Jetzt noch attraktiver für Familien: Die SWM eröffnen eigene Kita

Wohl die wenigsten Münchner Kinder können von sich behaupten, einen Teil ihrer frühen Kindheit in einer Stadtvilla mit eigener Bobby-Car-Rennstrecke im Garten verbracht zu haben. Der Nachwuchs von SWM-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schon! Seit September 2017 tobt das Leben in der ersten Betriebskrippe der Stadtwerke München, der sogenannten „Kindervilla“. Sie ist eines von zahlreichen Angeboten, mit denen die SWM die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern möchte. Welche Vorzüge die Krippe bietet, wie die SWM über das Krippenalter hinaus unterstützt und was Familien selbst leisten können, erzählt uns die Projektleiterin der SWM Kindervilla und Dreifach-Mama Sigrid Primas.  

 

Arbeitgeberattraktivität wird von jungen Talenten nicht mehr nur an materiellen Werten gemessen. Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben spielen im Wettbewerb um qualifizierte Nachwuchskräfte eine immer größere Rolle. Große, sich dynamisch entwickelnde Arbeitgeber wie die Stadtwerke München konkurrieren mit BMW, Siemens und BSH um Auszubildende, Absolventen und Fachkräfte und erweitern ihr Angebotsportfolio für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stetig. Dabei stehen die Zufriedenheit und die Bindung des bestehenden Personals ebenso im Mittelpunkt strategischer Personalpolitik, wie die schnelle Wiedereingliederung von Müttern und Vätern nach der Elternzeit. Eine eigene Krippe ist dabei in Städten wie München, die unter Betreuungsmangel leiden, ein unschlagbarer Bonus.

 

Die Stadtwerke punkten mit einem Kinderparadies

Die "Kindervilla" der Stadtwerke München Foto: Marcus Schlaf, 12.10.2017
Die “Kindervilla” der Stadtwerke München
Foto: Marcus Schlaf, 12.10.2017

Die SWM haben eine 100 Jahre alte Dienstvilla, die zuletzt als Büro genutzt wurde,  nach neuestem Standard renoviert. Nachdem sie von SWM-Aufsichtsrat Alexander Reissl (oben rechts im Bild) und Werner Albrecht, SWM Geschäftsführer Personal und Soziales (links im Bild), feierlich eingeweiht wurde, zogen im September 2017  die ersten beiden Gruppen mit jeweils zwölf Kindern ein – darunter auch Benjamin (l. im Bild) und Demir (r. im Bild)  sowie Krippenleiterin Denise Halama (Bildmitte). Eine dritte Gruppe startet im Herbst 2018. Die Idee einer eigenen Betriebskrippe schwebte bei den SWM schon länger in der Luft, erzählt Sigrid Primas, die seit 2008 mit dem Thema „Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben“ im Bereich Personalmanagement/Personalpolitik verantwortlich ist. Einzig die Räumlichkeiten fehlten, bis ein externer Mieter aus einer der insgesamt vier Dienstvillen direkt neben der SWM Zentrale im Münchner Norden auszog und die Bahn freimachte.

 

Mit aufwendigen Umbauarbeiten verwandelte die SWM das historische Gebäude in ein Paradies für Kinder. Zwei Stockwerke zum Spielen, eine eigene Küche, in der täglich frisches Essen zubereitet wird und als Krönung ein riesiger Garten rund ums Haus. Zwischen den alten Bäumen können die Kinder im Sand spielen, sich ein Bobby-Car-Wettrennen liefern oder schaukeln.

 

Betriebskita auf dem Gelände der SWM-Zentrale Foto: Marcus Schlaf, 12.10.2017
Betriebskita auf dem Gelände der SWM-Zentrale
Foto: Marcus Schlaf, 12.10.2017

