So entsteht ein Frauennetzwerk – am Beispiel der LVM Versicherung

Der Nutzen von Netzwerken ist unbestritten. Kontaktaufbau, Informationsbeschaffung, Weiterempfehlung, gegenseitige Unterstützung – das sind nur ein paar Schlagworte. Doch “Netzwerken ist kontinuierliche Arbeit”, sagen Susanne Flaute und Andrea Patten, Mitbegründerinnen des Frauennetzwerks der LVM Versicherung in Münster und fügen hinzu: “Die Früchte reifen langsam, aber wenn man sie dann ernten kann, ist das umso schöner.” Eingespannt im Balanceakt der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, fehlt Frauen oftmals die Zeit für eine intensive Kontaktpflege. Um Ihnen dies zu erleichtern, sie mit ihren individuellen Bedürfnissen abzuholen und auf ihre Verfügbarkeiten eingehen zu können, kristallisieren sich immer mehr unternehmensinterne Frauen-Netzwerke heraus. 

 

Bei der LVM Versicherung entstand der Wunsch, sich als Frauen untereinander zu vernetzen, im Zuge eines Persönlichkeitstrainings für Frauen in Führung. “Unsere damalige Trainerin Susanne Dettling empfahl uns Frauen, uns zu vernetzen, um Vorbilder zu finden, uns auszutauschen und uns gegenseitig zu unterstützen”, erzählen die beiden LVM-Führungsfrauen Susanne Flaute und Andrea Patten. Wie sie daraufhin weiter vorgegangen sind, welche Unterstützung hilfreich war und welchen Nutzen die Teilnehmerinnen daraus ziehen, erzählen sie in unserem MFF-Interview. Vielleicht findet sich darin der ein oder andere Impuls für den Aufbau eines eigenen Unternehmens-Netzwerks…

 

Wie sind Sie von der bloßen Idee sich zu vernetzen, zu einer konkreten Umsetzung gelangt?

Wir Frauen, die an dem Persönlichkeitstraining teilgenommen haben, haben uns zu einem Organisations-Team zusammengeschlossen. Bei einer ersten Auftaktveranstaltung, die sich an Teilnehmerinnen ähnlicher Seminare gewandt hat, haben wir die Erwartungen an das Netzwerk abgefragt sowie Themen gesammelt, die von Interesse sind. Anschließend haben wir die Ergebnisse ausgewertet und einen ersten Fahrplan mit konkreten Terminen und Veranstaltungen erstellt.

 

Welche Unterstützung haben Sie sich dafür vom Unternehmen geholt?

Die Personalabteilung der LVM Versicherung ist für uns ein wichtiger Kontakt. Die enge Zusammenarbeit führt dazu, dass wir uns mit Ideen, Vorschlägen  sowie einem thematischen Austausch unterstützt fühlen.. Darüber hinaus stellt die Personalabteilung für uns Kontakte zu LVM Mitarbeiterinnen her. So vermittelt sie uns beispielsweise den Kontakt zu Kolleginnen, die an frauenspezifischen Veranstaltungen () teilgenommen haben, damit diese anschließend in unserem Netzwerk darüber berichten können. Aktuelle Berichte z.B. aus dem LVM-Projekt „Frauen und berufliche Perspektiven“ und die Möglichkeit externe Referenten wie z.B. Dr. Nadja Tschirner zum Thema „Lieschen, Lillifee und Lilith – wer bin ich und wenn ja wie viele“ runden die Unterstützung ab.

 

Auf welche Projekte oder Veranstaltungen, die aus dem Frauennetzwerk heraus entstanden sind, blicken Sie besonders gern zurück?

Unsere Highlights waren große Vortragsveranstaltungen, die wir bewusst genutzt haben, um neue Teilnehmerinnen zu akquirieren. So konnten wir beispielsweise mit Vorträgen wie „Professionelles Netzwerken für Frauen – Netzwerke erfolgreich nutzen“ von Susanne Hillens oder „Das eigene Potential kommunizieren – ein interaktiver Vortrag“ von Sabine Dankbar viele interessierte Frauen gewinnen, die zuvor noch keinen Kontakt mit unserem Netzwerk hatten.  Mit diesen Vorträgen erreichen wir dann auch Kolleginnen, die im Außendienst  und nicht hier in der Direktion in Münster tätig sind. arbeiten. Ein solcher Austausch ist für alle eine Bereicherung.

 

Wie sind Sie organisiert?

