Topsharing par excellence bei den SWM

Topf und Deckel, Blume und Biene, Bayern und Berge – all diese Vergleiche von perfekter Ergänzung reichen nicht aus, um das Topsharing-Tandem aus Clara Kronberger (rechts auf dem Bild) und Nicole Gargitter (links) bei den Stadtwerken München zu beschreiben. Die eine mit technischem, die andere mit betriebswirtschaftlichem Background – zusammen leiten sie den Bereich “Telekommunikation” mit 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und einem Umsatz von 50 Millionen Euro. Als Kolleginnen über Jahre zusammengewachsen, kamen sie aus familiären Gründen auf die Idee, sich gemeinsam für eine Führungsposition zu bewerben. Sie konnten die Hausspitze durch ihr proaktives Engagement von ihrem Konzept überzeugen – weil sie einzeln spitze und zusammen unschlagbar sind.

 

Im Interview mit dem Memorandum für Frauen in Führung, dem die Stadtwerke München angehören, sprechen sie offen über ihr enges Verhältnis, anfängliche Probleme und wie sehr sie sich gegenseitig bereichern. Eines steht schon nach wenigen Minuten fest: Der Spaß kommt bei den beiden trotz der großen Verantwortung nie zu kurz.

 

Im Vorfeld haben wir Nicole Gargitter und Clara Kronberger einen Fragebogen zugeschickt, den sie unabhängig voneinander ausfüllen sollten. Ihre Antworten fließen in den Beitrag mit ein.

 

Wieso als Tandem?

Clara Kronberger (K.): Wir teilen seit sechs Jahren Büro und Aufgabenbereich, haben viele Projekte gemeinsam durchdacht, uns gegenseitig unterstützt und dabei gesehen, dass sich unsere Kompetenzen sehr gut ergänzen. Dazu kommt, dass ich wegen meiner dreijährigen Tochter nur zu 50% arbeiten möchte und Nicole sich auch irgendwann Kinder wünscht und nicht immer – wie im Moment noch – in Vollzeit arbeiten will. Weil diese Position mit dieser Führungsspanne und Budgetverantwortung für eine alleine in Teilzeit nicht machbar wäre, haben wir gesagt: 0,5+0,5=1.

 

Wie teilen Sie sich die Arbeit auf?

Nicole Gargitter (G.): Durch ein Coaching, das wir uns organisiert haben und Learning by Doing haben wir erkannt, dass es sinnvoll ist, gemeinsame Themen (wie Personalentscheidungen) und eigene Schwerpunkte zu haben – je nach Neigung und Dringlichkeit. Anfangs haben wir versucht alles gemeinsam zu bearbeiten, weil wir dem anderen nichts wegnehmen und stets am Ball bleiben wollten. Das hat aber dazu geführt, dass keiner mehr eine eigene Bühne hatte und ein Thema alleine angehen konnte.

K.: Auch für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gilt: ich bin vormittags da und eher der Ansprechpartner für die frühen Vögel und langfristen Anliegen. Nicole ist diejenige, die schneller agieren kann und rund um die Uhr greifbar ist. Aber wir halten uns gegenseitig auf dem Laufenden, sodass wir vor Mitarbeitern immer beide sprechfähig sind.

 

Sie sprechen von einem Lernprozess – wo hat es am Anfang gehapert?

K.: Ich würde unser Modell mit einer Beziehung vergleichen. Wir haben uns auf einer völlig anderen Ebene nochmal kennen gelernt – gegenseitig und uns selbst. Was ist dem anderen wichtig? Wo sind die feinen Unterschiede?

G.: Wir sind anfangs immer mal wieder in Konfliktsituationen gelaufen, die von keinem böse gemeint waren. Als wir beim Coaching über Punkte gesprochen haben, die uns stören, haben wir gemerkt, dass das oft nichts mit dem anderen zu tun hatte, sondern mit der eigenen Bewertung der Situation. Manchmal ist man selbst unsicher oder wünscht sich mehr Sichtbarkeit und projiziert das auf den anderen.

K.: Durch Nicole habe ich gelernt, meine Sichtweisen immer zu reflektieren. Das sind wichtige Selbsterfahrungswerte, die mich auch fachlich enorm weitergebracht haben.

 

Welche Stärken hat aus Ihrer Sicht Ihre Tandem-Partnerin?