Betrieben wird die Kita von der Diakonie – Jugendhilfe, Oberbayern. Das Betreuungsentgelt orientiert sich am städtischen Niveau. Die Finanzierung des laufenden Betriebs bezuschusst die SWM – vor allem bis alle Plätze belegt sind, aber auch darüber hinaus. „Uns war es wichtig, dass die Krippe für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erschwinglich ist“, sagt Sigrid Primas. Sie kennt die Bedürfnisse der Eltern, denn sie hat selbst drei Söhne im Alter von 5, 9 und 14 Jahren. „Obwohl von der Landeshauptstadt und den Umlandgemeinden bereits viel Geld in die Hand genommen wurde, um mehr Betreuungsplätze zu schaffen, ist die Platzsuche für Eltern in München immer noch sehr schwierig“, erzählt sie. Und die Probleme werden mit zunehmenden Alter der Kinder nicht weniger: „Bei Kindergarten- und Hortplätzen geht die Suche weiter.“

 

Nach der Krippensuche ist vor der Kindergartensuche

MitarbeiterInnen der SWM mit älteren Kindern haben die Möglichkeit, Belegplätze in Kindergärten und Horten zu erhalten.  Die SWM beschäftigt nicht nur MitarbeiterInnen in der Firmenzentrale, sondern auch Fahrerinnen und Fahrer des öffentlichen Personennahverkehrs, die tagtäglich auf der Straße unterwegs sind. Beschäftigte, die in unterschiedlichen Lebensphasen sind und unterschiedliche Bedürfnisse haben, werden unter anderem durch flexible Arbeitszeitmodelle, individueller Dienstplangestaltung, durch Home-Office-Möglichkeiten, Eltern-Kind-Büro oder bei der Betreuung von pflegenden Angehörige unterstützt.

 

Die Bereitschaft zu innovativen Arbeitsmodellen muss von beiden Seiten kommen

Und wie managt Sigrid Primas ihren Job mit drei Kindern? „Ich arbeite Vollzeit, mein Mann Teilzeit. Wir nehmen Kindergarten- und Hortplätze im Münchner Umland in Anspruch“, erzählt sie. Nachmittags übernehme ihr Mann die Freizeitgestaltung und Hausaufgabenbetreuung, sie das Abendprogramm. „Dieses Modell leben wir schon über 10 Jahre. Für meinen Mann und mich war dies anfangs ungewohnt. Heute hat sich der Ablauf eingespielt und es funktioniert sehr gut“, verrät sie und wundert sich, dass ihre Rollenverteilung für viele junge Kolleginnen manchmal noch exotisch ist.  „Ich erlebe immer wieder Mitarbeiterinnen, die sich den Kopf darüber zerbrechen, wie sie Job und Kinder unter einen Hut bekommen“, erzählt sie. „Ich versuche dann immer vorsichtig nachzufragen, welche Möglichkeiten der Vater denn habe, um beim Familienmanagement zu unterstützen. Über die Option die Elternzeit über die zwei „Vätermonate“ hinaus aufzuteilen oder die Möglichkeit, dass beide Teilzeit während der Elternzeit arbeiten, darüber denken immer noch zu wenige Paare ernsthaft nach.“ Jedes Paar für sich muss sein funktionierendes Modell finden. Frau Primas ist ein Beweis dafür, dass die Kreativität und Bereitschaft für individuelle Arbeits- und Lebensmodelle nicht nur von den Arbeitgebern kommen sollte, sondern auch von den Familien selbst.

Autorin: Julia Schmid

 

Die SWM sind unter den Erstunterzeichner des Memorandums für Frauen in Führung. Das MFF ist als Initiative für mehr Mixed Leadership entstanden und zu einem Siegel für moderne, flexible und gendergerechte Arbeitgeber gewachsen! 18 Unternehmen haben sich unter dem Dach des MFF zusammengeschlossen, um alle Potentiale gleichermaßen zu heben und ein Statement für Chancengleichheit zu setzen.

Bei der Gründung 2010 wurde von den Erstunterzeichnern ein 15 Punkte Plan erarbeitet, der die erste Selbstverpflichtungserklärung deutscher Unternehmen darstellte, um den Anteil von Frauen in Führungspositionen nachhaltig zu steigern. Beim bloßen Unterschreiben eines Stück Papiers ist es nicht geblieben. Die MFF-Unternehmen stehen seit mittlerweile acht Jahren im regelmäßigen Austausch, treffen sich in Kompetenzforen mit jährlich wechselnden Themenschwerpunkten, legen ihre Fortschritte in einem Benchmark offen und nutzen das MFF als Siegel für ihr Arbeitgebermarketing.

