Diese Talente sind in Zeiten der Digitalisierung bei MTU gefragt

Digitalisierung der aktuelle Schlüsselbegriff in deutschen Unternehmen. Alle sind davon betroffen. Alle müssen sich damit befassen. Alle sehen darin neue Chancen und zugleich große Herausforderungen. Bei einem der großen internationalen Player der Luftfahrt Triebwerkshersteller MTU Aero Engines stehen ebenfalls alle Zeichen auf Digitalisierung. Was sich in der Arbeitswelt 4.0 für die Mitarbeiter verändert, welche Talente dafür gefragt sind und wie neue Chancen für Frauen entstehen, erzählt MTU-Personalleiter Hans-Peter Kleitsch im MFF-Interview.

 

Hans-Peter Kleitsch, Personalleiter MTU
Hans-Peter Kleitsch, Personalleiter bei MTU Aero Engines

Wie macht sich die Digitalisierung bei der MTU bemerkbar?
Sowohl in die Büros als auch in die Fertigungshallen ziehen in hohem Tempo stetig neue innovative Tools und Möglichkeiten der digitalen Datenverarbeitung ein. Mittlerweile hat bspw. jedes Triebwerk einen elektronischen Lebenslauf – genau wie Sie. Dieser wiederum macht eine sehr flexible und schnelle Wartung möglich, für die wir unsere Mitarbeiter an unseren Standorten auf der ganzen Welt vernetzen und koordinieren müssen. Für die Wartung nutzen wir dann wiederum Tools wie bspw. „Boroscoping“ – das heißt, wir gehen mit einem Spähauge ins Triebwerk und zoomen die kleinen Einzelteile auf dem IPad heran. Oder wir simulieren mithilfe von Computeranimationen bestimmte Arbeitsvorgänge. Wir haben gerade ein neues Tooling im Test, da können sie mit einem Barcode ein Triebwerk durch Animation in Einzelteile zerlegen. [Mehr zum “Digital Transformation Program” der MTU]

 

 

Wird die Arbeit in Ihren Fertigungshallen dann nur noch von Robotern erledigt oder legen ihre Mitarbeiter auch noch selbst Hand an?
Zumindest hoffe ich das! Scherz, wir haben nach wie vor viel Bedarf an manuellen Tätigkeiten, das ist auch ganz wichtig! Beim Zerlegen eines Triebwerks werden Sie Menschen nie ersetzen können!

 

Aber wenn wir mit Gästen durch unsere Fertigungshallen durchgehen, hören wir schon oft: „Hier wird ja gar nicht gearbeitet!“ Weil man einen Großteil der Arbeit nicht mehr sieht. Bei uns ist es nicht wuselig, es rennen keine Mitarbeiter herum und schleppen schwere Kisten. Wir haben viele Arbeitsplätze, die mit IT-Tools aufgerüstet sind.

 

Werden dadurch Leute abgebaut: Nein! Wir haben nach wie vor fast 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, genauso wie vor 10 Jahren. Wir setzen sie nur anders ein. Und wenn wir einstellen, stellen wir zunehmend mit anderen Profilen ein als vor zehn Jahren.

 

Was geschieht mit Ihren langjährigen, älteren Mitarbeitern? Haben die nicht Angst davor, auf der Strecke zu bleiben?
Angst ist – glaube ich – der falsche Ausdruck. Ja, die schnellen Entwicklungsphasen sind ein Thema. Da müssen wir immer hinterher sein und ausreichend Schulungen anbieten. Aber wir können das auch steuern: Diejenigen, die sich mit schnellen technologischen Innovationen schwerer tun, setzen wir in Bereichen ein, die mit weniger schnellen Veränderungen auskommen.

 

Und diejenigen, die sehr starkes Interesse haben, gehen an die Arbeitsplätze mit vielen Veränderungsraten pro Jahr.

 

Gerhard Hauptmann „Die Weber“ – hat ein Webstuhl die Arbeitsplätze ersetzt? Nein. Eine Grundangst ist natürlich trotzdem vorhanden. Die Arbeitsplätze werden sich verändern, aber sie werden den Menschen nicht ersetzen. Nur der Mensch hat die Eigenheit, auch manchmal paradox zu denken, was Maschinen nicht können.