Clara Kronberger über Nicole Gargitter: Direktheit, Loyalität, Herzlichkeit, fachliches Verständnis sowohl für wirtschaftlich komplexe Themen als auch für Telekommunikation, Networking Kompetenz, Offenheit, geht auf alle Menschen unvoreingenommen zu, kann gut fokussieren und priorisieren, Engagement, Motivation, Verbindlichkeit, Präzision, Reflexionsfähigkeit, Kommunikativ

Nicole Gargitter über Clara Kronberger: begeisterungsfähig, lustig, emotional, loyal, zuverlässig, ehrlich, entscheidungsstark, durchsetzungsstark, intelligent, strukturiert, strategisch

 

So wie sie die Stärken der jeweils anderen beschreiben, scheinen Sie beide sehr unterschiedliche Persönlichkeiten zu sein. Konnten Sie das von Anfang an produktiv für sich nutzen?

G.: Clara ist eher die Strategin und hat die Richtung im Blick, ich versuche die zwischenmenschlichen Komponenten im Blick zu behalten und sehr stark auf die Zahlen zu schauen. Diese Synergien haben wir sehr früh verstanden zu nutzen.

K.: Nicole ist Herz und Zunge unseres Tandems, aber wir sind beide leidenschaftliche und emotionale Personen. Damit beflügeln wir uns gegenseitig. Meistens. Manchmal kann das auch in den Abgrund führen. Aber Gott sei Dank nur sehr selten und wir finden auch immer wieder raus (beide lachen)….

 

In welcher Sache gehen Ihre Meinungen am weitesten auseinander?

K.: “Wie man mit und in hierarchischen Systemen mit Vorgesetzten und Mitarbeitern umgehen sollte.”

G.: “Bedeutung von Hierarchie”

 

Beim Thema “Hierarchien” sind Sie sich einig, dass Sie sich nicht einig sind. Was hat es damit auf sich?

K.: (Lacht) Wir haben ein etwas unterschiedliches Verständnis dafür, wofür Hierarchien gut sind. Während es mir nicht so schwer fällt zu akzeptieren, dass es Hierarchien und damit einhergehende Regeln gibt, würde Nicole oft lieber den direkten Weg nutzen, wenn er schneller und effizienter ist. Da kommen wir immer mal wieder in lustige Situationen.

 

Also ihre Uneinigkeit sieht dann so aus, dass sie darüber lachen?

G.: Ja, weil es in dieser Hinsicht oft so ist, dass ich in Fettnäpfchen trete und Clara muss mir dann immer erklären warum ich da rein getreten bin.

 

Waren Sie beide schon mal so von Ihrem Standpunkt überzeugt, dass es zu keiner Einigung kam?

G.: Nein, das ist uns noch nie passiert.

K.: Es war uns aber auch von vornherein klar: das darf nicht passieren!

G.: Man ärgert sich vielleicht Mal kurz über etwas, das die andere gemacht hat. Aber ich weiß immer – und das mein ich so zu 100% – dass Clara das nie aus böser Absicht tun würde oder weil sie mir schaden will. Sondern weil’s halt einfach in der Hektik passiert ist. Wir unterstellen uns beide grundsätzlich nur das Positive.

 

Trauen Sie dieses Fingerspitzengefühl auch Männern zu?

K.: (lacht) Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

G.: Männer schaffen das auch, aber wahrscheinlich mit anderen Bewältigungsmechanismen. Wir diskutieren halt abends nochmal zwei Stunden am Telefon, weil wir das beide unbedingt klären möchten. Ich könnte mir vorstellen, dass Männer dieses Bedürfnis vielleicht weniger haben und Uneinigkeiten dann so regeln: Abhaken ohne groß drüber zu reden, oder einfach mal auf ein Bier gehen und dann ist danach wieder alles ok.

 

Die Kehrseite Ihres Ausdiskutierens ist aber auch ein zeitlicher und emotionaler Zusatzaufwand…

G.: Den Abstimmungsaufwand muss jedes Topsharing- oder Jobsharing-Tandem bewältigen. Aber uns hilft das gleichzeitig, in der Führungsaufgabe zu wachsen und voneinander zu lernen. Und wir sehen einen Mehrwert darin, dass wir uns gegenseitig und auch uns selbst besser kennen lernen. Das ist uns beiden der Zeitaufwand wert.

K.: Und wir haben dabei auch ziemlich viel Spaß!

 

Können Sie sich an eine Entscheidung/berufliche Situation erinnern, bei der Sie vom Wissen/der Kompetenz Ihrer Tandem-Partnerin profitiert haben?

