Diese Talente sind in MFF-Unternehmen gesucht

“Die Zeiten waren noch nie so gut für uns”, mit diesem Statement hat Diana Patrizia Eid ihren Vortag beim “Memorandum für Frauen in Führung” (MFF) eröffnet und den 13 anwesenden Personalverantwortlichen aus neun Unternehmen auf Anhieb eine gehörige Portion Mut verpasst. “Endlich erhält das Recruiting die Aufmerksamkeit, die wir immer haben wollten”, fügte sie, die Head of Global Recruiting bei der Dräxlmaier Group ist, hinzu. MFF-Initatorin Dr. Nadja Tschirner konnte die Führungsfrau des weltweit agierenden Automobilzulieferers als Rednerin für das MFF-Kompetenzforum am 04. Mai 2018 beim Gastgeber Bayerische Landesbank gewinnen.

 

Gastrednerin Diana Patrizia Eid, Head of Global Recruiting bei der Däxlmaier Group
Gastrednerin Diana Patrizia Eid, Head of Global Recruiting bei der Däxlmaier Group

Das MFF ist als Initiative für mehr Mixed Leadership entstanden und zu einem Siegel für moderne, flexible und gendergerechte Arbeitgeber gewachsen. Die Personalverantwortlichen (meist auch Diversity-Beauftragte) aus den Unternehmen, die das MFF unterzeichnet haben, treffen sich in regelmäßigen Abständen in Kompetenzforen, um ihre Erfahrungen zu teilen, voneinander zu lernen und aus der Diskussion neue Impulse in ihre Unternehmen mitzunehmen. Dieses Jahr widmen sich die Kompetenzforen dem Themenschwerpunkt “Talente“. In der ersten Sitzung des Jahres lag der Fokus auf dem Talent-Recruiting: “Talente erkennen und gewinnen – Recruitingstrategien in Zeiten von Digitalisierung und Social Media”. Dem MFF immanent ist der Blick auf Themen mit Genderfokus sowie die Berücksichtigung von Chancen und Risiken für Frauen. An der aktuellen Sitzung beteiligten sich Vertreterinnen und Vertreter der Bayerischen Versorgungskammer, der Bayerischen Landesbank, der Landesbausparkasse Bayern, den Beratungsunternehmen Deloitte und KPMG sowie BayWa und Hubert Burda Media.

 

Personalverantwortliche der MFF-Unternehmen beim Austausch in kleinen Gruppen
Personalverantwortliche der MFF-Unternehmen beim Austausch in kleinen Gruppen

“Was ist eigentlich ein Talent?”- fragte MFF-Initiatorin Dr. Nadja Tschirner in einem kleinen Impulsvortrag zu Beginn der Veranstaltung. Und schickte vorab, dass auf die Frage nach geschätzten Talenten und Kompetenzen der Antwortgeber meist die eigene Persönlichkeit mit einfließen lässt – das heißt eigentlich ein Abbild seines Gleichen sucht und diese Frage sehr subjektiv beantwortet. Doch rein definitorisch betrachtet, ist ein Talent eine Veranlagung zur Leistung auf einem bestimmten Gebiet, deren Ausprägung  durch zwei Komponenten determiniert ist: die eigene Motivation und die passende Förderung.

 

Personalverantwortliche der MFF-Unternehmen beim Austausch in kleinen Gruppen

Auf den Impulsvortrag folgte eine Vorstellungsrunde, in der die Personalverantwortlichen der MFF-Unternehmen für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Talent-Anforderungen ihrer Unternehmen reflektierten – vor allem in Hinblick auf die Herausforderungen durch die Digitalisierung. Abgesehen von den sehr branchenspezifischen Anforderungen, die sich selbstverständlich aus der Unterschiedlichkeit der Unternehmen ergaben, zeichneten sich doch gemeinsame Nenner ab.

