Ene mene meck, und du bist weg

(wehmütige) Gedanken zum Buch von Janina Kugel
 

Urlaubslektüre 2021 – ganz weit oben im Koffer lag das Buch „It’s now. Leben. Führen. Arbeiten“ von Janina Kugel. Fazit: Es ist spannend, einen Blick in die Welt der Wirtschaftslenker:innen zu erhaschen, allerdings kam Wehmut beim Lesen der Lektüre hoch.
 

Janina Kugel, viele Jahre Mitglied des Vorstands und Arbeitsdirektorin bei Siemens, nun Aufsichtsrätin, Beraterin, Speakerin und Buchautorin. Ihr Buch „It’s now. Leben. Führen. Arbeiten“. enthält spannende Einsichten, einen sehr differenzierten Blick auf Führung und viele Einblicke in Innovatives, das sie auf den Weg gebracht hat. Und am Ende frage ich mich: warum ist sie keine Vorständin mehr, mit all ihrem Wissen, ihren klugen und reflektierten Sichtweisen und ihren grandiosen Erfahrungen?
 

Ene mene meck, und Du bist weg: manchmal fühlt frau sich an den Kinderabzählreim erinnert, wenn schon wieder eine der wenigen Vorständinnen ein Unternehmen verlässt. Muss das sein, auch wenn wir uns in den vergangenen Jahren schon fast dran gewöhnt haben?
Veränderungen, das Lieblingsthema, bei dem Janina Kugeln uns in ihrem Buch mitnehmen möchte. Warum stellt sie aber nicht in Frage was längst hinterfragt gehört? Macht es Sinn, dass die klugen Köpfe nur dann in die Vorstände kommen, wenn sie sich mit Haut und Haaren dem Job verschreiben? Brauchen wir nicht neue Ansätze wie Top-Sharing, damit die Vorstandsfrauen nicht alle nach ein paar Jahren das Handtuch werfen? Wie passt es zusammen, dass einerseits massiv für eine Frauenquote gekämpft wird, es dann aber jeder einzelnen Frau überlassen bleibt, in den nach wie vor männlich geprägten Systemen zu überleben?
 

Vorstandposten als Schleudersitz

 

Wir brauchen nicht noch mehr Ex-Vorständinnen, die kluge Bücher schreiben, inspirierende Reden halten, sondern wir brauchen Vorständinnen, die es bleiben, wenn nicht in einem Unternehmen, dann in einem anderen. Wie wollen wir denn Frauen ermutigen, diesen Weg zu gehen, wenn ein Vorstandsposten als Schleudersitz wahrgenommen wird, aber nicht mit sicherer Landung, sondern nur mit Rückgratverkrümmungsoption.
Interviews mit amtierenden und ehemaligen Vorständinnen, die von Cross Consult in den letzten Jahren geführt worden sind, haben gezeigt, dass vor allem eine gute Vernetzung, klare Wahrnehmung von Mission Impossibles, Unterstützung durch Coaches, und weitreichende Kenntnisse zu Macht- und Mikropolitik hilfreich sind, um in eisigen Höhen nicht nur zu überleben, sondern gut zu leben.
 

It’s now Frau Kugel, um gemeinsam darüber nachzudenken, wie das gelingen könnte. Wir freuen uns auf den Dialog.
 

Janina Kugel: „It´s now: Leben, führen, arbeiten – Wir kennen die Regeln, jetzt ändern wir sie“.
Ariston Verlag. 216 Seiten,

https://www.penguinrandomhouse.de/Buch/Its-now/Janina-Kugel/Ariston/e587173.rhd
 

Autorin: Dr. Nadja Tschirner

Interview mit Dr. Richard Schneebauer über die verschiedenen Rollen des Mannes, Beziehungsprobleme und Geschlechterrollen

“Nur wer sich selbst gut spürt und sich seiner Stärken und Schwächen bewusst ist, kann auch gut führen”

 

Nach vielen Jahren Frauenförderung hat sich die Wahrnehmung durchgesetzt, dass Frauen gefördert werden müssen, damit wir dem Ziel „Mixed Leadership“, also gleichberechtige Teilhabe von Frauen und Männern an Führung näherkommen. Wir haben aber in den letzten Jahren gesehen, dass wir dem Ziel nicht wirklich näherkommen, wenn Männer sich ihrerseits für das Thema nicht einsetzen. Wie gelingt es Männer davon zu überzeugen, dass es sich auch für sie lohnt?

 

Langsam sickert es zu den Männern durch, dass das Mauern und Festhalten am Alten auch an ihnen zerrt. Aber natürlich verunsichern solche Veränderungen, auch wenn das im Alltag kaum ins Bewusstsein durchdringt. Was es braucht ist nicht nur Power und starke Forderungen der Frauen, es braucht zusätzlich auch Angebote, die sich direkt an Männer richten. Sonst haben sie immer das Gefühl, bei Frauenthemen mitmachen und sich selbst aufgeben zu müssen. Welche Vorteile gemischte Teams und veränderte Rollenbilder für uns Männer bringen, müsste auch stärker unter Männern thematisiert werden.

 

Herr Schneebauer, Sie sagen „Frauen haben sich seit Jahren auf den Weg für mehr Gleichberechtigung gemacht. Jetzt sind die Männer dran, gemeinsam zu überlegen, wie sie den Weg gehen wollen“. Wie könnte dieser Weg aus Ihrer Sicht aussehen?

 

Es entsteht gerade in vielen Bereichen, dass Männer sich mehr reflektieren, dass sie in neuer, weniger konkurrenzbehafteten Art zusammenkommen und überlegen, wie sie ihr Leben und ihr Mannsein gestalten wollen. Männerforschung ist nun Teil der Genderforschung. Männerberatung etabliert sich. Unternehmen stehen zwar erst am Anfang, aber auch hier wird vielen PersonalerInnen bewusst, dass es neben Angeboten für Frauen auch solche für Männer geben sollte, um das gute Miteinander zu fördern.

 

 Letztlich, so machen Sie in Ihren Büchern deutlich, haben Frauen und Männer ähnliche Bedürfnisse, Ängste, Unsicherheiten, nur gesteht die Gesellschaft Frauen offenbar eher zu darüber zu sprechen, ohne dass sie dann gleich als schwach abgestempelt werden. Wie können Frauen Männer dazu ermutigen, vielschichtiger zu sein.

 

Indem sie die Männer immer wieder ermutigen und gleichzeitig auch ihr eigenes Denken hinterfragen. Die meisten Frauen haben in Wahrheit noch Probleme damit, wenn ihr Partner, ihr Kollege oder Chef eine „schwächere“ Seite zeigt. Insofern müssen beide Seiten dazulernen. Sehr viele Männer kommen übrigens auf Druck der Partnerin zum ersten Gespräch. Wenn er danach für sich selbst kommt, ist der größte Schritt schon getan, das zeigt, dass „ermutigen“ Sinn machen kann!

 

In Ihrem ersten Buch „Männerabend“ sprechen Sie dieProblematik an, dass Männer sich zwar treffen und Dinge miteinander unternehmen, aber gemeinsam über Schwierigkeiten und eigene Herausforderungen sprechen, eher selten vorkommt. Warum ist es aus Ihrer Sicht wichtig, dass Männer gute Freunde haben, mit denen sie reden?

 

Ja, das ist leider tatsächlich immer noch so, vor allem bei denen ab 30. Sie sprechen zwar darüber, was passiert ist, aber selten wie es ihnen dabei gegangen ist. Das fehlt Männern für ihre innere Sicherheit. Denn es entlastet ungemein, zu erkennen, dass doch letztlich alle ihre Themen haben, ihre Sorgen, ihre Probleme, die Momente, wo man sich eben nicht stark und heldenhaft fühlt. Im Kopf wissen das die Männer heute, aber im realen Erleben ist sehr viel Luft nach oben. Ein offenes und wertschätzendes Gespräch unter Männern ist Gold wert. Wenn sie ohne Abwertung oder spontane kumpelhafte Aufmunterung a lá „Andere Mütter haben auch schöne Töchter!“ zusammenkommen können, dann geht das tief, gibt enorm viel Kraft und Lebensfreude.

 

In Ihrem Buch „Männerherz“ steht das Thema „Beziehung“ im Vordergrund. Sie bringen auch persönliche Erfahrungen einer Trennung mit ein. Warum ist es für Männer wichtig, sich stärker mit dem Thema Beziehung zu beschäftigen? Welche Bedeutung hat das auch für das Miteinander von Frauen und Männern im Berufsalltag.

 

Traditionell haben Männer das Thema Beziehung nach der Eroberung eher an die Frau ausgelagert. Das funktioniert heute nicht mehr so gut, Frauen wollen mehr und nehmen abwesende Männer nicht mehr so hin. Wir Männer dürfen nicht einfach zu vieles Recht machen wollen, sondern müssen uns selbst damit beschäftigen, was wir möchten, empfinden, wie wir das gut rüber bringen usw. Was das für die Zusammenarbeit auf allen Fronten bringt, liegt wohl auf der Hand. Nur wer sich selbst gut spürt und sich seiner Stärken und Schwächen bewusst ist, kann auch gut führen.

 

Männer gelten stereotyp als das starke Geschlecht. Der Gehirnforscher Gerald Hüther entlarvt in seinem Buch „Männer“ den dahinterliegenden Mechanismus. So sei das Balzverhalten bei den Menschen letztlich davon geprägt, dass Männer ihre Stärke und ihren beruflichen Erfolg herausstreichen, um damit bei den Frauen punkten zu können. Was passiert aber, wenn Frauen das gar nicht mehr so wichtig ist, da sie selbst erfolgreich sind? Haben Männer Angst, dass Frauen sie dann nicht mehr wollen?

 

Diese Angst kennen wohl beide Geschlechter und ja es verändert sich sehr viel. Das fordert uns alle und bietet unendlich große Chancen. Wir Männer haben da noch einiges aufzuholen! Daher meine Bücher und mein Anliegen, für Männer hier einen Rahmen zu schaffen, der es ihnen in einer wertschätzenden Art ermöglicht, durch echte Begegnungen hier dazuzulernen. Ich selbst habe davon über die Jahre enorm profitiert.

 

Wenn wir schon über Ängste bei Männern sprechen: was sind aus Ihrer Erfahrung aus 20 Jahren Männerberatung die Ängste, die viele Männer umtreiben?

