung und Organisation. Welche Fähigkeiten sind gefragt, wenn frau aus der Führungsrolle in die Unternehmerinnenrolle wechselt?

 

Das ist interessant was das Wort „frau“ mit mir macht. Mir fällt es schwer dies in diesem Kontext so in den Mittelpunkt zu rücken. Ich wünsche mir einfach, dass ich als Mensch (egal ob Mann oder Frau, homosexuell oder heterosexuell etc.) wahrgenommen werde. Allerdings verstehe ich natürlich, wie wichtig es ist Frauen für Führungspositionen zu motivieren. Das möchte ich auch unterstützen.

 

Aber jetzt zu Ihrer Frage:

Leidenschaft und Freude sind entscheidend. Meine Arbeitswoche endet nicht nach 40 Stunden. Die brandarena ist Teil meines Lebens, ich trenne hier nicht strikt.

Das große Ganze zu sehen und nicht immer jede Kleinigkeit so wichtig zu nehmen, muss ich auch immer wieder neu lernen. Als Unternehmerin kommen noch einige neue Aufgaben im Tagesablauf dazu. Ich bin ja für viele Aspekte des Unternehmens verantwortlich. Das ist eine noch größere Verantwortung, die ich aber gerne trage.

Ohne meine Disziplin wäre das für mich nicht möglich. Ich muss, Gott sei Dank, meinen inneren Schweinehund nicht überwältigen. Er darf regelmäßig mit mir zum Joggen an die Isar. Damit möchte ich sagen, dass es sehr wichtig ist, auch auf seine Fitness zu achten.

Und einfach ich sein, auch Frau sein. Ich bin gerne eine Frau. Ich brauche weder einen Hosenanzug noch hochhackige Schuhe, um Zeichen zu setzen.

 

Was hat Sie auf diesen Schritt vorbereitet? Was hat Ihnen geholfen, diesen neuen Weg zu gehen?

 

Es ist für mich kein neuer Weg, es fühlt sich eher als logische Folge der vorherigen Arbeit an.

Ich bin in einer Unternehmerfamilie aufgewachsen. Meine Eltern haben mich immer gefördert und mich motiviert, das zu machen was mir Freude bereitet. Mir ist heute erst bewusst was für eine großartige Unterstützung das war, um meinen eigenen Weg einzuschlagen.

Wichtig war sicher auch, dass ich mit 30 Jahren das erste Mal geschäftsführende Gesellschafterin in einer Agentur war und die Dotcom – Blase 2000 erlebt habe. Ich habe aus Fehlern gelernt und lerne immer weiter.

Hinfallen, Aufstehen, Krönchen richten, Weitergehen – und in den Spiegel schauen können. Für Werte einstehen. Dann läuft das.

 

  1. Sie selbst waren vor ein paar Jahren Mentorin im proMix-Programm für Frauen in Führung, das die IHK für München und Oberbayern mit Unterstützung von Cross Consult aufgesetzt hat. Hatten Sie selbst auch eine Mentorin?

 

Das ist ein großartiges Programm und sicher auch für Männer wichtig????.

Ich hatte viele Begleiter:innen und Unterstützer:innen – männlich und weiblich. Dafür bin ich sehr dankbar.

 

  1. Wer hat Sie auf Ihrem beruflichen Weg unterstützt? Wer hat Sie ermutigt, Ihren Weg zu gehen? Wer sind Ihre Vorbilder?

 

Der damalige Vorstand von ANTENNE BAYERN, Karlheinz Hörhammer, der mir 2003 die Chance gegeben hat, die brandarena als Geschäftsführerin weiterzuentwickeln war sicherlich mein größter
Unterstützer.

Ich bin sehr beeindruckt von Menschen, die sich bedingungslos für Andere einsetzen – das sind für mich Vorbilder. z.B. Flüchtlingshelfer oder Menschen, die für wenig Geld in der Pflege arbeiten. Ich bin überzeugt, dass es hilft, wenn wir uns nicht so wichtig nehmen. Das kann ich von diesen Vorbildern lernen und muss es mir immer wieder selber bewusst machen.

 

  1. Was braucht es aus Ihrer Sicht, um Frauen zu ermutigen, ein eigenes Unternehmen zu gründen und die eigene Komfortzone zu verlassen?

