Wie kann Männern die Angst vor Frauenförderung genommen werden? – MFF Kompetenzforum

Diese Frage steht immer dann im Raum, wenn neue Förderprogramme für Frauen entwickelt werden sollen. Um solche in einem Unternehmen zu etablieren, ist immer auch die Zustimmung aus dem Topmanagement erforderlich. Die männliche Führungsriege zeigt sich jedoch häufig desinteressiert oder aber – ängstlich. Woher diese Angst kommt und welche Strategien es gibt, um sie zu überwinden, wurde im Kompetenzforum des MFF diskutiert.

 

Die Angst verstehen

Dass männliche Führungskräfte sich von Frauen in Führung bedroht fühlen klingt zunächst wenig nachvollziehbar. Aktuelle Zahlen bestätigen, dass Männer immer noch den größten Anteil an Führungspositionen im Topmanagement besetzen. Dennoch gibt es immer wieder Aufschreie von Männern, die sich aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt fühlen. Formulierungen wie „Frauenförderung“ und „Frauenquote“ lösen Unbehagen aus und Unbehagen führt zu – Ablehnung.

Ein solches Verhalten ist in der Tat ein wichtiger Bestandteil der menschlichen Identität. Wir definieren uns über die Identifikation mit dem „Ähnlichen“ und „Vertrauten“ aber auch über die Abgrenzung zum „Unbekannten“ und „Fremden.“ Dieser Habitus wird in den Kulturwissenschaften als Otherness bezeichnet: durch die Abgrenzung zum Anderen entwickelt sich unsere Persönlichkeit und auch die Gruppen, in denen wir uns vorwiegend bewegen.

Es ist also nicht verwunderlich, dass viele Männer sich in einer rein männlichen Führungsgruppe sehr wohl fühlen und sich durch die Nicht-Männliche Seite bedroht fühlen. Die Spielregeln, die ein Mann bereits im Kindesalter erlernt, sind geprägt durch Verhaltensweisen hegemonialer Männlichkeit. Die meisten Frauen kennen diese Spielregeln schlicht und einfach nicht, weil sie anders sozialisiert sind.

Die Kommunikation sowie das Verhalten als Führungskraft unterscheiden sich in vielen Punkten deutlich zwischen den Geschlechtern. Eine solche Differenz löst Angst aus – und führt deshalb zu Ablehnung.

 

Macht und Identität

Die immer lauter werdenden Stimmen, die sich für eine diverse Aufstellung von Vorständen und Führungsebenen einsetzen, werden auch von den Männern gehört, die bereits selbst Söhne in einem Alter haben, in dem die erste Führungsposition nicht mehr weit entfernt ist.

Genau wie für sie selbst – so die Vorstellung – ist der berufliche Erfolg das Lebensziel, sogar der Lebensinhalt. Die männliche Identität konstituiert sich heute maßgeblich aus dem beruflichen Status. Dies ist eine Folge der Machtstrukturen, die hinter dem Konzept der hegemonialen Männlichkeit stehen: Status und Wettkampf sind zwei der Kernprinzipien, die ein Modell beschreiben, von dem der Mann in unserer Gesellschaft stets profitiert.

Mit der Forderung nach Auflösung dieser Machtstrukturen und dem Wunsch nach Veränderung hin zu einer diversen Führungskultur wird also nicht nur ein System in Frage gestellt, sondern die männliche Identität an sich.

 

Männliche Identität und Machtverlust

Genau an dieser Stelle kann man jedoch ansetzen. Während Frauen bereits seit über 100 Jahren mit der Reformation weiblicher Identität konfrontiert sind, gibt es eine vergleichbare Neudefinierung der männlichen Rolle bis heute nicht.

Männer, die heute zwischen 20 und 30 Jahre alt sind, haben Väter, deren Väter aus der Nachkriegsgeneration stammen und das Konzept der toxischen Männlichkeit inhärent haben. Der berufstätige Vater als Familienoberhaupt und Ernährer der Familie, aber auch der Vater, der nie zuhause war und von dem sich die Mutter irgendwann hat scheiden lassen.

Der Ansatz, den Unternehmen heute verfolgen ist, Männern alternative Arbeits- und sogar Lebensmodelle aufzuzeigen. Damit soll erreicht werden, dass Männer anfangen, ihre Rolle zu hinterfragen und Forderungen zu stellen nach Möglichkeiten, die aktuell hauptsächlich Frauen vorbehalten sind. Das liegt natürlich daran, dass Männer die Möglichkeiten nicht einfordern und deshalb die Frau als Mutter in Teilzeit gehen muss und nicht der Mann – ein Kreislauf, der reflektiert werden sollte.

Männer in Teilzeit oder Elternzeit, die eine Führungsposition nicht als die Erfüllung ihrer Existenz begreifen, die eine gesunde Work-Life-Balance einfordern.

 

Die Macht der Vorbilder

Männer, die diese neuen Konzepte bereits leben, können gezielt als Vorbilder eingesetzt werden. Denn während Frauen bereits Rolemodels haben, die Ihnen vorleben, dass eine Führungsposition auch in Teilzeit funktionieren kann, sieht das auf der männlichen Seite noch ganz anders aus: nur wenige Männer, die Chancen auf flexible Arbeitszeitmodelle nutzen, sind auch bereit, offen darüber zu sprechen und anderen Männern Mut zu machen. Der Grund: Angst vor dem Statusverlust.

 

Auch Frauen haben Angst vor Frauenförderung

Die Angst, Frauenförderung anzubieten, liegt tatsächlich bei den Männern. Die Angst davor, Frauenförderung anzunehmen, jedoch bei den Frauen selbst, weiß Dr. Marie-Claire Tietze von der KPMG. Ein großes Problem sei die Stigmatisierung solcher Programme: „Ich habe doch so hart gearbeitet und möchte jetzt nicht nur soweit kommen, weil ich eine Frau bin.“ „Bekomme ich die Förderung, weil ich gut bin oder weil ich eine Frau bin?“ „Was denken die Anderen?“ – Diese und viele andere Sorgen haben Frauen, die vor der Wahl stehen, gezielte Frauenförderung wahrzunehmen.

 

Power-Mentoring bei der KPMG

Die Kunst liegt wohl darin, Männer- und Frauenförderung zu vereinen. Dr. Tietze stellt in einem spannenden Vortrag das Power-Mentoring der KPMG vor: Männliche und weibliche Mentor*innen betreuen weibliche Mentees und fungieren als Ratgeber*innen. Das Programm bewirkt, dass sowohl die Frauen in ihrer Rolle als Mentee sehr viel über die Spielregeln der männlichen Kollegen lernen können. Gleichzeitig, und das ist vielleicht sogar noch viel wichtiger, erkennen auch die männlichen Mentoren das Potenzial weiblicher Führungskräfte.

Zusätzlich bietet die KPMG außerdem individuelle Coachings an. Viele Männer nehmen diese gerne an, vor allem wenn es um die Gesprächsführung mit weiblichen Kolleginnen geht. Die Devise der KPMG ist an dieser Stelle, männliche Führungskräfte von der Relevanz und den Chancen diverser Führungsebenen zu überzeugen.