 

Die Angst (erneut) verletzt zu werden. Die Angst vor der eigenen Kraft und damit zu verletzen, was nicht nur körperlich gemeint ist. Die Angst unter Männern nicht zu bestehen, als unmännlich da zu stehen. Das ist aber je nach Arbeits- und Lebensbereich mittlerweile sehr unterschiedlich. Im Kunst- und Kulturbereich ist das natürlich weniger Thema als in männlich geprägten Unternehmen. Letztlich wollen wir alle Anerkennung und Bestätigung – für das, was wir sind und tun. Aber insgeheim spüren viele Männer, dass ihre Art irgendwie aus der Zeit gefallen scheint und einen Aufbruch benötigen würde. Aber zu oft bleiben wir starr stehen oder laufen hektisch davon, bis es in irgendeiner Weise kracht.

 

Wie könnte ein besseres Miteinander von Frauen und Männern aussehen? Was braucht es dafür?

 

Mehr Selbsterkenntnis und Selbstannahme auf beiden Seiten. Verzeihen und Selbstverantwortungsübernahme, kein Wettlauf im Opferstatus. Ich denke, dass Frauen sich weiterhin und noch viel mehr stärken sollten und dass Männer mehr Kraft aus herzlichen wertschätzenden Begegnungen unter Männern schöpfen sollten. Wenn wir das lernen, können wir Menschen ganz wunderbar gemeinsam noch viel mehr erreichen. Dann können wir in vielen Bereichen offener und damit diverser werden. Das ist nicht umsonst in aller Munde, schließlich brauchen wir und unsere Welt neue Lösungen.

 

Herr Schneebauer. Ich danke Ihnen für das offene Gespräch.

 

Dr. Richard Schneebauer ist Autor, Dozent, Trainer und Vortragsredner und beschäftigt sich mit verschiedenen Rollen des Mannes, Beziehungsproblemen und Geschlechterrollen. Sein jüngstes Buch: Männerherz.

 

Das Interview führte Dr. Nadja Tschirner, Geschäftsführerin der Cross Consult GbR

Unternehmerin Ute Doetsch als Mutmacherin – von der Geschäftsführung zur Inhaberin

Interview mit Ute Doetsch, Geschäftsführerin der brandarena GmbH & Co. KG

 

  1. Die brandarena steht für Innovation, coole Ideen, modernes Auftreten und Agieren. Welchen Anteil haben Sie als Chefin an diesem Erfolg?

 

Das freut mich, dass brandarena mit diesen Attributen wahrgenommen wird. Den größten Anteil an dem Erfolg hat sicherlich das brandarena-Team. Unsere Aufgabe im Führungsteam ist es ein vertrauensvolles Umfeld zu schaffen und die Kolleg:innen zu motivieren. Mein Anteil daran ist es zu zu hören, Anstöße zu geben und neue Ideen zu fördern – und von den jungen Kolleg:innen zu lernen.

 

  1. Frau Doetsch, Sie haben den Schritt gewagt und gemeinsam mit Ihrem Geschäftspartner die brandarena übernommen. Damit machen Sie Frauen Mut ihren Weg zu gehen. Was hat Sie bewogen, diese Herausforderung anzunehmen?

 

Ich habe die brandarena schon seit 2003 gefühlt wie eine Unternehmerin geführt, obwohl ich “nur” Geschäftsführerin war. Das war möglich, da der ANTENNE BAYERN Vorstand mir vertraut hat und ich ausreichend Selbstvertrauen in meine Fähigkeiten entwickeln konnte.

Ein anderer, wichtiger Aspekt war auch, dass mein Lebenspartner mich sehr motiviert hat diesen Schritt zu gehen. Er hat viel Interesse an den Themen der brandarena. Ich kann ihn immer um Rat fragen und die Themen mit ihm diskutieren.

Das war eine gute Ausgangsbasis für die Übernahme.

Da ich dieses Jahr 55 Jahre alt werde, war es für mich auch sehr wichtig, das Unternehmen nicht alleine zu führen. Mit Marc Hörhammer (38 Jahre) habe ich einen perfekten Geschäftspartner gefunden. Er ist auch seit vielen Jahren ein Teil der brandarena, wir kennen uns lange und gut, schätzen uns sehr und haben die gleiche Leidenschaft für die Brandarena.

Altersdiversität und Geschlechtervielfalt im Management sind Erfolgsfaktoren und zu zweit sind viele Herausforderungen noch besser zu bewältigen.

 

  1. Als Mixed Leadership Team sind Sie Beide Vorbild und zeigen, dass Frauen und Männer gemeinsam Großes bewegen können. Wie gelingt es Ihnen, Diversität in Ihrem Unternehmen voranzutreiben?

 

Diversität ist ein wichtiges Thema. Je bunter ein Team ist, desto besser. In der Diversität eines Teams liegt die große Chance, unterschiedliche Blickwinkel und Erfahrungen offen auszutauschen und dabei neue Ideen zu finden. Dass dabei neue Arbeitszeitmodelle und Flexibilität gefragt sind, gehört dazu. Unser Ziel ist es ja, dass der Kunde happy ist und wir gemeinsam Freude an der Arbeit haben.

 

  1. Was braucht es aus Ihrer Sicht, dass man sich für andere Perspektiven und Ideen öffnet, damit Neues entstehen kann?

 

Wichtig ist erst mal, dass man bereit für Neues ist. Der Welt mit offenen Augen und Ohren begegnen. Man darf nicht auf dem Alten beharren. Ich mag das Zitat von Einstein: „Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben“. Als Führungskraft müssen wir zeigen, welche positiven Auswirkungen Neues haben kann – aber auch die Herausforderungen von Neuem müssen angesprochen werden.

Damit Neues entsteht, ist vernetztes Denken sehr wichtig. Daraus entsteht Kreativität und die erzeugt wiederum „Neues“. Das kann man richtig trainieren. Wertvolle Tipps dazu sind in dem Buch „Die Kunst des kreativen Denkens“ (Dorte Nielsen & Sarah Thurber) zu finden.

Sehr wichtig ist auch ein vertrauensvolles Umfeld. Jeder darf / soll seine Gedanken frei formulieren dürfen – egal wie verrückt sie sind. Ich habe schon oft erlebt, dass unsere sehr jungen Kollegen:innen, die noch in der Ausbildung sind, großartige Ideen haben, auf die wir so nicht gekommen wären.

 

  1. Eine Agentur zu leiten ist mehr als Führung und Organisation. Welche Fähigkeiten sind gefragt, wenn frau aus der Führungsrolle in die Unternehmerinnenrolle wechselt?

 

Das ist interessant was das Wort „frau“ mit mir macht. Mir fällt es schwer dies in diesem Kontext so in den Mittelpunkt zu rücken. Ich wünsche mir einfach, dass ich als Mensch (egal ob Mann oder Frau, homosexuell oder heterosexuell etc.) wahrgenommen werde. Allerdings verstehe ich natürlich, wie wichtig es ist Frauen für Führungspositionen zu motivieren. Das möchte ich auch unterstützen.

 

Aber jetzt zu Ihrer Frage:

Leidenschaft und Freude sind entscheidend. Meine Arbeitswoche endet nicht nach 40 Stunden. Die brandarena ist Teil meines Lebens, ich trenne hier nicht strikt.

Das große Ganze zu sehen und nicht immer jede Kleinigkeit so wichtig zu nehmen, muss ich auch immer wieder neu lernen. Als Unternehmerin kommen noch einige neue Aufgaben im Tagesablauf dazu. Ich bin ja für viele Aspekte des Unternehmens verantwortlich. Das ist eine noch größere Verantwortung, die ich aber gerne trage.

Ohne meine Disziplin wäre das für mich nicht möglich. Ich muss, Gott sei Dank, meinen inneren Schweinehund nicht überwältigen. Er darf regelmäßig mit mir zum Joggen an die Isar. Damit möchte ich sagen, dass es sehr wichtig ist, auch auf seine Fitness zu achten.

Und einfach ich sein, auch Frau sein. Ich bin gerne eine Frau. Ich brauche weder einen Hosenanzug noch hochhackige Schuhe, um Zeichen zu setzen.

 

Was hat Sie auf diesen Schritt vorbereitet? Was hat Ihnen geholfen, diesen neuen Weg zu gehen?

 

Es ist für mich kein neuer Weg, es fühlt sich eher als logische Folge der vorherigen Arbeit an.

Ich bin in einer Unternehmerfamilie aufgewachsen. Meine Eltern haben mich immer gefördert und mich motiviert, das zu machen was mir Freude bereitet. Mir ist heute erst bewusst was für eine großartige Unterstützung das war, um meinen eigenen Weg einzuschlagen.

Wichtig war sicher auch, dass ich mit 30 Jahren das erste Mal geschäftsführende Gesellschafterin in einer Agentur war und die Dotcom – Blase 2000 erlebt habe. Ich habe aus Fehlern gelernt und lerne immer weiter.

Hinfallen, Aufstehen, Krönchen richten, Weitergehen – und in den Spiegel schauen können. Für Werte einstehen. Dann läuft das.

 

  1. Sie selbst waren vor ein paar Jahren Mentorin im proMix-Programm für Frauen in Führung, das die IHK für München und Oberbayern mit Unterstützung von Cross Consult aufgesetzt hat. Hatten Sie selbst auch eine Mentorin?

 

Das ist ein großartiges Programm und sicher auch für Männer wichtig????.

Ich hatte viele Begleiter:innen und Unterstützer:innen – männlich und weiblich. Dafür bin ich sehr dankbar.

 

  1. Wer hat Sie auf Ihrem beruflichen Weg unterstützt? Wer hat Sie ermutigt, Ihren Weg zu gehen? Wer sind Ihre Vorbilder?

 

Der damalige Vorstand von ANTENNE BAYERN, Karlheinz Hörhammer, der mir 2003 die Chance gegeben hat, die brandarena als Geschäftsführerin weiterzuentwickeln war sicherlich mein größter
Unterstützer.

Ich bin sehr beeindruckt von Menschen, die sich bedingungslos für Andere einsetzen – das sind für mich Vorbilder. z.B. Flüchtlingshelfer oder Menschen, die für wenig Geld in der Pflege arbeiten. Ich bin überzeugt, dass es hilft, wenn wir uns nicht so wichtig nehmen. Das kann ich von diesen Vorbildern lernen und muss es mir immer wieder selber bewusst machen.

 

  1. Was braucht es aus Ihrer Sicht, um Frauen zu ermutigen, ein eigenes Unternehmen zu gründen und die eigene Komfortzone zu verlassen?

