Welche Aufgaben hat ein Digital Transformation Manager? – Ein Interview mit Dr. Anna Wawrzinek (MTU)

Der digitale Wandel beeinflusst Unternehmenskulturen stetig. Viele fürchten um ihre Stellen, andere wiederum profitieren von der Digitalisierung. Denn: die digitale Transformation muss begleitet werden. Eine mögliche Lösung für die praktische Umsetzung dieser Begleitung ist der Digital Transformation Manger (DTM). Dr. Anna Wawrzinek ist eine von 20 DTMs bei MTU Aero Engines (MTU) in München. Welche Bedeutung der Digitale Wandel für die MTU hat und wie das Unternehmen den Herausforderungen gegenüber tritt erfahren Sie im Interview.

 

Wie lange sind Sie bereits bei der MTU und wie sind Sie zu Ihrer jetzigen Position gekommen?

Dr. Anna Wawrzinek (AW): Nach meinem Abitur bin ich für mein Studium von Polen nach Berlin gezogen. Ich habe dort an der Freien Universität Mathematik studiert. Nach meiner Promotion habe ich mich deutschlandweit beworben und so kam ich für meine erste Stelle nach München. Das ist natürlich immer eine Entscheidung – gehe ich aus beruflichen Gründen neue Wege und verlasse ich dafür mein gewohntes Umfeld? Da ich jedoch ziemlich genaue Vorstellungen davon hatte, was ich machen möchte, ist mir diese Entscheidung leicht gefallen. Ich habe bei einem Ingenieurs- und IT-Dienstleiter im Innovationsmanagement angefangen, um das Thema meiner Promotion im Bereich der isogeometrischen Analyse in die industrielle Anwendung einzuführen. Ich habe dort an verschiedenen, industrienahen Forschungsprojekten mit Fokus auf Digitalisierung mitgearbeitet. Vor gut einem Jahr bin ich dann zur MTU gewechselt, weil ich nach neuen Herausforderungen gesucht habe und noch mehr zum Thema Digitalisierung machen wollte.

 

Sie arbeiten als Digital Transformation Managerin bei der MTU. Wie würden Sie Ihre Tätigkeit beschreiben?

AW: Als Digital Transformation Managerin (DTM) bin ich die Schnittstelle zwischen dem Bereich Entwicklung und Technologie, in dem ich tätig bin, und der IT. Insgesamt sind wir 20 DTMs, die verschiedenen Bereichen zugeteilt sind. In dem Bereich, in dem ich zuständig bin, arbeiten zirka 900 Mitarbeiter*innen. Digitalisierung an sich ist bei der MTU kein neues Thema. In dem Bereich, in dem ich arbeite, arbeiten die Kolleg*innen beispielsweise schon lange mit Simulationen. Was jetzt im Fokus steht, ist die digitale Transformation, also wie digitale Hilfsmittel nicht nur Ergebnisse verbessern, sondern auch die Aufgaben des Menschen in den Prozessen unterstützen. Zu meinen Aufgaben zählt, die Prozesse in meinem Bereich zu verstehen und diesbezüglich Digitalisierungsbedarfe zu identifizieren, um gemeinsam im DTM-Team Synergien mit anderen Projekten zu finden. Ein Beispiel: Über die Jahre haben sich in jedem Bereich Prozesse oder Tools wie einzelne Datenbanken etabliert. Es passiert auch, dass in zwei Bereichen eine ähnliche Projektidee verfolgt wird, diese jedoch nichts voneinander wissen. Diese zu finden und an einen Tisch zu setzen ist auch eine unserer Aufgaben.

 

Wie schätzen Sie selbst den Stellenwert der digitalen Transformation für Unternehmen, speziell bei der MTU ein?