 

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Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist auch immer wieder Thema beim internen Frauennetzwerk der Stadtwerke München. Welchen Mehrwert der Austausch im Netzwerk hat, erzählt Mitbegründerin Ines Lindner:

SWM-Frauennetzwerk: „Der Austausch gibt so viel Energie!“

Hier berichtet ein Topsharing-Tandem der SWM, wie es sich die Führungsaufgaben teilt:

Topsharing par excellence bei den SWM

 

Und hier geht’s zu einem Interview mit einer Dreifach-Mama, die bei den SWM 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führt:

Mutmacher.in für „einfach ausprobieren“

 

Mutmacher.in für „einfach ausprobieren“

Frisch aus der Elternzeit zurück, bekam Dr. Ann-Christine Hamisch direkt eine Führungsposition angeboten. Was tun als Mutter von drei kleinen Kindern – einer Tochter mit zweieinhalb und einjährigen Zwillingen? „Es einfach ausprobieren“, hat sich Dr. Ann-Christine Hamisch damals gesagt und sich ins Abenteuer gestürzt. Ihr Mut hat sich ausgezahlt: Auch vier Jahre später balanciert sie ihre 5-köpfige Familie und den von ihr geführten 80-köpfigen Bereich „Personalgewinnung und -entwicklung“ bei den Stadtwerken München GmbH erfolgreich. In unserem MFF-Interview erklärt die 44-Jährige Juristin ihr persönliches Work-Life-Mosaik und wirbt dafür, Chancen zu ergreifen und keinesfalls Angst vor dem Scheitern zu haben.

 

Promovierte Juristin, sechs Jahre Großkanzlei im Bereich Arbeitsrecht, Wechsel zur Rechtsabteilung der Stadtwerke München, 3 Kinder, Bereichsleiterin – ihr Lebenslauf liest sich perfekt. Hatten sie das alles von Anfang an geplant?

Das mag nach einem großen Masterplan klingen, aber ich bin eher jemand, der mit offenen Augen durchs Leben geht und die Gelegenheiten ergreift, wenn sie kommen. Mit Zwillingen, die gerade in die Krippe eingewöhnt werden, meine erste Führungsposition zu übernehmen, war sicher nicht geplant. Es hat sich damals ergeben und wir haben als Familie beschlossen, es zu versuchen. Seitdem funktioniert es eigentlich auch ganz gut.

 

Wie sah bzw. sieht ihr Arbeitsmodell aus?

Bei meiner älteren Tochter kam ich mit 60% aus der achtmonatigen Elternzeit zurück. Bei meinen Söhnen hatte ich ein Jahr Elternzeit und bin mit 80% wieder eingestiegen. Mittlerweile arbeite ich zu 90% – also fast Vollzeit. Aber der Schlüssel ist sicherlich Flexibilität – sowohl zeitliche als auch örtliche, sowohl von meinem Arbeitgeber als auch von mir. Ich komme in der Regel relativ früh ins Büro und versuche nachmittags drei- bis viermal in der Woche die Kinder abzuholen, um mit ihnen noch Zeit verbringen zu können. Oft setze ich mich dann abends nochmal hin. Zusätzlich habe ich mindestens einen Home-Office-Tag, wenn der nicht gerade von einem Projekt geschluckt wird.

Hinzu kommt, dass mein Mann ebenfalls bei einem sehr modernen Arbeitgeber in der IT-Branche arbeitet, bei dem die Partner selbst Kinder haben und sich der Verpflichtungen sehr wohl bewusst sind. Er kann sich seine Arbeitszeit flexibel einteilen und die Kinder auch mal früher abholen. Es ist ein Mosaik aus vielen Einzelteilen, die im Moment gut zusammenpassen.

 

Gab es denn auch mal eine Zeit, in der es nicht zusammengepasst hat?

Erschöpfungsphasen kennt, glaube ich, jede Führungskraft und jede Mutter… Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich beide Teile meines Lebens – Familie und Job – irgendwie gegenseitig befruchten. Ich ziehe die Kraft für die Arbeit aus der Zeit mit meinen Kindern und umgekehrt.

 

Welche Eigenschaften helfen Ihnen, die Doppelbelastung zu bewältigen?