 

Eltern, Lehrer, Führungskräfte müssen das Selbstvertrauen von Frauen fördern. Ihnen zeigen, dass vieles möglich ist, es vorleben. Auch und besonders die Vereinbarkeit von Familie und Beruf – sowohl für Mann als auch für die Frau.

Entscheidend ist auch, dass Frauen im Laufe ihrer Schulbahn und beruflichen Entwicklung immer wieder die Chance auf Austausch mit Unternehmerinnen bekommen, z.B. eine Unternehmerin für einen Tag begleiten können.

 

  1. Was würden Sie jungen Frauen am Anfang ihres Berufslebens raten? Worauf kommt es aus Ihrer Sicht an?

 

Offen sein, viel fragen und hinschauen. Lieber etwas länger „ausprobieren“ als einen Job zu machen, der nicht erfüllt. Lieber mal scheitern und eine neue Aufgabe ausprobieren. Genau hin spüren, ob die Aufgabe erfüllt. Wichtig ist zu erkennen, dass wir selber viel mehr gestalten können, als wir zunächst denken.

 

Das Interview führte Dr. Nadja Tschirner, Geschäftsführerin der Cross Consult GbR

HeForShe und SheForHe – Karriere und Familie gemeinsam gestalten

Gemeinsam stark, gemeinsam erfolgreich, alles Begriffe, die wir als reflektierte Menschen unterschreiben würden. Wenn es aber um das Thema „Gleiche Chancen für Männer und Frauen“ geht, entsteht meist der Eindruck, dass es ein Gegeneinander sei, ein Kampf der Frauen gegen die Männer, damit sie auch einen Teil des Kuchens abgekommen. Die Rhetorik rund um das geplante Gesetz für mehr Frauen in den Vorständen, zeigt, dass viele momentan denken, dass sich nur durch zusätzlichen Druck etwas bewegen wird. Dabei wissen wir längst, dass Druck alleine nicht zum Erfolg führt, schon gar nicht bei Themen des kulturellen Wandels, und nichts anderes ist die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Entscheidungspositionen in Wirtschaft und Gesellschaft.

 

Daher braucht es eine Quote+, die von Anfang an signalisiert, dass es eine Quote eben auch für Männer in CARE-Tätigkeiten, Kinderbetreuung, etc. braucht. Denn dann würde man sich die Frage stellen, warum in bestimmten Berufen nur Frauen und in anderen nur Männer anzutreffen sind. Und genau darum geht es: eine öffentliche Diskussion was wir als Gesellschaft wirklich wollen. Wollen wir, dass Mädchen und Jungs nach wie vor eingeschränkt bei der Berufswahl sind, dass die einen ihre Emotionen runterfahren, da es nicht zum Mannsein passt, und andere sich jegliche Dominanz verkneifen, da es nicht zum Frausein passt? Ist uns eigentlich klar, wie wir uns und unsere Kinder dadurch nachhaltig beschränken? Um aus diesem Teufelskreis rauszukommen, bedarf es eines neuen Bewusstseins, dass Männer nicht nur Täter und Frauen nicht nur Opfer sind. Denn nur wenn wir erkennen, dass beide etwas zu gewinnen haben, werden wir dem Ziel näherkommen. Die Vereinten Nationen setzen mit ihrer Kampagne „HeForShe“, die bereits 2014 gestartet wurde, genau hier an. Männer als Alliies (Unterstützer) gewinnen, damit sie mit anderen Männern und Frauen in den Dialog gehen und sich bewusst machen, dass es ihr Engagement braucht, damit ihre Söhne und Töchter eines Tages die gleichen Chancen haben. Denn nur wenn Männer in ihren Peergruppen für Gleichberechtigung einstehen, Frauen als gleichwertige Partnerinnen wahrnehmen und erleben, dass ihr Leben damit auch einfacher wird, werden sich andere auf den Weg machen.

 

Nicht wegschauen, sondern sich als Betroffene einmischen, ist die Devise. Denn viel zu lange wurde weggeschaut bei:

 

Gewalt gegen Frauen, Homophobie, schlecht bezahlten Frauenberufen, geringer Lebenserwartung von Männern, Burnout und Depressionen, Vereinsamung von Männern im Alter, Suchtmittelkonsum, rein männlich besetzten Vorständen, Grundschullehrkörpern, die nur aus Frauen bestehen, und vielem mehr.

 

Es geht darum zu verstehen, dass sowohl Männer als auch Frauen momentan die Verlierer sind.

 

Daher geht es neben HeForShe auch um SheForHe. Stehen wir füreinander ein und machen wir uns auf den Weg zu einer gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern in allen Lebensbereichen. Und um dies zu erreichen: Gehen wir in den Dialog. Mischen wir uns ein. Unterstützen wir uns gegenseitig, wahrzunehmen wie sehr uns die uns zugewiesenen Rollen einschränken. Seien wir wachsam, wenn eine Entweder-Oder Rhetorik regiert anstatt einer Sowohl-als-auch Mentalität. Seien wir mutig und mischen uns ein, wenn wir sehen, dass es um ein Gegeneinander statt um ein Miteinander geht.

Interview Werner Dopfer – „Mama Trauma – warum Männer sich nicht von Frauen führen lassen“

Herr Dopfer, als Psychotherapeut und Coach begleiten Sie seit vielen Jahren weibliche und männliche Führungskräfte. Dabei sind Ihnen offenbar viele Dinge aufgefallen, die Sie zu Ihrem Buch „Mama Trauma – warum Männer sich nicht von Frauen führen lassen“ inspiriert haben.

 

Ich freue mich, dass Sie sich bereit erklärt haben, uns zu Ihren Erkenntnissen ein Interview zu geben.

 

  1. Was konkret hat Sie veranlasst  dieses Buch zu schreiben?

Ich habe immer wieder festgestellt, dass weibliche Führungskräfte mit enorm viel Potential an der männlich orientierten Berufswelt verzweifeln. Daher wollte ich ein Buch schreiben, welches die Ursachen dafür beleuchtet und Hinweise für ein psychologisch kluges Vorgehen gibt. Damit es Frauen möglich ist noch erfolgreicher in der “Männerwelt” zu agieren.

 

  1. Das scheint offenbar gelungen zu sein, denn Mama Trauma steht bei Amazon unter der Rubrik “Karrieretipps für Frauen” relativ weit oben. Erfüllt Sie das mit Zufriedenheit?

Scheinbar habe ich mit dem Thema einen Nerv getroffen. Die Resonanz war enorm. Das bestätigt die Vielzahl an Interviews, die ich dazu gegeben habe. Natürlich freut sich jeder Autor über positive Resonanz, aber entscheidender ist es, dass die Inhalte des Buches den Frauen wohl weiterhelfen und Männer zum Nachdenken anregen. Daher bin ich sehr zufrieden.

 

  1. „Frauen sind – unter Betrachtung aller relevanten Aspekte – letztlich die besseren Führungskräfte“ ist ein Satz ganz am Anfang des Buches. Was lässt Sie glauben, dass Frauen für unsere heutige Welt ein adäquateres und damit sinnvolleres Führungsverhalten zeigen? Was haben Sie beobachtet, dass Sie zu dieser Erkenntnis kommen?

Natürlich gibt es auch eine Menge hervorragender männlicher Führungskräfte. Das möchte ich nicht in Abrede stellen. Teilweise können wir es nicht glauben, wenn wir Typen wie Trump etc. betrachten. Frauen zeichnen sich jedoch tendenziell durch eine geringere Rivalisierungstendenz aus, sie agieren umsichtiger und wesentlich kooperativer. Für eine globale, stark vernetzte und vom Klimawandel bedrohte Welt ein sehr wichtiges Führungsverhalten. Es eint, statt zu spalten. Daher plädiere ich durchaus für: Mehr Frauen an die Macht!

 

  1. In Zeiten von Corona sind nun bei häufig virtueller Interaktion andere Kompetenzen gefragt als vorher. Welche Art von Führungskräften brauchen wir in Zeiten der Krise?

In der Krise zeigt sich das wahre Gesicht, ist klassischer Leitsatz der Psychologie.  Wir brauchen jetzt Führungskräfte, die besonnen agieren und sinnvolle Strategien aufzeigen, aber auch Hoffnung und Zuversicht vermittelt. Ängste schüren und Panik produzieren bringt nichts. Trotz aller Erschwernisse ist es relevant weiter in Kontakt zu bleiben, zu reden und gemeinsam nach akzeptablen Lösungen zu suchen. Hier können nun die weiblichen Stärken ein großer Vorteil sein, um nicht in einseitige und radikale Vorgehensweisen zu verfallen.

 

  1. Wenn Sie sagen Männer sind so und Frauen so, verstärken Sie damit nicht das stereotype Denken, das eine zentrale Einschränkung für beide Geschlechter beinhaltet?

Es ist wichtig die Welt realistisch zu sehen. Es sind halt nicht alle gleich. Die Frage ist, wie gehen wir mit Unterschieden um und sind wir bereit auch vom anderen Geschlecht zu lernen. Das findet mittlerweile statt. Ich berate viele Frauen und Männer, die dazu bereit sind. Das Resultat ist der von mir entwickelte Meta-Gender-Führungsstil, der weibliche und männliche Qualitäten kombiniert.

 

  1. Was ist das Besondere an dem von Ihnen entwickelten Meta-Gender-Führungsstil? Wie trainieren oder begleiten Sie Führungskräfte, damit sie diesen Führungsstil erlernen können?

Dieser Stil ist – kurz gefasst – eine Hommage sowohl an die weiblichen wie auch männlichen Qualitäten und Verhaltensmuster. Dazu ist es zunächst wichtig diese wertfrei zu beleuchten. Das findet in meinen Trainings statt, indem wir sie gegenüberstellen, den gesellschaftlichen Kontext herstellen und dann üben, sich aus geschlechterspezifischen Rollenmustern zu lösen. Das Ganze wird per Video aufgezeichnet und ist oftmals auch sehr lustig. Verhalten Sie sich mal als Mann, verhalten sie sich mal als Frau, ist die Botschaft.  Und dann je nach Anforderung der Situation wählen zu können, dann stehe ich praktisch über dem geschlechtertypischen Muster. Deshalb Meta, was ja so viel bedeutet wie darüberstehen, oder von Oben betrachten.