 

Eltern, Lehrer, Führungskräfte müssen das Selbstvertrauen von Frauen fördern. Ihnen zeigen, dass vieles möglich ist, es vorleben. Auch und besonders die Vereinbarkeit von Familie und Beruf – sowohl für Mann als auch für die Frau.

Entscheidend ist auch, dass Frauen im Laufe ihrer Schulbahn und beruflichen Entwicklung immer wieder die Chance auf Austausch mit Unternehmerinnen bekommen, z.B. eine Unternehmerin für einen Tag begleiten können.

 

  1. Was würden Sie jungen Frauen am Anfang ihres Berufslebens raten? Worauf kommt es aus Ihrer Sicht an?

 

Offen sein, viel fragen und hinschauen. Lieber etwas länger „ausprobieren“ als einen Job zu machen, der nicht erfüllt. Lieber mal scheitern und eine neue Aufgabe ausprobieren. Genau hin spüren, ob die Aufgabe erfüllt. Wichtig ist zu erkennen, dass wir selber viel mehr gestalten können, als wir zunächst denken.

 

Das Interview führte Dr. Nadja Tschirner, Geschäftsführerin der Cross Consult GbR

Mehr Frauen in Führungspositionen, kann das gelingen?

Wusstest du,

 

…dass in Deutschland gerade einmal 10 % Frauen in Unternehmensvorständen sind?

 

…dass große Unternehmen bei der freiwilligen Selbstverpflichtung, Frauen für diese Funktionen einzustellen, Zielgröße 0 angeben (FidAR e.V.)?

 

… dass die neuesten Zahlen der AllBright-Stiftung zeigen, dass Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern sogar Rückschritte macht, wenn es um Frauen in Führungspositionen geht?

 

 

„Frauen in Führung“ ist also ein Thema, das nicht nur zurecht in aller Munde ist, sondern bei dem dringenden Handlungsbedarf herrscht, wie die Stadtwerke München bereits erkannt hatten, als es noch lange nicht so populär war.

 

 

Anita Gürtner ist seit 1987 bei den Stadtwerken München, aktuell als Leitung für Entwicklung und Veränderung. Sie gibt einen Einblick in die Welt der Frauenförderung bei den SWM, einem Unternehmen, das mit seiner eher technischen Ausrichtung, überwiegend von traditionell männlichen Berufsbildern geprägt ist.

 

„Die Frauenförderung bei den Stadtwerken München kann auf eine lange Geschichte zurückblicken,“ so Anita. Los ging es mit der Förderung einzelner Frauen und der Entwicklung von Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die auch seit 2008 regelmäßig mit dem Zertifikat der Hertiestiftung „berufundfamilie“ ausgezeichnet werden.

 

Ein bedeutender nächster Schritt war der Einstieg beim Münchner Cross-Mentoring vor über 15 Jahren. Mit diesem Programm ermöglichen die SWM weiblichen Talenten und (Nachwuchs-)Führungskräften mit einer*m Mentor*in aus einem anderen Unternehmen ihre berufliche Situation zu reflektieren, Kompetenzen zu erweitern und die eigene Karriere aktiv zu gestalten. Mittlerweile blickt das Unternehmen auf eine beachtliche Zahl ehemaliger Mentees, die bereits Karriere gemacht haben – jede einzelne von ihnen ein wertvoller Schritt beim Thema Vielfalt und Chancen!

 

Im Jahr 2010 wurde das Memorandum für Frauen in Führung (MFF) aufgesetzt. Von Beginn an war es den SWM wichtig, die Selbstverpflichtungserklärung zu unterzeichnen, systematisch mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. Das war ein wichtiges Signal der Ernsthaftigkeit und Entschlossenheit nach intern und extern.

 

2016 gab eine konkrete Road Map zur Frauenförderung, die den gesamten Kreislauf des Arbeitens (Employee Lifecycle) abdeckt, dem Thema nochmals einen zusätzlichen Schub. Diese Road Map umfasst gezielte und greifbare Maßnahmen, wie beispielsweise frauenspezifische Personalmarketingkampagnen, Motive und Formulierungen bei Stellenausschreibungen, spezielle Mentoring-Programme und Entwicklungsmaßnahmen wie Seminare und Coachings, Netzwerkstrukturen, flexible Arbeitszeit- und Jobsharing-Modelle und Kinderbetreuungsangebote. Das Fundament dieser Maßnahmen bildet die Unternehmenskultur der SWM, das Vertrauen, Diversität und ein gleichberechtigtes Miteinander in den Mittelpunkt stellt.