 

Frauenförderung und Männerförderung

Die Teilnehmerinnen des Kompetenzforums waren sich nach dem spannenden Input von Frau Dr. Tietze in vielen Punkten einig. Die wichtigste Erkenntnis war jedoch, dass Frauenförderung auf lange Sicht nicht ohne Männerförderung funktionieren kann. Denn ohne, dass männlich geprägte Machtstrukturen sich nach und nach auflösen und männliche Identität neu definiert wird, kann auch Frauenförderung nur bis zu einem gewissen Punkt gelingen. Die Sichtbarmachung von Vorbildern sowohl für Frauen als auch für Männer ist entscheidend für die Gestaltung einer diversen Führungskultur.

 

Autorin: Anna Karger

Zwischen Soft Skills und Horizonterweiterung: Mentoring bei der TUM

Am 28. Juli trafen sich im Garchinger Technologie- und Gründerzentrum die Teilnehmerinnen des MentorING-Programms der TUM zu einer spannenden Veranstaltung: Bewerbungssimulationen. Das Besondere: kein einfacher Lebenslauf-Check, sondern ein einstündiges Interview mit erfahrenen Personalerinnen und Personalern, in denen auch das fachliche und organisationstechnische Wissen der Studentinnen abgeklopft wird. Keine einfache Aufgabe – aber die Teilnehmerinnen nahmen es gelassen. Sie haben dabei doppelten Einsatz bewiesen: Bewerbungen schreiben neben der Prüfungsvorbereitung, den letzten Vorlesungen und dem Fertigstellen der Abschlussarbeit. „Herausforderungen meistern“, ist im MentorING-Programm der TUM kein leerer Satz, sondern gelebte Praxis.
 

„Das MentorING-Programm wird von der TUM in Kooperation mit Cross Consult durchgeführt und unterstützt gezielt Studentinnen bei der Orientierung auf dem Arbeitsmarkt sowie der persönlichen und professionellen Entwicklung. Seit dem Programmstart 2002 haben mehr als 60 Unternehmen Mentorinnen und Mentoren entsandt und an der Entstehung eines tragfähigen Netzwerkes mitgewirkt. An dem Bewerbungstraining waren rund 20 Programmteilnehmerinnen beteiligt – und sechs Münchner Unternehmen: eSolve, die ESG, Knorr-Bremse, Intel, Gore und die Münchner Stadtwerke.“

 
Eine Besonderheit des Programms ist die direkte Verknüpfung des Studiums mit der Geschäftswelt. Die Mentorinnen und Mentoren geben den Teilnehmerinnen reale Einblicke in die Abläufe großer Unternehmen. Genauso gelten bei der Bewerbungssimulation die realen Anforderungen der Wirtschaft. Echte Personaler aus den Partnerunternehmen des Netzwerkes hatten sich die simulierten Bewerbungen auf reale Stellenangebote zuschicken lassen. Die Situation unterschied sich somit in keiner Weise von einem wirklichen Bewerbungsgespräch – und wer weiß: vielleicht blieb die ein oder andere Studentin auch wirklich als die beste Kandidatin für die Stelle in Erinnerung?
 
Unter diesen Voraussetzungen entstand ein Klima der besonderen Professionalität. Die Gespräche reichten von der Darstellung der eigenen Biographie bis hin zu tiefen fachlichen Diskussionen. Natürlich erstaunt es nicht, dass man vor dem Ausbildungshintergrund der Bewerberinnen und der technischen Aufgabenbereiche vieler Stellenangebote schnell über die Anwendbarkeit von Programmiersprachen oder die Verbesserungsmöglichkeiten satellitengesteuerter Rettungssysteme sprach. Genauso aber wurden die Bewerberinnen zur Reflexion persönlicher Misserfolge angehalten. Sind sie in der Lage, eigene Ansätze zu optimieren? Wenn sie ein gleiches Projekt noch einmal angingen, was würden sie anders machen? Es zeigt sich auch, dass die digitale Transformation längst in der Wirtschaft angekommen ist. Sind die Bewerberinnen mit agilem Projektmanagement vertraut? Können sie ihre Fähigkeiten in interdisziplinären Teams anwenden, relevante Informationen filtern und sie den richtigen Mitarbeitern zur Verfügung stellen? Wo würden sie sich selbst in einem Arbeitsprozess verorten, an dem gleichzeitig hunderte von Personen beteiligt sind?
 
Dass man sich während des Studiums mit solchen Fragestellungen beschäftigt, ist nicht selbstverständlich. Und gerade das macht die Stärke des Programms aus. Bei Veranstaltungen wie dem Bewerbungstraining bekommen die Teilnehmerinnen zielgerichtete Unterstützung und konkrete Verbesserungsvorschläge. Beispielweise, wenn es darum geht, wie man ein Anschreiben noch lesbarer machen kann, wie Distanz oder Offenheit die Gesprächsführung beeinflussen können oder wie man souverän mit unerwarteten Aufgaben umgeht. Unabhängig von den einzelnen Coachings entwickeln sich die Teilnehmerinnen aber auch innerhalb der Mentoring-Tandems weiter. Das Programm ist mit der Dauer eines Jahres so langfristig ausgelegt, dass die Mentees sich ein erstes berufliches Netzwerk aufbauen können. Besonders wichtig ist dabei natürlich die Beziehung zum eigenen Mentor / zur eigenen Mentorin. Aber auch die Netzwerkveranstaltungen im Programmverlauf helfen den Mentees, Kontakte zu anderen Firmenvertretern zu knüpfen.
 
Der langfristige Charakter des Programms bringt weitere Vorteile. In der unmittelbaren Beziehung zu den Mentorinnen und Mentoren bekommen die Mentees einen ganz persönlichen Blick auf den Berufsalltag. Sie können Themen aus dem Studium mit Menschen diskutieren, die in diesem Feld tatsächlich Berufserfahrung haben. Sie lernen verschiedene Firmen und unterschiedliche Unternehmenskulturen kennen. Sie erfahren im Austausch mit anderen Teilnehmerinnen, wie Prioritäten persönlicher Lebensplanung aussehen können – und können für sich selbst herausfinden, was sie eigentlich wollen. Diese Vielseitigkeit macht das MentorING-Programm besonders, und bietet den Teilnehmerinnen nicht nur profundes Kompetenztraining, sondern auch eine wirkliche Horizonterweiterung.
 
 

Autor: Maximilian Priebe

 
 
Über die letzte Veranstaltung innerhalb des MentorING-Programmes könnt ihr hier lesen:
 

Wann lohnt sich eine Promotion?


 
Und um die Suche nach Talent dreht sich auch alles in den Partnerunternehmen des MFF:
 

Diese Talente sind in MFF-Unternehmen gesucht

Flexible Arbeitswelten für Frauen und Männer – nur nicht auf den Topetagen

Die gute Nachricht zuerst: Es tut sich was für Frauen und Männer in der Arbeitswelt!