 

  1. Welchen Einfluss haben aus Ihrer Sicht die Systeme, in denen Frauen und Männer als Führungskräfte agieren? Schließlich haben wir es ja mit einem männlich geprägten System zu tun, in dem Frauen versuchen ihre Rolle zu finden bzw. meist nicht einmal wissen in welchem Spiel sie eigentlich mitspielen.

Jedes System hat seine Spielregeln. Um in einem männlichen System Erfolg haben zu können, ist es für Frauen sicher hilfreich, das Seelenleben der Männer besser zu verstehen. Dann wissen sie wie diese agieren, was sie antreibt, worauf sie kritisch reagieren. Damit setzen sich Frauen oftmals zu wenig auseinander, sondern sie imitieren männliche Verhaltensweisen – gehen mit diesen konform – und erscheinen als sogenannte Alphafrau, was eher zu Abstoßungsreaktionen führen kann.

 

  1. Sie empfehlen, dass sich Frauen in Führung mit Männerführung auseinandersetzen sollten, um ein Verständnis für die „männlichen Sitten und Gebräuche“ zu entwickeln. Was wären denn die drei entscheidenden Dinge, die Frauen im Blick haben sollten, um Männer nicht zu verunsichern?

Nicht abwerten, nicht die Mama spielen, sondern die Männer immer ein wenig als Helden dastehen lassen. Dann fühlen sie sich geehrt und nicht kontrolliert.  Zu viel Kontrolle mögen Männer in der Regel nicht, weil Sie meist ein hohes Autonomiebedürfnis haben. Das zeigt sich auch immer wieder im Bereich der Paartherapie.

 

  1. Offenbar, so beschreiben Sie es, legt der Erziehungsstil und die Bindung zur Mutter die entscheidende Basis für das Verhältnis von Männern zu Frauen? Was halten Sie für den wesentlichen Faktor, den Frauen in der Erziehung von Söhnen berücksichtigen sollten, damit sie später im Leben gut mit Frauen klarkommen und sich vielleicht sogar von ihnen führen lassen?

Überdominante Mütter hinterlassen eher kritische Spuren bei ihren Söhnen. Wenn in der männlichen Erziehung die Mütter, Großmütter, älteren Schwestern, Kindergärtnerinnen und Lehrerinnen einen extrem starken Einfluss ausüben, oder gar uneingeschränkt dominieren, kann es traumatische Auswirkungen haben. Solche Männer haben später oft Beziehungsprobleme mit Frauen, aus Angst – wieder – vereinnahmt zu werden. Unbewusst verweigern sie sich deshalb auch gegenüber einer Chefin. Sie wollen sich von einer Frau nicht führen lassen. Um ihre Autonomie zu wahren, spielen diese Männer oft ihr eigenes “Spiel”. Wenn dann noch männliche Vorbilder fehlen ist es schwierig. Daher empfehle ich den Müttern, gebt den Söhnen möglichst viel Autonomie.

 

  1. Sie fragen „Wo sind die modernen und selbstreflektierten Männer, die auch Traurigkeit, Ängste oder gar Hilflosigkeit spiegeln können? Wenn es sie noch nicht gibt, was können Frauen tun, um Männer zu ermutigen, die eigenen Gefühle wahrzunehmen und auch auszudrücken?

Wir Psychologen sagen häufig, es kommt darauf an. Auf die spezifischen Interaktionsdynamiken zum Beispiel. Wie ist die Beziehung per se und so weiter.

Aber ganz generell empfehle ich Menschen, sich an den typisch geschlechterspezifischen Verhaltensmustern auch ein wenig zu freuen, es mit Humor zu sehen, Verständnis zu signalisieren, nicht alles zu interpretieren, nicht alles kontrollieren zu wollen. Wir leben in einer Zeit mit sehr hohen Ansprüchen, mit stetiger Planung, Kontrolle und Bewertung. Das macht uns nicht wirklich zufrieden. In meinen Beratungen erlebe ich es schon so, dass Lockerheit – die auch zu fördern versuche – eine Grundlage dafür ist, die gesamte Emotionspallette zuzulassen. Auch für Männer.

 

  1. Sie schreiben, dass unzählige Frauen mittlerweile ihr Vaterthema vermutlich bereits bearbeitet hätten, da es schon lange Norm ist, dass Männer Frauen führen. Bei Männern, die von Frauen geführt würden, stünden wir hingegen noch am Anfang. Was raten Sie Männern, um ihr Mutterthema so zu bearbeiten, damit ein unkompliziertes Miteinander von Frauen und Männern in der Berufswelt möglich wird und sich Männer auch mal von Frauen führen lassen?

Selbstreflexion, Selbstreflexion und nochmal Selbstreflexion. Da haben Männer einen enormen Nachholbedarf. Mehr und mehr sind aber schon gut unterwegs. Beispiele dazu sind in meinem Buch zu finden.

 

Herr Dopfer, ich danke Ihnen für das interessante Gespräch.

 

 

Werner Dopfer, Jahrgang 1963, aufgewachsen in Südafrika und Namibia, ist Diplom-Psychologe und seit mehr als 20 Jahren als Psychotherapeut, Berater und Coach in eigener Praxis sowie als Management- und Führungskräftetrainer für viele Unternehmen tätig. Werner Dopfer ist verheiratet und lebt mit seiner Familie in München.

 

MutmacherInnen-Tipps in Krisenzeiten

Wir sitzen alle im selben Boot – im „Corona“-Boot. Ungläubig verfolgen wir in den vergangenen Tagen und Wochen die Geschehnisse, die unsere Freiheit in einem Umfang einschränken, wie wir das noch nie erlebt haben. Das betrifft nicht nur unsere Freizeit, das Reisen, die Arbeit, das geht ganz tief ins Privatleben. Kann ich Homeoffice machen, wie organisiere ich mich mit Kindern, welche Kontakte halte ich aufrecht, besuche ich meine Verwandte im Altenheim?
Wir stehen als gesamte Gesellschaft vor neuen Herausforderungen!

Können wir diese Krise nutzen, um alte Mechanismen etwa in der Kommunikation oder in unserem sozialen Leben zu verändern? Gibt es Bereiche, die wir radikal neu denken sollten? Es wäre zumindest wünschenswert, dass wir mit neuen Impulsen und Stärken aus dieser Krise kommen.

 

Wir stellen Ihnen hier interessante Aktionen und Links vor, die ihren Alltag vielleicht erfreuen oder erleichtern. Wir freuen uns, wenn Sie uns in einem Kommentar oder per Mail ebenfalls Ihre „Mutmacher“ oder innovative Ideen schicken, die wir hier darstellen! In diesem Sinne: #FlattenTheCurve!

 
Homeoffice
 

Und es geht doch

 
Das Wort Homeoffice ist gerade in aller Munde. Vor „Corona“ arbeiteten etwa 12 Prozent der Beschäftigen in Deutschland gelegentlich von zuhause, unter dem EU-Schnitt, so das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung. Jetzt scheint mutiert Homeoffice zum Allheilmittel, damit die Wirtschaft nicht komplett zusammenbricht. Aber MitarbeiterInnen können nicht einfach zum Homeoffice verpflichtet werden. Umgekehrt können sie ihre Arbeitnehmer auch nicht dazu verpflichtet.

 
Organisationspsychologin Jennifer Chatman erklärt auf tagesschau.de, wie der Umstieg auf das Homeoffice gelingt.

 

  • Wie Arbeit und Führung flexibler gedacht werden könnte, haben wir schon vor einiger Zeit in diesem Artikel aufgegriffen: Flexible Führung.

Wie das Arbeiten zuhause effektiver werden kann

Jetzt sind viele von uns im Homeoffice angekommen, aber zuhause am Schreibtisch sitzen ist das eine. Was ist, wenn dann die Kinder herumspringen und sich voller Energie über die ungewöhnlichen Zeiten freuen?  Auf Großeltern oder Spiel- und Lerngruppen kann man aufgrund der aktuellen Krise nicht zählen. Wie soll man da bitte konzentriert arbeiten? KiKA hat aus unserer Sicht nützliche Tipps zusammengestellt – wie beispielsweise Wochenplan, Zeiteinteilung oder Kommunikationsregeln. Hier Tipps zum effektiven Arbeiten zuhause. 

Dazu gibt es ein interessantes Interview von Kinder- und Jugendpsychotherapeut Dr. Christian Lüdke, der bestätigt: “Es ist für alle eine außergewöhnliche und schwierige Situation“ und ebenfalls mit praktischen Tipps unterstützt.

 

Kinderbetreuung

 

Hochkonjunktur beim Mathelehrer der Nation – Schulunterricht

Alle Eltern von kleinen und schulpflichtigen Kindern schwitzen. Wie sollen die nächsten Wochen gestaltet werden – ohne Kita, ohne Schule?

Schon seit 2011 erklärt Daniel Jung, der Mathelehrer Deutschlands, SchülerInnen und Eltern die Welt der Zahlen. Kostenlos können Interessierte nicht nur Mathe auch Biologie, Chemie oder Informatik in kurzen informativen Videos den Stoff erfassen, im eigenen Tempo und sehr prägnant erklärt.

 

Aber auch Geschichtsunterricht kann weiter unterhaltsam gelehrt werden
und für die englische Sprache empfehlen wir diese Plattform.
 
Eine sehr übersichtlich aufbereitete Lernseite hat ARD.de zusammengestellt. Sie ist gegliedert nach Vorschule, Grundschule, Mittel- und Oberschule und bündelt die Angebote aller öffentlich-rechtlichen Sender.

 
Freizeit zuhause gestalten

 

Fantastische Frauen – Lesetipp

Das letzte Treffen unserer Mitarbeiterin Tanja Anfang März führte nach Frankfurt. Dort zeigt (bis auf Weiteres geschlossen) die Schirn „Fantastische Frauen“. Tanja empfiehlt als literarische Abwechslung die Lektüre „Meine Schwester Frida“ von Bárbara Mujica – ein mitreißend erzähltes Portrait über eine faszinierende Frau und Künstlerin.
 

Durch die Museen der Welt

Schulangebote gibt es wie Sand am Meer. Aber beim Gang durch das „Digitale Klassenzimmer“ vom ZDF sind wir auf die Rubrik “Kunst” gestoßen. Und das ist sicher nicht

nur für Kinder und Jugendliche interessant. Ob Carl Spitzwegs „Der Witwer“, Lindberghs “Untold Stories” oder ein Gang über die Architekturbiennale: Für Kunstinteressierte ein spannender Gang durch Museen der Welt – von der Couch aus.