 

Wie digital sind Sie unterwegs?
Ich bin privat noch deutlich digitaler unterwegs als beruflich. Weil wir bei MTU deutlich reglementierter sind und auch auf hohe Datenschutzregeln achten müssen. Ich haushalte allerdings mit meinen privaten Daten sehr stark und gebe nicht alles auf Facebook preis. Meine Frau ist in den Sozialen Medien aktiver.

 

Wie digital und mobil sind Ihre Mitarbeiter unterwegs?

Jeder erhält den digitalen Part, den er gerne haben möchte. Theoretisch könnte jeder einen Telearbeitsplatz beanspruchen oder Mobilwork machen. Das sind zwei verschiedene Sachen: Telearbeitsplatz ist immer zu Hause, Homeoffice, fester PC mit Standleitung. Und mobiles Arbeiten heißt, ich kann mit mobilen Endgeräten von überall aus arbeiten.

 

In der Praxis hängt das aber sehr stark von den Vorgesetzten ab. Wir als Unternehmen setzen keine Restriktionen. Ich habe als Führungskraft sehr gute Erfahrungen mit Mitarbeitern gemacht, die sowohl Telearbeit als auch Mobilwork in Anspruch nehmen. Das ist eine andere Form des Arbeitens, von der ich glaube, dass wir mehr Nutzen als Schaden haben. Für mich zählt das Ergebnis. Wie das zu Stande kommt, ist mir egal.

 

Das heißt, Sie überlassen Ihren Mitarbeitern völlig frei, wann und wie sie die Arbeit erledigen?
Ja! Ich bitte darum, Mails mit mehreren Empfängern nicht unbedingt am Sonntag zu verschicken, damit Externe nicht denken, meine Mitarbeiter müssen sieben Tage die Woche arbeiten. Oder um 23 Uhr. Weil ein anderer weiß ja nicht, dass sich die Mitarbeiterin dafür die Freiheit genommen hat, Mittwoch mittags zu gehen und die Sonne zu genießen…

 

Wie sollte Ihrer Meinung nach die Führungskraft der Zukunft aufgestellt sein?
Wir brauchen Führungskräfte mit mehr Mut und Zuversicht! Mut, den Mitarbeitern Freiheiten zu geben und Zuversicht, dass sie verantwortungsvoll damit umgehen. Weil jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin erstmal das Interesse hat, etwas gut zu machen. Subsidiarität ist für uns ein weiterer wichtiger Punkt.

 

Und die Führungskraft muss in Zeiten von Tele- und Mobilwork bereit  ein, sich auf entsprechende Kommunikationstools einzulassen. Wir haben zum Beispiel an vielen PCs Webcams. Manche Teams schalten die nie aus. Da sitzt der eine Counterpart in den USA und der andere hier. Und die kommunizieren den ganzen Tag als würden sie sich im Büro gegenübersitzen. Das ist natürlich extrem. Sowas mache ich nicht. Aber ich habe auch Kontakte, die ich nur über Webcams oder Kollaborationstools pflege.

 

Welche Talente bei Mitarbeitern sind da gefragt?
Leute, die sich selbst organisieren und priorisieren können, die Arbeitsergebnisse gut strukturieren und ihre Daten und Ergebnisse gerne mit anderen teilen. Wir arbeiten inzwischen sehr viel mit agilen Arbeitsweisen – das bedeutet für uns eigenverantwortliche Prototypenentwicklung und Arbeit in crossfunktionalen Teams. Wenn früher eine oder zwei Personen bei einem Projekt mitgedacht haben, sind es jetzt zehn – an verschiedenen Standorten. Und diese zehn sind wiederum in andere Projekte eingebunden. Gerade von Neueinsteigern wünschen wir uns eine Offenheit für diese Strukturen. Wir suchen nach Leuten, die Lust haben, sich einzubringen und sagen: Das ist unser Baby und am Ende steht ein Produkt.

 

Wie identifizieren Sie solche Leute?
Mit Agile Work ist das ganz einfach. Ziehen Sie die in ein Projekt mit rein, lassen Sie sie eine Sequenz beim „Scrum“ mitlaufen. Dann merken Sie sofort, wie aufgeschlossen die sind. Sehr viel auch über Gespräche und „Was wäre wenn…“-Fragen. Gerade Fragestellungen, die nicht pauschal zu beantworten sind, geben viel über Kreativität preis. Wir wollen Leute haben, die ein bisschen Phantasie und Visionen mitbringen. Und die auch ein bisschen eckig sind. Die haben den Vorteil, dass Sie Bewegung ins System bringen und hinterfragen. Will ich nur Kritiker haben? Nein, es muss schon auch eine Lösungsidee dahinterstecken. Aber in aller Regel sind diejenigen, die ein Thema von verschiedenen Seiten beleuchten, eher die besseren Leute.