 

Im aktuellen Benchmark des Memorandums für Frauen in Führung (kurz MFF), an dem acht Unternehmen teilgenommen haben, zeigen sich wesentliche Entwicklungen in den Bereichen Frauen in Führungspositionen, Umfang der Teilzeittätigkeit von Frauen und Männern, Inanspruchnahme von Elternzeit durch Frauen und Männer und Angebote zu flexiblen Arbeitszeitmodellen. Weitere Benchmark-Ergebnisse und Grafiken finden sich auf der Homepage des MFF unter dem Menüpunkt “Benchmark”.

 

Der Benchmark des MFF wird seit dem Jahr 2010 jährlich durchgeführt und kann damit relevante Entwicklungen in den Unternehmen über die Jahre hinweg abbilden. Beim Benchmark 2016 haben sich die Unternehmen BayernLB, Bayerische Versorgungskammer, Caritasverband der Erzdiözese München und Freising, GEWOFAG, LBS Bayern, LVM Versicherung und SWM Stadtwerke München beteiligt.

 

Benchmark-Sitzung mit Vertretern der beteiligten Unternehmen in den Räumlichkeiten von MFF-Mitglied Bayerische Versorgungskammer.
Benchmark-Sitzung mit Vertretern der beteiligten Unternehmen in den Räumlichkeiten von MFF-Mitglied Bayerische Versorgungskammer. Foto: BVK

 

Es zeigt sich: Die Arbeitswelt ist in den vergangenen sieben Jahren geschlechtergerechter und flexibler geworden.  ABER: es fehlen noch wesentliche Schritte, um die Ziele des MFF zu erreichen.

 

Diese positiven Veränderungen zeigen sich in den Unternehmen:

  • Der Anteil von Frauen auf den unteren Führungsebenen hat in den vergangenen sieben Jahren kontinuierlich zugenommen. Während Ende 2010 der Anteil von Frauen in Führungspositionen im Mittel bei 23% bei allen am Benchmark beteiligten Unternehmen lag, hat sich der Anteil bis 2016 auf 32% erhöht. Dieser neunprozentige Anstieg in sieben Jahren macht deutlich, dass sich die Integration von Frauen auf den Führungspositionen nachhaltig und mit einer erfreulichen Geschwindigkeit vollzieht. Setzt sich der positive Trend so fort, dann können wir bei den Unternehmen, die sich seit 2010 am Benchmark beteiligen, bereits 2022 einen durchschnittlichen Anteil von über 50% Frauen in Führungspositionen erwarten.
  • Mehr als ein Drittel der Beschäftigten bei den am Benchmark beteiligten Unternehmen arbeiteten 2016 in Teilzeitmodellen. Der Anteil der teilzeitbeschäftigten Frauen und Männer hat sich damit seit 2010 von 28% aller Beschäftigten auf 34% erhöht. Von Teilzeit als Ausnahmemodell kann daher kaum mehr gesprochen werden und die Ergebnisse spiegeln die gesellschaftlichen Bedürfnisse wider. Der Wunsch der Beschäftigten neben einer qualifizierten Erwerbstätigkeit auch anderen Lebensbereichen mit Energie und Aufmerksamkeit nachgehen zu können, wird immer lauter. Neben Gründen der familiären Vereinbarkeit oder der Pflege von Familienangehörigen zeigt sich längst der individuelle Wunsch nach einer ausgeglichenen Mischung von Arbeit und Leben. Besonders bemerkenswert ist, dass der Anteil der Männer, die in Teilzeit arbeiten in den vergangenen sieben Jahren ebenfalls kontinuierlich angestiegen ist. Ein Trend, der sich bei beiden Geschlechtern zeigt und damit die Zuschreibung von „Teilzeit ist Frauensache“ langfristig verändern wird.
  • Die Inanspruchnahme von Elternzeit ist bei Männern – wie bei Frauen – mittlerweile gängige Praxis, auch wenn die Männer in der Regel bei den gesetzlich motivierten zwei Monaten bleiben.
  • Die angebotenen Arbeitszeitmodelle werden immer vielfältiger. Dies zeigt sich sowohl beim Einsatz neuer Kommunikationstools, die eine fortlaufende ortsunabhängige Kommunikation fördern sollen. Deutlich wird der Wandel auch daran, dass die Nutzung von Homeoffice mit neuen Modellen – wie dem „Flexitag“ – von der Ausnahme zum Standard gemacht werden soll. Die bisher notwendige Rechtfertigung seitens des Mitarbeiters, warum er denn gerade heute im Homeoffice arbeiten will, ist damit nicht mehr notwendig und gibt den Beschäftigen die Freiheit für sich zu entscheiden, wo die Arbeit am besten erledigt werden kann.

Diese „ABER“ lassen sich erkennen:

  • Der Anteil von Frauen in Führungspositionen wächst ausschließlich auf den unteren Führungsebenen, wie Team- und Abteilungsleiterinnen. Auf den oberen Führungsebenen stagnieren die Anteile von Frauen auf diesen Positionen oder sind bei einigen Unternehmen sogar rückläufig. Die „Glass Ceiling“ („Gläserne Decke“) zeigt sich hier in den Daten ganz deutlich und macht klar, dass es auch heute für Frauen immer noch fast unmöglich ist, bis in die Vorstandsebene zu kommen. Klar wird damit auch, dass es nur mit weiteren umfassenden Maßnahmen gelingen kann, mehr Frauen den Aufstieg in die Top-Etagen zu ermöglichen. Dazu gehört zum einen, dass die systematische Förderung von Frauen auf den unteren Führungsebenen beibehalten wird. Zum anderen müssen Angebote für mehr Frauen in Top-Etagen wie z.B. Mentoring-Programme, Coaching und Sponsoring-Angebote ausgebaut werden. Hier gilt es sowohl strukturelle alsauch kulturelle Barrieren zu überwinden und Rahmenbedingungen zu schaffen, die es für Frauen attraktiv machen, Verantwortung in der ersten Reihe zu übernehmen.
  • Teilzeit hat Konjunktur – aber nicht auf den Topetagen. Die Zunahme von Führungsmodellen in Teilzeit endet auf Abteilungsleiter-Ebene. In nur drei von acht Unternehmen arbeitet jeweils eine Person auf der Ebene der Bereichsleitung in Teilzeit. Modelle wie Top-Sharing, also eine geteilte Führungsverantwortung, sind aktuell ausschließlich auf die unteren Führungsebenen beschränkt.  Auf den oberen Führungsebenen dominiert nach wie vor die Kultur der ständigen Erreichbar- und Verfügbarkeit. Dabei wäre gerade hier eine Flexibilisierung wichtig, um Top-Positionen für Frauen attraktiv zu machen – ein Kriterium das im Übrigen auch zunehmend für männliche Nachwuchstalente an Bedeutung gewinnt.
  • Dass immer mehr Männer Elternzeit in Anspruch nehmen – wenn auch nur für zwei Monate – ist eine sehr erfreuliche Entwicklung. Doch das scheint sich erstaunlich wenig auf die Arbeitsteilung in den Familien auszuwirken. Interessanterweise hat von den am Benchmark beteiligten Unternehmen bisher nur ein Unternehmen spezifische Angebote, die auch Väter ansprechen. Zwischen den Zeilen wird deutlich, dass junge Väter sehr kritisch abwägen, wann und wie lang sie sich eine Familienauszeit genehmigen können, ohne Karriereeinbußen befürchten zu müssen. Ein klares Signal dahingehend, dass sich die Kultur einer „AllzeitBereitErwartung“ an die Männer noch nicht verändert hat. Hier kann es nur hilfreich sein, männliche Vorbilder und Rollenmodelle aufzuzeigen, die für sich eine gelungene Balance aus Verantwortung in der Familie und einer qualifizierten Tätigkeit gefunden haben.
  • Die neuen Arbeitszeitmodelle fordern mehr von den Menschen! Es geht darum, individuell Verantwortung für das Gelingen der Arbeit, der Kommunikation, der eigenen Einbindung ins Team und der Zusammenarbeit mit anderen Bereichen zu übernehmen. Die Bedürfnisse sind vielfältig. So zeigt sich, dass der Wunsch eine soziale und kommunikative Anbindung im Büro zu haben, ein wesentlicher Wohlfühl-Faktor für viele Beschäftigte ist. Gerade im Home-Office lauert auch die Gefahr, kein Ende bei der Arbeit zu finden und weit mehr Zeit zu investieren, als man offiziell arbeiten müsste. Wie Unternehmen hier konstruktive Rahmenbedingungen setzen können, zeigt sich an der Diskussion über eine zeitlich begrenzte Diensthandy-Nutzung.
Benchmark-Sitzung mit Vertretern der beteiligten Unternehmen. Foto: BVK
Benchmark-Sitzung mit Vertretern der beteiligten Unternehmen. Foto: BVK