 

Gegen einsame Abende – Klavierkonzerte

Etwas Besonderes hat sich Pianist Igor Levit mit seinen Hauskonzerten einfallen lassen, die er täglich um 19 Uhr live spielt und auf Twitter überträgt. Auf wunderbare Weise hat er die auftrittsfreie Zeit genutzt, um auf digitalem Wege Musikliebhaber seine Kunst näher zu bringen, zu trösten, zu unterhalten.
https://twitter.com/igorpianist

 

 

Am 25. März aktualisiert. In Kürze erweitern wir die Liste, mit nützlichen Tipps und Anregungen in Zeiten der Corona-Krise. Gerne nehmen wir Ihre Anregungen auf!

 

EIN LEBEN OHNE PRÄSENZ UND WIRKUNG … IST KEIN GUTES … – Interview mit Karin Krug

„Nur 22 Prozent der deutschen Theater werden von Frauen geleitet – und noch weniger von Frauen gegründet. Karin Krug ist eine davon. Zusammen mit ihrem Kollegen Andreas Wolf aus der Schauspielschule gründete sie 1992 das fastfood theater München, eine der ersten Improvisationsbühnen des Landes, und leitet es seitdem sehr erfolgreich.

 

Studiert hat Karin Krug Theaterwissenschaft. Sie arbeitet als Schauspielerin, ist Deutsche Meisterin im Theatersport, tritt national und international auf und ist als Trainerin in Unternehmen und künstlerischen Bereichen tätig. Darüber hinaus ist sie Mentorin für Künstler*innen und Führungskräfte.

 

Auf der Theaterbühne geht es um Freude am Spiel, Improvisation und Präsenz. Aber auch im Unternehmenskontext ist es extrem wichtig, die „Bühnen“ für die eigene Sichtbarkeit und Präsenz zu nutzen – gerade auch von Frauen. Wie das gehen kann und wie ihre beruflichen Bühnen so aussehen, verrät uns Karin Krug in einem Interview.“

 

 

EIN LEBEN OHNE PRÄSENZ UND WIRKUNG

… IST KEIN GUTES …

Liebe Karin, du bist Schauspielerin und mit Deinem Improvisationstheater fastfood theater im gesamten deutschsprachigen Raum auf den Theaterbühnen und in Unternehmen tätig. Was bedeutet für Dich Präsenz?

Karin Krug (KK): Das ist natürlich ein großer Begriff. Ich definiere ihn in meinen Seminaren aber gerne sehr konkret als der „Moment, in dem Kommunikation stattfindet“. In diesem Moment hat jeder Mensch entweder eine Ausstrahlung, die seinen inhaltlichen und räumlichen Ausdruck unterstützt oder manchmal sogar verhindert. Wir „spüren“ den anderen mehr, als uns bewusst ist. Wir spüren, ob der andere an sich selbst glaubt, ob er gerne da ist, ob er Widerstände in sich trägt. Das „Spüren“ ist dabei eine intuitive Mischung aus Sehen, Hören, Fühlen und Riechen gepaart mit den eigenen schon erlebten Erfahrungen. Darum ist Präsenz auch subjektiv und objektiv wahrnehmbar. Und oft ist es eine bunte Mischung aus beidem. Einer Führungskraft unterstellen wir gerne mehr Präsenz – unabhängig davon, was sie tut oder spricht. Bei einer Frau in der Führungsrolle erwarten wir aber mitunter andere Präsenzmerkmale als bei einem Mann.

Generell ist meine Erfahrung, dass wir im gegenüber eine „angenehme Präsenz“ wahrnehmen, wenn er oder sie mit sich selbst im Reinen ist und unabhängig von den Erwartungen „authentisch“ anwesend ist. Dann nehmen wir den oder die andere als stimmig wahr. Ob uns das gefällt oder nicht, wir unterstellen der Person eine „natürliche“ Präsenz.

 

Was können wir vom Improvisations-Ansatz lernen? Sollen wir alle Theater spielen?

KK: Erst einmal stellt man schnell fest, dass jegliche öffentliche Präsenzsituation ein kleines Theater ist. Wir nehmen unsere Rolle im System ein und wirken durch die Rolle hindurch. Wir ziehen uns bei Präsentationen sehr bewusst an (im Theater ist es das Kostüm). Wir wählen unsere Worte bewusst (im Theater ist das der Text). Und wir sprechen über die Inhalte jenseits unserer ganz persönlichen und intimen Haltungen (im Theater ist das die Rolle). Wir sind nicht privat unterwegs, sondern im professionellen Kontext (im Theater ist das das Stück).

Wenn wir uns nun ansehen, wie Theater funktioniert, dann kann uns das helfen, unseren Handlungsspielraum innerhalb des beruflichen Kontextes zu erweitern. Wir können einen spielerischen Umgang mit unseren beruflichen Situationen finden und damit auch mehr Freude am Erforschen, was denn gerade passend sein könnte. Damit erhalten wir mehr Flexibilität und oft auch mehr Balance im eigenen Ausdruck.

 

Erzähle uns doch bitte ein wenig von Deinem Werdegang!

KK: Ich habe Theaterwissenschaften, englische Literaturwissenschaft und Sozialpsychologie studiert. Allerdings wollte ich immer Schauspielerin werden und immer im Live-Ort Theater. Während des Studiums habe ich das Improvisationstheater für mich entdeckt und mit Andreas Wolf (und 9 anderen Kommilitonen) das fastfood theater gegründet. Das war vor 30 Jahren. Seitdem habe ich nie aufgehört, mich an der Vielfalt, der Kreativität und der Handlungsstärke von Menschen in Teams zu begeistern. Ich habe viel geforscht, viel von meinem Wissen weitergegeben und mich auch selbst sicher oft verändert.

 

Was ist Gender für dich?

KK: Erst einmal ist es etwas, das ich erfahren und gelernt habe. Eine Möglichkeit, die ich nutzen kann und wo ich gut darin bin. Ich weiß z.B., wie Frau auf der Bühne wirkt und wirken kann. Als Schauspielerin weiß ich allerdings auch, dass ich auch gegen den Strom großartige Ausdrucksmöglichkeiten habe. Ich kann männlich und weiblich spielen und erhalte dabei ganz unterschiedliche Reaktionen. Ich weiß aber auch, dass das Geschlecht sich erst nach dem Menschen-Sein formt. Erst einmal sind wir Menschen. Alle haben das gleiche (nicht dasselbe) Handwerkszeug, mit dem sie präsent sein können. Erst dann wirkt das Geschlecht – sei es sozial, real oder virtuell. Und es ist meine Entscheidung, wie sehr ich es in den Vordergrund meiner Ausstrahlung nehme. Menschen mit hoher Wirkkraft gehen sehr souverän mit ihren Mitteln um. Sie entscheiden bewusst, was sie wie einsetzen, um gut in ihre eigene individuelle Wirkung zu kommen. Da ist Gender ein nützliches, nicht zu leugnendes, doch genau zu dosierendes Mittel.

 

Wie kann uns Improvisationstheater helfen, einen flexiblen Umgang mit unserer eigenen Präsenz zu bekommen?

KK: Improvisationstheater ist teamorientiert, humorvoll, agil, spielerisch, ernsthaft, wahr und macht sehr viel Spaß. Es ist also ein fruchtbarer Erfahrungsraum, in dem ich auch mal Scheitern darf und ganz viele Erfahrungen sammeln kann, die sich körperlich einprägen. Präsenz hat sehr viel mit Erfahrung zu tun. Unser Körper lernt nicht durch Denken, sondern durch Tun. Improvisationstheater ist einfach ein tolles Training.für Präsenz in allen Lebenslagen.

 

Warum gerade jetzt dieses Thema?!

KK: Vor 25 Jahren habe ich für meine Magisterprüfung in Sozialpsychologie ein sehr komplexes Genderthema gewählt. Für mich war das eine Offenbarung. Später dachte ich, jetzt haben wir das gesellschaftlich endlich hinter uns und jede und jeder kann spielerisch mit ihren und seinen Geschlechteranteilen umgehen – auch im professionellen Kontext. Ich musste in den letzten Jahren erkennen, dass dem leider immer noch nicht so ist. Frauen und Männer spüren noch immer die Genderthemen als Hürde oder auch als Vorsprung. Doch überall entsteht zur Zeit der Wille nach Veränderung. Sowohl in den Chefetagen der großen Firmen als auch in den Teams. Gerade für uns Frauen öffnen sich große Chancen uns neu zu definieren und zu positionieren. Und das sollten wir nutzen. Und zwar mit Leichtigkeit, Humor und Freude an der Variation.

 

 

Am 27./28.04.2020 startet dazu unser neues Seminar „Professionelle Präsenz – Wirkungsvoll durch Körpersprache und Stimme”.

 

Hier finden Sie mehr Informationen zu diesem Seminar

 

Interview: Dr. Tanja Haupt

 

Weiteres zum Thema Auftreten:

 

Das gewisse Auftreten Interview mit Irene Bärtle

AKK – Außer Konkurrenz?!

Kriegerschimpansen in Uganda geben ein gutes Beispiel, wie männliche Tiere ihre Rangordnung ausfechten, welche Allianzen sie schmieden, um nach oben zu kommen und sich dort dann auch zu halten.
Wenn man sich das Video auf ARTE  anschaut, kommt man nicht umhin, Parallelen zum Kampf um den Parteivorsitz und die Kanzlerkandidatur bei der CDU zu sehen.
Es drängt sich einem förmlich die Frage auf: Hat AKK nicht die ganze Zeit damit rechnen müssen, dass ihre Vizes keine Unterstützung, sondern Konkurrenten sind, die nur auf eine Gelegenheit warten, ihr ihren Rang streitig zu machen?

Mit Leckerlies und Lausungsaktionen Unterstützer bei Laune halten

 

Doch wenn wir hier von Analogien zur Welt der Schimpansen sprechen, hat es nichts damit zu tun, dass dieses Verhalten angeboren wäre, sondern, dass ein kleiner Schimpanse in ein männlich geprägtes System hineingeboren wird. Meist lernt er freundlich, manchmal auch schmerzhaft, wem er Respekt zu zollen hat, wo er sich kleinmachen muss, wann er aber auch seine Chance ergreifen kann, um sich einen Platz weiter nach oben zu kämpfen. Hier geht es meist um Stärke. Doch auch mit Strategie und Klugheit schaffen es weniger starke Männchen ganz nach oben. Entscheidend ist bei allem die Strategie und das Erkennen, wie man nach oben kommt, welche Allianzen man schmieden muss und welche Unterstützer man mit welchen Leckerlies oder Lausungsaktionen bei Laune halten muss.