K.: Immer wenn es um wirtschaftlich komplexere Themen geht. Außerdem immer dann wenn es mehr um persönliche Vernetzung und weniger um Standardprozesse geht (also meistens ;-). In jeder Situation als Reflexionspartnerin, um mein eigenes Verhalten aus Ihrer Perspektive zu sehen.

G.: Im Umgang mit hierarchischen Menschen und im Umgang mit meinen eigenen Ängsten und Unzulänglichkeiten.

 

Wollen Sie eigentlich jemals wieder ohneeinander arbeiten?

K.: Mein Lebens- und Familienmodell hängt untrennbar mit diesem Topsharing-Modell zusammen, das merke ich immer wieder wenn Nicole in ihren verdienten Urlaub geht und ich es nicht mehr schaffe, die 50% zu halten. Aber deswegen sind wir nicht für Ewigkeiten aneinander gekettet. Wir wollen uns auch die Freiheit geben, uns zu entwickeln. Aber wir könnten natürlich auch zusammen weiter nach oben gehen – (lacht).

G.: Oh ja, das könnte ich mir auch sehr gut vorstellen. Aber ich muss ehrlich sein: ich möchte zwar Kinder, aber sollte das nicht klappen, stellt sich bei mir vielleicht irgendwann die Frage, ob ich mich dann verstärkt meiner Karriere zuwende und in eine Richtung gehen möchte, die Clara dann nicht mehr mitgehen will.

Aber wenn das mit den Kindern klappt, könnte ich mir sehr gut vorstellen, mit Clara bis nach oben durchzumarschieren.

 

Beschreiben Sie Ihr Duo mit einem Satz…

K.: Wir können uns auf einander verlassen und ergänzen uns mit unseren jeweiligen Fähigkeiten und Stärken.

G.: Unser Duo profitiert von 100%igem Commitment und Vertrauen zueinander und zur Sache.

Interview: Julia Schmid

 

Hier geht’s zu einer weiteren Führungsfrau der Stadtwerke München, die Lust aufs Nachmachen bereitet:

Mutmacher.in für „einfach ausprobieren“

Eine Analyse zu flexiblen Arbeitsmodelle in Unternehmen nimmt dieser Beitrag vor:

Flexible Arbeitswelten für Frauen und Männer – nur nicht auf den Topetagen

 

Und auch Männer kommen bei uns zu Wort:

„Meine Work-Life-Balance stimmt“

„Es liegt nicht an den Frauen“

Die Süddeutsche Zeitung setzt auf unsere Expertise! Am 19.08.2017 ist in der Wochenendeausgabe einer der renommiertesten Tageszeitungen Deutschlands ein  substantielles Interview erschienen, das SZ-Autorin Gunda Achterhold mit MFF-Initiatorin Simone Schönfeld geführt hat. Darin geht es um die besondere Sichtbarkeit von Frauen in Führungspositionen, den daraus resultierenden Druck und darum, wie Unternehmen in Zukunft Führungspositionen gestalten müssen, damit sie für die nachfolgenden Generationen überhaupt noch attraktiv sind – sowohl für Männer als auch für Frauen.

 

Zum Nachlesen folgt hier noch einmal der Beitrag aus der Süddeutschen Zeitung:

 

„ES LIEGT NICHT AN DEN FRAUEN“- Wie Unternehmen weibliche Führungskräfte fördern können

 

Simone Schönfeld ist Mitbegründerin der Unternehmensberatung Cross Consult. 2010 initiierte sie zusammen mit dem Referat für Wirtschaft und Arbeit der Landeshauptstadt München ein “Memorandum für Frauen in Führung“. Namhafte Unternehmen haben sich daran beteiligt und sich verpflichtet, mehr “Mixed Leadership” in ihren Firmen zu verankern. Das Buch “Clever aus der Abseitsfalle. Wie Unternehmen den Wandel zu mehr Frauen in Führung gestalten wollen” von Schönfeld und Nadja Tschirner ist gerade im Verlag Springer Gabler erschienen.

 

SZ: Frau Schönfeld, was zeichnet Unternehmen aus, in denen besonders viele Frauen in Führung sind?