Das suchen unsere MFF-Unternehmen:

 

  • Nahezu unabhängig vom Stellenprofil: technikaffine Talenten, die einen sicheren Umgang mit digitalen Technologien und Medien beherrschen. Eine Mischung aus Fachkraft und IT-Experte galt dabei als heißer Favorit;
  • Einige Unternehmen nannten nach wie vor Elite-Denken und Noten als ausschlaggebende Einstellungskriterien. Doch waren sich die entsprechenden Personalverantwortlichen im Klaren, dass es sich dabei um tradierte Vorstellungen handelt, die den Anforderungen der Zukunft nicht gerecht werden;
  • Wichtig bei der Kandidatinnen- und Kandidatenwahl erwies sich in der Runde auch das Kriterium Werte- bzw. Kulturpassung;
  • Ebenso wie eine hohe Lernbereitschaft;
  • Als neuen Trend identifizierten die MFF-Unternehmensvertreterinnen und Vertreter die Suche nach abwechslungsreichen Lebensläufen und die Abkehr von klassischen Profilen. Kandidatinnen und Kandidaten, die diverse Erfahrungen – gerne aus unterschiedlichen Branchen, Ländern oder Unternehmen – mitbringen und einen individuellen Karriereweg vorzuweisen haben, gelten als zunehmend attraktiv;
  • Damit rücken auch Frauen verstärkt in den Fokus, die oftmals aufgrund familiärer Situationen individuellere Lebensläufe mitbringen als Männer;
  • Die wohl größte Einigkeit in der Runde bestand darin, dass niemand eine 100-Prozentige Antwort darauf geben kann, welche Talente heute gebraucht werden, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern.

 

Personalverantwortliche der MFF-Unternehmen beim Austausch in kleinen Gruppen
Personalverantwortliche der MFF-Unternehmen beim Austausch in kleinen Gruppen

Gastrednerin Diana Patrizia Eid verfolgte die Ausführungen sehr aufmerksam und griff in ihrem anschließenden Vortrag zum Talent-Recruiting bei der Dräxlmaier Group einige Impulse der Runde mit auf. Ihr Statement, die Zeiten seien für Personaler noch nie so gut gewesen, bezog sich auf die Tatsache, dass Unternehmen derzeit händeringend nach qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern suchen und daraus hohe Erwartungen ans Recruiting sowie eine immense Erfolgsabhängigkeit resultieren. Das bringt Druck mit sich, aber auch Macht und damit neue Chancen. Der Rat von Diana Patrizia Eid: “Genießen Sie das Spotlight und nutzen Sie es, um etwas zu bewegen.”

 

Autorin: Julia Schmid

 

Hier geht’s zu Beiträgen, die Einblicke in die Unternehmenskultur von MFF-Unterzeichnern gewähren:

So entsteht ein Frauennetzwerk – am Beispiel der LVM Versicherung

Teilzeit – weil es guttut

„Erst durch Individualität entsteht ein runder Mensch“ – Vorstandsgespräch mit Daniel Just, BVK

Die sechs top Recruiting-Trends

Morgens, beim Scrollen auf dem Weg zur Arbeit in der Bahn. Mittags, beim kurzen Checken der privaten E-Mails. Abends, beim Surfen auf der Couch. Stellenanzeigen erreichen potentielle Kandidatinnen und Kandidaten heute rund um die Uhr über Soziale Netzwerke, zielgerichtete Werbebanner, Karriere- und Jobportale, die alle Zielgruppen und Regionen bedarfsorientiert bedienen. Ca. 40% der Nutzer, die eine Stellenanzeige aufrufen, kommen dabei von mobilen Endgeräten. In Zeiten von Fachkräftemangel und nahezu Vollbeschäftigung sind Talente hart umkämpfte und existentielle Rohstoffe. Gleichzeitig waren auch die Möglichkeiten für Unternehmen noch nie so groß, pass-genau die Talente zu erreichen, die die gesuchten Kompetenzen mitbringen. Und manche modernen Methoden sorgen sogar für mehr Chancengleichheit!