 

Schimpansenweibchen fügen sich ins System ein

 

Klingt ganz simpel, Weibchen werden aber anders sozialisiert und fügen sich meist in das männliche System ein. Sie haben dann meistens keine Antennen entwickelt wie das Spiel genau geht, wie strategisches Vorgehen aussehen könnte, wie man sich einen Stoßtrupp formt, der einen auch in unsicherem Gelände Terrain gewinnen lässt.

 

Wer es anders und erfolgreicher gemacht hat: die Bundeskanzlerin. Angela Merkel ist mit ihrem Mentor Helmut Kohl durch eine harte Schule gegangen. Es darf vermutet werden, dass neben ihrer außergewöhnlichen Klugheit, die Fähigkeit zum Lesen von Machtstrukturen entscheidend dazu beigetragen hat, dass sie sich lange im Sattel halten konnte.

 

Die Spielregeln sollte frau kennen

 

AKK scheint anders in der CDU sozialisiert worden zu sein, was offenbar dazu geführt hat, dass sie die Löwen, die um ihre Beute kreisten und gemeinsam zum Sprung angesetzt haben, unterschätzt hat. Ein lehrreiches Beispiel für alle Frauen in Männerdomänen. Dialog über Macht und Mikropolitik ist für viele Frauen zwar nicht das Lieblingsthema, aber spätestens, wenn ihnen ihr Lieblingsspielzeug streitig gemacht wird, sollten sie anfangen darüber nachzudenken, in welchem Spiel sie eigentlich mitspielen.

 

Autorin: Dr. Nadja Tschirner

 

Vom Prüfauftrag zur Tochtergesellschaft – Im Interview mit Roswitha Hochenrieder, Geschäftsführerin der LHM Services GmbH

Roswitha Hochenrieder ist Mitglied der Geschäftsführung bei der LHM Services GmbH, einem Tochterunternehmen der Stadtwerke München. Zusammen mit dem 2. Geschäftsführer, Martin Janke, führte sie den Prüfauftrag für die Kooperation zwischen den Stadtwerken München und der Landeshauptstadt München durch. Das Ziel des Projekts war die Entwicklung einer Lösung für die Übernahme der IT-Dienstleistungen an Münchens Bildungs- und Sportstätten. Wie es letztlich zur Gründung der Tochtergesellschaft kam und welche Erfahrungen Frau Hochenrieder als Geschäftsführerin eines Unternehmens mit Startup Charakter macht, erzählt Sie uns im Interview:

 

Liebe Frau Hochenrieder, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für ein Interview nehmen. Zunächst würde mich interessieren, wie es zur Gründung der LHM Services GmbH gekommen ist und wie diese mit den Stadtwerken München und der LHM zusammenhängen.

 

Roswitha Hochenrieder (RW): Im Rahmen des Prüfauftrags aus dem Jahre 2017 haben wir die Idee entwickelt, die IT-Unterstützung zukünftig über eine eigene Service-Gesellschaft zu leisten. Mitte 2018 beschloss der Münchner Stadtrat dann auf Basis dieses Vorschlags, die Verantwortung für den Großteil aller IT-Services an den Münchner Bildungseinrichtungen, Kindertagesstätten und Sportstätten an eben diese Gesellschaft, die LHM Services GmbH zu übertragen. Direkter Auftraggeber der Tochterfirma LHM Services GmbH (LHM-S) ist das Referat für Bildung und Sport (RBS) der Landeshauptstadt München (LHM), das hier in München zentral für die Ausstattung der Einrichtungen zuständig ist – nicht nur, aber eben auch für die Ausstattung mit IT. Das Konstrukt ist zuletzt so sympathisch, da wir so mit unserem Unternehmen in der „Stadtfamilie“ bleiben, denn die LHM-S ist eine 100%-ige Tochter der Stadtwerke München GmbH und diese gehört wiederum zu 100% der Landeshauptstadt München. Die Aufgabe passt auch gut zu unserer traditionellen Verantwortung für Infrastrukturleistungen für die Münchner Bürgerinnen und Bürger.

 

Wie würden Sie das Kerngeschäft der LHM-S beschreiben?

RH: Die LHM-S ist verantwortlich für die zeitgerechte Ausstattung und Betreuung der Münchner Schulen, Kindertagesstätten und Sportstätten mit Informations- und Kommunikationstechnik. Dies umfasst stationäre und mobile IT-Arbeitsplätze, Medientechnik, Druckfunktionalitäten, Netzwerke und WLAN, Telefonie, zahlreiche Anwendungen für die Schulverwaltung und die Pädagogik, Laborumgebungen und vieles mehr. Besonderes Augenmerk legen wir auf die tägliche Unterstützung der Pädagoginnen und Pädagogen beim Einsatz der IT-Technik im Rahmen der Betreuung durch unseren Service Desk und unsere Techniker vor Ort. Aber auch viele Gespräche mit dem Ziel der Abstimmung der Weiterentwicklung der IT-Landschaft zur Unterstützung der Umsetzung pädagogischer Konzepte gehören zu unseren Aufgaben. Die digitale Transformation betrifft nicht nur Unternehmen, sondern selbstverständlich auch Bildungseinrichtungen und Sportvereine. Einerseits natürlich zur Unterstützung der Verwaltung, aber auch um beispielsweise Schüler im Umgang mit zeitgemäßer IT auszubilden. Dabei ist Digitalisierung auch hier eigentlich ein beständig laufender Prozess, und hier gilt es noch viele Herausforderungen zu meistern.

Finanziert werden die Projekte von der LHM, die Sachaufwandsträger für die Schulen ist.  Unser Auftrag und Anspruch ist darüber hinaus natürlich der wirtschaftliche Einsatz der vorhandenen Mittel. Somit erreichen wir das bestmögliche Ergebnis für die Landeshauptstadt München.

 

Warum wurden die SWM für die Umsetzung der IT-Dienstleistung ausgewählt?

RH: Die Stadtwerke München sind vielfältig als „technischer“ Dienstleister für die LHM tätig. Dazu gehören beispielsweise das Stachus Bauwerk, der Olympiapark oder die Toiletten- und Brunnenanlagen. Die LHM und SWM waren schon länger im Gespräch über mögliche Kooperationen im Bereich von IT-Dienstleistungen.  Unsere Gesellschaft ist nun ein schönes Beispiel, dass eine solche Kooperation erfolgreich gemeinschaftlich gestemmt werden kann.

 

Zum Zeitpunkt der Projektplanung waren Sie schon in einer leitenden Position bei den SWM. Wie wurden Sie auf das Projekt aufmerksam?

RH: Als Leiterin der IT-Zentraldienste  hatte ich eine Führungsposition mit  75 Mitarbeiter*innen. Als mein Vorgesetzter mich über das Projekt informierte und mir für den Bereich Technik die Projektträgerschaft anbot, war noch völlig unklar, ob und wie das in der Zukunft umgesetzt wird.  Ich hatte große Lust auf diese Aufgabe und zusammen mit meinem heutigen Geschäftsführerkollegen Martin Janke hat sich ein gutes Team für diese Herausforderung gebildet.

Über eineinhalb Jahre arbeitete ich letztlich parallel als Führungskraft und Projektträgerin, das war wirklich eine sehr anstrengende aber auch sehr interessante Zeit. Ohne die Unterstützung meiner Mitarbeiter*innen und auch meiner Familie hätte ich das aber nicht geschafft.

 

Im Juni 2018 traf der Stadtrat die Entscheidung für die Übertragung der IT-Services die Bildungseinrichtungen an die LHM-S. Wie ging es dann weiter?

RH: Das war wirklich ein riesengroßer Meilenstein. Nach der langen Zeit, die wir in unserem kleinen Team am Prüfauftrag gearbeitet hatten konnten wir nun in die Vorbereitung zur Umsetzung starten. Damit stand nun auch für mich die Entscheidung an, eine neue Aufgabe als Geschäftsführerin der LHM Services GmbH zu übernehmen und meine langjährige Tätigkeit als Leiterin der IT-Zentraldienste zu beenden. Bei meinen Mitarbeiter*innen hatte ich im Verlaufe des Projektes stets für Transparenz gesorgt. So war klar, dass ich meine Position verlassen werde, wenn der Stadtrat sein OK gibt.  Der Abschied selbst war dann aber trotzdem ein sehr emotionaler Moment für mich.

 

Roswitha Hochenrieder in ihrem Büro am Sapporobogen.

Obwohl die LHM-S kein klassisches Startup ist, erleben Sie durchaus Startup typische Situationen und Problemstellungen. Welche sind das?

RH: Zunächst einmal ist kein Tag wie der andere. In der Aufbau- und Startphase der neuen Gesellschaft beschäftigen wir uns täglich mit sehr vielen unterschiedlichen Themen. Insbesondere die Rekruitierung von Mitarbeitern, die Ausgestaltung der wichtigsten operativen Prozesse, die Kommunikation mit vielen Stakeholdern, die Information unserer Kunden, die Vorbereitung des Verantwortungsübergangs und seit 1. April nun auch der operative Betrieb haben bisher unsere ganze Aufmerksamkeit erfordert.  Unser Team ist mit voller Konzentration und sehr motiviert bei der Sache, beflügelt auch durch den Gestaltungsspielraum, den wir vor allem als neues Unternehmen bieten können. Da eigentlich alle Kolleginnen und Kollegen „neu“ sind, können wir gut gemeinsam wachsen und keiner ist das fünfte Rad am Wagen. Jeder hat bei uns Chancen und Möglichkeiten, sich einzubringen.

 

Welche Chancen meinen Sie konkret?