 

Eine weitere Konkretisierung folgte mit dem Konzernziel 2018. Es enthält das Ziel, den Anteil weiblicher Führungskräfte bis 2025 auf 25 % zu erhöhen. Mit dieser strategischen Ausrichtung erklärte die Geschäftsführung Frauenförderung nicht nur zum Topthema, sondern machte es gleichzeitig zum persönlichen Herzensprojekt. Um es nachhaltig voranzubringen fand es auch Niederschlag in einer konkreten Zielvereinbarung mit Führungskräften der ersten Führungsebene. Verschiedene Einzelmaßnahmen der Road Map wurden so in ein unternehmensweites Gesamtkonzept gegossen. Hierzu gehört auch ein speziell gegründetes internes Frauennetzwerk – „die Expertisen“ – das zum wichtigen Umsetzungs- und Kooperationspartner wurde.

 

Der Anteil weiblicher Führungskräfte bei den SWM liegt mittlerweile bei 20 % und hat sich damit in den vergangenen zwei Jahrzehnten vervierfacht.

 

Gleichwohl ist es noch ein langer Weg, das herausfordernde Konzernziel des Gesamtanteils von 25 % Mitarbeiterinnen an der Belegschaft zu erreichen.

 

Um die Ausrichtung der Maßnahmen laufend zu prüfen, haben die SWM 2019 am Frauen-Karriere-Index (FKI) teilgenommen. Der FKI misst die Wirksamkeit von Frauenförderung und benennt die Erfolgsfaktoren zur besseren Steuerung. Ein positives Ergebnis zeigt, dass die Richtung stimmt. Gleichzeitig wurden Felder identifiziert, in denen es noch etwas zu tun gibt. Unter anderem gilt es, das Angebot verstärkt zu kommunizieren, mit weiblichen Rollenvorbildern zu arbeiten und vor allem die Frauenförderung besser mit der, in 2019 neu geschaffenen, Stelle für „Diversity“ zu verzahnen. Diese soll nochmal ein ganz gezieltes Augenmerk darauflegen, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleiche Chancen haben, ihre Potenziale im Unternehmen zu entfalten.

 

Davon profitieren Frauen und Männer, die Gesellschaft und die Unternehmen. Als der Versorgungs- und Mobilitätsanbieter, der „München rund um die Uhr am Laufen hält“, stehen die SWM vor großen Herausforderungen. Diese Herausforderungen erfordern insbesondere Innovationsstärke und einen zukunftsgerichteten Werte- und Kulturwandel. Hierzu sind Ideen, Erfahrungen und Herangehensweisen von Frauen und Männern nötig. Wenn Technik überwiegend von Männern entwickelt wird, fehlt ein ganz wichtiger Blickwinkel. Denn Studien zeigen immer wieder: „Diverse Teams erbringen bessere Leistungen und steigern dadurch die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen“. In diesem Sinne bleiben die SWM an dem Thema Frauenförderung und werden ihr Maßnahmenset stets optimieren.

 

HeForShe und SheForHe – Karriere und Familie gemeinsam gestalten

Gemeinsam stark, gemeinsam erfolgreich, alles Begriffe, die wir als reflektierte Menschen unterschreiben würden. Wenn es aber um das Thema „Gleiche Chancen für Männer und Frauen“ geht, entsteht meist der Eindruck, dass es ein Gegeneinander sei, ein Kampf der Frauen gegen die Männer, damit sie auch einen Teil des Kuchens abgekommen. Die Rhetorik rund um das geplante Gesetz für mehr Frauen in den Vorständen, zeigt, dass viele momentan denken, dass sich nur durch zusätzlichen Druck etwas bewegen wird. Dabei wissen wir längst, dass Druck alleine nicht zum Erfolg führt, schon gar nicht bei Themen des kulturellen Wandels, und nichts anderes ist die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Entscheidungspositionen in Wirtschaft und Gesellschaft.

