Wie kann Männern die Angst vor Frauenförderung genommen werden? – MFF Kompetenzforum

Diese Frage steht immer dann im Raum, wenn neue Förderprogramme für Frauen entwickelt werden sollen. Um solche in einem Unternehmen zu etablieren, ist immer auch die Zustimmung aus dem Topmanagement erforderlich. Die männliche Führungsriege zeigt sich jedoch häufig desinteressiert oder aber – ängstlich. Woher diese Angst kommt und welche Strategien es gibt, um sie zu überwinden, wurde im Kompetenzforum des MFF diskutiert.

 

Die Angst verstehen

Dass männliche Führungskräfte sich von Frauen in Führung bedroht fühlen klingt zunächst wenig nachvollziehbar. Aktuelle Zahlen bestätigen, dass Männer immer noch den größten Anteil an Führungspositionen im Topmanagement besetzen. Dennoch gibt es immer wieder Aufschreie von Männern, die sich aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt fühlen. Formulierungen wie „Frauenförderung“ und „Frauenquote“ lösen Unbehagen aus und Unbehagen führt zu – Ablehnung.

Ein solches Verhalten ist in der Tat ein wichtiger Bestandteil der menschlichen Identität. Wir definieren uns über die Identifikation mit dem „Ähnlichen“ und „Vertrauten“ aber auch über die Abgrenzung zum „Unbekannten“ und „Fremden.“ Dieser Habitus wird in den Kulturwissenschaften als Otherness bezeichnet: durch die Abgrenzung zum Anderen entwickelt sich unsere Persönlichkeit und auch die Gruppen, in denen wir uns vorwiegend bewegen.

Es ist also nicht verwunderlich, dass viele Männer sich in einer rein männlichen Führungsgruppe sehr wohl fühlen und sich durch die Nicht-Männliche Seite bedroht fühlen. Die Spielregeln, die ein Mann bereits im Kindesalter erlernt, sind geprägt durch Verhaltensweisen hegemonialer Männlichkeit. Die meisten Frauen kennen diese Spielregeln schlicht und einfach nicht, weil sie anders sozialisiert sind.

Die Kommunikation sowie das Verhalten als Führungskraft unterscheiden sich in vielen Punkten deutlich zwischen den Geschlechtern. Eine solche Differenz löst Angst aus – und führt deshalb zu Ablehnung.

 

Macht und Identität

Die immer lauter werdenden Stimmen, die sich für eine diverse Aufstellung von Vorständen und Führungsebenen einsetzen, werden auch von den Männern gehört, die bereits selbst Söhne in einem Alter haben, in dem die erste Führungsposition nicht mehr weit entfernt ist.

Genau wie für sie selbst – so die Vorstellung – ist der berufliche Erfolg das Lebensziel, sogar der Lebensinhalt. Die männliche Identität konstituiert sich heute maßgeblich aus dem beruflichen Status. Dies ist eine Folge der Machtstrukturen, die hinter dem Konzept der hegemonialen Männlichkeit stehen: Status und Wettkampf sind zwei der Kernprinzipien, die ein Modell beschreiben, von dem der Mann in unserer Gesellschaft stets profitiert.

Mit der Forderung nach Auflösung dieser Machtstrukturen und dem Wunsch nach Veränderung hin zu einer diversen Führungskultur wird also nicht nur ein System in Frage gestellt, sondern die männliche Identität an sich.

 

Männliche Identität und Machtverlust

Genau an dieser Stelle kann man jedoch ansetzen. Während Frauen bereits seit über 100 Jahren mit der Reformation weiblicher Identität konfrontiert sind, gibt es eine vergleichbare Neudefinierung der männlichen Rolle bis heute nicht.

Männer, die heute zwischen 20 und 30 Jahre alt sind, haben Väter, deren Väter aus der Nachkriegsgeneration stammen und das Konzept der toxischen Männlichkeit inhärent haben. Der berufstätige Vater als Familienoberhaupt und Ernährer der Familie, aber auch der Vater, der nie zuhause war und von dem sich die Mutter irgendwann hat scheiden lassen.

Der Ansatz, den Unternehmen heute verfolgen ist, Männern alternative Arbeits- und sogar Lebensmodelle aufzuzeigen. Damit soll erreicht werden, dass Männer anfangen, ihre Rolle zu hinterfragen und Forderungen zu stellen nach Möglichkeiten, die aktuell hauptsächlich Frauen vorbehalten sind. Das liegt natürlich daran, dass Männer die Möglichkeiten nicht einfordern und deshalb die Frau als Mutter in Teilzeit gehen muss und nicht der Mann – ein Kreislauf, der reflektiert werden sollte.