AW: Zum einen spürt die MTU natürlich den Zugzwang von außen, da das Thema Digitalisierung und digitaler Wandel gerade hochaktuell ist. Zum anderen arbeiten wir jedoch im B2B-Bereich und ich glaube, dass der Digitalisierungsdruck bei uns tatsächlich noch nicht spürbar ist, wie für Unternehmen im B2C-Bereich, die in direkter Beziehung zum Endverbraucher stehen. Bei uns ist das Thema Digitalisierung tatsächlich von innen herausgewachsen und man bereitet sich Schritt für Schritt auf die Transformation vor. Das Entscheidende ist, herauszufinden, was wichtig für die MTU ist. Wovon können wir profitieren? Welche Tools müssen wir tatsächlich neu erfinden und wo können wir Tools einsetzen, die es schon auf dem Markt gibt?

 

Wie sind die Abläufe von der Idee bis zum neuen Tool?

AW: Im Endeffekt ist meine Aufgabe, die Bedarfe der Mitarbeiter*innen zu erfassen. Im DTM-Team tauschen wir uns aus, um ähnliche Bedarfe in den verschiedenen Bereichen zu identifizieren. Im nächsten Schritt beraten wir uns mit der IT, um auf Basis der Anforderungen Projektideen zu definieren und auf den Weg zum Projekt zu bringen. Gemeinsam mit der IT wird dann die Umsetzung geplant. Wenn eine Anwendung halbwegs einsatzbereit ist, wird diese von einem Anwenderkreis getestet. Weitere Anpassungen werden umgesetzt, um eine möglichst fehlerfreie Anwendung in der Produktivumgebung einführen zu können. Im letzten Schritt werden Schulungen durchgeführt, um die Funktionalität der Anwendung vorzustellen und weitere Kenntnisse über die Einsatzmöglichkeiten zu gewinnen.

 

Wie wird die digitale Transformation von den Mitarbeiter*innen der MTU angenommen?

AW: Im Entwurf des Grundgesetzes gab es diesen interessanten Satz: „Der Staat ist um des Menschen Willen da, nicht der Mensch um des Staates willen“. Ich glaube, mit der digitalen Transformation verhält es sich ähnlich. Das Ziel ist, die Mitarbeiter*innen auf dem Weg der digitalen Transformation mitzunehmen und in ihren Aufgaben zu unterstützen. Es muss immer ein Dialog stattfinden. Kommunikation ist in meiner Rolle als DTM sowieso essentiell. Der Austausch mit den Kolleg*innen, die an den Projekten arbeiten oder künftig mit den neuen Tools arbeiten werden, ist das Allerwichtigste, um die Anforderungen in eine gelungene Lösung umzusetzen. Denn letztlich soll die Digitalisierung ja den Arbeitsalltag erleichtern, damit die Mitarbeiter*innen sich auf das Wesentliche konzentrieren können.

 

Agile Arbeitsweisen und die Digitalisierung gehören zusammen – wie wird das bei der MTU umgesetzt und was schätzen Sie selbst an agilen Methoden? Was nicht?

AW: Es haben sich verschiedene Vorgehensmodelle für Projektmanagement bei der MTU etabliert , unter anderem das agile und das hybride Modell, die in manchen Projekten sinnvoll und erwünscht sind. Welches Modell Anwendung in einem Projekt findet, entscheidet der*die Projektleiter*in gemeinsam mit dem Projektteam.

 

Die MTU bietet flexible Arbeitszeitmodelle an. Wie organisieren Sie Ihre Arbeitszeit?

AW: Generell bietet die MTU diese Möglichkeit, es hängt natürlich von den Aufgaben ab, ob man diese wahrnehmen kann oder nicht. Da meine Aufgabe mit vielen Besprechungsterminen verbunden ist, hängt es von meiner Organisation ab, wie ich die Möglichkeit nutze, von zuhause aus zu Arbeiten. Ich persönlich gehe sehr gerne ins Büro, weil das Arbeitsklima einfach sehr angenehm und motivierend ist. Ich mag meine Arbeit, die Aufgaben, die damit verbunden sind, und meine Kolleginnen und Kollegen sehr.

 

Wie muss für Sie ein guter Morgen aussehen, damit Sie motiviert in den Tag starten können?

