Mutmacher.in für Dual Career

Zwei Karrieren in einer Familie – für die Meisten nicht umsetzbar, wenn ein Kind im Spiel ist. Zu groß der organisatorische Aufwand, zu hoch das Risiko, wenn einer mal nicht funktioniert. Häufig etabliert sich dann doch der leichtere Weg: Einer steckt zurück und investiert mehr Arbeit in die Familie – meistens die Frau -, der andere konzentriert sich verstärkt auf den Job und fungiert als Haupternährer – meistens der Mann. „Sicher wäre es entspannter, wenn ich nur am Vormittag arbeiten würde. Aber dann wäre ich nicht zufrieden – das weiß auch mein Mann“, sagt dagegen unsere mutmacher.in Stephanie Vischer und ist der beste Beweis, dass es funktionieren kann, wenn beide Elternteile eine Karriere verfolgen.

 

Stephanie Vischer ist Abteilungsleiterin Immobilien Management bei der Bayerischen Landesbausparkasse (LBS Bayern), ihr Mann Abteilungsleiter in der Baustoffindustrie. Von ihrer „Dual Career“ erfuhren wir 2009, als Stephanie Vischer als Mentee an unserem Cross-Mentoring Programm für Führungskräfte teilnahm. Ihre Verantwortung im Unternehmen ist seitdem gewachsen und ihr Familien-Job-Konstrukt hat sich gefestigt. Wie das geht? „Es gehört eine gewisse Belastbarkeit dazu, extreme Organisation. Und ein Partner auf Augenhöhe, der damit umgehen kann. Der Haushalt ist geteilt, die Kinderbetreuung ist geteilt. Das ist reine Einstellungssache, aber es müssen halt beide mitziehen“, erzählt Stephanie Vischer im Gespräch mit dem Memorandum für Frauen in Führung.

 

Seit der Fusionierung zweier Abteilungen verantwortet sie das gesamte Immobilien Management der LBS Bayern. Und das in Teilzeit mit 80%! Mit einem Tag Homeoffice und einem freien Tag pro Woche, bleibt ihr trotz Führungsverantwortung Zeit für ihren Sohn. Genug Zeit? „Natürlich fragt man sich, ob man genügend Zeit mit dem Kind verbringt. Darauf habe ich die Antwort noch nicht gefunden – sage ich ganz ehrlich“, gesteht sie, aber fügt hinzu: „Ich habe schon das Gefühl, dass ich alles Wichtige in seinem Leben miterlebe, gerade durch meinen freien Tag und Homeoffice. Auch durch meinen Mann, der mir alles im Detail erzählt. Ich sehe es eher so: Ich nutze dafür die Zeit, die ich mit meinem Sohn habe intensiver.“

 

Ihr Mann stockte nach einem Jahr in Teilzeit wieder auf 100% Arbeitszeit auf, aber ist durch flexible Arbeitszeiten, eigener Terminplanung und der Möglichkeit zu Homeoffice nach wie vor die zweite tragende Säule im Hause Vischer. Die Kinderbetreuung nach Kindergarten- bzw. mittlerweile Hortschluss ist gleichberechtigt verteilt: „2 Tage ist er zuständig, 2 Tage bin ich zuständig, 1 Tag managen wir in Abstimmung.“ Diese Flexibilität musste sich ihr Mann im Unternehmen erst erkämpfen. Ein wichtiges Thema, findet Stephanie Vischer, denn „der Fokus wird immer sehr auf die Frau gelegt, Kind und Karriere vereinbaren zu können. Mein Mann hat damals genau wie ich einen Antrag auf zwei Jahre Teilzeit in Elternzeit gestellt und für seine Firma – ein großes Unternehmen – war es ein komplett neues Thema, dass ein Mann diesen Weg geht. Es besteht generell noch großer Entwicklungsbedarf, dass Männer die gleichen Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Kind und Karriere bekommen wie die Frauen.“

 

Mittlerweile läuft bei ihrem Mann die Vereinbarkeit von Job und Kinderbetreuung reibungslos und Stephanie Vischer hat sich als zuverlässige Führungskraft bei der LBS Bayern etabliert. Eine Führungskraft, der es nie um Karriere für jeden Preis ging, sondern stets um spannende Aufgaben. Aus diesem Grund hat Stephanie Vischer auch keine Angst vor Karriereeinbußen, wenn sie offen bei ihrem Arbeitgeber Probleme anspricht – so wie vor ca. einem Jahr, als sie bemerkte, dass sie an ihre Grenzen gerät: „In vielen Gesprächen mit der Bereichsleitung haben wir eine Lösung gefunden und unter anderem entschieden, meine Abteilung Umzustrukturieren und mein Team aufgrund der Vielzahl und Komplexität der Themen mit zusätzlichen Mitarbeitern aufzustocken.“ Eine offene Gesprächskultur im Unternehmen ist für Stephanie Vischer ein wichtiges Kriterium für einen attraktiven, familienfreundlichen Arbeitgeber.