Der Weg zu einer gendergerechten Arbeitswelt

Die bereits errungenen Erfolge und die noch offenen Baustellen machen deutlich: Unternehmen, Vorstände, Führungskräfte sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen vor der Herausforderung, Arbeit auf allen Ebenen flexibler und vorurteilsfreier zu gestalten und stärker nach den realen Bedürfnissen als nach alten Strukturen auszurichten. Zentral ist, dass dies bis in die höchste Ebene geschieht, denn an ihr orientieren sich die unteren Ebenen und nur so können es Frauen bis an die Spitze schaffen.

Das Memorandum für Frauen in Führung stellt daher einen gemeinsamen Kulturwandel in den Mittelpunkt der Zusammenarbeit, der nur gelingen kann, wenn alle Beteiligten sich nicht als Kunde, sondern als Teil der Lösung verstehen.

 

Autorin: Simone Schönfeld

(Eine der Initiatorinnen des MMF und

Geschäftsführerin der genderspezialisierten Unternehmensberatung Cross Consult)

 

KPMG-Mitarbeiter Daniel Jagar ist selbstbewusst in seine 4-monatige Elternzeit gegangen:

„Elternzeit ist kein Karrierehemmnis“

Dass Frauen in Toppositionen oft unter besonderer Beobachtung stehen, kann Christine Draws, Führungsfrau bei der Bayerischen Versorungskammer, bestätigen:

Das Token-Phänomen: Führungsfrauen unter Beobachtung

Auch Männer wünschen sich mehr Gleichberechtigung

Die Welt wird immer komplexer. Jeden Tag werden von uns zahlreiche Entscheidungen gefordert: welchen Stromanbieter brauchen wir, wie können wir uns gesund ernähren, welchen Berufsweg sollen wir einschlagen. Und dabei versuchen wir es auch noch richtig zu machen, ohne jedoch zu wissen wie das Richtige aussehen könnte. Die allgemeine Verunsicherung führt sichtbar dazu, dass starke Führer wieder im Kommen sind und nachgefragt werden. Wir sind es gewöhnt, von Männern geführt und regiert zu werden. Je stärker desto besser ist die stereotype Vorstellung. Was aber, wenn die Unterstützung bei der Entscheidungsfindung auf leisen Sohlen daher kommt, wenn wir gar nicht merken, dass wir zu unserem Besten ein wenig angestupst werden?

 

Das ist die Idee des Nudging, als Schlagwort für einen libertinären Paternalimus, der davon ausgeht, dass wir Unterstützung brauchen, um die Dinge zu tun, die uns gut tun. Ist das das Ende des freien Willens? Lassen wir jetzt über uns bestimmen, zwar freundlich aber bestimmt? Dieser Frage gilt es auf den Grund zu gehen.

 

Was wenn schon immer über uns bestimmt wurde, ohne dass wir es gemerkt haben. Wird nicht schon bei der Geburt des Kindes die all entscheidende Frage gestellt: Ist es ein Junge oder ein Mädchen? Und dann geht es los mit den Erwartungen, den subtilen Zurechtweisungen was sich für wen wie gehört oder auch nicht. Und mit den Beschränkungen, den Selbstbeschränkungen und denen der Anderen.

 

Was ist möglich, was kann man/frau erreichen? Glaubenssätze bilden sich, die tief aus unserem Innersten dazu beitragen, dass die Gesellschaftsordnung bestehen bleibt und Männer weiterhin in den entscheidenden Machtpositionen unangefochten die Marschrichtung vorgeben. Frauenförderung, Diversity Programme und Frauenquoten setzen seit vielen Jahren genau da an, haben aber nur wenig bewirkt. Denn die menschliche Bequemlichkeit hält uns nicht nur davon ab, uns täglich ausreichend zu bewegen oder uns gesund zu ernähren, sondern auch gemischte Teams in unseren Unternehmen zu befördern, weil sie nachweislich bessere Ergebnisse bringen. Braucht es daher einen neuen Ansatz, ein freundliches, unbemerktes Anstupsen, das uns in die für uns angenehme Lage bringt, gleichberechtigt miteinander umzugehen? Muss man nun aber befürchten, dass Altfeministinnen trojanische Pferde in die Organisationen bringen, um dann die männlichen Systeme von Innen auszuhöhlen? Ist die Koppelung des Bonus an messbare Ergebnisse bei der Frauenförderung schon Nudging, welche Rolle spielt Mentoring in der Kulturveränderung hin zu Chancengleichheit und sind sanfte Vorständinnen ein Angriff auf die männliche Kultur in den Vorständen?

 

Relevante Studien zeigen, dass sich Männer wie Frauen heutzutage mehr Gleichberechtigung wünschen. Einige Männer haben längst begriffen, dass sie durchaus etwas davon haben, wenn sie keine Alleinernährer mehr sein müssen. Dennoch ist die Verunsicherung groß: Lieben uns die Frauen noch, wenn wir nicht Karriere machen wollen, ist eine häufig geäußerte Angst. Der Druck ist da und dieser fördert bekanntlich das stereotype Denken. Sanftes Anstupsen statt Zwang, kann das der Weg sein? Ist er mit unseren Werten vertretbar? Bietet er letztlich ein Gegengewicht zu der männlichen Macht- und Mikropolitik in Organisationen oder ist er simple Manipulation, und damit Wolf im Schafspelz?