AW: Ich stehe gerne sehr früh auf, so gegen 5 Uhr, weil ich es genieße, den Arbeitstag mit ein bisschen Vorlauf zu starten und dabei den Sonnenaufgang beobachten zu können. Im Sommer fahre ich gerne mit dem Fahrrad zur Arbeit. Obwohl ich um die 40 Minuten unterwegs bin, stimmt es mich einfach schon positiv für den Tag. Ich komme und gehe mit einem Lächeln, weil ich mich sehr wohl fühle und ich neue Herausforderungen liebe. Es ist aber auch mein innerer Antrieb, der mich jeden Tag aufs Neue motiviert, diese zu meistern.

 

Was sind Ihre persönlichen Gedanken zum digitalen Wandel?

AW: Ich glaube, das Wichtigste ist, die Mitarbeiter*innen mitzunehmen und Synergien zwischen den Bereichen zu finden. Durch die gute Zusammenarbeit der DTMs konnten bei der MTU schon einige Projektideen identifiziert werden, die bereichsübergreifend angegangen werden sollten. Das bedeutet natürlich Ersparnis von Arbeitszeit und Arbeitsaufwand und eine möglichst einheitliche IT-Landschaft im Unternehmen. Außerdem ist Kommunikation das A&O. Zum einem kann man nur damit herausfinden, ob zum Beispiel eine Abteilung bereits eine Anwendung umgesetzt, die von einer anderen Abteilung genutzt werden kann, bevor man selbst versucht, etwas Neues zu entwickeln. Das sind Kleinigkeiten, passieren aber in jedem Unternehmen. Zum anderen ist es die Fähigkeit, die Menschen und Bereiche einander näher zu bringen, um gemeinsam an Lösungen zu arbeiten.

 

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Wann lohnt sich eine Promotion?

Schon 2013 gab es laut KarriereSPIEGEL 200.000 Doktoranden und Doktorandinnen in Deutschland – seitdem sind die Zahlen noch angestiegen. Brauchen wir so viele Promotionen? Muss ich da mitmachen? Diese Fragen diskutierten am Montagabend, dem 7. Mai, Studentinnen der TU München mit Führungskräften aus Partnerunternehmen im Rahmen unseres MentorING-Programms. Forschungsmentalität und „Promotionszwang“ waren dabei nur einige Aspekte in den lebhaften Gesprächen. Promovierte und nicht-promovierte Mitarbeiterinnen berichteten von ihren Erfahrungen im Unternehmen und  tauschten sich mit den Studentinnen über die Schwierigkeiten aus, für eine Doktorarbeit ein richtig gutes Thema zu finden. Hier lassen wir euch an ihren Überlegungen teilhaben und gehen der Frage nach: Promotion ja oder nein?

 

Das MentorING-Programm wird von der TUM in Kooperation mit Cross Consult durchgeführt und unterstützt Studentinnen bei der Orientierung auf dem Arbeitsmarkt sowie der persönlichen und professionellen Entwicklung. Seit dem Programmstart 2002 haben mehr als 60 Unternehmen Mentorinnen und Mentoren entsandt und an der Entstehung eines tragfähigen Netzwerkes mitgewirkt. Gastgeber des diesjährigen Treffens war Knorr-Bremse.

 

Drei Mal wurden die verschiedenen Aspekte der Entscheidungsfindung mit Kleingruppen von Führungskräften und Studentinnen beleuchtet. Und in allen Gesprächsrunden wussten die Teilnehmerinnen bereits: eine Promotion muss nicht der Normalfall sein. Nur ein kleiner Teil von denen, die während der drei Gesprächsrunden miteinander diskutierten, steckten tatsächlich gerade in einer Doktorarbeit oder hatten promoviert. Viele der anwesenden Mentorinnen berichteten, dass sie bewusst auf eine Promotion verzichtet haben und stattdessen Berufserfahrung sammeln konnten. Und gerade diese Praxiserfahrung hat ihnen letztendlich einen Einstieg in die gewünschten Firmenpositionen gebracht.

 

Es stellte sich also schnell heraus, dass zwischen der Promotion und dem Traumjob nicht immer ein zwingender Zusammenhang besteht. So kam auch die Frage auf, ob eine Promotion bei der Jobsuche nicht sogar hinderlich ist. Wie verkaufe ich es, dass ich drei Jahre oder mehr ganz außerhalb von Unternehmensstrukturen gearbeitet habe? Werde ich vielleicht genau deswegen nicht eingestellt, weil ich mich auf ein Thema spezialisiert habe, für das die Unternehmen gar keine Anwendungsbereiche haben?  Bin ich „über-akademisiert“ für die freie Wirtschaft? Diese Bedenken betreffen besonders stark theoretische Disziplinen – wie die Mathematik.