 

Und was rät die Abteilungsleiterin anderen Frauen, die sich fragen, wie sie Karriere mit Kind am besten angehen könnten? „Ich glaube, es hilft als Frau zielgerichtet an das Thema Elternzeit ran zu gehen und die Rückkehr genau festzulegen. Ich finde es immer fatal, zu sagen: ich geh jetzt mal für ein oder zwei Jahre in Elternzeit. Ich beobachte, dass viele den Weg zurück nicht mehr finden bzw. finden wollen oder zumindest nicht mehr in dem Umfang. Frühere Abteilungsleiterinnen oder Mitarbeiterinnen mit Projektverantwortung sind jetzt in einfacheren Aufgaben unterwegs. Das finde ich schade.“ Deshalb beteiligt sich Stephanie Vischer an unserer mutmacher.in-Kampagne und trägt so dazu bei, dass sich in Zukunft vielleicht noch mehr Mütter mit Potential eine Führungsposition zutrauen, auch wenn sie keinen Hausmann zu Hause haben – sondern einen Partner auf Augenhöhe.

 

Autorin: Julia Schmid

 

Hier geht’s zu einer weiteren mutmacher.in

Mutmacher.in für Karriere und Familie


Das komplette Interview mit Stephanie Vischer findet ihr unter diesem Link:

Karriere-Talk mit Stephanie Vischer, LBS Bayern

Und hier gibt’s einen Beitrag über einen anderen LBS Bayern-Mitarbeiter – die Elternzeit aus männlicher Perspektive:

„Meine Work-Life-Balance stimmt“

Mutmacher.in für Erfolg im Job

Andrea Kemmer hat mit 24 Jahren nach dem Ingenieursstudium ihre berufliche Laufbahn bei KPMG begonnen und sich dort innerhalb von 10 Jahren in einem sehr männlich dominierten Umfeld zu einer der jüngsten Partnerinnen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hochgearbeitet. Sie kennt die Hürden und weiß welches Rüstzeug nötig ist, um Erfolg zu haben. Auf der herCAREER wird sie in dem von uns präsentierten KarriereMeetUp „Erfolg im Job – Karrieretipps für junge Frauen in der Beraterbranche mit Do’s and Don’ts auf dem Weg nach oben“ den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wichtige Informationen und Tipps über eine Karriere in der Beraterbranche weitergeben. Das KarriereMeetUp findet am Freitag, den 13.10.2017, von 11 bis 12 Uhr auf der ausgeschilderten Fläche gegenüber des Haupteingangs statt.

 

Was ist denn der wichtigste Karrieretipp, den Sie in Ihrer Laufbahn gelernt und umgesetzt haben?

Drei Prinzipien versuche ich immer zu beherzigen: Geben und Nehmen ist gleich wichtig, die eine Hand wäscht die andere und man arbeitet besser zusammen als gegeneinander. Ich setze mich durch mit Humor und Empathie, manchmal auch mit ein wenig Selbstironie – und man sollte  nicht alles persönlich nehmen.

 

 Wie wichtig sind Mentoren oder Unterstützer an der Seite?

Sie sind essentiell wichtig! Jeder Mensch braucht Rat oder einen Sparringspartner. Mentoren zu finden, das kann man aber nicht erzwingen – die kommen einfach… Ich muss aber gestehen, dass weibliche Vorbilder für mich eigentlich keine große Rolle gespielt haben, sondern dass ich so erzogen wurde, dass jeder Mensch unabhängig vom Geschlecht mit der richtigen Motivation das tun kann, was er oder sie möchte.

 

Gab es schon in Ihrer Kindheit eine Frau, die Ihnen Mut gemacht hat?

Mut machen mir die Frauen in meinem engen Umfeld und Freundeskreis, die allein ihrem individuellen und sehr unterschiedlichen Feldern sehr erfolgreich sind. Wir unterstützen und fördern uns gegenseitig.

 

Wie gehen Sie heute damit um, als eine von immer noch relativ wenigen Frauen in so exponierter Position zu stehen?

Ich lasse mich nicht davon beirren, wenn komische Sprüche kommen oder ich das Gefühl habe nicht ernst genommen zu werden. Schon früh habe ich mir angewöhnt, mich von solchen Situationen nicht verunsichern zu lassen, das kann man richtig üben. Ich sage stattdessen meine Meinung und diskutiere mit. Ich möchte mir über Kompetenz und kollegiale Zusammenarbeit Respekt erarbeiten.

 

Was muss passieren, damit es mehr Frauen wie Sie in die oberste Führungsriege schaffen?