 

Trifft das auch auf Frauen zu?
Ja klar! Frauen können neue Perspektiven im männlich dominierten Maschinenbaubereich einnehmen: Sie kommen auf Fragestellungen, die sich Männer nicht stellen. Die aber sehr wichtig sind. Gerade diese Ausgewogenheit, das Beleuchten eines Themas von verschiedenen Seiten, bringt den Erfolg.

 

Und ich sage ganz offen: Da sind wir noch nicht gut genug, weil wir mit 15% Frauenanteil immer noch zu wenige haben. Auch in Führungspositionen. Wir konnten in diesem Jahr vier Positionen der leitenden Angestellten [in der Hierarchie zwei Ebenen unter dem Vorstand] mit Frauen besetzen. Wäre schön, wenn das jedes Jahr klappen würde.

 

Die Digitalisierung und die flexibleren Arbeitsstrukturen sollen bessere Chancen für Frauen mit Karriereambitionen mit sich bringen, weil sie Arbeit und Familie besser vereinbaren können…
Für Männer auch!
 

Ja, auch für Männer. Nehmen das schon welche bei Ihnen in Anspruch?
Ja, es werden langsam mehr, aber es könnte schneller gehen. In Elternzeit gehen in erster Linie immer noch Frauen.

 

Aber ja, Sie haben Recht, vor allem für Frauen mit Familienverantwortung verringert der Freiheitsgrad bei der Arbeitszeitgestaltung die Nachteile gegenüber Männern. Wir haben hier im HR zwei weibliche Führungskräfte, die sich einen Job teilen. Topsharing – das funktioniert sehr gut. Es bringt zwar einen größeren Koordinationsaufwand mit sich, aber der Mehrwert überwiegt: Zum einen haben die beiden immer einen Sparingspartner bei Führungsfragen. Zum anderen muss ich als Vorgesetzter auch ehrlich zugeben, dass ich mehr als die vertraglich geschuldeten 100% Arbeitsleistung bekomme. Und ich muss nie Ausfälle kompensieren.

 

Es ist nicht jede Führungsaufgabe teilbar. Aber viele. Das kam bisher nur nicht zustande, weil man noch nicht ernsthaft darüber nachgedacht hat. Ich glaube, da geht noch deutlich mehr als wir uns zutrauen.
 

Welche Maßnahmen setzen Sie konkret um, um mehr Frauen für die MTU zu gewinnen und zu fördern.
Wir haben einen umfangreichen Maßnahmenkatalog, der die unterschiedlichsten Altersgruppen und Hierarchiestufen abdeckt. Ein Fokus liegt ganz klar auf dem Thema Hochschulmarketing um junge Potentialträgerinnen von Anfang an im Unternehmen zu entwickeln und den Frauenanteil in der aktiven Belegschaft nachhaltig zu erhöhen. Zudem gibt es Standardmaßnahmen, wie den Girls`Day, Praktikaangebote oder die Summer University. Auch individuelle Weiterentwicklungsangebote, z.B. Mentoring-Programme, interne Führungskräfteschulungen und natürlich ein ausgereifter Talent-Management-Prozess sind implementiert. Hinzu kommen natürlich sehr gute Rahmenbedingungen, wie attraktive Konditionen, Gleitzeitmodelle, flexibles Arbeiten, oder Homeoffice.

 

Als MFF-Unternehmen haben Sie sich auch das Ziel gesetzt, die gesamte Unternehmenskultur und Unternehmensspitze in einen gendersensiblen Changeprozess mitzunehmen. Auch wenn er sich noch nicht so deutlich in den Zahlen niederschlägt – macht sich bereits ein Kulturwandel bemerkbar?
Wenn ich sieben Jahre zurückdenke: Da hieß es bei der Besetzung von Führungspositionen noch: „Wir sollen uns explizit auch Frauen anschauen? Schwierig, haben wir überhaupt welche?“ Diese Diskussion gibt’s heute nicht mehr. Ein Pool aus Frauen und Männern ist selbstverständlich. Da merkt man schon, dass sich etwas geändert hat.