Zum einen sind wir durch einen E-Mail-Verteiler organisiert, über den wir regelmäßig alle Teilnehmerinnen über aktuelle Themen oder Veranstaltungen informieren und den jede für den Info-Austausch nutzen kann.

Um den Zugang für neue Teilnehmerinnen zu erleichtern, sind wir darüber hinaus im Intranet präsent. Dort stellen wir allen LVM-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das Frauennetzwerk vor. Exklusiv für Netzwerk-Mitglieder können die Netzwerkteilnehmerinnen sich gegenseitig über Steckbriefe weiter kennenlernen  und themenspezifisch andere Teilnehmerinnen über verschiedene Such- und Filterfunktionen finden. Außerdem kündigen wir dort alle Veranstaltungen an und stellen –  soweit möglich – Unterlagen zu bisherigen Veranstaltungen zur Verfügung.

 

Was erwartet die Teilnehmerinnen?

In der Regel organisieren wir vier größere Veranstaltungen im Jahr. Im Jahr 2017 waren das beispielsweise folgende Termine:

  1. Themensammlung für Informationsaustausch 2017
  2. Vortragsveranstaltung
  3. Kolleginnen stellen sich vor – im Übrigen ein sehr beliebtes Format
  4. Jahresabschluss mit der Personalabteilung (mit gemeinsamem Frühstück)

Daneben finden monatliche Mittags- und Abendstammtische statt, die einen informellen Austausch in lockerer Atmosphäre ermöglichen.

 

Welchen Nutzen haben Teilnehmerinnen vom LVM Frauennetzwerk?

Der Nutzen liegt im gegenseitigen Kennenlernen, dem vertrauensvollen Austausch sowie darin, Vorbilder kennenzulernen und von den Erfahrungen anderer zu profitieren. Auch der Austausch mit der Personalabteilung über das Projekt „Frauen und berufliche Perspektiven“ ist effizient, da die Personalabteilung über die Netzwerkerinnen u.a. Einblicke in die Bedarfeder Frauen im Unternehmen gewinnt

Im Einzelfall meldet sich auch mal eine Netzwerkerin, die sich z.B. für ein internes Bewerbungsverfahren Tipps einholt.

 

Warum braucht es überhaupt ein Frauennetzwerk im Unternehmen?

Die Karrierewege von Frauen sind oft individueller als die von Männern und sie verlaufen meist nicht so geradlinig – gerade wenn das Thema „Familie“ hinzukommt. Ein spezielles Frauennetzwerk kann dabei Motivation und Ansporn für Mitarbeiterinnen sein, die vor verschiedenen Herausforderungen stehen. Zu sehen, was andere Frauen schon geschafft haben und was machbar ist, macht Mut für die Bewältigung dieser Herausforderungen – oder gibt den Impuls, sich überhaupt diesen Herausforderungen zu stellen!

 

Was wünschen Sie sich für die Zukunft Ihres Netzwerks?

Wir wünschen uns weiterhin viele aktive Teilnehmerinnen und heißen neue Netzwerkerinnen herzlich willkommen! Unser Ziel ist, dass wir Mitarbeiterinnen uns untereinander immer besser kennenlernen und daraus sowohl für jede Einzelne als auch für die Gemeinschaft im Netzwerk neue Chancen und Möglichkeiten erwachsen!

 

Interview: Julia Schmid

 

Hier erfahrt ihr, wie sich das Frauennetzwerk der Stadtwerke München organisiert:

SWM-Frauennetzwerk: „Der Austausch gibt so viel Energie!“

 

Und hier geht’s zum Interview mit einer weiteren Führungsfrau der LVM-Versicherung, die anderen Frauen Mut machen möchte:

Mutmacher.in für MINT-Berufe

SWM-Frauennetzwerk: „Der Austausch gibt so viel Energie!“

Es sind gerade Schulferien in Bayern als Ines Lindner für ein Telefoninterview mit dem Memorandum für Frauen in Führung zur Verfügung steht. Deshalb hat die Betriebswirtin ihre Tochter mit in die Arbeit gebracht – ein Angebot ihres Arbeitgebers Stadtwerke München (SWM). Während die 11-Jährige im Nebenbüro mit anderen Kindern liest, malt und bastelt, spricht Ines Lindner mit großer Leidenschaft über ihr „zweites Kind“: das Frauennetzwerk Expertisen der SWM. Die 44-Jährige ist Mitbegründerin und Teil des fünfköpfigen Kernteams. Sie selbst bezeichnet ihr Engagement nur als „Hobby“, denn im Berufsalltag hat ihre Teamleiter-Rolle klare Priorität – und zu Hause natürlich die Familie. Aus ihrem Hobby ist innerhalb von drei Jahren eine intern wie extern etablierte Plattform geworden, die sich jetzt im Dezember für alle Mitarbeiterinnen der SWM geöffnet hat. “Rund 70 Frauen aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen waren bei der ersten großen Veranstaltung dabei – ein voller Erfolg”, berichtet Ines Lindner in einem zweiten Telefonat stolz.