 

Autorin: Dr. Nadja Tschirner

Dieser Artikel ist auf Huffingtonpost.de erschienen

 

Dr. Nadja Tschirner spricht über dieses Thema auch bei “Beyond Good”. Die Ethik-Konferenz soll inspirierenden Input geben wie jeder einzelne in einer immer komplexer und widersprüchlicher werdenden Welt herausfinden kann, was „richtig” ist, wie wir unser Handeln vor uns selbst und gegenüber anderen begründen können, und wie wir es noch schaffen können, jeden Morgen in den Spiegel zu schauen. Führende Denker und Denkerinnen diskutieren am 9. November in München Ethik in all ihren Facetten – kontrovers, tiefsinnig und erkenntnisreich. Speaker sind unteranderem Dr. Nadja Tschirner, Professor Julian Nida-Rümelin und Richard David Precht. Mehr über Beyond Good erfahrt ihr in unserem Blogbeitrag:

 

Nudging für mehr Chancengleichheit?

 

Und hier geht’s zu einem Interview mit Gender-Expertin Simone Schönfeld über Chancengleichheit in Führungspositionen:

„Es liegt nicht an den Frauen“

„Es liegt nicht an den Frauen“

Die Süddeutsche Zeitung setzt auf unsere Expertise! Am 19.08.2017 ist in der Wochenendeausgabe einer der renommiertesten Tageszeitungen Deutschlands ein  substantielles Interview erschienen, das SZ-Autorin Gunda Achterhold mit MFF-Initiatorin Simone Schönfeld geführt hat. Darin geht es um die besondere Sichtbarkeit von Frauen in Führungspositionen, den daraus resultierenden Druck und darum, wie Unternehmen in Zukunft Führungspositionen gestalten müssen, damit sie für die nachfolgenden Generationen überhaupt noch attraktiv sind – sowohl für Männer als auch für Frauen.

 

Zum Nachlesen folgt hier noch einmal der Beitrag aus der Süddeutschen Zeitung:

 

„ES LIEGT NICHT AN DEN FRAUEN“- Wie Unternehmen weibliche Führungskräfte fördern können

 

Simone Schönfeld ist Mitbegründerin der Unternehmensberatung Cross Consult. 2010 initiierte sie zusammen mit dem Referat für Wirtschaft und Arbeit der Landeshauptstadt München ein “Memorandum für Frauen in Führung“. Namhafte Unternehmen haben sich daran beteiligt und sich verpflichtet, mehr “Mixed Leadership” in ihren Firmen zu verankern. Das Buch “Clever aus der Abseitsfalle. Wie Unternehmen den Wandel zu mehr Frauen in Führung gestalten wollen” von Schönfeld und Nadja Tschirner ist gerade im Verlag Springer Gabler erschienen.

 

SZ: Frau Schönfeld, was zeichnet Unternehmen aus, in denen besonders viele Frauen in Führung sind?

Simone Schönfeld: Wer Frauen Zugänge eröffnen will, muss alle bestehenden Strukturen in den Blick nehmen. Mentoring, Trainings oder interne Netzwerke zur gegenseitigen Unterstützung sind wichtige Maßnahmen auf persönlicher Ebene. Aber es liegt eben nicht an den Frauen allein. Arbeitszeitmodelle, Präsenzzeiten, Beurteilungsverfahren – auf allen Ebenen müssen die Rahmenbedingungen überprüft werden. So sind zum Beispiel Auslandsaufenthalte als Muss-Kriterium im Talentmanagement oft schwierig für Frauen mit Partner oder Familie. Sie sehen das eher als Hürde.

 

Etliche Top-Managerinnen sind in den letzten Jahren gescheitert. Woran liegt das?

Minderheiten fallen stärker auf, wir sprechen von dem “Token-Phänomen“. Frauen an der Spitze sind extrem sichtbar, sie erfahren viel mehr Aufmerksamkeit als ihre männlichen Kollegen. So entsteht Druck. Niemandem, selbst in so hohen Positionen, wird immer alles gelingen. Der Unterschied liegt darin, wie es diskutiert und in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.

 

Gilt das auch auf anderen Ebenen?

Überall dort, wo sich Frauen in einem sehr männerlastigen Umfeld bewegen, etwa auch im Mint-Bereich. Grundsätzlich beobachten wir im unteren und mittleren Management jedoch deutliche Fortschritte. Die Quote der Frauen in Teamleitungspositionen hat sich stark erhöht – sie schließen schon fast gleich auf. Dieser positive Trend setzt sich allerdings auf exponierteren Positionen nicht durch.

 

Und warum geht es dann einfach nicht weiter?

Führungspositionen sind ein rares Gut. Und damit natürlich auch umkämpft. Diejenigen, die nach 18 Uhr noch da sind, setzen die Standards. Daran hat sich in vielen Unternehmen noch nichts geändert. Wer eher geht, fällt heraus aus der Zielgruppe jener, die als ambitionierte Nachwuchskräfte gehandelt werden.

 

Sehen Sie positive Entwicklungen?

Es ist schon einiges in Bewegung. Beispielsweise dort, wo Mitarbeiter in globalen Teams arbeiten. Über Länder und Zeitzonen hinweg entstehen andere Freiräume und damit mehr Flexibilität. Die neuen Kommunikationsmöglichkeiten können hier das Management von Teams, in denen Vollzeit und Teilzeit gearbeitet wird, vereinfachen. Damit werden Kriterien wie die Präsenz vor Ort oder auch das Geschlecht zweitrangig. Dafür werden Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit immer wichtiger – traditionelle Stärken von Frauen.

 

Diese zeitliche Flexibilität schätzen zunehmend auch junge Männer. Ist das nicht eine Generationenfrage?

Der Bruch kommt mit dem ersten Kind, das zeigen Studien ganz klar. Während Frauen Arbeitszeit reduzieren, zeigen Männer ein traditionelles Ernährerverhalten und arbeiten mehr – auch wenn sie das eigentlich gar nicht wollen. Dieses Dilemma können Unternehmen individuell nicht lösen. Wenn das oberste Management ein partnerschaftliches Miteinander vorlebt und vielleicht selbst in Elternzeit geht, ist das jedoch ein starker Treiber für kulturelle Veränderungsprozesse.

 

Aber genau diese partnerschaftlich orientierten Kräfte wollen gar nicht mehr an die Spitze, Frauen wie Männer.

Tatsächlich bewerben sich intern immer weniger Mitarbeiter um Führungspositionen – das gilt für beide Geschlechter. Für die Unternehmen ist das eine riesige Herausforderung, gerade im Hinblick auf den demografischen Wandel. In den nächsten Jahren werden im Management viele Stellen frei. Da sehe ich allerdings auch ein enormes Potenzial. Wie lässt sich Führung so gestalten, dass sie für die nachwachsenden Generationen wieder attraktiv ist? Unternehmen werden gezwungen sein, darüber nachzudenken. Und damit eröffnen sich auch für Frauen neue Perspektiven.