Wir Frauen müssen uns trauen! Ich bin der Überzeugung, dass Frauen alles erreichen können was sie wollen. Wichtig dafür sind Mut und Selbstbewusstsein. Pauschal eine Führungsposition zu fordern, weil man eine Frau ist, ist für mich nicht der Weg – die Kollegen in der täglichen Arbeit davon überzeugen, dass man gute Ideen und Impulse hat und dann auch zum richtigen Zeitpunkt einmal fordern und zur eigenen Karriere Klartext reden, das erfordert Mut und mehr Vertrauen in sich selbst.

 

Das Interview ist ebenfalls auf der Homepage der herCAREER erschienen.

 

In einem weiteren KarriereMeetUp könnt ihr euch mit Dr. Maike Kolbeck austauschen:

Mutmacher.in für Karriere und Familie

 

Und hier findet ihr ein Interview mit einem anderen KPMG-Mitarbeiter:

„Elternzeit ist kein Karrierehemmnis“

Mutmacher.in für Karriere und Familie

Nächste Woche ist es zum 3. Mal so weit: Die herCAREER wird zum Place-to-be für alle berufsinteressierten Frauen – Männer sind selbstverständlich auch herzlich willkommen! Am 12. und 13. Oktober dreht sich bei der Messe im MTC München wieder alles um die Karriereplanung aus weiblicher Perspektive.

 

Mit dem Memorandum für Frauen in Führung sind wir Kooperationspartner der Messe und neben 190 anderen Unternehmen mit einem Stand vertreten. Dieses Jahr steht bei uns alles unter dem Motto “Mutmacher.in”. In drei KarriereMeetUps bieten wir einen exklusiven Austausch mit spannenden Top-Frauen, die mit ihrer Geschichte Mut machen, sich mehr zuzutrauen.

 

Eine davon ist Dr. Maike Kolbeck, Referatsleiterin Unternehmenskommunikation und Pressesprecherin der Bayerischen Versorgungskammer (BVK). Sie hat zwei Kinder und eine Führungsposition. Während ihrer ersten Schwangerschaft wurde sie bei der BVK befördert und konnte danach mit flexiblen Arbeitsmodellen ihre Position stetig ausbauen. Bei unserem MeetUp „Augen auf bei der Arbeitgeber- und Partnerwahl!“ auf der herCAREER am 12.10.2017 von 11Uhr bis 12Uhr spricht sie über die Bedeutung der Arbeitgeberwahl und der Rolle des Partners bei der Vereinbarkeit von Karriere und Familie und gibt ihre Erfahrungen weiter.

 

Welche Bedeutung hat die Partnerwahl für die Karriere einer Frau? Wie hat ihr Partner sie unterstützt?

Dr. Maike Kolbeck: Es mag banal klingen, aber jeder Partner muss, wenn ihm der berufliche Erfolg des anderen ebenso wichtig ist wie der eigene, eben auch im Beruf zurückstecken. Das kann der (Mit-)Umzug in eine neue Stadt sein, wo die Partnerin einen aussichtsreichen Job annimmt, eine Station im Ausland sein oder eine anspruchsvolle Weiterbildung abends oder am Wochenende.

Richtig bemerkbar macht sich das aber oft erst, wenn ein Paar Kinder bekommt. Wenn man ganz ehrlich mit sich selber und seinen beruflichen wie privaten Ansprüchen ist, lassen sich eine Elternschaft, wie sie uns tradierte Rollenbilder nahelegen, und Karriere der Mutter nicht vereinbaren. Der Tag hat nur 24 Stunden. Also muss man als Paar besprechen, wie sich beide die Elternrolle vorstellen und wie die mit den beruflichen Ambitionen und Erfordernissen in Einklang gebracht werden könnte.

Für meinen Mann und mich war klar, dass wir uns im Beruf weiterentwickeln wollen und zugleich Zeit für unsere Kinder haben wollen. Er ist, genau wie ich, als Elternteil für die Kinder verantwortlich und berufstätig. Von beidem machen wir zeitliche Abstriche, jeder etwa gleich viel. Dafür tragen wir die finanzielle Verantwortung für die Familie aber auch gemeinsam und die Kinder haben von beiden Elternteilen etwas – das ist der große Gewinn für uns alle. Außerdem hat sich mein Mann schon vor Jahren bewusst einen Beruf gesucht, der (auch) familientauglich ist. Für manche Männer wäre das wohl eher ungewöhnlich.

 

Karriere mit Kind – wie geht das? Wie hat das bei Ihnen funktioniert?