 

Daher braucht es eine Quote+, die von Anfang an signalisiert, dass es eine Quote eben auch für Männer in CARE-Tätigkeiten, Kinderbetreuung, etc. braucht. Denn dann würde man sich die Frage stellen, warum in bestimmten Berufen nur Frauen und in anderen nur Männer anzutreffen sind. Und genau darum geht es: eine öffentliche Diskussion was wir als Gesellschaft wirklich wollen. Wollen wir, dass Mädchen und Jungs nach wie vor eingeschränkt bei der Berufswahl sind, dass die einen ihre Emotionen runterfahren, da es nicht zum Mannsein passt, und andere sich jegliche Dominanz verkneifen, da es nicht zum Frausein passt? Ist uns eigentlich klar, wie wir uns und unsere Kinder dadurch nachhaltig beschränken? Um aus diesem Teufelskreis rauszukommen, bedarf es eines neuen Bewusstseins, dass Männer nicht nur Täter und Frauen nicht nur Opfer sind. Denn nur wenn wir erkennen, dass beide etwas zu gewinnen haben, werden wir dem Ziel näherkommen. Die Vereinten Nationen setzen mit ihrer Kampagne „HeForShe“, die bereits 2014 gestartet wurde, genau hier an. Männer als Alliies (Unterstützer) gewinnen, damit sie mit anderen Männern und Frauen in den Dialog gehen und sich bewusst machen, dass es ihr Engagement braucht, damit ihre Söhne und Töchter eines Tages die gleichen Chancen haben. Denn nur wenn Männer in ihren Peergruppen für Gleichberechtigung einstehen, Frauen als gleichwertige Partnerinnen wahrnehmen und erleben, dass ihr Leben damit auch einfacher wird, werden sich andere auf den Weg machen.

 

Nicht wegschauen, sondern sich als Betroffene einmischen, ist die Devise. Denn viel zu lange wurde weggeschaut bei:

 

Gewalt gegen Frauen, Homophobie, schlecht bezahlten Frauenberufen, geringer Lebenserwartung von Männern, Burnout und Depressionen, Vereinsamung von Männern im Alter, Suchtmittelkonsum, rein männlich besetzten Vorständen, Grundschullehrkörpern, die nur aus Frauen bestehen, und vielem mehr.

 

Es geht darum zu verstehen, dass sowohl Männer als auch Frauen momentan die Verlierer sind.

 

Daher geht es neben HeForShe auch um SheForHe. Stehen wir füreinander ein und machen wir uns auf den Weg zu einer gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern in allen Lebensbereichen. Und um dies zu erreichen: Gehen wir in den Dialog. Mischen wir uns ein. Unterstützen wir uns gegenseitig, wahrzunehmen wie sehr uns die uns zugewiesenen Rollen einschränken. Seien wir wachsam, wenn eine Entweder-Oder Rhetorik regiert anstatt einer Sowohl-als-auch Mentalität. Seien wir mutig und mischen uns ein, wenn wir sehen, dass es um ein Gegeneinander statt um ein Miteinander geht.

Interview Werner Dopfer – „Mama Trauma – warum Männer sich nicht von Frauen führen lassen“

Herr Dopfer, als Psychotherapeut und Coach begleiten Sie seit vielen Jahren weibliche und männliche Führungskräfte. Dabei sind Ihnen offenbar viele Dinge aufgefallen, die Sie zu Ihrem Buch „Mama Trauma – warum Männer sich nicht von Frauen führen lassen“ inspiriert haben.

 

Ich freue mich, dass Sie sich bereit erklärt haben, uns zu Ihren Erkenntnissen ein Interview zu geben.

 

  1. Was konkret hat Sie veranlasst  dieses Buch zu schreiben?

Ich habe immer wieder festgestellt, dass weibliche Führungskräfte mit enorm viel Potential an der männlich orientierten Berufswelt verzweifeln. Daher wollte ich ein Buch schreiben, welches die Ursachen dafür beleuchtet und Hinweise für ein psychologisch kluges Vorgehen gibt. Damit es Frauen möglich ist noch erfolgreicher in der “Männerwelt” zu agieren.

 

  1. Das scheint offenbar gelungen zu sein, denn Mama Trauma steht bei Amazon unter der Rubrik “Karrieretipps für Frauen” relativ weit oben. Erfüllt Sie das mit Zufriedenheit?