 

Interview: Gunda Achterhold, Süddeutsche Zeitung

SZ-Artikel “Es liegt nicht an den Frauen” als PDF

 

Hier geht’s zu einem Interview mit euer Führungsfrau der BVK, die vom Token-Phänomen berichtet:

Das Token-Phänomen: Führungsfrauen unter Beobachtung

 

Einen weiteren Beitrag von Simone Schönfeld zum Thema Frauenförderung gibt’s hier:

Frauenförderung endet nicht bei den Frauen!

 

Und was eine gute Führungskraft im Zeitalter der Digitalisierung ausmacht, lest ihr in diesem Beitrag:

Was heisst führen heute?

 

Frauenförderung endet nicht bei den Frauen!

Eine nachhaltige Förderung von Frauen kann in Unternehmen endet nicht bei den Frauen selbst, sondern kann nur durch eine vielschichte Herangehensweise gelingen. Wir führen in diesem Blogbeitrag in den wissenschaftlichen Mehrebenen-Ansatz zur Frauenförderung ein und zeigen mit welchen praktischen Methoden dieser im Unternehmen umgesetzt werden kann.

 

Der Blogbeitrag ist ein Auszug aus dem neu erschienen Standard-Werk „Cross Mentoring“. Simone Schönfeld, Initiatorin des Memorandums für Frauen in Führung, hat darin einen Beitrag mit dem Titel „Cross Mentoring für Teilnehmer und Organisationen: Wie Netzwerke Nachhaltigkeit gewährleisten“ veröffentlicht. Es handelt sich um einen Sammelband, der die breite Vielfalt unterschiedlicher Mentoring Programme aufzeigt. Die Bandbreite reicht von Veranstaltern aus der Wirtschaftspraxis und Verbänden bis zu NGOs und Organisationen aus dem Gesundheitswesen.

 

Eine  langfristig erfolgreiche Förderung von Frauen über alle Ebenen hinweg kann in Organisationen nur gelingen, wenn auch andere Akteure in den Unternehmen, die bestehenden Strukturen in den Organisationen und die herrschende Kultur in den Blick genommen werden. Dies lässt sich als ein Mehrebenen-Ansatz verstehen, in dem auf der ersten Ebene die Personen und Akteure, auf der zweiten Ebene die unternehmensinternen Strukturen und auf der dritten Ebene die Unternehmenskultur und -sozialisation betrachtet werden.

 

Auf der ersten Ebene kommen als Akteure sowohl die betroffenen Frauen selbst, die Führungskräfte in den Organisationen als auch die Personalerinnen und Personaler, die mit der Entwicklung von Personalinstrumenten Standards setzen, in den Blick. Darüber hinaus sind die Führungskräfte des Top-Managements eine relevante Akteursgruppe, da sie einerseits eine wichtige Vorbildfunktion innerhalb der Organisation haben, die auf das mittlere Management ausstrahlt, andererseits die relevanten Personalentscheidungen für die Besetzung von Positionen auf höheren Ebenen treffen.

 

Die zweite Ebene, die für die nachhaltige Wirkung von Maßnahmen zur Förderung von Frauen in Führungspositionen relevant ist, ist die interne Struktur, die sich eine Organisation gegeben hat. Strukturen, die den Status quo hinsichtlich Karrierechancen, Beurteilungsverfahren und Arbeitszeitmodellen usw. bestimmen, definieren die relevanten Rahmenbedingungen, die die Möglichkeiten beeinflussen, unter denen die einzelne Frau das Ziel Führung erreichen kann. Die Herausforderung, bestehende Strukturen und Regelungen zu verändern, ist immer damit verbunden, die Stakeholder zu gewinnen, um eine breite Basis und Akzeptanz für diese Veränderungen zu erreichen. Hierbei handelt es sich um einen langfristigen Prozess, in den viele Akteure eingebunden werden sollten. Genau das geschieht beispielsweise durch die Teilnahme an unserem “Memorandum für Frauen in Führung“. Die feierliche Unterzeichnung einer Selbstverpflichtungserklärung mit 15 Schritten zu Mixed Leadership durch die Unternehmensspitze kann der Startschuss des Veränderungsprozesses sein oder der erfolgreiche Abschluss. Der Maßnahmenplan umfasst alle veränderungsrelevanten Stellschrauben, die durch die Unternehmen selbst identifiziert wurden und auf breiter Ebene ins Bewusstsein gerückt, diskutiert und schließlich modifiziert werden.

 

Die dritte Ebene, die in Organisationen für einen erfolgreichen Veränderungs- und Entwicklungsprozess in den Blick genommen werden muss, ist die gelebte Organisationskultur, die ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bisweilen ein anderes Verhalten nahelegt, als die Strukturen anbieten. Eine Organisationskultur, die eine erfolgreiche und gelebte Diversity-Kultur ermöglicht, sollte sich vor allem durch ein hohes Maß an Transparenz und Wertschätzung auszeichnen. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sollten daher die informellen Regeln kennen, die es einzuhalten gilt, um Karriere zu machen. In vielen Organisationen gilt heute noch: „Wer Karriere in der Organisation machen möchte, sollte verfügbar und präsent sein.“ Die immer noch existierende Präsenzkultur, die den Standard für den Aufstieg in höhere Positionen definiert, lässt es für junge Potenzialträger und Potenzialträgerinnen gerade nicht ratsam erscheinen, die Angebote für Teilzeitarbeit, mobiles Arbeiten, etc. zu nutzen.

 

Die gemeinsame Organisationskultur zu verändern, stellt die größte Herausforderung dar, um den Weg für mehr Frauen in Führung zu erleichtern. Die einzelnen Mitglieder der Organisation, egal ob Mann oder Frau, jung oder alt, wissen sehr genau welches Verhalten sie in ihrer Organisation erfolgreich sein lässt und mit welchen Verhaltensweisen sie ihre Karrierechancen reduzieren. Das umfangreiche Angebot von Unternehmen z. B. für die Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ort wird daher oftmals von Potenzialträgern und -trägerinnen nur zögerlich angenommen, zumindest solange man vermeintliche Nachteile in der beruflichen Entwicklung erwartet. Eine Kultur, die es Menschen ermöglicht, diese innovativen Maßnahmen anzunehmen und in die Praxis umzusetzen und darauf zu vertrauen, weiterhin nach ihrer Leistung und nicht nach ihrer Präsenz beurteilt zu werden, muss in vielen Organisationen noch entwickelt werden. Der Austausch und die Diskussion förderlicher und hinderlicher Mechanismen ist dafür ein wesentlicher Treiber. Ein bewährtes Instrument ist dafür Cross Mentoring. Es bringt Menschen aus unterschiedlichen Organisationen zusammen und kann eine Plattform schaffen, die Austausch und Dialog in einem geschützten Raum ermöglicht. Fragen, die im Unternehmen nicht gestellt werden können, können hier gefahrlos gestellt werden. Junge weibliche Führungskräfte können über persönliche Wahrnehmungen sprechen, die ihnen Karriere erschweren. Seniore männliche Führungskräfte bekommen so einen Eindruck, welche Kriterien, Aspekte, Rahmenbedingungen in der Perspektive von Frauen entscheidend sind, um sich für Karriere und die Übernahme von beruflicher Verantwortung entscheiden zu können.