Ich persönlich glaube, dass nur eine zeitige Rückkehr in den Job, die bereits lange vor der Geburt gut mit dem Arbeitgeber geplant und schriftlich (das halte ich für sehr wichtig!) fixiert ist, weiterhilft. Dass man am Kontakt hält, ggf. auch trotz (oder mit) Baby eine wichtige Fortbildung mitmacht. Ich habe das alles gemacht (und das auch sehr gerne) und denke, es war auch für meinen Vorgesetzten und das Team eine große Hilfe zu wissen, wann und mit wie vielen Stunden ich wiederkomme und dass meine Aufgaben nur für ein paar Monate umverteilt werden mussten.

Und es ist – zumindest wenn man wie wir ohne Großeltern und Co. auskommen muss –  eine Vereinbarungsfrage mit dem Partner. Für uns hat es so funktioniert: Beim ersten Kind hat mein Partner seine zwei Vätermonate dafür genutzt, dass ich früh in den Job zurückkehren konnte. Auch beim zweiten Kind war ich nach fünf Monaten wieder im Büro, zunächst nur zwei Tage in der Woche und zwei halbe Tage im Homeoffice. Unterm Strich war immer einer von uns tageweise im Büro, der andere mit Baby zuhause. Auch heute teilen wir uns ziemlich gleichmäßig auf. Das bedeutet aber, es kann immer nur einer eine Abendveranstaltung oder einen späten Termin wahrnehmen und immer nur einer auf Dienstreise gehen. Und das muss man nicht nur mit dem Partner aushandeln, sondern auch den Vorgesetzten und Kolleginnen und Kollegen klarmachen. Es bedeutet aber auch, dass derjenige von uns, der früh zuhause ist und den Nachmittag mit den Kindern verbringt, abends oft nochmal anfängt zu arbeiten.

 

Welche Rolle hat dabei Ihr Unternehmen gespielt bzw. Ihre Vorgesetzten?

Ich denke, ich hatte sehr viel Glück mit meinen Vorgesetzten. Generell ist mein Arbeitgeber ohnehin sehr familienfreundlich, es gibt eine Menge flexibler Angebote für diesen anspruchsvollen Spagat. Aber Vorgesetzte und Teammitglieder müssen diese – wenn auch befristeten – planerischen Mehraufwände eben in der Praxis auch auf sich nehmen wollen. Ich habe sehr viel Unterstützung und sehr viel Wohlwollen erlebt. Vor allem aber bekam ich auch einen großen Vertrauensvorschuss mit meiner Beförderung wenige Monate nach der Geburt unseres ersten Kindes. Das freut und beeindruckt mich noch heute, und es macht extrem loyal dem Arbeitgeber gegenüber. Aber ich habe eben auch an mein Team, meinen Vorgesetzten und meinen Job gedacht bei der Gestaltung der Elternzeit und eine Lösung angeboten, die aus Arbeitgebersicht sicher sehr positiv war. Und ich konnte mich auch auf Kolleginnen und Kollegen verlassen, die meine Ausfallzeiten aufgefangen haben. Im Idealfall kann man sich guten Gewissens in Mutterschutz und Elternzeit verabschieden, weil es auch ohne einen läuft. Das war bei mir so und dafür bin ich sehr dankbar.

 

Gibt es etwas, was Frauen tun können, damit die Schwangerschaft nicht das Ende ihrer Karriere bedeutet? Bzw. wie können sie dem vielleicht vorbeugend entgegenwirken?

Zum Thema Partnerwahl: Am besten vor der Familiengründung mit dem Partner explizit abklären, wie beide Familie und Beruf leben wollen; und das dann, falls nötig, auch gegen Widerstände durchsetzen. Bei dem Hinweis  “In meinem Job geht das aber nicht” sollte man sehr hellhörig werden. Hat schon jemals eine werdende Mutter diesen Satz zum Vater des Kindes gesagt?

Mit dem Arbeitgeber sollte man ebenfalls schon früh eine konkrete Absprache treffen, wann und mit wie viel Zeitanteil man zurückkehren wird. Ich persönlich glaube, dass nur eine zeitige Rückkehr und eine eher vollzeitnahe Arbeitszeit hilft, beruflich weiter voranzukommen. Es gibt nun mal Situationen, in denen man seine Expertise und Meinung vertreten sollte, und die kommen eben auch nach 14, 15 Uhr vor.

 

Wie können Frauen kinderfreundliche Arbeitgeber schon bei der Bewerbung erkennen?  Wonach sollten sie fragen?