Männer in Teilzeit oder Elternzeit, die eine Führungsposition nicht als die Erfüllung ihrer Existenz begreifen, die eine gesunde Work-Life-Balance einfordern.

 

Die Macht der Vorbilder

Männer, die diese neuen Konzepte bereits leben, können gezielt als Vorbilder eingesetzt werden. Denn während Frauen bereits Rolemodels haben, die Ihnen vorleben, dass eine Führungsposition auch in Teilzeit funktionieren kann, sieht das auf der männlichen Seite noch ganz anders aus: nur wenige Männer, die Chancen auf flexible Arbeitszeitmodelle nutzen, sind auch bereit, offen darüber zu sprechen und anderen Männern Mut zu machen. Der Grund: Angst vor dem Statusverlust.

 

Auch Frauen haben Angst vor Frauenförderung

Die Angst, Frauenförderung anzubieten, liegt tatsächlich bei den Männern. Die Angst davor, Frauenförderung anzunehmen, jedoch bei den Frauen selbst, weiß Dr. Marie-Claire Tietze von der KPMG. Ein großes Problem sei die Stigmatisierung solcher Programme: „Ich habe doch so hart gearbeitet und möchte jetzt nicht nur soweit kommen, weil ich eine Frau bin.“ „Bekomme ich die Förderung, weil ich gut bin oder weil ich eine Frau bin?“ „Was denken die Anderen?“ – Diese und viele andere Sorgen haben Frauen, die vor der Wahl stehen, gezielte Frauenförderung wahrzunehmen.

 

Power-Mentoring bei der KPMG

Die Kunst liegt wohl darin, Männer- und Frauenförderung zu vereinen. Dr. Tietze stellt in einem spannenden Vortrag das Power-Mentoring der KPMG vor: Männliche und weibliche Mentor*innen betreuen weibliche Mentees und fungieren als Ratgeber*innen. Das Programm bewirkt, dass sowohl die Frauen in ihrer Rolle als Mentee sehr viel über die Spielregeln der männlichen Kollegen lernen können. Gleichzeitig, und das ist vielleicht sogar noch viel wichtiger, erkennen auch die männlichen Mentoren das Potenzial weiblicher Führungskräfte.

Zusätzlich bietet die KPMG außerdem individuelle Coachings an. Viele Männer nehmen diese gerne an, vor allem wenn es um die Gesprächsführung mit weiblichen Kolleginnen geht. Die Devise der KPMG ist an dieser Stelle, männliche Führungskräfte von der Relevanz und den Chancen diverser Führungsebenen zu überzeugen.

 

Frauenförderung und Männerförderung

Die Teilnehmerinnen des Kompetenzforums waren sich nach dem spannenden Input von Frau Dr. Tietze in vielen Punkten einig. Die wichtigste Erkenntnis war jedoch, dass Frauenförderung auf lange Sicht nicht ohne Männerförderung funktionieren kann. Denn ohne, dass männlich geprägte Machtstrukturen sich nach und nach auflösen und männliche Identität neu definiert wird, kann auch Frauenförderung nur bis zu einem gewissen Punkt gelingen. Die Sichtbarmachung von Vorbildern sowohl für Frauen als auch für Männer ist entscheidend für die Gestaltung einer diversen Führungskultur.

 

Autorin: Anna Karger

Gender Wage Gap und Gender Investing Gap – ein gefährliches Gespann

Zum heutigen Equal Pay Day hat uns Female Finance Forum-Gründerin Claudia Müller einen Gastbeitrag geschrieben. Sie macht darin auf ein noch wenig bekanntes Problem, die “Gender Investing Gap”, aufmerksam und rechnet vor, wie die Zurückhaltung von Frauen bei Investitionen zu langfristigen finanziellen Nachteilen führt. Claudia Müller sitzt auch bei unserer Auftaktveranstaltung zum 11. Regionalen Frankfurter Mentoring am 18. April 2018 im Frankfurter Römer auf dem Podium. Mehr Infos zur Veranstaltung gibt’s auf unserer Cross Consult-Homepage.