 

Cross Mentoring-Programme, die das Ziel „Mehr Frauen in Führung“ nachhaltig verfolgen, sollten daher neben den Mentees, vor allem auch die Mentorinnen und Mentoren, sowie Personaler und Personalerinnen in einen unternehmensübergreifenden Dialog bringen. Wenn dies gelingt, stellen Cross Mentoring-Programme eine herausragende Plattform dar, um nicht nur die einzelnen Teilnehmerinnen zu fördern, sondern auch um Impulse zur Organisationsentwicklung zu geben.

 

Autorin: Simone Schönfeld

 

 

 

 

 

 

 

Das Zitierte Werk „Cross Mentoring – Ein erfolgreiches Instrument organisationsübergreifender Personalentwicklung“ wurde von Michael E. Domsch, Désirée H. Ladwig und Florian C. Weber herausgegeben und ist im Springer Gabler Verlag erscheinen.

 

Mit diesem Beitrag haben wir an der Blogparade der Karrieremacher zu „Mentoring in Deutschland 2017″ teilgenommen.

Dr. Nadja Tschirner nimmt beim Thema Chancengleichheit auch die männliche Perspektive in den Blick:

Auch Männer wünschen sich mehr Gleichberechtigung

 

Und wie Chancengleichheit in Unternehmen tatsächlich gelebt wird, untersucht unser Benchmark 2016:

Flexible Arbeitswelten für Frauen und Männer – nur nicht auf den Topetagen

Gendersensible Sprache in Stellenanzeigen

Sprache kann Frauen Perspektiven eröffnen und leider auch verschließen. Es ist nur eine Workshop-Übung, doch das Ergebnis öffnet Augen, Ohren und Denken: Die eine Gruppe wird gebeten, berühmte Schriftsteller, Politiker, Sportler, Künstler zu nennen. Die andere Gruppe soll berühmte Schriftstellerinnen und Schriftsteller, Politikerinnen und Politiker, Sportlerinnen und Sportler, Künstlerinnen und Künstler auflisten. Erraten Sie das Ergebnis? Die zweite Gruppe nennt bis zu 30 Prozent mehr Frauen – unabhängig vom Geschlecht der Teilnehmer.

 

Das zeigt: Allein die Wortwahl macht Unterschiede zwischen Frauen und Männern – und grenzt aus. Sprache ist von Traditionen und Gewohnheiten geprägt und sie hat Einfluss auf unsere Denkweise. Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass Tätigkeiten, Berufe und Funktionen von Natur aus immer mit der männlichen Form umschrieben werden – Angestellter, Referatsleiter, Elektrotechniker, Schweißer, Berater….? Im Alltag hat diese gewohnte Sprechweise unterbewusst zu Folge, dass Frauen sich oft nicht gleichermaßen angesprochen und betroffen fühlen wie Männer.

 

Seit 2007 fordert daher das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz Stellenanzeigen, die nicht diskriminieren. Seither haben sich in der Praxis unterschiedliche geschlechtersensible Formulierungen eingebürgert, um dies zu umgehen:

  • Gearbeitet wird entweder mit dem Schrägstrich bei Endungen – z.B. “Verwaltungsangestellte/r”
  • Oder die männliche Funktionsbeschreibung wird in Klammern um ein m/w ergänzt – z.B. “Geschäftsführer (m/w)”
  • oder die Funktionsbezeichnungen werden gleichermaßen in weiblicher und männlicher Form aufgeführt – z.B. “Verkaufsleiterin/Verkaufsleiter”

Fakt ist jedoch: Während sich Männer von allen Formulierungen gleichermaßen angesprochen fühlen, erzielt bei Frauen nur die Dritte ihre volle Wirkung. Denn beim schnellen Überfliegen von Stellenanzeigen, werden die Kürzel am Ende oft gar nicht wahrgenommen. In der Regel finden allerdings diese Varianten bei Unternehmen die häufigste Anwendung, schließlich möchten sie ihr Inserat aus Kostengründen möglichst kurzhalten. Eine Erkenntnis, die sich beide Seiten ins Bewusstsein rufen sollten: Unternehmen, die Frauen für sich gewinnen möchten, sollten für mehr (Lese)Freundlichkeit beide Bezeichnungen nennen. Umgekehrt, sollten Frauen ihr Leseverhalten überprüfen und genau hinsehen.

 

Dass sich in dieser Hinsicht langsam etwas verändert – vor allem in den Unternehmen, die ihre Frauenquote steigern möchten –  zeigt beispielsweise eine Untersuchung der Metajobsuchmaschine Joblift, die rund 15 Millionen Stellenanzeigen der letzten zwei Jahre untersucht hat hinsichtlich Elemente, die eine Gleichstellung beider Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt fördern. Das Ergebnis: Frauen wurden in rund 1,8% aller Stellenanzeigen namentlich dazu aufgefordert, sich zu bewerben, vor allem in Ingenieurberufen (2015 waren es 1,7%). Das sind allerdings auch die Berufe, die überwiegend mit männlich besetzten Attributen in ihren Stellenausschreibungen arbeiten – sich quasi dann wieder den weiblichen Wind selbst aus den Segeln nehmen. Die Wissenschaft hat bestimmte Schlüsselwörter identifiziert, die in Stellenanzeigen vorwiegend mit Männern oder Frauen in Verbindung gebracht werden – von “verständnisvoll”, “zuverlässig”, “leidenschaftlich” fühlen sich beispielsweise eher Frauen angesprochen, “durchsetzungsstark”, “individuell”, “überdurchschnittlich” sind männlich definierte Formulierungen. Es ist belegt, dass sich Frauen von diesen maskulinen Attributen eher verunsichert fühlen, während Männer keinen Unterschied in ihrer Lesart machen. Für Unternehmen ist also wichtig zu beachten, dass es nicht nur auf geschlechtersensible Formulierungen hinsichtlich Wortendungen ankommt, sondern auch auf die Wortwahl.

 

Die Erkenntnisse der Sprachforschung zu geschlechtersensiblen Formulierungen haben im Übrigen auch Folgen für die unternehmensinterne Kommunikation und sollten auch hier berücksichtigt werden: Wenn Hausmitteilungen beispielsweise an “alle Mitarbeiter” gerichtet werden, sollten die Informierenden wissen, dass sich vielleicht ein Teil der Belegschaft nicht betroffen fühlt. Das “an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter” klingt sympathischer und einbeziehender. Diese Formulierung kann außerdem durch das Binnen-I verkürzt werden (“an alle MitarbeiterInnen).

 

Es gibt wenige Regeln für einen genderbewussten Sprachgebrauch. Es kommt sowohl bei Stellenanzeigen als auch bei der Unternehmenskommunikation vielmehr auf das Bewusstsein und die Haltung an – ein Unternehmen ist bemüht weibliche Funktionsbezeichnungen zu verwenden und nimmt sich der Ausgrenzungsthematik an. Allerdings muss fairerweise auch gesagt werden: Bemühungen hin oder her, Sprache ist und bleibt auch Gewohnheit und wenn die weibliche Beschreibung plötzlich von oben aufoktroyiert wird, kann dies beim Leser auch fremd oder erzwungen wirken.