Das ist sicher nicht leicht zu erkennen. Hilfreich könnte es aber sein, den externen Auftritt gezielt nach Hinweisen auf diese Themen zu durchforsten: Trägt der Arbeitgeber bestimmte Labels, hat er bestimmte Zertifikate wie z. B. das Audit Berufundfamilie? Finden sich auf allen Führungsebenen Frauen, und haben die Kinder? Oder nehmen die Frauen überproportional zum gesamten Frauenanteil ab, je höher man in der Hierarchie schaut? Wie sieht es mit männlichen Führungskräften in Teilzeit aus? Wie ist die oberste Führungsriege besetzt? Gibt es Jobsharing? Ist das Unternehmen zum Thema Familie mal öffentlich in Erscheinung getreten, z. B. auf Messen oder in Fachartikeln? All das sollte man gründlich recherchieren, bevor man sich an einen Arbeitgeber bindet.

 

Welche Ihrer Eigenschaften haben am meisten dazu beigetragen, dass es bei Ihnen geklappt hat? Was war die wichtigste Erkenntnis, die Sie hatten?

Fachliche Expertise, Leidenschaft für das, was ich tue und die Bereitschaft, auch mal Opfer zu bringen. Das klingt jetzt vielleicht dramatisch; aber ohne Können kommt man so oder so nicht weit, und zumal als Führungskraft sollte man schon für seine Aufgaben brennen – oder sie zumindest sehr gerne machen. Sonst funktioniert das Thema “Opfer bringen” nicht. Denn wenn ich in meinen Job investiere, habe ich weniger Zeit für meine Familie und umgekehrt. Und einen weiteren Aspekt möchte ich betonen: Ohne die Unterstützung meines Teams und des Vorgesetzten klappt es auch nicht. Das vergisst man gern, aber gute berufliche Leistungen sind immer auch Gemeinschaftsleistungen.

 

Welche Bedeutung hatten oder haben für Sie Vorbilder?

Ich hatte keine für die Frage, wie es mit Kindern und Karriere gehen kann. Traurig, aber wahr. Ich wusste nur, was ich nicht wollte: Nach der Elternzeit die mühsam aufgebaute Position im Unternehmen wieder zurückerobern oder in die Teilzeitfalle rutschen. Und mein Mann wollte als Vater präsent sein.

Dabei wäre es so wichtig, ein bisschen mehr darüber zu erfahren, wie es andere Frauen und Männer gemeistert haben, trotz Familie beruflich am Ball zu bleiben – und umgekehrt. Daher liegt mir das Thema am Herzen; vielleicht finden junge Frauen unser Modell ja hilfreich.

 

Auch Sie sind als Frau in einer Führungsposition Vorbild und Inspiration für andere  – was möchten Sie anderen Frauen gerne mitgeben?

Eine Familie zu gründen ist – zumindest für Frauen – beruflich leider nicht hilfreich. Dessen sollte man sich erstmal bewusst sein. Es funktioniert meiner Meinung nach dann gut, wenn beide Partner die Herausforderungen dieser beiden Rollen gleichmäßig tragen. Dann schafft man eher den Spagat zwischen dem Zeitanspruch, den die meisten Jobs mit sich bringen, und einer erfüllenden Mutter- und Vaterrolle.

Und, nicht zuletzt, egal ob mit Familienpflichten oder ohne: Richtig gute Arbeit abliefern und dafür sorgen, dass sie gesehen wird – und für dieses Selbstmarketing auch die nötige Zeit investieren.

 

Dieses Interview ist in Auszügen auch auf der Homepage der

herCAREER erscheinen: http://www.her-career.com/maike-kolbeck/

 

Weitere Interviews mit Führungsfrauen der BVK:

Karriere-Talk mit Birgit Derks, BVK

Das Token-Phänomen: Führungsfrauen unter Beobachtung

Gemeinsam mutig sein auf der HerCareer 2017

Nächste Woche ist es zum 3. Mal so weit: Die herCAREER wird zum Place-to-be für alle berufsinteressierten Frauen – Männer sind selbstverständlich auch herzlich willkommen! Am 12. und 13. Oktober dreht sich bei der Messe im MTC München wieder alles um die Karriereplanung aus weiblicher Perspektive.

 

Mit dem Memorandum für Frauen in Führung sind wir Kooperationspartner der Messe und neben 190 anderen Unternehmen mit einem Stand vertreten. Dieses Jahr steht bei uns alles unter dem Motto “mutmacher.in”

 

In drei KarriereMeetUps bieten wir einen exklusiven Austausch mit spannenden Top-Frauen, die mit ihrer Geschichte Mut machen, sich mehr zuzutrauen:

  • Donnerstag, 12.10.2017, 11:00 Uhr:  MeetUp mit Dr. Maike Kolbeck, Referatsleiterin Unternehmenskommunikation und Pressesprecherin der Bayerischen Versorgungskammer zum Thema “Augen auf bei der Arbeitgeber- und Partnerwahl” – wenn ihr vorab mehr über Dr. Maike Kolbeck erfahren wollt, hier geht’s zum MFF-Interview mit der Zweifach-Mama: Dr. Maike Kolbeck
  • Donnerstag, 12.10.2017, 16:00 Uhr: MeetUp mit Katharina Heininger, Sachgebietsleitung SAP-Anwendungen der GEWOFAG Holding GmbH zum Thema: “Wir brauchen Mutmacherinnen – Ein Beispiel zum Nachmachen!”
  • Freitag, 13.10.2017, 11:00 Uhr: MeetUp mit Andrea Kemmer, Partnerin im Bereich Consulting Financial Services bei KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zum Thema: “Erfolg im Job – Karrieretipps für junge Frauen in der Beraterbranche”

 

Darüber hinaus starten wir auf der Messe auf unserer Facebook-Seite mutmacher.in eine Mutmacher-Aktion bei der ihr alle mitmachen und einen tollen Preis gewinnen könnt – eine ganz persönliche MENTORIN! Und als Dankeschön fürs Mitmachen gibt’s einen Coffe-to-go-Becher direkt auf die Hand.  Unser MFF-Stand befindet sich übrigens gleich gegenüber dem Haupteingang. Über uns erhaltet ihr einen Rabatt von 75% auf das Tagesticket. Bitte nutzt dafür diesen Link.

 

Und für alle, die sich für Mentoring interessieren, steht am Freitag MFF-Initiatorin und Cross Consult Geschäftsführerin Simone Schönfeld bei der Diskussion “Cross Mentoring – das Beste für ihre Karriere?!” auf der großen Bühne – 13.10.2017 von 12:15 Uhr – 13:00.

 

Autorin: Julia Schmid

Hier geht’s zu unseren mutmacher.in(nen)

 

Das waren unsere Auftritte bei der HerCAREER 2016:

Buchpräsentation „Clever aus der Abseitsfalle“

Karriere-Talk mit Marianne Both, BSH

Stereotype unter der Lupe

Das Token-Phänomen: Führungsfrauen unter Beobachtung

Die erste Fußball-Bundesliga startet morgen mit einem historischen Ereignis in die Saison: Bibiana Steinhaus wird als erste weibliche Schiedsrichterin in der Geschichte des deutschen Fußballs Spiele der obersten Liga leiten. Ein Porträt, das mit ihrer Berufung im Magazin der Süddeutschen Zeitung erschien, zeigt eindringlich, wie groß der Druck ist, der auf der DFB-Schiedsrichterin lastet. In dieser exponierten Position sind alle Augen auf sie gerichtet, jede ihrer Handlungen erhält eine andere Öffentlichkeit als die eines männlichen Schiedsrichters. Der beste Beweis: Als die 38-Jährige vor wenigen Tagen – am 12. August 2017 – das erste Pokalspiel des FC Bayern München pfiff, spielte ihr Bayern-Star Franck Ribéry einen Streich und öffnete beim Freistoß ihre Schnürsenkel. Steinhaus blieb souverän, ließ das Spiel weiterlaufen und signalisierte Ribéry mit einem Schulterklopfer, dass sie sich von einem Lausbuben nicht aus der Ruhe bringen lässt. Zeitgleich entbrannte in den Medien und Sozialen Netzwerken schon ein Lauffeuer, in dem sich jeder Mensch mit Internet-Zugang eine Meinung über ihre Reaktion erlaubte.

 

Damit, dass jeder Handlung eine besondere Bedeutung zugeschrieben wird, kämpfen auch immer wieder Topfrauen aus der Wirtschaft. Erinnern wir uns an das Anfang 2017 öffentlich breit getretene Ausscheiden der einzigen Frau im VW-Vorstand, Christine Hohmann-Dennhardt, nach nur einem Jahr. Die Genderforschung spricht in diesem Zusammenhang vom „Token-Phänomen“ (Begriffsklärung folgt im nächsten Absatz). Christine Draws, 50, bekleidet als erste Frau seit über 20 Jahren eine stellvertretende Bereichsleiterfunktion bei der Bayerischen Versorgungskammer und leitet dort mit rund 90 Mitarbeitern eine der größten Abteilungen, die Abteilung für Betrieb und Recht bei der Bayerischen Ärzteversorgung. Wir wollten von ihr wissen, wie sie sich in dieser Vorreiter-Rolle fühlt, wie sie dem Druck standhält und welches Rüstzeug hilft, damit umzugehen. Nebenbei haben wir auch noch über Fußball gesprochen…

 

Das Token-Phänomen: Minderheiten fallen stärker auf – Frauen an der Spitze sind deshalb extrem sichtbar und erfahren viel mehr Aufmerksamkeit als ihre männlichen Kollegen. Entstehen aber Konflikte oder unterlaufen Fehler, wiegen diese ungleich schwerer. Sofort wird in der Öffentlichkeit oder im Unternehmen darüber spekuliert, ob sie mit ihrem Geschlecht zu tun haben und darauf geschlossen, dass Frauen für Leitungsfunktionen nicht geeignet sind. So entsteht Druck. Managerinnen spüren ihn sehr deutlich und arbeiten daher daran, Fehler zu vermeiden und Vorbild zu sein. Das Token-Phänomen ist häufig Ursache, wenn Frauen früher als männliche Kollegen aufgeben und sich zurückziehen, obwohl es keinen triftigen Grund dafür zu geben scheint. Mehr über das Token-Phänomen und die besonderen Herausforderungen für Frauen in Führungspositionen gibt’s im Buch Clever aus der Abseitsfalle.