RH: Unser Planungsteam bestand aus rund sechs Personen, die Kapazität der LHM-S umfasst aktuell 302 Stellen. Unser Auftrag ist die Gestaltung der Zukunft der IT für die Münchner Schulen, Kitas und Sportstätten. Aktuell sind wir also mitten in der Rekrutierungsphase und beschäftigen uns auch bereits mit sehr interessanten Zukunftskonzepten.  Wir bieten damit IT-Fachkräften und -Spezialisten in München eine sinnstiftende Tätigkeit in einem Unternehmen mit Zukunft, das IT-Technik und -Service am Puls der Zeit entwickelt und einsetzt, damit unsere Kinder für die Lebens- und Arbeitswelt von morgen gut vorbereitet sind und sich Pädagoginnen und Pädagogen optimal unterstützt fühlen. Dass wir flexible Arbeitszeitmodelle bieten, Teilzeitstellen anbieten, in die Weiterbildung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter investieren und auch selbst IT-Fachkräfte ausbilden ist dabei für uns eine Selbstverständlichkeit. In der konkreten Umsetzung hilft uns, dass diese Themen bei den SWM ohnehin sehr gut aufgestellt sind und viele Angebote dadurch auch für unser Tochterunternehmen bereits etabliert sind.

 

Legen Sie besonders Wert darauf, weibliche Fachkräfte zu gewinnen? Welche Strategien verfolgen Sie dabei?

RH: Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass es gerade im IT-Bereich eher auf die Qualifikation als auf das Geschlecht ankommt. Ich selbst habe als Diplom-Informatikerin in den 1990er Jahren bei den Stadtwerken München angefangen und habe als Fachkraft per se gute  Chancen auf bspw. Führungspositionen gehabt, da die IT damals noch in den Startlöchern stand.

Dennoch weiß ich, dass viele qualifizierte Frauen Schwierigkeiten haben und die IT-Branche noch immer eine Männerdomäne ist. Frauen erfahren aufgrund ihres Geschlechts bei der Jobsuche oder dem Aufstieg innerhalb vieler Unternehmen noch immer Benachteiligungen.

Die Mitarbeiter*innen der LHM-S werden zusammen mit dem Personalbereich der SWM rekrutiert, der durchaus Strategien anwendet, um auch weibliche Fachkräfte zu rekrutieren. Dazu gehört z.B. die explizite Ansprache in Stellenausschreibungen oder spezifisches Marketing. Wenn wir auf Messen sind, besetzen wir die Stände gerne auch mit weiblichen Mitarbeiter*innen, denn: Vorbilder sind nach wie vor das Wichtigste, um die Authentizität des Unternehmens zu gewährleisten.

Meine eigene Wahrnehmung ist, dass ein Wandel ohnehin bereits begonnen hat. Gerade in der jüngeren Generation bekommt die Arbeit einen neuen Stellenwert: Geld ist nicht mehr alles. Zunehmend mehr jungen Menschen ist es heute schon zu Beginn Ihrer beruflichen Laufbahn wichtig, einen Sinn hinter ihrer Tätigkeit zu sehen. Und viele fordern eben auch flexible Arbeitsmodelle, sei es beispielsweise für Elternteilzeit oder auch einmal, wenn sie gerade im Hausbau sind.

Bei meinen aktuellen Mitarbeiter*innen bemerke ich, dass sie die Arbeit hier als etwas sinnstiftendes wahrnehmen, da unsere Services die Chancengleichheit im Bereich Bildung unterstützen. Und viele Kolleginnen und Kollegen haben auch selbst Kinder und damit auch ein unmittelbares Verständnis für die zu lösenden Probleme.

 

Sie sind nicht nur Geschäftsführerin sondern auch dreifache Mutter. Wie gestaltete sich ihr Weg bei den SWM?

RH: Ich bin mittlerweile seit fast 25 Jahren bei den SWM nachdem ich hier im Anschluss an mein Studium meine Diplomarbeit geschrieben habe und danach im Unternehmen geblieben bin. Die vielen Möglichkeiten, mich innerhalb des Unternehmens weiterentwickeln zu können, haben dazu beigetragen, dass ich auch heute noch Teil des Konzerns bin.

Im Jahr 2008 wurde ich zum ersten Mal Mutter und konnte nach meiner einjährigen Elternzeit wieder auf meine ursprüngliche Führungsposition zurückkehren. Das war für das Unternehmen schon damals überhaupt kein Problem, was ich super finde. Noch mehr zu schätzen weiß ich, dass meine leitende Funktion auch nach der kurz darauffolgenden Elternzeit zur Geburt meiner Zwillinge für mich freigehalten wurde.

Auch in meiner neuen Aufgabe als Geschäftsführerin der LHM Services GmbH bringe ich meine eigenen Erfahrungen aus dieser Zeit ein, indem ich im Team auf Rücksichtnahme und Achtsamkeit Wert lege. Verschiedene Lebenssituationen erfordern jeweils geeignete Entscheidungen und Lösungen – wir möchten, dass unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter langfristig gerne für uns arbeiten.

 

Sie sind auf der Suche nach einer Stelle im IT-Bereich? Bewerben Sie sich jetzt hier bei der LHM-Services GmbH oder bei den Stadtwerken München.

 

 

Nachgefragt: Topsharing und Elternzeit – kann das funktionieren? Dr. Clara Kronberger und Nicole Gargitter von den Stadtwerken München im Interview

Vor einiger Zeit interviewten wir Frau Dr. Kronberger und Frau Nicole Gargitter schon einmal. Die beiden Frauen leiten zusammen den Bereich “Telekommunikation” bei den Stadtwerken München. Damals war Frau Kronberger bereits Mutter, heute ist Frau Gargitter in Elternzeit. Doch wie funktioniert Topsharing, wenn eine der beiden Führungskräfte plötzlich ausfällt? Welchen Herausforderungen sahen sich die beiden gegenüber? Und wie hat das Unternehmen das Modell weiterhin unterstützt? Diese und weitere Fragen beantworten die beiden Führungsfrauen im Interview mit dem MFF. 

 

Frau Kronberger, zum Zeitpunkt des letzten Interviews war Ihre Tochter drei Jahre alt, weshalb Sie sich bewusst für ein Teilzeitmodell mit 50% entschieden haben. Wie gestaltet sich das nun, da Frau Gargitter in Elternzeit ist? Wie haben sich die Anteile von Frau Gargitter neu verteilt?

Clara Kronberger (CK): Für die Zeit in der Nicole in Elternzeit ist, war klar, dass ich meine Stunden beträchtlich aufstocken werde. Derzeit arbeite 36h, also eher vollzeitnahe Teilzeit. Natürlich kann ich mit 36h nicht den gesamten Workload unserer bisherigen 60h abdecken. Wir haben allerdings einige Neuverteilungen vorgenommen z.B. haben wir zeitaufwendige Projektleitungen an Projektleiterinnen z.T: auch aus anderen Abteilung abgegeben. Außerdem haben wir noch während der Anwesenheit von Nicole Strukturen geschaffen die eine Verteilung der Aufgaben auf mehrere Schultern erlauben und auch nach der Rückkehr von Nicole zur Entlastung des Managements weiter beitragen können.

Nichts desto trotz bleiben natürlich auch ein paar Dinge liegen. Es ist in unserem Unternehmen nicht ungewöhnlich, dass Elternzeiten von Führungskräften durch kommissarische Übernahme der Leitungsposition von bereits vorhandenen Mitarbeitern ausgeglichen werden. Dann legen wir eben mehr Wert auf die Prio A und auf Führungsthemen und verschieben Prio B Themen. Zusätzlich gibt es nun auch eine Vertretung für die TK-Leitung. Bisher konnten wir uns gegenseitig vertreten und so war „die TK-Leitung“ nie im Urlaub. Für die Zeit von Nicoles Abwesenheit vertritt die TK-Leitung bei Abwesenheit (z.B. meinem Urlaub) ganz klassisch eine unserer Teamleitrinnen.

 

 Wie haben sich die Aufgabenbereiche neu verteilt?

CK: Es ist uns wichtig, dass wir weiterhin als Führungstandem gesehen werden, daran ändert auch eine zeitweilige Abwesenheit von Nicole nichts. Wir stehen auch zu strategisch relevanten Themen (und auch privat) weiterhin in engem Kontakt. Für die Zeit ihrer Abwesenheit bedeutet das allerdings, dass ich die Verantwortung für alle Themen der TK-Leitung übernommen habe. Ich delegiere allerdings Projektthemen, Terminteilnahmen und Ausarbeitungen z.T. an unseren technischen Referenten oder die einzelnen Teamleiter. Spezielle Aufgaben die besonders mit Nicoles Person verknüpft waren, hat sie gesondert umverteilt.

 

 Frau Gargitter, war der Schritt für Sie, in Elternzeit zu gehen, von vornherein klar oder haben Sie lange überlegen müssen, wie Sie diese Zeit gestalten?

Nicole Gargitter (NG): Ja, es war für mich klar, dass ich Elternzeit in Anspruch nehmen werde. Allerdings habe ich lange mit meinem Partner überlegt, wie wir diese Zeit gestalten bzw. unter uns aufteilen. Ich konnte mir vor der Geburt meiner Tochter nicht vorstellen, wie ich mich als Mutter fühlen werde bzw. welche Verteilung zwischen der Betreuung meiner Tochter und der Berufstätigkeit ich mir wünsche. Ehrlicherweise weiß ich das auch heute noch nicht so genau. Nach einer schlaflosen Nacht, nach der ich aktuell um ca. 4:30 Uhr die Vöglein zwitschern höre und den Morgen willkommen heiße, kommt es vor, dass ich mir wünsche, mit meinem Partner tauschen zu können und in die Arbeit gehen zu dürfen. J Ich denke, ich hadere wie jede Frau, die gerne in die Arbeit geht, mit der Vereinbarkeit der beiden Rollen – „Mutter“ und „Berufstätige“.

 

 

Und dabei geht es nicht nur um die organisatorische Vereinbarkeit; auch emotional bin ich noch dabei dies mit mir zu vereinbaren. Man möchte eine „gute Mutter“ sein und für dieses kleine Wunder, das man auf die Welt gebracht hat, da sein, und gleichzeitig merkt man, dass nur „Muttersein“ einen nicht erfüllt. Die Gesellschaft (Kollegen, Freunde etc.) spiegeln einem mit entsprechenden Aussagen zudem, dass es noch nicht „normal“ ist, dass Mutter und Vater sich gleichermaßen um die Betreuung der Kinder kümmern. Für mich persönlich hat sich in den ersten Wochen nach der Geburt herausgestellt, dass, so sehr ich meine Tochter auch liebe, mir die Arbeit und der Austausch mit den Kollegen sehr fehlen. Deshalb werde ich im August – nach zwei Monaten Mutterschutz und einem Monat Elternzeit – für einen Monat Vollzeit in die Arbeit gehen. In diesem Monat nimmt mein Partner Elternzeit und kümmert sich unter Tags um unsere Tochter. Ab Oktober komme ich Teilzeit in Elternzeit zurück; zunächst für ca. 2 Tage pro Woche und ab nächstem Mai, wenn unsere Tochter 1 Jahr wird und wir einen Kita-Platz gefunden haben, werde ich auf 30 Stunden in der Woche aufstocken. Ich bin sehr dankbar, einen Freund und Eltern an meiner Seite zu haben, die mich dabei unterstützen.