 

Aber worin wir noch besser werden müssen, ist Begeisterung bei Frauen für unsere Arbeit zu schaffen. Wir sind noch zu typisch Ingenieursbetrieb: leise, vornehm, alles geprüft, sehr analytisch. Doch wir müssen zeigen, dass es Spaß macht, sich mit Technik zu beschäftigen. Diese Maschinen kann man erleben, kann man sehen, kann man fühlen. Nicht nur das rein verschulte in den Vordergrund stellen. Sondern Kreativität mit Entdeckergeist und Wissen verknüpfen – ich glaube, das können Frauen besonders gut und dafür möchten wir sie begeistern.
 

Sie haben im Moment 350 Stellen zu besetzen – eine gute Gelegenheit!

 

Interview: Julia Schmid

 

Mehr zum Digital Transformation Program der MTU: www.mtu.de/de/karriere/digital-transformation-program/

 

In diesem Beitag erzählt eine Führungsfrau der MTU, Dr. Inga Stoll, wie ihr Arbeitsalltag als Abteilungsleiterin aussieht und wie er sich mit zwei Kindern vereinbaren lässt:

Ein Arbeitstag von Inga Stoll, MTU Aero Engines

 

Und hier geht’s zu einem Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden der Bayerischen Versorgungskammer, Daniel Just:

„Erst durch Individualität entsteht ein runder Mensch“ – Vorstandsgespräch mit Daniel Just, BVK

Diese Kompetenzen sind in Zeiten der Digitalisierung gefragt

Die Digitalisierung weht bei nahezu allen deutschen Unternehmen über die Flure. Auf den Vorstandsetagen genauso wie in Produktionshallen. In Personalabteilungen ebenso wie in der IT. Die Changeprozesse der Digitalisierung verändern Arbeitsmethoden und Arbeitskultur zum Teil fundamental. Das hat natürlich auch Konsequenzen für die Anforderungen an Mitarbeiter. Sie benötigen zunehmend andere Kompetenzen, um optimale Ergebnisse unter neuen Vorzeichen zu erzielen. Fachkompetenzen bilden nach wie vor die Grundlage einer wertvollen Arbeitskraft. Doch ist Wissen im Zeitalter von Industrie 4.0 zu einem schnell überholen Gut geworden und hat durch die ständige Verfügbarkeit und Abrufbarkeit an Exklusivität verloren. Zunehmend rücken „Softskills“ auf der Prioritätenliste von Arbeitgebern nach oben, die vor zehn Jahren höchstens in Grundschulzeugnissen standen. Aber ja, Unternehmen wollen heute Talente, die neugierig durch die Welt gehen wie entdeckungsfreudige Kinder! Neugier ist eine der Top-Kompetenzen, die den Mitarbeiter dazu befähigen, die schnellen Veränderungsprozesse durch die Digitalisierung bestmöglich zu bewältigen und den entscheidenden Vorteil für Unternehmen zu bringen.

 

Diese Kompetenzen sind in Zeiten der Digitalisierung gefragt:

  • Entwicklungsbereitschaft: So schnell wie neue IT-Tools auf den Markt kommen, so schnell können sich auch Arbeitsprozesse in technologiegetriebenen Unternehmen verändern – in manchen Bereichen halbjährlich. Facharbeiter konnten früher ihre in der Ausbildung erworbenen Fertigkeiten fast ein ganzes Arbeitsleben lang anwenden. Heute ändern sich die Anforderungen in viel schnelleren Zyklen. Daher ist die Bereitschaft, diese schnellen Entwicklungen mitzugehen, Veränderungen positiv anzunehmen und sich in neue Bereiche schnell einarbeiten zu können, eine zentrale Kompetenz für Unternehmen. Stichwort: Lebenslanges Lernen!

 

  • Lösungsorientiertes Denken: Das Verhältnis zwischen Führungskraft und Mitarbeiter ändert sich im Zuge der Digitalisierung und der dezentralen Arbeit ebenfalls. Wenn ein Problem auftritt, an die Tür des Chefs zu klopfen und ihn zu fragen, wie es gelöst werden kann – diese Form der Obrigkeitshörigkeit ist in der modernen Arbeitswelt theoretisch nicht mehr vorgesehen. Führungskräfte werden zu Managern ihres Teams und unterstützen den Mitarbeiter dabei, eigenständig und autark Projekte bearbeiten zu können. Mitarbeiter, die in diesem Arbeitsverhältnis nicht gleich vor dem ersten Problem kapitulieren, sondern kreative Wege suchen, um neue Lösungen zu finden, sind heute gefragt!