 

Interessieren Sie sich für Fußball?
Ich habe eine Dauerkarte für die Heimspiele des FC Augsburg. Ich versuche so oft wie möglich mit einer Gruppe von Freunden in der Fankurve zu stehen. Da habe ich übrigens auch schon Frau Steinhaus als Schiedsrichter-Assistentin am Spielfeldrand stehen sehen.

 

Die erste Frau in der Geschichte der 1. Bundesliga, die ab nächster Saison nicht mehr nur am Rand stehen wird, sondern als Schiedsrichterin auf dem Platz agiert – wie finden Sie das?
Längst überfällig! Frau Steinhaus war groß in den Schlagzeilen, als ihr Pep Guardiola den Arm auf die Schultern gelegt hat – das sollte nicht als einziger Eindruck von ihr haften bleiben.

 

Eingefleischte Fußballfans fragen: Kann es nicht eine letzte Sache geben, bei der wir Männer unter uns bleiben können?
Das ist schon sehr übertrieben, immerhin reden wir hier nicht von Mixed Teams, sondern von der Brückeninstanz Schiedsrichter. Dann hätte sie der DFB erst gar nicht zur Schiedsrichter-Assistentin ernennen dürfen. Frauen nur die Hilfsjobs zu geben, würde uns ja fast schon ins Mittelalter zurückwerfen. Irgendwann wird es hoffentlich auch mal im Trainerstab Frauen geben.

 

Haben Sie diese separierende Haltung von Männern auch schon mal in ihrer Position als einzige weibliche stellvertretende Bereichsleiterin bei der BVK gespürt?
Bei der BVK hatte ich dieses Gefühl bisher nicht. Aber ich war einmal als einzige Frau zu einem Business-Abendessen eingeladen, auf das ein informeller Teil in lockerer Atmosphäre folgte. Als ich mich zu den Männergrüppchen stellte, merkte ich, dass sich manche nicht trauten, so weiterzureden wie zuvor. Ich sah ihnen die Irritation darüber, dass plötzlich eine Frau zu ihrem Kreis stößt, am Gesichtsausdruck an.

 

Wie haben Sie sich in dieser Situation gefühlt?
Ich habe das mit Interesse beobachtet und mich nicht unwohl gefühlt. Aber bis zum Schluss habe ich das dann doch nicht strapaziert und bin etwas früher nach Hause gegangen.

 

In der BVK ist der Führungsanteil von Frauen auf unteren Ebenen relativ hoch, im Vorstand ist trotzdem keine Frau vertreten. Sie sind die Ranghöchste Frau bei der BVK. Bekommen sie dadurch besondere Aufmerksamkeit?
Ich habe schon gemerkt, dass sich durch den Aufstieg die Aufmerksamkeit für meine Person gesteigert hat. Zum einen bei den Mitarbeitern, die mich ansprechen und mir positives Feedback geben. Zum anderen durch ein anderes Standing beim Vorstand. Ich fühle mich in meiner Arbeit wahrgenommen – das ist die positive Seite.

 

Gibt es auch eine negative?
Das ist der gleiche Ansatzpunkt: Wahrgenommen zu werden, heißt auch unter Beobachtung zu stehen. Ich reflektiere öfter als zuvor, wie ich mich in gewissen Situationen zu verhalte habe, wie ich in die vorhandenen Verhaltensmuster passe.

 

Wie groß ist der Druck, sich als Frau an Männergepflogenheiten anzupassen?
Ich möchte mich nicht zu sehr anpassen. Mann werden kann ich sowieso nicht, also bleibe ich bewusst Frau, bevor ich unauthentisch wirke. Man muss da seinen eigenen Weg finden, aber trotzdem versuchen, kompatibel zu bleiben und nicht allzu sehr anzuecken. Ich drücke mich zum Beispiel mit meiner Kleidung individuell aus. Ich habe schon immer gerne Farbe getragen und das ziehe ich nach wie vor durch. Während Männer uniform Anzug tragen, ziehe ich auch mal ein Kleid oder einen Rock mit auffälligen Mustern an.