 

Auf die Fachrichtung kommt’s an

 

Tatsächlich fällt auf, dass, sobald man die unterschiedlichen Fachrichtungen ins Auge fasst, der Doktortitel ganz verschiedene Funktionen erfüllt. In vielen Naturwissenschaften, vor allem in der Chemie, ist er eine fast notwendige Anforderung am Arbeitsmarkt. Der Medizin wird sogar vorgeworfen, dass ihr Doktortitel nur ein besserer Master sei – weil kaum ein Patient eine Ärztin nicht als „Frau Doktor“ anredet. In den Ingenieurswissenschaften zählt die Promotion hingegen eher zur Seltenheit. Es kommt also stark auf das jeweilige Umfeld an. Manche müssen promovieren, um in ihrem Bereich ernst genommen zu werden. Einige können promovieren, um sich ein besonderes Detailwissen zu verschaffen, das sie für ausgewählte Stellen in Unternehmen qualifiziert. In solchen Fällen ist die Passung wichtig – zwischen dem thematischen Bezug der Arbeit und der angestrebten Stelle. Wieder andere brauchen die Promotion für die eigene Karriere gar nicht – können es aus Forscherdrang und Idealismus aber trotzdem tun. In solchen Fällen ist natürlich die Identifikation mit dem Thema von besonderer Bedeutung.

 

In Kooperation mit Unternehmen – ja oder nein?

 

Bevor man für oder gegen eine Promotion entscheidet, sollte man also genau überlegen, wo man sich selbst verortet. Sind die eigenen Gründe für das Projekt klar, sollte noch die große Vielfalt an Möglichkeiten zur Promotion berücksichtigt werden. Von vielen Teilnehmerinnen wurde auf die Chance aufmerksam gemacht, dies direkt in der Industrie zu tun. In dieser Umgebung wären die Praxisbezüge des Themas offensichtlich – und die Übernahmechancen hoch. Für die Individualpromotion an der Uni spricht jedoch die thematische Freiheit und die Einbettung in den akademischen Kontext, falls diese Laufbahn noch eine Option ist. An diesem Punkt spielt die Frage der finanziellen Vergütung ebenfalls eine Rolle. Dazu hatten die Teilnehmerinnen ganz unterschiedliche Meinungen: ob man als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl oder als Promovend in einem Unternehmen mehr verdient, blieb letztlich unbeantwortet – und sollte im Vorfeld durchaus ermittelt werden. Langsam, aber sicher, erfreuen sich auch Graduiertenkollegs in angelsächsischer Tradition immer größerer Beliebtheit. In Ihnen forschen Promovierende in einem zumeist interdisziplinären Team gemeinsam an einem Thema – und können sich so bereits ein wissenschaftliches Netzwerk aufbauen. Eine Graduiertenschule kann besonders dann in Betracht gezogen werden, wenn man eine Promotion im Ausland erwägt oder innerhalb Deutschlands eine andere Studienkultur kennenlernen möchte.

 

Bei Abschluss des Abends stand fest, dass die Entscheidung für oder gegen die Promotion kaum eine Frage des „lohnenden Investments“ ist. Die Entscheidung hängt von den persönlichen Lebensumständen und den Zielvorstellungen ab, und prägt in jeder Weise die eigene Identität. Wer also Grundlagenforschung betreiben will, der sollte es tun. Wer direkt in den Beruf gehen möchte, der kann sich auch dort verwirklichen. Ohne Leidenschaft, das war allen klar, hätte beide Wege keinen Sinn.

 

Autor: Maximilian Priebe

 

Ob mit oder ohne Promotion, für die Bewältigung der Digitalisierung sind Fachkräfte gefragt – dazu mehr in unserem Interview mit dem Personalleiter der MTU Aero Engines:

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