Simone Schönfeld: Wer Frauen Zugänge eröffnen will, muss alle bestehenden Strukturen in den Blick nehmen. Mentoring, Trainings oder interne Netzwerke zur gegenseitigen Unterstützung sind wichtige Maßnahmen auf persönlicher Ebene. Aber es liegt eben nicht an den Frauen allein. Arbeitszeitmodelle, Präsenzzeiten, Beurteilungsverfahren – auf allen Ebenen müssen die Rahmenbedingungen überprüft werden. So sind zum Beispiel Auslandsaufenthalte als Muss-Kriterium im Talentmanagement oft schwierig für Frauen mit Partner oder Familie. Sie sehen das eher als Hürde.

 

Etliche Top-Managerinnen sind in den letzten Jahren gescheitert. Woran liegt das?

Minderheiten fallen stärker auf, wir sprechen von dem “Token-Phänomen“. Frauen an der Spitze sind extrem sichtbar, sie erfahren viel mehr Aufmerksamkeit als ihre männlichen Kollegen. So entsteht Druck. Niemandem, selbst in so hohen Positionen, wird immer alles gelingen. Der Unterschied liegt darin, wie es diskutiert und in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.

 

Gilt das auch auf anderen Ebenen?

Überall dort, wo sich Frauen in einem sehr männerlastigen Umfeld bewegen, etwa auch im Mint-Bereich. Grundsätzlich beobachten wir im unteren und mittleren Management jedoch deutliche Fortschritte. Die Quote der Frauen in Teamleitungspositionen hat sich stark erhöht – sie schließen schon fast gleich auf. Dieser positive Trend setzt sich allerdings auf exponierteren Positionen nicht durch.

 

Und warum geht es dann einfach nicht weiter?

Führungspositionen sind ein rares Gut. Und damit natürlich auch umkämpft. Diejenigen, die nach 18 Uhr noch da sind, setzen die Standards. Daran hat sich in vielen Unternehmen noch nichts geändert. Wer eher geht, fällt heraus aus der Zielgruppe jener, die als ambitionierte Nachwuchskräfte gehandelt werden.

 

Sehen Sie positive Entwicklungen?

Es ist schon einiges in Bewegung. Beispielsweise dort, wo Mitarbeiter in globalen Teams arbeiten. Über Länder und Zeitzonen hinweg entstehen andere Freiräume und damit mehr Flexibilität. Die neuen Kommunikationsmöglichkeiten können hier das Management von Teams, in denen Vollzeit und Teilzeit gearbeitet wird, vereinfachen. Damit werden Kriterien wie die Präsenz vor Ort oder auch das Geschlecht zweitrangig. Dafür werden Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit immer wichtiger – traditionelle Stärken von Frauen.

 

Diese zeitliche Flexibilität schätzen zunehmend auch junge Männer. Ist das nicht eine Generationenfrage?

Der Bruch kommt mit dem ersten Kind, das zeigen Studien ganz klar. Während Frauen Arbeitszeit reduzieren, zeigen Männer ein traditionelles Ernährerverhalten und arbeiten mehr – auch wenn sie das eigentlich gar nicht wollen. Dieses Dilemma können Unternehmen individuell nicht lösen. Wenn das oberste Management ein partnerschaftliches Miteinander vorlebt und vielleicht selbst in Elternzeit geht, ist das jedoch ein starker Treiber für kulturelle Veränderungsprozesse.

 

Aber genau diese partnerschaftlich orientierten Kräfte wollen gar nicht mehr an die Spitze, Frauen wie Männer.

Tatsächlich bewerben sich intern immer weniger Mitarbeiter um Führungspositionen – das gilt für beide Geschlechter. Für die Unternehmen ist das eine riesige Herausforderung, gerade im Hinblick auf den demografischen Wandel. In den nächsten Jahren werden im Management viele Stellen frei. Da sehe ich allerdings auch ein enormes Potenzial. Wie lässt sich Führung so gestalten, dass sie für die nachwachsenden Generationen wieder attraktiv ist? Unternehmen werden gezwungen sein, darüber nachzudenken. Und damit eröffnen sich auch für Frauen neue Perspektiven.

 

Interview: Gunda Achterhold, Süddeutsche Zeitung

SZ-Artikel “Es liegt nicht an den Frauen” als PDF

 

Hier geht’s zu einem Interview mit euer Führungsfrau der BVK, die vom Token-Phänomen berichtet:

Das Token-Phänomen: Führungsfrauen unter Beobachtung

 

Einen weiteren Beitrag von Simone Schönfeld zum Thema Frauenförderung gibt’s hier:

Frauenförderung endet nicht bei den Frauen!

 

Und was eine gute Führungskraft im Zeitalter der Digitalisierung ausmacht, lest ihr in diesem Beitrag:

Was heisst führen heute?