 

Eine Stellenanzeige in der Tageszeitung ist dabei nur mehr ein kleiner Baustein einer komplexen Architektur, die verschiedenste Plattformen, Formate und Anbieter umfasst. Unternehmen zu Hilfe eilen beispielsweise zahlreiche Recruiting-Unternehmen, Headhunter, aber auch Werbeagenturen, die sich auf Employer Branding spezialisieren. Und in den Unternehmen selbst ist das Thema Recruiting oftmals eng mit Employer Branding verzahnt und nicht mehr nur in den Personalabteilungen angesiedelt, sondern mit der Unternehmenskommunikation vernetzt.
Auf welche kreativen Formate Unternehmen dabei heutzutage zurückgreifen, zeigt unser Ranking der aktuellen Recruiting-Trends – inklusive Potentialanalyse:

 

  • Mobile Recruiting ist als technische Antwort auf das Nutzerverhalten der Zielgruppe zu sehen. Dabei soll nicht nur die Stellenanzeige mobil auf dem Smartphone zu sehen sein, sondern möglichst viele Schritte des Bewerbungsprozesses einfach und schnell übers Smartphone erledigen werden können. Zusätzlich erhalten sie eine E-Mail mit der Aufforderung, die noch aussehenden Dokumente (Lebenslauf, Arbeitsproben etc. ) innerhalb der nächsten fünf Werktage zu ergänzen. Die Realität sieht im Moment noch so aus, dass nicht einmal die Hälfte der unternehmenseigenen Karriereportale responsiv sind und das Ausfüllen der Masken nur über die Desktop-Ansicht handhabbar ist.

Potential: Sehr hoch! Kaum ein Relaunch eines Karriereportals wird in Zukunft Mobile Recruiting ignorieren können. 

Vorteil für Unternehmen: Es gehen nicht mehr so viele Kandidaten verloren, die morgens mit großem Interesse eine Stellenanzeige am Smartphone gesehen haben, aber sich abends nicht mehr extra an den Desktop setzen und die Bewerbung angehen möchten. Zudem können offene Stellen schneller nachbesetzt werden.

Vorteil für BewerberInnen: Der zeitliche Aufwand für eine Bewerbung wird klar minimiert und die Hürde, sich bei einem Veränderungswunsch mit einem Stellenwechsel auseinander zu setzen kleiner. 

  •  Candidate Journey: Dieser Begriff meint die Gesamtheit aller Kontaktpunkte zwischen Unternehmen und BewerberInnen und deren individuelle Erfahrungen im Bewerbungsprozess. Seitens des Unternehmens versuchen Recruiter die Kandidaten-Perspektive einzunehmen und sich in den gesamten Ablauf – vom ersten Kontakt bis zur Zu- oder Absage – hineinzuversetzen, um jeden einzelnen Schritt so reibungslos wie möglich zu gestalten. Ausschlaggebend dafür sind unter anderem: persönlicher Kontakt, individuelle Benachrichtigungen, schnelle Rückmeldungen, technisch optimierte Verfahren, positive Außenwirkung durch MitarbeiterInnen, klare Anzeigen, erkennbare Ansprechpartner und letztendlich Bewerberfeedback.

Potential: Hoch!

Vorteil für Unternehmen: Die Zahl der Bewerbungsabbrüche und die Gefahr, Toptalente im Laufe der Bewerbungsphase an die Konkurrenz zu verlieren, können dadurch minimiert werden.

Vorteil für BewerberInnen: Wertschätzung! Ein nicht zu gering zu bewertendes Entscheidungskriterium von Jobsuchenden…

  •  Roborecruiting: Dabei handelt es sich um smarte Programme die zum einen für automatisierte Dialogsysteme eingesetzt werden. Roborecruiting umfasst aber auch Softwarelösungen, die Bewerberdaten wie Lebenslauf, Anschreiben und Arbeitsproben selbstständig analysieren und den HR-Verantwortlichen ein fertiges Kandidaten-Ranking nach Passung liefern. Sie durchforsten auch Businessnetzwerke wie Xing und LinkedIn.

Potential: Hoch – aber mit Vorsicht zu genießen. Denn das Antworten-Repertoire und die Intelligenz eines Roboters enden an einem bestimmten Punkt, bzw. werden für den Nutzer auch irgendwann spürbar, weshalb der persönliche Kontakt nie vollständig ersetzt werden sollte!

Vorteil für Unternehmen: Einsparung personeller Ressourcen und schnellere Reaktionszeiten.

Vorteil für BewerberInnen: Erspart das mühsame Durchforsten der FAQ’s bei auftretenden Fragen und das z.T. lange warten auf Antworten.  Und: Roboter diskriminieren nicht und werten nicht nach persönlicher Sympathie. Einzig die Fakten zählen, das ermöglicht einen fairen Prozess und Chancengleichheit. 