Als Mutter oder Vater mit einem stressigen Job braucht man eine gewisse Art von Resilienz, eine hohe Bereitschaft zur Flexibilität und man muss Hilfe annehmen können. Hinzukommt, dass man sich von einem gewissen Perfektionismus verabschieden muss, denn der führt nur zu einem dauerhaft schlechten Gewissen – nach dem Motto: „ich bin nicht genug bei meiner Arbeit“/ „ich bin nicht genug bei meinen Kindern“.  Ich versuche in dieser Hinsicht gelassen zu bleiben und darauf zu vertrauen, dass es meinen Kindern gut geht, wenn ich nicht bei ihnen bin, und dass auch die Welt bei den Stadtwerken nicht untergeht, wenn ich mit meiner Tochter Hausaufgaben mache oder meinen Söhnen auf dem Spielplatz bin und dabei nicht ständig aufs iPhone schaue.

 

Kann man das lernen, nicht perfekt sein zu wollen?

Ich bin selbst noch dabei… Aber Zwillinge sind eine sehr gute Schule! Durch sie habe ich definitiv gelernt, um Hilfe zu bitten und Hilfe anzunehmen und nicht den Anspruch an mich zu haben, dass ich alles selbst machen muss.

 

Können Sie das auch in der Arbeit?

Ich habe kein Problem damit, Arbeit zu delegieren – auch weil ich weiß, dass ich meinen Mitarbeitern vertrauen kann und sie bei Problemen zu mir kommen.

Und mein Chef und meine Umgebung geben mir schon das Gefühl, dass es okay ist, eine Familie zu haben und parallel einen Führungsjob. Unser Geschäftsführer hat selbst drei Kinder und sagt auch mal „heute muss ich gehen, weil bei den Kindern dieses und jenes ist“. Solche Vorbilder sind enorm wichtig – egal ob als Mann oder als Frau. Meine Mitarbeiter finden es gut, wenn ich offen sage: „Heute Nachmittag geht nicht, weil bei meinen Kindern im Kindergarten Weihnachtsfeier ist“ – weil sie wissen, dass auch sie sich nicht hinter irgendwelche Ausreden verstecken müssen, wenn sie wegen „Familien-Verpflichtungen“ mal früher gehen müssen.  Ich kann nicht Vereinbarkeit und Familienfreundlichkeit predigen, wenn sie nicht selbst vorlebe.

 

Genießen Ihre Mitarbeiter auch besondere Freiheiten?

Wenn Sie unter Freiheiten verstehen, dass Mitarbeiter mal ihre Kinder ins Büro mitbringen, früher gehen oder von zuhause arbeiten können – ja, dann genießen meine Mitarbeiter viele Freiheiten. Für mich sind das aber eher Selbstverständlichkeiten. Natürlich kann sich aber auch nicht jeder grenzenlos selbstverwirklichen – auch wenn viele in Teilzeit oder mal im Homeoffice arbeiten, muss trotzdem noch eine Abteilungsbesprechung mit allen möglich sein. Aber mit guter Kommunikation und Flexibilität von allen Seiten ist wirklich vieles machbar.

 

Was raten Sie anderen Müttern, die ebenfalls ohne Karriererückschritte aus der Elternzeit zurückkehren möchten?

Kontakt halten und mit offenen Karten spielen! Während der Elternzeit habe ich gelegentlich mit meinem Chef telefoniert, war mit Kollegen Mittagessen oder bin mit den Kindern mal im Büro vorbeigegangen. Und ich habe mir schon vor der Elternzeit konkrete Gedanken gemacht, wann und in welchem Umfang ich zurückkommen will und habe das sehr offen mit meinem Chef besprochen. Offene Kommunikation zwischen Führungskraft und Mitarbeiterin ist elementar. Denn auch für den Arbeitgeber ist die Planung oft schwierig, wenn Mitarbeiterinnen nur mit der gesetzlich festgeschriebenen Ankündigungsfrist von acht Wochen zurückkehren wollen. Ich habe aktuell vier schwangere Mitarbeiterinnen im Bereich, mit allen besprechen wir sehr aktiv ihre Pläne bezüglich Elternzeit und Wiedereinstieg. Und manchmal ergeben sich in der Elternzeit tolle Chancen – eine Mitarbeiterin von mir hat beispielsweise ihr gesamtes Führungskraft-Entwicklungsprogramm in der Elternzeit absolviert und fand das super.