 

  • Kritisches Denken: Mit dem sich wandelnden Verhältnis zwischen Führungskraft und Mitarbeiter wird auch die Fähigkeit Dinge zu hinterfragen immer wichtiger. Typische Ja-Sager, die blind Befehle von oben ausführen, bringen Unternehmen nicht mehr weiter. Den Unterschied zwischen Fortschritt und Stillstand machen mitdenkende Mitarbeiter. Wollen Unternehmen nur noch Leute, die alles kritisieren? Nein, das sicher auch nicht. Eine gute Mischung aus positiver Kritik und konstruktiven Verbesserungsvorschlägen garantiert Erfolg.

 

  • Emotionale Intelligenz: In dieser Hinsicht werden uns Maschinen nie das Wasser reichen können! Daher wird emotionale Intelligenz, also die Fähigkeit, die Bedürfnisse anderer Menschen zu erkennen und adäquat darauf zu reagieren, zu einem der Top Skills in naher Zukunft werden. Empathiefähigkeit spielt dabei ebenso eine Rolle wie das Wahrnehmen und Kontrollieren eigener Emotionen. Für die Besetzung von Führungspositionen wird die emotionale Intelligenz bereits jetzt als wichtiger erachtet als der Intelligenzquotient.

 

  • Selbstorganisation: Homeoffice, Telearbeit, Mobile Working, flexible Arbeitszeiten – die Freiheiten, die Mitarbeiter von ihren Unternehmen zur Gestaltung ihrer Arbeit erhalten werden immer größer. Was zählt sind die Ergebnisse. Wann und wo diese Ergebnisse erarbeitet werden, rückt immer weiter in den Hintergrund. Diese Freiheiten bringen viele Vorteile für den Einzelnen mit sich, doch verlangen sie auch ein Höchstmaß an Selbstorganisation und Selbstdisziplin. Ein Beispiel: Wenn man sich die Freiheit gönnt, bei Badewetter das Büro mittags zu verlassen, muss man auch die Disziplin aufbringen, sich abends zu Hause nochmals hinzusetzen und konzentriert zu arbeiten.

 

  • Priorisierung: Die Aufgaben-Taktung in Unternehmen wird durch die beschleunigten Prozesse immer höher. Das erfordert auch andere Methoden der Bearbeitung. Wer nach dem Motto „eins nach dem anderen“ arbeitet, wird schnell das Licht am Ende des Tunnels nicht mehr sehr. In agilen Projektmanagement-Tools wie „Scrum“ arbeiten viele Mitarbeiter an vielen Projekten gemeinsam in unterschiedlichen Zyklen und verschiedenen Rollen. Eine Priorisierung von Aufgaben ist dem System immanent. Doch auch abseits agiler Projektarbeit müssen Mitarbeiter bei einer Vielzahl von Aufgaben zwischen dringenden und weniger dringenden, kurzfristigen und langfristigen sowie zwingend notwendigen und obligatorischen Erledigungen priorisieren und gegebenenfalls auch einmal etwas ablehnen können!

 

  • Neugier: Während der Begriff unter “Erwachsenen” auch eine negative Konnotation als Sensationslust erfahren hat, stellen sich Recruiter aktuell darunter vor allem aufgeschlossene Talente vor, die den Mut haben, neue Wege zu gehen, sich auf Innovationen einzulassen und positiv auf Veränderungen zuzuschreiten. Das muss nicht zwangsläufig im technologischen Bereich sein. Das kann sich z.B. auch auf Lebens- und Arbeitsmodelle beziehen oder auf Konsum- und Dienstleistungstrends. Wie eingangs beschrieben: Sich eine kindliche Neugier zu erhalten gilt heutzutage nicht als unreif sondern als fortschrittlich.

 

Diese Kompetenzen spielen nicht nur bei der Suche neuer Talente für Unternehmen einen große Rolle, sondern auch bei der Weiterentwicklung von bestehenden Mitarbeitern. Die Unternehmen, die das Memorandum für Frauen in Führung unterschrieben haben, nehmen sich in diesem Jahr schwerpunktmäßig dem Thema “Talente” an und beleuchten es in regelmäßigen Kompetenzforen in allen Facetten – vom Recruiting, über die Entwicklung, und dem Management bishin zur langfristigen Bindung. Ihre Antworten, konkrete Praxisbeispiele sowie wissenschaftliche Erkenntnisse rund um diesen Themenkomplex, finden sich im Laufe des gesamten Jahres immer wieder hier auf dem Blog.