 

Einen Ausweg im Berufsalltag bieten da geschlechtsneutrale Formulierungen: Leitung ersetzt Leiterin oder Leiter. Auch im Gerundium machen Tätigkeitsbeschreibungen meist keinen Geschlechterunterschied: Mit Studierenden oder Teilnehmenden sind Männer und Frauen gleichermaßen gemeint, auch Beschäftigte, Angestellte, Arbeits- und Führungskräfte ist neutral. Sprache ist ein Mittel, das Kreativität erfordert und Sensibilität. Insbesondere Führungskräfte sind deshalb auch dahingehend zu schulen, genauer hinzuhören und zu beobachten, wie das Gegenüber auf Aufträge, Informationen oder auch Kritik reagiert und letztlich auch Konsequenzen daraus zu ziehen und die eigene Wortwahl zu überdenken.

 

Autorin: Julia Schmid

 

 

Ausführlichere Informationen finden Sie in unserem Buch “Clever aus der Abseitsfalle. Wie Unternehmen den Wandel zu mehr Frauen in Führung gestalten.”

 

Lesen Sie auch unseren Beitrag: 10 Tipps, wie Unternehmen mehr Frauen gewinnen

 

Und hier geht’s zur Untersuchung von Joblift

 

Die GEWOFAG engagiert sich aktiv für Mixed Leadership auf allen Führungsebenen

Die Wohnungsbaugesellschaft GEWOFAG, Münchens größte Vermieterin und Unterzeichnerin des Memorandums für Frauen in Führung, hat in die Räume ihrer Hauptverwaltung geladen. Zu Gast: Hochrangige Führungskräfte und weibliche Führungstalente aus acht Münchener Großunternehmen. Bei der Auswahl an geladenen Gästen möchte man/frau kaum glauben, dass ein Fünkchen Aufregung zu spüren ist. Doch die Mehrheit der Personen in diesem Raum kennt sich nicht und die meisten tun etwas Ungewohntes. Abseits von Hierarchien sind sie zusammengekommen, um sich auf Augenhöhe zu begegnen und den Start eines einjährigen Austauschs in Tandems und darüber hinaus einzuläuten.

 

An diesem Tag startet die 17. Runde des Cross-Mentoring München. Ein berührender Moment für Simone Schönfeld und Dr. Nadja Tschirner, die als Geschäftsführerinnen der Unternehmensberatung Cross Consult als eine der ersten in Deutschland die Bedeutung des Themas erkannten und das Programm bereits vor 16 Jahren initiierten. Seitdem haben sie fast 550 Tandems aus zahlreichen Münchener Unternehmen begleitet. Erstmalig gibt es in diesem Jahr einen zweiten Starttermin für das Cross-Mentoring München im Herbst – angeboten aufgrund der hohen Nachfrage seitens der Unternehmen. Ein Beweis, dass sich das Cross-Mentoring als DAS Instrument der Führungskräfteentwicklung und speziell des weiblichen Führungsnachwuchses durchgesetzt hat.

Doch was ist das Cross-Mentoring München eigentlich? Weibliche Führungstalente mit unterschiedlich langer Führungserfahrung werden mit dem Programm in ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung gefördert. Ein Jahr lang steht den Führungsfrauen in einem Tandem jeweils ein Mentor bzw. eine Mentorin zur Seite. Das Besondere daran: Der/ Die Mentor/in kommt aus einem anderen Unternehmen. Begleitet werden die Tandems ein Jahr lang mit Rahmenveranstaltungen, Seminaren und Coachings.

 

Der Auftakt gab den frischgebackenen Mentees, Mentorinnen und Mentoren bereits einen ersten Ausblick auf das, was das Cross-Mentoring-Jahr für sie bereithält. Sehr anschaulich erzählt Agnieszka Sikorska vom Helmholtz-Zentrum München und ehemalige Mentee von ihren Erfahrungen: „Ich habe mithilfe meines Mentors eine unglaubliche Entwicklung durchlaufen. Sowohl auf persönlicher Ebene als auch als Führungskraft. Im Laufe der Zeit habe ich erkannt, dass es im Tandem nicht nur um die Tipps und Tricks bei der Führung von Mitarbeitern/innen geht, sondern, dass auch Emotionen eine Rolle spielen. Die Auseinandersetzung mit den eigenen Bedürfnissen ist wichtig, um die zahlreichen Anforderungen, die von verschiedenen Seiten an mich herangetragen werden, in eine gesunde Balance zu bringen und so eine gute Führungskraft zu sein.“ Auch Anja Kuchelmeister, ehemalige Mentee der BSH Hausgeräte, berichtet begeistert davon, wie sie durch die Zusammenarbeit im Tandem und den unternehmensübergreifenden Austausch mit anderen Programmteilnehmern/innen Einblicke in verschiedene Führungskulturen erhielt. Dies ermöglichte ihr, Herausforderungen und Prozesse im eigenen Unternehmen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten.

 

Als Gastgeberin für die Auftaktveranstaltung des 16. Cross-Mentoring München setzte die GEWOFAG vor einem Jahr mit der Unterzeichnung des Memorandums für Frauen in Führung ein deutliches Zeichen für ihr Engagement, weibliche Führungstalente zu fördern. Die Teilnahme am Cross-Mentoring München lag dabei als handfeste Strategie zur Umsetzung des Ziels Mixed Leadership nahe: „Mit dem Cross-Mentoring können wir an einem attraktiven Format teilnehmen, um weibliche Führungskräfte in ihrer Laufbahn zu unterstützen und Frauen noch stärker für anspruchsvolle Aufgaben im Unternehmen zu gewinnen“, sagt Dr. Klaus-Michael Dengler, Sprecher der Geschäftsführung der GEWOFAG. Er selbst und zwei hochrangige Führungskräfte der GEWOFAG haben die Mentorenschaft für drei Mentees aus einem anderen Unternehmen übernommen. Ein Beweis für das Commitment für die Frauenförderung und das Programm seitens der GEWOFAG.

 

Die Entschlossenheit der Münchener Wohnungsbaugesellschaft, die eigene Führungsriege diverser zu gestalten, wird auch an den zahlreichen weiteren Angeboten deutlich, die sie für Ihre Mitarbeiter/innen bereithält. Um Beruf und Familie vereinbaren zu können, bietet sie Arbeitszeitmodelle wie Teil- oder Gleitzeit an, stellt Krippenplätze bereit und führt betriebliche Sozialberatungen durch. Anhand des im Rahmen des MFFs erhobenen Benchmarks zeigen diese Maßnahmen Effekte: Der Frauenanteil auf verschiedenen Führungsebenen bei der GEWOFAG steigt.

 

Welche weiteren Unterstützungsangebote die GEWOFAG auf dem Weg zu einer gendergerechten Arbeits- und Führungskultur im eigenen Unternehmen anbietet, erfahren Sie im Benchmark 2015.

Autorin: Sandra Szczesniak