 

Über Claudia Müller: Die Finanzexpertin möchte mit dem Female Finance Forum Frauen dazu einladen, über Geld zu sprechen, sich gegenseitig zu unterstützen und von- und miteinander zu lernen. Denn: Frauen bilden die größte Risikogruppe für Altersarmut, da sie häufig in befristeten Positionen, in Teilzeit oder auf Minijob-Basis arbeiten. Vor der Gründung ihres Startups war sie bei der Deutschen Bundesbank für das Thema „Green Finance“ zuständig.

 

Heute ist Equal Pay Day, also der Tag, bis zu dem Frauen umsonst arbeiten, während Männer schon seit dem 1. Januar für ihre Arbeit bezahlt werden. In Deutschland beträgt die Gender Wage Gap (auch als Gender Pay Gap gekannt – die geschlechtsspezifische Lohnlücke) 21%. Männer bekommen also 21% mehr Gehalt als Frauen.

 

Zwar schließt sich diese Lücke erschreckend langsam, aber immerhin sind sich viele Menschen der Problematik bewusst. Verschiedene Initiativen befassen sich mit der Gender Wage Gap.

 

Eine weitere Lücke, die deutlich weniger Aufmerksamkeit erhält, ist die Gender Investing Gap – die geschlechterspezifische Investitionslücke. Frauen investieren nur etwa halb so oft in Wertpapiere wie Männer. Dabei ist es gerade mit niedrigeren Gehältern und einer entsprechend niedrigeren Rente wichtig, privat so klug wie möglich vorzusorgen.

 

Dieses Nicht-Investieren ist auf lange Sicht nicht nur eine verpasste Chance, sondern einer der teuersten Fehler, die wir machen können. Dies liegt vor allem am Zinseszinseffekt, den Albert Einstein nicht umsonst das „Achte Weltwunder“ genannt hat.

 

So entwickelt sich eine monatliche Investition gravierend unterschiedlich, ob ich sie bei 0,5% Zinsen auf einem Tagesgeldkonto liegen lasse (wo ich noch froh sein muss, wenn ich heutzutage solche Zinsen erhalte), oder ob ich sie so anlege, dass ich 5% Rendite bekomme (vgl. Abb. 1). Bei einer Laufzeit von 35 Jahren und einer Investition von 50€ monatlich ist das Vermögen, das mit 5% jährlich verzinst wird, mehr als doppelt so hoch wie das, was auf dem Tagesgeldkonto liegt (fast 60.000€ statt 23.000€). Bei einer monatlichen Investition von 2000€ ist es sogar ein millionenschwerer Fehler, nicht zu investieren: Das Vermögen mit 0,5% Verzinsung beträgt nach 35 Jahren 920.000€; bei 5% Rendite und 2000€ monatlichem Sparbetrag haben wir nach 35 Jahren runde 2,3 Mio €.

 

Diagramm zur Vermögenshöhe nach 35 monatlicher Investition von 50 Euro und 300 Euro im Vergleich
Abbildung 1

 

Wir Frauen haben also nicht nur das niedrigere Gehalt, sondern legen dieses auch noch weniger gewinnbringend an. Damit multiplizieren sich die negativen Auswirkungen der Lohn- und Investitionslücke.

 

Der erste Schritt, den Frau gegen diese Lücken gehen kann, ist: anfangen. Wo Männer einfach mal ausprobieren, wollen Frauen bis ins kleinste Details verstanden haben, wie alles funktioniert. Das macht uns laut einigen Studien zu den besseren Investoren. Nur leider verfallen wir dadurch auch leichter in die „Analyse-Paralyse“, das Erstarren vor dem Berg der Informationen. Doch dafür ist Nichtstun zu teuer.

 

Inzwischen gibt es verschiedene Initiativen im Finanzsektor, die gezielt Frauen ansprechen. Dort werden wir beraten, gebildet, unterstützt und motiviert. Wir müssen nur den ersten Schritt gehen und uns dort melden. Und das besser heute als morgen.

 

Autorin: Claudia Müller, Female Finance Forum

 

Über diese Themen wird Claudia Müller mit weiteren Gästen unter Moderation von MFF-Initiatorin Simone Schönfeld bei unserer Auftaktveranstaltung zum 11. Regionalen Frankfurter Mentoring diskutieren.