 

Kennen Sie denn die Angst vor dem Scheitern?

Ja klar, als mein Chef mir die Führungsposition angeboten hat, hatte ich auch Vorbehalte und habe ihn auch ganz offen gefragt: „Was ist, wenn meine Jungs jetzt alle zwei Wochen krank sind? Wirst Du das dann immer noch für eine gute Idee halten?“ Aber wir haben gesagt, „wir probieren es!“ Und wenn es nicht geklappt hätte, wäre es auch nicht schlimm gewesen. Ich finde, man kann Entscheidungen immer revidieren, ohne das Gesicht zu verlieren. Zu sagen: „Ich habe es probiert und es passt nicht zu mir oder zu meiner jetzigen Lebensphase“ zeichnet für mich eher eine starke Persönlichkeit aus. Karriere wird zu oft als reine Aufwärtsbewegung wahrgenommen. Gerade wir Frauen machen uns oft im Vorfeld zu viele Gedanken und verpassen dadurch manchmal Chancen. Wir brauchen ein bisschen mehr Mut, etwas auszuprobieren, von dem wir nicht immer vorher schon wissen, ob es funktioniert. Und wir brauchen auch mutige (männliche wie weibliche) Führungskräfte, die z.B. sagen: „Komm, wir versuchen es mit einer Führungskraft in Teilzeit oder einem Jobsharing-Tandem“.

 

Hatten Sie denn so eine männliche Führungskraft?

Ja, ich hatte mit meinem Chef großes Glück. Selbst bei den Stadtwerken ist es nicht alltäglich, dass man direkt aus der Elternzeit mit Zwillingen in eine Führungsposition befördert wird. Er hat von Anfang an gesagt „wir schaffen das“ und wollte ein Zeichen für Vereinbarkeit setzen.

 

Das ist ihm gelungen!

 

Interview: Julia Schmid

 

Diese beiden Topfrauen leiten zusammen den Bereich Telekommunikation bei den Stadtwerken München im Topsharing-Modell:

Topsharing par excellence bei den SWM

 

Hier findet ihr einen Beitrag über das Frauennetzwerk der Stadtwerke München:

SWM-Frauennetzwerk: „Der Austausch gibt so viel Energie!“

 

Und hier geht’s zu einer mutmacher.in, die sich in einer Männerdomäne durchgesetzt hat:

Mutmacher.in für MINT-Berufe

Mutmacher.in für Vorreiterrollen

Wir brauchen Mutmacherinnen – Karrierefrauen, die keine Superheldinnen sind, sondern alltagstaugliche Vorbilder! So eine wie Katharina Heininger, Sachgebietsleitung SAP-Anwendungen bei der GEWOFAG Holding GmbH. Katharina Heininger ist eine Frau des Machens, sie packt einfach an, ohne vorher stundenlang darüber zu diskutieren. Das hat ihr im Laufe ihres Berufslebens unbewusst auch immer wieder eine Vorreiter-Rolle eingebracht. Als sie vor 16 Jahren nach wenigen Monaten Elternzeit in den Job zurückkehrte. Als sie in Teilzeit große Projekte verantwortete. Als sie sich einen Heimarbeitsplatz erkämpfte. Heute leitet die gelernte Bankkauffrau ein Sachgebiet in einer klassischen Männerdomäne. Katharina Heininger hat es ohne Studium, ohne Karriereplan und ohne Superkräfte nach oben geschafft – weil sie mit beiden Beinen im Leben steht und ihre Chancen stets genutzt hat.

 

Ihre Erfahrungen teilt Katharina Heininger morgen, am 12.10.2017, mit allen interessierten Frauen (oder gerne auch Männern) auf der Karrieremesse herCAREER. Im vom Memorandum für Frauen in Führung präsentierten KarriereMeetUp mit genau diesem Titel „Wir brauchen Mutmacherinnen – Karrierefrauen, die keine Superheldinnen sind, sondern alltagstaugliche (Role-)Models! Ein Beispiel zum Nachmachen…“, das von 16 bis 17Uhr auf der ausgewiesenen Standfläche gegenüber des Haupteingangs stattfindet, motiviert sie mit ihrer Geschichte, sich das berufliche Umfeld selbstbewusst so zu gestalten, dass es zu den eigenen Bedürfnissen passt – auch wenn es bedeutet, sich in eine Vorreiterrolle zu wagen.