 

Das SWM-Frauennetzwerk Expertisen heißt neuerdings alle Frauen bei den Stadtwerken willkommen. Was haben die Mitarbeiterinnen zu erwarten?

Wir veranstalten regelmäßig Frühstück- und Lunchtermine sowie kleinere Treffen, bei denen unsere Mitglieder Aufgaben und Lösungen vorstellen. Durch die breitgefächerten Themengebiete der SWM (Verkehr, Bäder, Telekommunikation, Gas, Strom, Wasser, Labor usw.) ergibt sich ein sehr abwechslungsreiches Programm. Zudem organisieren wir einmal im Quartal eine große Vortragsveranstaltung mit Topreferenten. Sie setzen Impulse zu Frauen- und Zukunftsthemen über die wir dann im Anschluss diskutieren können. Wir verstehen uns nicht als Kaffeeklatsch-Runde, sondern bieten gute Vorträge mit Mehrwert, die Themen kontrovers beleuchten. Unser Ziel ist, dass jede Teilnehmerin neuen Input mit an den Arbeitsplatz oder nach Hause nehmen kann.

 

Bisher waren wir in kleinerer Runde unterwegs und haben uns an die weiblichen Führungskräfte gerichtet. Die Öffnung für alle Mitarbeiterinnen wird neue organisatorische Herausforderungen aber auch große Chancen mit sich bringen. Wir werden Anfang 2018 Fokus-Themen erarbeiten, die wir dann im Laufe des Jahres sukzessive angehen.

 

Welcher Mehrwert entsteht durch die Öffnung?

Ich denke, dass gerade Frauen, die noch nicht in Führungspositionen angekommen sind, aber sich beruflich und fachlich weiterentwickeln möchten, verstärkt von unserem Netzwerk profitieren können. Frauen brauchen und wünschen sich Vorbilder – andere Frauen, die Herausforderungen bereits gemeistert haben und ihre Erfahrungen weitergeben möchten. Ich hoffe, wir können mit unseren Geschichten für viele Frauen in diese Vorbildrolle schlüpfen und sie motivieren, neue Wege zu gehen, innovativ zu denken und sich mehr zuzutrauen.

 

Warum braucht es überhaupt ein Frauennetzwerk?

Der wirtschaftliche und gesellschaftliche Mehrwert einer höheren Chancengleichheit in der Arbeitswelt und von gemischten Führungsteams ist längst bewiesen. Die SWM wollen sich kulturell weiterentwickeln, flexibler werden, übergreifender arbeiten, um noch mehr auf Kundenbedürfnisse einzugehen und natürlich um Geschäftspotentiale auszuschöpfen.

Frauen besetzen nur 16% der Führungspositionen – wobei man dazu sagen muss, dass der Anteil von Frauen im gesamten Unternehmen mit 21% relativ gering ist. Viele Maßnahmen, die auf einen Ausgleich abzielen, bleiben gute Intensionen und greifen nicht weit genug. Hier möchten wir ansetzen: Frauen, die wirklich aktiv Themen und Kultur in unserem Haus gestalten wollen, zusammen zu bringen und gemeinsam den Einfluss darauf erhöhen, wie sich die SWM als Unternehmen weiterentwickelt. Das bezieht sich z.B. auf die Vereinbarkeitsfrage von Familie und Beruf, oder auf den Arbeitsstil von Frauen, der sich oftmals von dem der Männer unterscheidet. Allgemein möchten wir alle Ebenen für unterschiedliche Herangehensweisen und Bedürfnisse sensibilisieren.

 

Wie schätzen Sie generell die Networking-Qualitäten von Frauen ein?

Bei der Zusammenarbeit und der gegenseitigen Unterstützung von Frauen ist noch Luft nach oben. Seilschaften funktionieren teilweise, aber oftmals unterstützen wir uns weniger als wir könnten. Männer sehen den Erfolg anderer oft sportlicher, nehmen Wettbewerb anders wahr. Gönnen wir Frauen uns das wirklich, wenn tatsächlich eine von uns ganz oben landet?