 

Zum Zeitpunkt des letzten Interviews stand ja auch schon im Raum, dass Frau Gargitter vielleicht einmal Kinder bekommen möchte. Haben Sie oft über dieses Szenario miteinander gesprochen und schon im Vorfeld Fragen und Organisatorisches geklärt oder haben Sie erst das Gespräch gesucht, als klar war, dass nun eine Veränderung ansteht?

CK: Ist es ja so, dass sich nicht alles mit Sicherheit vorherplanen lässt. Daher haben wir das Thema nur allgemein im Vorfeld besprochen. So war z.B. immer klar, dass unser Modell auf eine 30h/30h Teilzeit Teilung abzielt. Aber auch, dass dies nur dann wirklich spruchreif wird, wenn sich tatsächlich auch Nachwuchs bei Nicole ankündigt.

NG: Wie Clara sagt, haben wir erst dann ganz konkret über das Szenario gesprochen, als ich schwanger war. Mir erschien es davor nicht richtig, etwas zu planen, das ggf. gar nie eintreten wird. Man ist bei so etwas ja auch etwas vorsichtig. Als es allerdings dann soweit war, haben wir – ähnlich wie vor unserer Bewerbung auf die gemeinsame Führungsposition – ziemlich oft darüber gesprochen, wie wir die Zeit gestalten wollen, wie wir die Themen und Projekte aufteilen und welche Erwartungshaltung bzgl. Kommunikation untereinander in dieser Zeit besteht.

 

 Welchen Herausforderungen standen Sie beide gegenüber, als klar war, dass Frau Gargitter in Elternzeit gehen wird?

NG: Für mich gab es zwei große Herausforderungen. Zum einen musste ich lernen, mir wichtige Projekte und Themen „loszulassen“ und an Kollegen zu übergeben. Dies ist mir spätestens nach der Geburt meiner Tochter gut gelungen – ich hatte schlichtweg keine Zeit mehr, um an den Themen dran zu bleiben oder E-Mails zu lesen. So ein kleines Wesen ist wirklich ein Fulltimejob. J

Zum anderen war mir vor der Geburt meiner Tochter nicht so ganz klar, wieviel Abstand zur Arbeit ich tatsächlich möchte. Deshalb konnte ich auch Clara nicht verbindlich mitteilen, in welchen Abständen ich über die Arbeit und den aktuellen Stand informiert werden möchte. Wir haben uns dann darauf verständigt, dass wir definieren, zu welchen Themen sie mich informiert bzw. bei welchen Themen wir weiter gemeinsam Entscheidungen treffen. Diese Vorgehensweise hat bisher gut funktioniert.

 

CK: In meinem Fall war klar, dass sich meine Aufteilung von Privat- und Berufsleben gravierend ändern würde. Bisher war ich nachmittags nicht mehr für das Tagesgeschäft verantwortlich – ich konnte zwar an meinen Themen weiterarbeiten aber ich musste nicht mehr verfügbar sein. Dies hat sich nun natürlich geändert. Zum einen arbeite ich jetzt einfach mehr Stunden, zum anderen verteile ich sie nach wie vor so, dass ich nachmittags (bis auf einen Wochentag) Zeit für meine Tochter habe. Das heißt aber natürlich, dass ich die Stunden abends dranhängen muss und auch nachmittags für dringende und wichtige Themen erreichbar bin.

Wir haben gerade gegen Ende der Schwangerschaft viele Gespräche geführt um die gegenseitigen Erwartungen und Wünsche zu verstehen und in Einklang zu bringen. Während ich lieber die Dinge plane und mich dann darauf festlege, ist für Nicole Flexibilität ein wichtiger Faktor, daher mussten wir beide viel Fingerspitzengefühl und Empathie aufbringen.

 

 Was ging Ihnen vor und während der Veränderungen durch den Kopf?

NG: Ich habe mich sehr über die Schwangerschaft gefreut und bin nun unglaublich glücklich, eine gesunde Tochter zu haben. Allerdings machen mir die Veränderungen auch heute noch etwas Angst. Man ist mit Kind deutlich fremdbestimmter als ohne. Es war mir klar, dass ich einen Teil meiner Freiheiten, die ich ohne Kind hatte, zunächst aufgeben muss z.B. spontane Treffen mit Freunden, Arbeiten ohne auf die Uhrzeit schauen zu müssen, spontane Urlaube etc. Tatsächlich fällt es mir immer noch etwas schwer, anzunehmen, dass nun Windeln wechseln und Füttern meinen Tagesablauf bestimmen und kaum Zeit für einen selbst oder die Beziehung bleibt. Das mag sehr egoistisch klingen, ist aber das Gefühl, das mich durchaus öfter beschleicht, wenn wir im Rhythmus der Schlafenszeiten unserer Tochter unsere Tage und Nächte verbringe. Auf unser Topsharingmodell bezogen war mir klar, dass ich mich auf Clara verlassen kann und hatte deshalb bezüglich der Führungsaufgabe unseres Bereiches keine Bedenken für meine Abwesenheit. Mir ging eher bereits durch den Kopf, wie es wohl wird, wenn ich in Teilzeit zurückkomme. Es stellen sich plötzlich ganz neue organisatorische Fragen für unser Modell.

CK: Ich habe mich sehr für Nicole gefreut, dass sie diese außergewöhnliche Erfahrung: Mutter zu werden, machen kann. Ich war auch gespannt auf die neue Herausforderung in Teilzeit allein verantwortlich zu sein. Auf der anderen Seite war mir schon klar, dass es ein Kraftakt werden würde und ich den täglichen Austausch mit Nicole sehr vermissen werde.

 

 Wie waren die Reaktionen des Umfelds und welche Unterstützung haben Sie von Seiten des Unternehmens erhalten, um die neue Situation zu gestalten?

CK: Unser Umfeld hat sehr positiv reagiert. Die Kollegen haben mir das Gefühl gegeben, dass sie mir die Erweiterung meiner Aufgaben zutrauen. Und gerade in so einer Situation, in der eine Führungskraft für mehrere Monate ausfällt oder ihre Arbeitszeit reduziert, liegt die Stärke des Topsharing Modells, denn die andere Führungskraft kann ohne große Einschwingphase übernehmen.

Unsere Vorgesetzten haben uns die maximale Unterstützung gewährt: sie haben uns das Thema selbst und eigenverantwortlich ausgestalten lassen und alle unsere Entscheidungen (Zeitdauer der Elternzeit, Themenverteilung, Arbeitszeitverteilung, etc.) so wie wir sie getroffen haben unterstützt. Das Credo war: ihr müsst euch mit euren Entscheidungen wohl fühlen und der Laden muss laufen. Diese Flexibilität rechne ich den Stadtwerken hoch an.

NG: Es haben sich alle sehr für mich gefreut und mir gratuliert. Zudem war es schön, von den Kollegen gespiegelt zu bekommen, dass ich ihnen fehlen werde und sie sich auf meine Rückkehr freuen. Einige Kollegen hatten Sorge, dass ein Teil meiner Aufgaben und Arbeitszeit auf ihre Schultern verteilt wird. Ich denke, diese Sorge konnten Clara und ich ihnen schnell nehmen, als wir ihnen die Verteilung der Themen und Projekte, die bisher bei mir lagen, vorgestellt haben. Wir haben z.B. unsere Teamleiter in diese Entscheidung eingebunden und sie nach ihrer Meinung gefragt. Wie Clara bereits sagte, haben uns unsere Vorgesetzten maximale Freiheit gelassen, diese Situation für uns zu gestalten. Die Offenheit der Führungskräfte – ein Topsharingmodell immer wieder an neue Gegebenheiten anzupassen – hat wesentlichen Einfluss auf den Erfolg solcher Modelle. Unsere Führungskräfte bzw. die SWM haben uns hierbei stets unterstützt.

 

 Was bedeutet die neue Situation für das Topsharing Modell?

NG: Es ist zwar eine neue Situation für uns bzw. das Modell, jedoch denke ich, dass weiterhin die gleichen Dinge wichtig sein werden. Dies ist v.a. der persönliche Austausch, um dem Topsharingpartner die eigenen Erwartungen und Wünsche offen mitzuteilen. Nur so kann dauerhaft ein Modell geschaffen werden, das beiden zusagt und in dem wir uns beide wohl fühlen und das Beste für das Unternehmen leisten können. Jeder muss das Modell an die eigene Situation und die eigenen Bedürfnisse anpassen. Clara und ich schaffen dies durch viele persönliche Gespräche. Organisatorisch werden wir nach meiner Rückkehr natürlich ein paar Änderungen vornehmen müssen. Wir müssen die Aufteilung der Arbeitszeit neu regeln und somit auch der Themen und Projekte.

CK: Mit jeder größeren Veränderung in so einem Modell muss man sich bewusst sein, dass auch wieder eine Findungsphase zwischen den Tandem Partnern eintritt. Es ist ja nicht so, als ob Nicole nach einigen Monaten wieder Vollzeit zurückkommt und alles wieder so wird wie vorher. Das Modell muss atmen und sich an unsere beiden Bedürfnisse und Notwendigkeiten anpassen. Aber uns ist bewusst, dass diese Anpassung kein Selbstläufer ist, wir lassen uns weiterhin von einem Coach begleiten und gehen sehr viel in persönlichen Austausch – das war immer unsere Stärke und wird es weiter sein.

 

 Hat sich das Verhältnis zu den Mitarbeiter*innen geändert, seit Frau Gargitter in Elternzeit ist und wenn ja, wie?

CK: Ich habe jetzt einen häufigeren Austausch mit den Mitarbeitern zu einer größeren Bandbreite an Themen. Das ist natürlich dem geschuldet, dass ich nun nahezu alle Themen der TK-Leitung selbst verantworte. Wir haben ein tolles Führungsteam bei TK, und ich empfinde die Kollegen als große Stütze, gerade in der jetzt sehr arbeitsintensiven Zeit. Aber ich würde nicht sagen, dass sich unser Umgang oder unser Verhältnis sehr stark verändert haben.

 

Das Interview führte Anna Karger