 

Sie waren die erste Mitarbeiterin bei GEWOFAG, der Homeoffice genehmigt wurde. Wie haben Sie das geschafft?

Vor 16 Jahren war Homeoffice nicht so verbreitet. Das IT-System musste erst einmal Home-Office-Kompatibel gemacht werden – aber mit meiner IT-Affinität war das kein Problem. Auch ein DSL-Anschluss im Haushalt, der diesen Anforderungen genügt, war nicht selbstverständlich. Wenn ich so darüber nachdenke, war es schon eine spannende Zeit – das alles so hinzubekommen.

 

Warum war Homeoffice für Sie so wichtig?

Wir wohnen im ländlichen Münchner Umland. Mein Sohn war damals noch im Kindergartenalter und musste um drei abgeholt werden. Das hätte ich von meiner Arbeitsstätte in München aus nicht geschafft. Meine Eltern konnten ihn Mittwoch und Donnerstag um 15 Uhr nach der Betreuung abholen. Montag, Dienstag und Freitag habe ich das durch Homeoffice und Teilzeit mit 30 Wochenstunden lösen können. Als der Arbeitsaufwand immer intensiver wurde, habe ich allerdings die Stundenzahl aufgestockt und bin seitdem vier Tage im Büro. Aber der Freitag als Homeoffice-Tag ist mir nach wie vor heilig.

 

Wie kam das im Unternehmen an?

Dadurch, dass ich dafür gesorgt habe, immer erreichbar zu sein, war die Resonanz positiv! Ich wollte auf keinen Fall, dass jemand auf die Idee kommt: Hast du Home-Office, hast du frei – was man heute immer noch unterschwellig zu spüren bekommt.

 

Gab es daraufhin viele Nachahmer?

Zögerlich. Die meisten Frauen sind damals nach dem Kind üblicherweise noch drei Jahre zuhause geblieben und dann vormittags wieder eingestiegen. Heute gibt es einige, die das Modell in Anspruch nehmen. Es scheint ein gesellschaftlicher Umbruch zu sein. Da hat sich viel getan in den letzten Jahren.

 

Sie haben nach 10 Monaten in Elternzeit wieder angefangen zu arbeiten, in einer Zeit, in der Kitas noch nicht populär waren. Mussten Sie sich dafür rechtfertigen?

Eigentlich nicht, obwohl ich die einzige in der Firma war. Auch vor meiner Familie nicht. Ich stamme aus einem Gastronomiebetrieb, d.h. ich bin in meiner Kindheit einfach mitgelaufen.

Und ich würde es wieder genauso machen. Vor allem weil Josef von der Elterninitiative, in die wir involviert waren und in die ich mich auch eingebracht habe, sehr profitiert hat. Er ist gern zur Kita gegangen.

 

Hatten Sie damals ein Vorbild, an dem Sie sich orientieren konnten?

Meine Mutter, die 1966 im Alter von 22 Jahren und ledig eine Klosterwirtschaft in einem Männerkloster übernommen und 20 Jahre lang erfolgreich geführt hat. Auch meine Großmutter habe ich mehr als treibende Kraft im landwirtschaftlichen Betrieb wahrgenommen als meinen Großvater. Sie waren schon Vorbilder: Nicht nur zuhause sitzen und Mutter sein, sondern etwas auf den Weg bringen.

 

Was für ein Vorbild möchten Sie gerne für junge Frauen sein?

Ich bin eine Praktikerin, die anpackt und was macht, bevor sie eine Stunde lang darüber diskutiert. Außerdem authentisch, zuverlässig und ehrlich – für mich die wichtigsten Eigenschaften. Man hat immer noch das Bild von Karrierefrauen im Kopf: Ellbogen raus, keine Kinder. Taff sein, um in der Männerwelt zu bestehen. Aber als „normale“ Frau denkt man sich da doch: Will ich überhaupt so sein? Klar, man darf sich zwar nicht unterkriegen lassen und muss sich durchsetzen können, aber nicht mit allen Mitteln.