Auf der anderen Seite lerne ich durch das Netzwerk so viele Frauen kennen, die sich gegenseitig befördern, so dass ich das auch gar nicht verallgemeinern möchte.

 

Fällt Ihnen ein Beispiel ein, in dem das Frauennetzwerk bereits etwas Positives bewirkt hat?

Ich stelle an mir selbst fest, dass mich die Reflexion mit anderen und die Energie, die ich daraus ziehe, als Führungskraft enorm vorangebracht hat. Im Zuge von Restrukturierungsmaßnahmen wurde mir für Dezember ein nächster Karriereschritt angeboten, den ich mit einem guten Gefühl angenommen habe. Ich weiß nicht, ob es mir auch ohne die vielen Gespräche und den Rückhalt durch andere Führungsfrauen so ergangen wäre.

Im Unternehmen trägt unsere Arbeit zum kulturellen Wandel und zur Schärfung der Sicht auf die Themen Frauenförderung, Diversität und Führungsstil bei.

 

Wurden Sie beim Aufbau Ihres Netzwerks vom Unternehmen unterstützt?

Sagen wir es so: Es ist unser Hobby und der Job hat Vorrang. Ich kann nicht zu meinem Chef sagen: Diese Woche habe ich zwei Stunden fürs Frauennetzwerk gearbeitet, deswegen konnte ich meine Aufgaben nicht erledigen. Wir bekommen also keinen Zeitausgleich für unser Engagement. Aber wir haben uns mit der Geschäftsführung abgestimmt: Das Unternehmen stellt uns ein Budget zur Verfügung und akzeptiert uns als offizielles Frauennetzwerk der SWM. Dass wir uns mittlerweile auch extern mit großen Frauennetzwerken Münchner Firmen wie Intel, BMW, Accenture vernetzen, hat unser Ansehen intern nochmal gesteigert.

 

Wie sieht das externe Networking aus?

Wir treffen uns ca. alle 6 Wochen in einem anderen Unternehmen mit einer eigenen Agenda – für unser junges Frauennetzwerk ein wertvoller Erfahrungstausch. Manche dieser Netzwerke existieren schon seit 15 Jahren, haben verschiedenste Phasen erlebt und wissen, welche Themen immer wieder auf die Agenda gezogen werden müssen, um im Unternehmen etwas zu bewirken.

 

Welcher persönliche Antrieb steckte hinter Ihrem Engagement?

Vor meiner Zeit bei den Stadtwerken war ich im Mittelstand tätig. Als ich nach acht Monaten Elternzeit in den Job zurückkehrte, wurde mir mitgeteilt, dass es meine Aufgaben aufgrund mangelnder Arbeit nicht mehr gibt. Interessanterweise saßen die männlichen Kollegen freitags bis 19 Uhr im Büro, weil sie viel zu tun hatten. Eine Halbtags-Unterstützung hätte ihnen sicher nicht geschadet. Da fühlt man sich nicht mehr gut aufgehoben.

 

Es ist zum einen diese persönliche Erfahrung, durch die ich relevante Stellschrauben erkannt und gesellschaftliche Entwicklungen reflektiert habe. Zum anderen auch mein Interesse für Innovationen. In jedem Vortrag über die Zukunft der digitalen Arbeitswelt oder Transformation, den ich gehört habe, geht es wenig um Technik, sondern mehr um Kultur und darum, wie wir zusammenarbeiten wollen und wie wir dafür die modernen Instrumente nutzen können. Das sind Fragen, die auf uns alle Niederschlag finden und in die Frauenförderung einfließen.

 

Zudem sind die SWM ein lebensnotweniger Dienstleister unserer Stadt, der am Puls der Zeit bleiben will. Etwas dazu beitragen zu können, macht mir Freude.

 

Sie scheinen eine große Leidenschaft für Fortschritt zu haben…

Das stimmt, Leidenschaft haben wir alle im Kernteam. Das gibt uns Energie. Der zusätzliche Arbeitsaufwand ist natürlich auch kräftezerrend, aber die Energie kommt durch den Austausch mit interessanten Frauen wieder zurück. Das macht wirklich Spaß.

 

Interview: Julia Schmid

 

Einen Beitrag über die Bedeutung von Netzwerken für weibliche Karriereverläufe findet ihr hier:

Welche Bedeutung haben Netzwerke?

 

Und zu einem weiteren SMW-Interview – mit einem Topsharing-Tandem – geht’s hier:

Topsharing par excellence bei den SWM