Das Memorandum für Frauen in Führung ist ein Zusammenschluss 18 namhafter Unternehmen, die sich gemeinsam den Anforderungen der Zeit stellen und sich gegenseitig dabei unterstützen, innovative, flexible, gendergerechte und damit attraktive und zukunftssichere Arbeitgeber zu bleiben.

 

Autorin: Julia Schmid

Was ist eigentlich genau mit dem Begiff “Talent” gemeint? Wer ist ein Talent und wie werde ich eins. Das erfahrt ihr in diesem Blogbeitrag:

Was ist eigentlich dieses „Talent“?


Der Vorstandsvorsitzende der Bayerischen Versorgungskammer, Daniel Just, schildert im Interview, was moderne Arbeitgeber ihren Top-Talenten heute bieten müssen:

„Erst durch Individualität entsteht ein runder Mensch“ – Vorstandsgespräch mit Daniel Just, BVK

Digital Leadership am Beispiel des BR

Die immer schneller voranschreitende und komplexe Digitalisierung stellt viele Organisationen vor große Herausforderungen. Was früher einmal galt, gilt heute nicht mehr. Komplette Strukturen und Prozesse verändern sich. Wie soll in dieser Welt eine moderne Führungskultur aussehen? Was müssen Führungskräfte leisten? Wie können sie ihre Mitarbeiter stabil durch diese Zeiten lenken?

 

Moderator Thorsten Otto im Gespräch mit Prof. Birgit Spanner-Ulmer
Moderator Thorsten Otto im Gespräch mit Prof. Birgit Spanner-Ulmer

Auch der Bayerische Rundfunk stellt sich diesen Fragen und hat für sich schon einige Antworten gefunden. Bei einer Abendveranstaltung unter dem Topic „Digital Leadership“ gewährte Prof. Birgit Spanner-Ulmer, Direktorin der Produktions- und Technikdirektion des BR, unter der Moderation von Thorsten Otto (bekannt aus der Talkshow „Mensch, Otto!“ auf Bayern 3) am 5. Oktober 2017 Einblicke in die interne Praxis und ließ allen am Cross Mentoring München beteiligten Unternehmen an den – oft sehr gleichgearteten – Herausforderungen teilhaben.

 

 

 

Was sind die Herausforderungen?

 

Was genau meint „Digital Leadership“? Worin besteht der Unterschied zum Führen nach alter Schule? Und weshalb liegt das Augenmerk gerade auf dem digitalen Wandel? Prof. Spanner-Ulmer erklärt im Gespräch, dass aufgrund des großen Technik- und Kulturwandels, Führen anspruchsvoller und intensiver geworden ist. Die Aufgaben denen Führungskräfte begegnen sind mannigfaltiger geworden. Es muss immer schneller agiert werden. Viele Projekte unter einen Hut zu bringen, sieht Prof. Spanner-Ulmer als größte Herausforderung des Führens im digitalen Wandel.

               

Großer Druck entsteht durch äußere Einflussfaktoren. Im BR zeichnen sich diese durch sinkende Zuschauer- und Zuhörerzahlen in Fernsehen und Hörfunk aus sowie einer Entfremdung der jüngeren Zielgruppe. Konkurrenz droht durch Netflix, Amazon und Co. Bei gleichen Ressourcen muss ein größeres Online-Angebot geschaffen werden, um möglichst viele Menschen zu erreichen. Der BR setzt zunehmend auf Trimedialität.

 

Eine weitere Veränderung, die die Digitalisierung mit sich bringt, ist dass immer mehr Aufgabenbereiche durch Roboter übernommen werden – auch im Rundschaustudio des BR. Diese Automatisierung darf aber nicht negativ als Ersatz für den Menschen betrachtet werden, Menschen wird man immer brauchen, sondern als Entlastung und als wichtige Chance um dem demografischen Wandel und Fachkräftemangel Herr zu werden.