Scheinbar habe ich mit dem Thema einen Nerv getroffen. Die Resonanz war enorm. Das bestätigt die Vielzahl an Interviews, die ich dazu gegeben habe. Natürlich freut sich jeder Autor über positive Resonanz, aber entscheidender ist es, dass die Inhalte des Buches den Frauen wohl weiterhelfen und Männer zum Nachdenken anregen. Daher bin ich sehr zufrieden.

 

  1. „Frauen sind – unter Betrachtung aller relevanten Aspekte – letztlich die besseren Führungskräfte“ ist ein Satz ganz am Anfang des Buches. Was lässt Sie glauben, dass Frauen für unsere heutige Welt ein adäquateres und damit sinnvolleres Führungsverhalten zeigen? Was haben Sie beobachtet, dass Sie zu dieser Erkenntnis kommen?

Natürlich gibt es auch eine Menge hervorragender männlicher Führungskräfte. Das möchte ich nicht in Abrede stellen. Teilweise können wir es nicht glauben, wenn wir Typen wie Trump etc. betrachten. Frauen zeichnen sich jedoch tendenziell durch eine geringere Rivalisierungstendenz aus, sie agieren umsichtiger und wesentlich kooperativer. Für eine globale, stark vernetzte und vom Klimawandel bedrohte Welt ein sehr wichtiges Führungsverhalten. Es eint, statt zu spalten. Daher plädiere ich durchaus für: Mehr Frauen an die Macht!

 

  1. In Zeiten von Corona sind nun bei häufig virtueller Interaktion andere Kompetenzen gefragt als vorher. Welche Art von Führungskräften brauchen wir in Zeiten der Krise?

In der Krise zeigt sich das wahre Gesicht, ist klassischer Leitsatz der Psychologie.  Wir brauchen jetzt Führungskräfte, die besonnen agieren und sinnvolle Strategien aufzeigen, aber auch Hoffnung und Zuversicht vermittelt. Ängste schüren und Panik produzieren bringt nichts. Trotz aller Erschwernisse ist es relevant weiter in Kontakt zu bleiben, zu reden und gemeinsam nach akzeptablen Lösungen zu suchen. Hier können nun die weiblichen Stärken ein großer Vorteil sein, um nicht in einseitige und radikale Vorgehensweisen zu verfallen.

 

  1. Wenn Sie sagen Männer sind so und Frauen so, verstärken Sie damit nicht das stereotype Denken, das eine zentrale Einschränkung für beide Geschlechter beinhaltet?

Es ist wichtig die Welt realistisch zu sehen. Es sind halt nicht alle gleich. Die Frage ist, wie gehen wir mit Unterschieden um und sind wir bereit auch vom anderen Geschlecht zu lernen. Das findet mittlerweile statt. Ich berate viele Frauen und Männer, die dazu bereit sind. Das Resultat ist der von mir entwickelte Meta-Gender-Führungsstil, der weibliche und männliche Qualitäten kombiniert.

 

  1. Was ist das Besondere an dem von Ihnen entwickelten Meta-Gender-Führungsstil? Wie trainieren oder begleiten Sie Führungskräfte, damit sie diesen Führungsstil erlernen können?

Dieser Stil ist – kurz gefasst – eine Hommage sowohl an die weiblichen wie auch männlichen Qualitäten und Verhaltensmuster. Dazu ist es zunächst wichtig diese wertfrei zu beleuchten. Das findet in meinen Trainings statt, indem wir sie gegenüberstellen, den gesellschaftlichen Kontext herstellen und dann üben, sich aus geschlechterspezifischen Rollenmustern zu lösen. Das Ganze wird per Video aufgezeichnet und ist oftmals auch sehr lustig. Verhalten Sie sich mal als Mann, verhalten sie sich mal als Frau, ist die Botschaft.  Und dann je nach Anforderung der Situation wählen zu können, dann stehe ich praktisch über dem geschlechtertypischen Muster. Deshalb Meta, was ja so viel bedeutet wie darüberstehen, oder von Oben betrachten.

 

  1. Welchen Einfluss haben aus Ihrer Sicht die Systeme, in denen Frauen und Männer als Führungskräfte agieren? Schließlich haben wir es ja mit einem männlich geprägten System zu tun, in dem Frauen versuchen ihre Rolle zu finden bzw. meist nicht einmal wissen in welchem Spiel sie eigentlich mitspielen.