 

Sie sagen „ohne zu sehr anzuecken“ – wann sind Sie angeeckt?
Das hat vermutliche jede Frau schon mal erlebt, dass sie in Diskussionen emotional wird und mit der Stimme nach oben geht und dafür diese Blicke bekommt – oh Gott, jetzt wird sie zickig. Darauf passe ich auf, Diskussionen ruhiger zu führen und auf die Stimme zu achten.

 

Werden Ihre Fehler anders wahrgenommen als die von ihren männlichen Kollegen?
Eher bin ich diejenige, die sich Fehler schwerer verzeiht, weil ich denke, andere würden den Rückschluss ziehen: den Fehler hat sie nur gemacht, weil sie eine Frau ist. Dabei wird das vermutlich gar nicht der Fall sein. Das Problem ist eher, dass man anders als Männer in hohen Positionen, zusätzlich noch die Aufgabe hat, sich ständig zu reflektieren – oder meint sich reflektieren zu müssen. Das Problem steckt wohl mehr in diesem Mechanismus als in der Kritik von außen.

 

Konnten Sie diese Probleme mit jemanden teilen?
Ich hatte Unterstützung von Vorgesetzten, die mich gefördert und mir Verantwortung übertragen haben. Aber mit gewissen Fragestellungen war ich – trotz Freunden und Kollegen – oftmals alleine bzw. ich musste Entscheidungen mit mir selbst ausmachen. Im Nachhinein betrachtet, hätte ich gerne einen Mentor gehabt. Deshalb habe ich mich zum Beispiel beim Mentoring-Programm „Promix“ der IHK engagiert und versucht, andere Frauen durch meine Erfahrungen zu unterstützen.

 

Was raten Sie ihren weiblichen Mentees?
Sie sollen sich nicht zu viele Gedanken darüber machen, wie und ob sie sich verändern müssen. Sie sollten Geduld haben und sich ein relativ dickes Fell zulegen. Frauen neigen oftmals dazu, sich vieles zu sehr zu Herzen zu nehmen. Das habe ich bei mir auch beobachtet und das ist auch nach wie vor präsent. Aber ich habe in dieser Hinsicht schon von Männern gelernt, kleine Rückschläge nicht so ernst zu nehmen.

 

Wie muss das Unternehmen aufgestellt sein, damit Frauen es nach oben schaffen?
Die BVK führt beispielsweise gerade ein neues Kompetenzmodell ein, um sich stärker und transparenter auf die tatsächlichen Anforderungen auszurichten. Ein Unternehmen braucht objektive Kriterien und Programme, die Frauen zu Führungspositionen ermutigen – wie zum Beispiel Mentoring. Ich werde von immer mehr Frauen angesprochen, die auf sich aufmerksam machen möchten. Da schlummert Potential, aber es ist tatsächlich noch enormer Ermunterungsbedarf da. Frauen sollten sich auf jeden Fall noch mehr gegenseitig unterstützen und ein Netzwerk aufbauen. Zudem kann nur so die Ausnahmesituation, von der wir gesprochen haben, relativiert werden.

 

Hat sich durch Ihre Berufung in die Bereichsleitung in der oberen Führungsetage etwas verändert?
Da fällt mir jetzt als erstes die Gesprächskultur ein, die sich – nicht durch mich alleine, sondern auch durch Frauen im erweiterten Führungskreis – verändert hat. Ausdrucksweisen werden überdacht. Der Umgang miteinander ist höflicher geworden, bewusster. Ich glaube, das wird auch von Männern als positiv empfunden – wenn vielleicht auch nur unterbewusst.

 

Kurve zur Fankurve: Glauben Sie, dass die Berufung von Frau Steinhaus auch den Jargon auf der Tribüne positiv beeinflussen kann?
Bei Schiedsrichter-Fehlern kommen schon sehr derbe Sprechchöre. Ich kann mir vorstellen, dass sich die Fans am Anfang noch etwas zurückhalten, aber mit der Euphorie auch die Beleidigungen wieder zunehmen – vielleicht dann in weiblicher Form. Das wird dann wahrscheinlich sehr schnell als normal empfunden werden.

 

Interview: Julia Schmid

 

Ein weiteres Interview mit einer Führungsfrau der Bayerischen Versorgungskammer findet ihr hier:

Karriere-Talk mit Birgit Derks, BVK

 

Und hier geht’s zu unserer Keynote zur Berufung von Bibiana Steinhaus:

Bibiana Steinhaus pfeift erste Liga – so what?

 

Mehr über das Thema Mentoring und Frauenförderung könnt ihr in diesem Beitrag nachlesen oder euch direkt zu Cross Mentoring über unsere Cross Consult-Homepage informieren:

Frauenförderung endet nicht bei den Frauen!