 

Großes Publikum bei der Abendveranstaltung im Bayerischen Rundfunk
Großes Publikum bei der Abendveranstaltung im Bayerischen Rundfunk

Aufgrund der raschen technischen Entwicklungen, wird es immer schwieriger langfristig zu planen – das macht auch Führen schwierig. In Zeiten unklarer Zukunftsvisionen rät Prof. Spanner-Ulmer, agil zu agieren und das Ziel immer Stück für Stück zu fokussieren. Agiles Führen beinhaltet, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern keine vollkommene Planungssicherheit vermitteln zu müssen. Gleichzeitig werden Führungskräfte aber mit dem Wunsch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach vollkommener Sicherheit und Planbarkeit konfrontiert. Es bestehen viele Zukunftsängste und Unsicherheiten, insbesondere bei den immer größer werdenden Aufgabenanforderungen und damit einhergehenden veränderten Berufsbeschreibungen. Ein Kameramann beispielsweise ist heute nicht lediglich für das Bild verantwortlich, sondern auch für Ton und Schnitt. Frau Prof. Spanner-Ulmer erläutert, dass die Schwierigkeit darin besteht, alle Beschäftigten gleichermaßen in diesem Prozess mitzunehmen.

 

Wie kann den Herausforderungen  begegnet werden?

 

Dies kann beispielsweise in Mitarbeiterbeteiligungsrunden geschehen, die wie eine Art World-Café funktionieren. Man erfährt direkt was die eigenen Mitarbeiter beschäftigt, kann umgehend darauf reagieren geben und Präsenz zeigen. Durch technische Neuerungen können sich gesamte Work-Flows verändern und neue Zusammenarbeitsräume entstehen.

 

Gleichzeitig betont sie, dass auch Mitarbeiter sich verändern müssen. Diese Veränderung ist einerseits eine Herausforderung, kann andererseits auch als Chance betrachtet werden. Mitarbeitern, die mit Veränderungsprozessen hadern, muss dafür Zeit gelassen werden und sie brauchen positive Erfahrungen, die ihnen zeigen, dass sie nicht überflüssig werden, sondern im Gegenteil ihre Stärken in Zukunft noch effizienter einbringen können. Um Entwicklung und Innovation voranzutreiben, ist es maßgebend, eine gesunde Fehlerkultur zu schaffen. So fühlen sich Mitarbeiter eher animiert etwas auszuprobieren.

 

Digitalisierung ist mit jungen Menschen einfacher gestaltbar, weil sie mit der rasanten technischen Entwicklung aufgewachsen sind und eher offen für Neuerung sind. Daher betont Prof. Spanner-Ulmer, dass es weiterhin essentiell ist in Ausbildung zu investieren. Um junge Leute zu gewinnen, müssen Anreize gesetzt werden, die ihren Bedürfnissen stärker entsprechen – bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch flexiblere Arbeitszeiten oder einen Betriebskindergarten.

 

Das A und O bleibt Qualität

 

Auch mit den vielen Veränderungen im Zuge der Digitalisierung, steht die Qualität im Mittelpunkt – so Prof. Spanner-Ulmer. Der BR hat beispielsweise eine eigene Einheit für die Verifikation von Inhalten zur Bekämpfung von Fake News gebildet. Gleichzeitig betonte sie, dass die Qualitätsansprüche individuell angepasst werden müssen. Für eine Schnellberichterstattung reicht beispielsweise oft auch eine iPhone -Kamera aus.

 

All diesen komplexen Anforderungen gleichermaßen gerecht zu werden, ist eine große Herausforderung. Es gilt eine Balance zu finden, zwischen vorne mit dabei sein und die eigenen Mitarbeiter nicht zu überfordern. Die Technik treibt jeden vor sich her, da sie immer ein paar Schritte voraus ist. Als wahre Triebfeder dient der Anspruch auch in Zukunft relevant zu sein. Ein effizienteres Arbeiten und eine Bündelung von Know-How sind essentiell in stürmischen Zeiten wie diesen. Wie Frau Prof. Spanner-Ulmers persönliches Geheimrezept um die eigene Energie in diesen stürmischen Zeiten hochzuhalten lautet? Viel Schlaf, Essen, Spaß an der Arbeit und ein tolles Team.

 

Autorin: Sarah Brehmer

 

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit moderner Führungskultur:

Was heisst führen heute?

 

Und in diesem Interview geht’s um die besondere Situation, in der sich Frauen in exponierten Positionen wiederfinden:

Das Token-Phänomen: Führungsfrauen unter Beobachtung