 

Nicht nur beim Thema Finanzen ist es wichtig, dass sich Frauen vernetzen und austauschen. Auch bei der persönlichen Karriereentwicklung spielen frauenspezifische Netzwerke eine große Rolle. Folgende Beiträge zeigen wie unternehmensinterne Frauennetzwerke entstehen und welchen Nutzen sie haben:

So entsteht ein Frauennetzwerk – am Beispiel der LVM Versicherung

SWM-Frauennetzwerk: „Der Austausch gibt so viel Energie!“

Karriere-Talk mit Birgit Königsheim, Nokia

Im Altern von sieben Jahren wollte Birgit Königsheim Ballerina oder Prinzessin werden – “Mir war nicht so klar dass das kein Beruf ist” – wahlweise auch gerne Handwerkerin. Doch wie heißt es so schön? Es kommt oft anders im Leben, als man denkt. Heute ist Birgit Königsheim Geschäftsführerin der Nokia Solutions und Networks Deutschland GmbH sowie Head of Care Advanced Services. Für MFF hat sie sich Zeit genommen und ein paar Fragen zu Ihrem Werdegang beantwortet – mit überraschenden Antworten…

 

MFF: War Führung schon immer Ihr Ziel?

K.: Eigentlich nein, aber ich war schon immer “a bisserl ehrgeizig” und sehr neugierig. Der Wunsch nach Führung kam im Laufe der Schul- und Studienzeit, vor allem im Rahmen diverser Industriepraktika: mir war schnell klar das die richtig interessanten Aufgaben immer mit Führung verbunden sind.

 

MFF: Was waren Ihre wichtigesten Schritte auf dem Weg zum Erfolg?

K.: Am wichtigsten denke ich ist das breite Spektrum an Tätigkeiten und auch mein Studium (E-Technik). Ich habe einige Stationen durchlaufen: Vertrieb, Management Consulting, Produkt Management, Prozess Management und Corporate Development.

 

MFF: Wer hat sie auf Ihrem Weg nach oben gefördert?

K.: Ich bin überzeugt dass ein oder besser gleich mehrere Mentoren ein Schlüssel zum Erfolg sind. Ob formell oder informell spielte für mich keine Rolle. Zweimal war es auch der Fall, dass ein Förderer mich direkt “mitnehmen” wollte, als diejenige Person selber neue Herausforderungen angenommen hatte.

 

MFF: Was ist das nötige Rüstzeug für den Weg nach oben?

K.: Ein großes Netwerk, sehr gute Kommunikations- und Überzeugungsfähigkeit, aktiv zuhören können, mit Menschen gut umgehen können auch wenn die Zeiten hart sind, weiblich bleiben (don’t become a man). Auch Begeisterung, gute Organisationsfähigkeit und schnelle Auffassungsgabe für das Wesentliche sind sicher hilfreich.

 

MFF: Welchen Mehrwert bringen Sie heute in die Führungslandschaft Ihres Unternehmens?

K.: Integration, Vernetzung, Sachen zu Ende bringen, nachhaltige Ergebnisse liefern, breite Erfahrung, Querdenken.

 

MFF: Wenn Sie eine jüngere Frau ermutigen wollten, sich auf den Weg in eine Führungsposition zu machen, wie würden Sie sie motivieren?

K.: Einfach Euer eigenes Ding machen und nicht verunsichern lassen. Karriere und Familie lassen sich vereinbaren, aber nur mit einem ganz tollen Partner, der auch seinen Teil beiträgt. Wir haben zwei Kinder und sowohl mein Mann als auch ich haben bei jedem Kind ein halbes Jahr Elternzeit genommen und sind beide beruflich erfolgreich. Und: keine Scheu mehr Geld zu verlangen – das ist der Klassiker bei Frauen, dies nicht zu tun.

 

MFF: Welche Faktoren waren aus Ihrer Sicht für Ihren Erfolg verantwortlich?

K.: Da haben sicher einige Faktoren zusammen gespielt: Ein großes Netzwerk, mehrere Mentoren, mein toller Ehemann. Aber sicher auch mein eigener Ehrgeiz, und dass ich dabei trotzdem ich selbst geblieben bin – verbiegen geht nur sehr kurz. Auch wichtig – und nicht selbstverständlich für Frauen (im Vergleich zu Männern): über eigenen Erfolg reden. Denn Gutes verbreitet sich nicht von allein.

 

Interview: Claudia Vierle

 

Mehr zum Thema Frauennetzwerke erfahrt ihr in diesem Interview:

SWM-Frauennetzwerk: „Der Austausch gibt so viel Energie!“

 

Wie eine Führungsfrau bei KPMG Familie und Karriere meistert lest ihr hier:

So gelingt Karriere in Teilzeit