Jedes System hat seine Spielregeln. Um in einem männlichen System Erfolg haben zu können, ist es für Frauen sicher hilfreich, das Seelenleben der Männer besser zu verstehen. Dann wissen sie wie diese agieren, was sie antreibt, worauf sie kritisch reagieren. Damit setzen sich Frauen oftmals zu wenig auseinander, sondern sie imitieren männliche Verhaltensweisen – gehen mit diesen konform – und erscheinen als sogenannte Alphafrau, was eher zu Abstoßungsreaktionen führen kann.

 

  1. Sie empfehlen, dass sich Frauen in Führung mit Männerführung auseinandersetzen sollten, um ein Verständnis für die „männlichen Sitten und Gebräuche“ zu entwickeln. Was wären denn die drei entscheidenden Dinge, die Frauen im Blick haben sollten, um Männer nicht zu verunsichern?

Nicht abwerten, nicht die Mama spielen, sondern die Männer immer ein wenig als Helden dastehen lassen. Dann fühlen sie sich geehrt und nicht kontrolliert.  Zu viel Kontrolle mögen Männer in der Regel nicht, weil Sie meist ein hohes Autonomiebedürfnis haben. Das zeigt sich auch immer wieder im Bereich der Paartherapie.

 

  1. Offenbar, so beschreiben Sie es, legt der Erziehungsstil und die Bindung zur Mutter die entscheidende Basis für das Verhältnis von Männern zu Frauen? Was halten Sie für den wesentlichen Faktor, den Frauen in der Erziehung von Söhnen berücksichtigen sollten, damit sie später im Leben gut mit Frauen klarkommen und sich vielleicht sogar von ihnen führen lassen?

Überdominante Mütter hinterlassen eher kritische Spuren bei ihren Söhnen. Wenn in der männlichen Erziehung die Mütter, Großmütter, älteren Schwestern, Kindergärtnerinnen und Lehrerinnen einen extrem starken Einfluss ausüben, oder gar uneingeschränkt dominieren, kann es traumatische Auswirkungen haben. Solche Männer haben später oft Beziehungsprobleme mit Frauen, aus Angst – wieder – vereinnahmt zu werden. Unbewusst verweigern sie sich deshalb auch gegenüber einer Chefin. Sie wollen sich von einer Frau nicht führen lassen. Um ihre Autonomie zu wahren, spielen diese Männer oft ihr eigenes “Spiel”. Wenn dann noch männliche Vorbilder fehlen ist es schwierig. Daher empfehle ich den Müttern, gebt den Söhnen möglichst viel Autonomie.

 

  1. Sie fragen „Wo sind die modernen und selbstreflektierten Männer, die auch Traurigkeit, Ängste oder gar Hilflosigkeit spiegeln können? Wenn es sie noch nicht gibt, was können Frauen tun, um Männer zu ermutigen, die eigenen Gefühle wahrzunehmen und auch auszudrücken?

Wir Psychologen sagen häufig, es kommt darauf an. Auf die spezifischen Interaktionsdynamiken zum Beispiel. Wie ist die Beziehung per se und so weiter.

Aber ganz generell empfehle ich Menschen, sich an den typisch geschlechterspezifischen Verhaltensmustern auch ein wenig zu freuen, es mit Humor zu sehen, Verständnis zu signalisieren, nicht alles zu interpretieren, nicht alles kontrollieren zu wollen. Wir leben in einer Zeit mit sehr hohen Ansprüchen, mit stetiger Planung, Kontrolle und Bewertung. Das macht uns nicht wirklich zufrieden. In meinen Beratungen erlebe ich es schon so, dass Lockerheit – die auch zu fördern versuche – eine Grundlage dafür ist, die gesamte Emotionspallette zuzulassen. Auch für Männer.

 

  1. Sie schreiben, dass unzählige Frauen mittlerweile ihr Vaterthema vermutlich bereits bearbeitet hätten, da es schon lange Norm ist, dass Männer Frauen führen. Bei Männern, die von Frauen geführt würden, stünden wir hingegen noch am Anfang. Was raten Sie Männern, um ihr Mutterthema so zu bearbeiten, damit ein unkompliziertes Miteinander von Frauen und Männern in der Berufswelt möglich wird und sich Männer auch mal von Frauen führen lassen?