  • Gamification: Es kann sich dabei um einen Werbebanner in der U-Bahn handeln, der einen Code in Programmiersprache und die aktivierende Aufforderung ihn zu entschlüsseln enthält. Oder eine App, die auf spielerische Weise Aufgaben stellt, die nur mit spezifischen Fähigkeiten und Kenntnisse gelöst werden können. Games werden vor allem zur Gewinnung von „Techies“ in Recruiting-Strategien integriert.

Potential: Mittel – branchenspezifisch. Da der Aufwand für die Implikation solcher Anwendungen sehr hoch ist, wird Gamification vermutlich zu keinem Massentrend bei Recruiting-Strategien werden.

Vorteil für Unternehmen: Technologieaffine Talente werden in ihrer Interessenslandschaft abgeholt. Und es wird dadurch bereits eine Vorselektion von geeigneten Kandidaten getroffen – Personen, die den Code nicht lesen können, fühlen sich schon mal nicht angesprochen und Personen, die sich dem Lösen einer Aufgabe widmen und daran scheitern, werden den Bewerbungsprozess auch nicht weiterverfolgen. 

Vorteil für BewerberInnen: Entertainment!

  •  Reverse Recruiting ist mehr als das seit einigen Jahren von Recruiting-Agenturen und Headhuntern praktizierte „Active Sourcing“ – also das gezielte suchen auf Jobmessen, in beruflichen Netzwerken oder Datenbanken nach geeigneten KandidatInnen. Beim Reverse Recruiting geht das Unternehmen oder der Recruiter auf das Talent zu und durchläuft die gleichen Prozesse, die normalerweise eine Kandidatin / ein Kandidat durchläuft. Das heißt, ein individuelles Anschreiben ist Pflicht. Hinzu kommen gut aufbereitete Informationen über das Unternehmen und die Stelle, sowie eventuell ansprechende Image-Videos. Keine Massenmails, keine allgemeinen Formulierungen.

Potential: Mittel. Unternehmen müssen erhebliche Vorarbeit leiten, ohne zu Wissen, ob das Talent generell überhaupt Interesse an der Stelle hätte. Dieses aufwendige Vorgehen wird innerhalb der Unternehmen voraussichtlich nur für die Besetzung von Führungspositionen umsetzbar sein – oder eine zwingende Alternative für Brachen darstellen, die auf andere Weise überhaupt keine geeigneten Bewerbungen erhalten. 

Vorteil für Unternehmen: Das Unternehmen kann die Vorauswahl der KandidatInnen selbst bestimmen und sehr spezifischen Priorisierungen des Stellenprofils nachgehen.

Vorteil für BewerberInnen: KandidatIn erkennt, dass sich das Unternehmen explizit mit ihm und seinem Werdegang auseinandergesetzt hat und fühlt sich wertgeschätzt. Das kann sich sehr entscheidend auf den Entscheidungsprozess auswirken, falls mehrere Unternehmen zur Wahl stehen. 

  • LinkedIn-Recruiting ist aktuell ein viraler Trend im internationalen Recruiting – die Haltbarkeitsdauer ist allerdings fraglich. Recruiter oder auch Führungskräfte mit hoher Reichweite auf LinkedIn veröffentlichen ein Posting, in dem sie eine zu besetzende Position kurz beschreiben und den Hinweis geben, dass Interessenten den Post einfach liken sollen. Passende Profile werden daraufhin vom Unternehmen gezielt gefiltert und angesprochen.

Potential: Niedrig – sofern die Maßnahme isoliert angewendet wird. Ernsthafte Interessenten sind von Spaßkandidaten oder Sympathisanten der Aktion nur schwer zu unterscheiden. Und geht das Posting viral, sammeln sich schnell einige tausend Likes. Ein qualitativer Auswahlprozess ist dabei fast unmöglich. Eine effizienten Lösung könnte sein, dass sich an LinkedIn-Recruiting ein automatisiertes Roborecruiting anschließt und letztendlich in gezieltes Reverse Recruiting übergeht.

Vorteil für Unternehmen: Sehr schnelle, einfache und günstige Art des Erstkontakts. 

Vorteil für BewerberInnen: Noch unkomplizierter geht’s nicht!

Autorin: Julia Schmid

 

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