Selbstreflexion, Selbstreflexion und nochmal Selbstreflexion. Da haben Männer einen enormen Nachholbedarf. Mehr und mehr sind aber schon gut unterwegs. Beispiele dazu sind in meinem Buch zu finden.

 

Herr Dopfer, ich danke Ihnen für das interessante Gespräch.

 

 

Werner Dopfer, Jahrgang 1963, aufgewachsen in Südafrika und Namibia, ist Diplom-Psychologe und seit mehr als 20 Jahren als Psychotherapeut, Berater und Coach in eigener Praxis sowie als Management- und Führungskräftetrainer für viele Unternehmen tätig. Werner Dopfer ist verheiratet und lebt mit seiner Familie in München.

 

Interview Pauline Lindwall – Preisträgerin des Women’s Board Award 2020

Pauline Lindwall wurde in diesem Jahr mit dem Women’s Board Award 2020 ausgezeichnet. Vor 10 Jahren war sie Mentorin in unserem Cross-Mentoring Programm in Frankfurt. Was der Award für sie bedeutet und was sie gerne anderen Frauen mitgeben würde, erzählt sie uns im Interview:

  1. Dear Mrs Lindwall, first of all congratulations to the Women’s Board Award 2020. What does this award mean to you?

Thanks a lot.

I was incredibly proud and happy, and I felt honoured to win this award among this incredibly competent collection of women who had accomplished so much. My family was also part of the audience, when I received the award, which meant a lot for me.

The award has really expanded my network. Now I am eager to take on new Board assignments, and I have also expressed my interest in taking on the role as Chairman when the time is right. I am also very excited about the Board Course, ‘Digital Transformation of Boards’, that was part of winning the award, since this is a relevant topic that we often discuss during our board meetings. I look forward to share the learnings with my boards.”

Could you please present yourself to our readers. A short insight in why you chose your profession and in your career path would be wonderful.

I have a background as International Senior General Manager. I  have worked with some of the most recognised global Fast Moving Consumer Goods (FMCG) brands at Nestle’ and Mondelez. I have international experience from Sweden, the UK, Denmark, Indonesia, Germany and Switzerland. I currently work as Independent Board Director with Swedish Match AB, Duni AB (Sweden) and McKesson Europe AG (Germany). I also work as Senior advisor for Ernst&Young where I am using my Business to Consumer and FMCG experience for planning, implementing and creating commercial organizations.

 

  1. You have been on different boards of international companies. What’s most inspiring in your work?

I find the culturel differences between countries and also between companies very inspiring.

I believe it is important to have a deep cultural understanding and sensitivity to be a valuable Board Member. International experience is not only about understanding the commercial part of the business or the knowledge about different markets and customers, but also about working in environments that are different from what you are used to.

 

  1. What was your professional career like? What challenges did you have to meet on the way to the top?

The main challenge was to manage different kind of businesses, in growing markets where I had a strong backwind and then moving on to a turn-aro

und business in a declining market with a strong head wind. Now working with Boards my main focus is to ensure that the business has a clear long term strategy which means having the trust to leave the daily operational business topics to the management team.

 

 

 

       4. What should women take into consideration on their way into leading positions and what helps them staying there?

A curiosity for learning new things and taking on new challenges as well as the importance of courage and self confidence.

 

  1. Ten years ago you were mentor in the Regional Frankfurt Mentoring Program? Do you recall any experiences you gathered during the program?

This was one of my first experience of being a mentor. It was an interesting journey where we both learnt a lot. I have then continued to take on different mentor roles both internally and externally.

 

  1. How important do you think are female role models for women wanting to succeed?

Very important, especially in male oriented industries. Being a role model means supporting and inspiring other womers to grow.

 

  1. Are there any experiences or advice you would like to share with women in leading positions who are still on their way to the top?

To be surrounded and supported by friends, families, colleagues and of course your manager.

This support has been crucial throughout my career and I try to give the same support to those I work with. I have always been very proud to see my team develop and succeed. It feels like this way of leading is becoming more relevant today because of the times we are in and everything that is happening in our world. This is an important role for the Board too, in addition of being a control function, the Board should support the CEO and the management team by providing a long-term direction that the company is able to comply with.”

 

 

 

 

Thank you very much for your time and for sharing you thoughts with us.