 

Wie sind Sie in Ihren Vorreiterpositionen umgegangen – diplomatisch oder kämpferisch?

Eher diplomatisch! Vielleicht bin ich auch deshalb nach meiner Ausbildung zu Bankkauffrau nicht bei der Bank geblieben. Wenn ich Kunden ein Produkt angeboten habe und sie hatten kein Interesse, dann wollte ich gar nicht mehr aufdringlich sein und habe es gleich gut sein lassen. Offensiv fordernd mag ich nicht an die Dinge rangehen. Wenn ich merke, es führt nicht zum Erfolg, bin ich recht schnell raus.

 

Wie müssen Frauen vorgehen, um nach oben zu kommen?

Auch hier Diplomatie! Vor allem den Männern gegenüber. Zu wissen, wie man die Männer packen muss. Nicht zu forsch, nicht zu nett.

 

Sie sind nach der Banklehre im IT-Bereich gelandet – wie kam es dazu?

Technik war schon immer ein „Favouriten“ von mir. Als ich mit 13 Jahren einen Commodore 64 bekommen habe (A.d.R.: Heimcomputer der 80er), habe ich für meine Eltern eine Speiseplan-Schreibprogramm geschrieben, weil ich in der Gaststätte immer die Speisekarten auf Blaupause Papier schreiben und durch die Maschine kurbeln musste, zum Duplizieren. Das war mir natürlich zu blöd.

Als bei GEWOFAG eine IT-Stelle ausgeschrieben war, habe ich mich darauf beworben. Das war damals noch nicht die IT wie wir sie heute kennen. Dieses Wissen konnte man sich in Kursen aneignen. Auch eine Weiterbildung im IT-Bereich gab es noch nicht. Ich habe 1994 dann den Fachwirt für Grundstücks- und Wohnungswirtschaft gemacht und musste mich noch vor der IHK rechtfertigen: „Was hat denn IT mit Wohnungswirtschaft zu tun?“

 

Und jetzt sind Sie eine von den begehrtesten Köpfen am Arbeitsmarkt!

Weil ich Fachliches mit IT-Bereich verweben kann. Ich habe auch die Ausbildereignung erworben – selbst die Ausbildung eines Informatik-Kaufmanns musste ich erstmal bei der IHK durchsetzen.

 

Bilden Sie immer noch aus?

Leider geht das zeitlich nicht mehr.

 

War das fehlende Studium irgendwann ein Hindernis beim Aufstieg?

Direkt wurde es nie gesagt. Aber ich habe mich auch nie auf Positionen beworben, für die es gefordert war. Ich glaube schon, dass es für manche Positionen fehlt.

 

Es heißt, die Akademisierungswelle würde dazu führen, dass am Arbeitsmarkt vorbei ausgebildet wird. Gleichzeitig fehlen junge Frauen in technischen Berufen. Was würden Sie jungen Frauen raten, die Ihnen nacheifern wollen?

Interessante Frage – auch weil ich selber ein Kind habe, das jetzt Abitur macht. Ich würde meinem Sohn sagen, mach zuerst eine Ausbildung und überleg dir dann ob und was du studieren möchtest. Er wird noch nicht volljährig sein, wenn er sein Abi hat. Ich finde es nicht schlecht, erstmal zu arbeiten, um zu sehen, was Arbeiten überhaupt ist. Allerdings finde ich es für mich persönlich schade, dass ich nicht nach der Ausbildung gesagt habe, jetzt studiere ich noch Informatik. Aber jetzt muss ich das auch nicht mehr nachholen 😉

 

Interview: Julia Schmid

 

Hier geht’s zu einer anderen mutmacher.in, die als Führungsfrau im MINT-Bereich arbeitet:

Mutmacher.in für MINT-Berufe

 

So engagiert sich die GEWOFAG für Mixed Leadership:

Die GEWOFAG engagiert sich aktiv für Mixed Leadership auf allen Führungsebenen

Mutmacher.in für MINT-Berufe

Frauen in MINT-Berufen – immer noch eine große Baustelle. Zu Wenige können sich für die Inhalte begeistern, die nach wie vor auf männliches Publikum zugeschnitten sind. Zu Wenige finden weibliche Vorbilder, an denen sie sich orientieren können. Wir haben eine Führungsfrau in der IT gefunden, die große Lust aufs Nachahmen macht: unsere mutmacher.in Bianca Nunnemann, Bereichsleiterin DV-Infrastruktur bei der LVM Versicherung. In ihren beinahe 25 Dienstjahren ist die ehemalige Systemprogrammiererin die Karriereleiter kontinuierlich emporgestiegen, hat dabei auch mal eine Stufe übersprungen, verantwortet heute diverse Aufgabenbereiche für unterschiedliche Server-Plattformen und leitet zwei Teams. Bianca Nunnemann hat zwei Kinder im Jugendalter und inspiriert uns mit den Worten Walt Disneys: „Alle Träume können wahr werden, wenn wir den Mut haben, ihnen zu folgen.“

 

Sie arbeiten in einem noch sehr männlich dominierten Bereich – warum haben Sie sich für die IT entschieden?

Mathematik und Naturwissenschaften waren schon in der Oberstufe meine Lieblingsfächer und ich hatte zusätzlich einen Kurs Programmierung, der mir sehr viel Spaß gemacht hat. Logisches Denken und Zusammenhänge erkennen, finde ich interessant und spannend.

 

Welche Eigenschaften haben Ihnen geholfen, sichtbar zu werden und in Führungspositionen zu kommen?

Meine Eigenschaften wie Zielstrebigkeit, Eigenständigkeit und Verbindlichkeit und die Bereitschaft neue Themen anzugehen haben mir geholfen innerhalb der IT sichtbar zu werden. Mut und der Wille gehören für mich zum Aufzeigen dazu und eine gewisse Flexibilität und Anpassungsfähigkeit ohne den Verlust der eigenen Identität.

 

Hatten Sie auf Ihrem beruflichen Weg ein Vorbild, an dem Sie sich orientieren konnten oder jemanden, der Ihnen Mut gemacht hat?

Ein wirkliches Vorbild gab es nicht. Ich hatte einige sehr freundliche und kompetente Kollegen, die mich gefordert und gefördert haben, indem sie mir auch das Vertrauen und die Verantwortung für Aufgabenbereiche, Projekte und neue Themengebiete gegeben haben.

 

Gab es in Ihrer Kindheit Helden?

Bewundert habe ich als Kind eher Schornsteinfeger, die auf Dächern rumlaufen konnten, ohne herunterzufallen 🙂

 

Sie haben zwei Kinder im Jugendalter – was raten Sie Ihnen für den weiteren Weg?

Eine schwierige Frage, denn viele Erfahrungen müssen Kinder selbst machen um sie wirklich zu verstehen. Dafür gebe ich ihnen mein Vertrauen. Und gerade Kinder im Jugendalter hören nicht immer auf Worte von Eltern, die man jetzt sagt, sondern erinnern sich hoffentlich später daran. Wichtig finde ich, dass gerade in der heutigen Zeit meine Kinder die Grundwerte Achtsamkeit, Respekt und Wertschätzung nicht vergessen. Für die eigene Person nicht und nicht im Zusammenleben mit anderen. Und dem Smartphone sollte man nicht so viel Bedeutung geben, da durch die Benutzung die soziale Kompetenz nicht gerade gefördert wird. Auch die Digitalisierung erfordert Regeln.

 

Was muss geschehen, dass sich mehr Frauen für Ihren Bereich begeistern?

Der Mangel von Frauen in der IT ist ja ein generelles Problem. In der FAZ von März 2017 gibt es einen Artikel, der besagt, dass es ein Projekt gibt, wie Studieninhalte der Informatik besser dar- oder herausgestellt werden sollten, um sie für Frauen ansprechender und interessanter zu machen. Möglicherweise hilft das. Allerdings wird der Veränderungsprozess in der Gesellschaft noch andauern, wo Technik oder Informatik nach dem traditionellen Rollenbild nur mit Männern verbunden wird. Meine Erfahrung ist, dass Frauen genauso leistungsfähig in IT-Themen sein können wie Männer und manchmal nur unterschätzt werden. Tatsächlich ist der Frauenanteil mit ca. 20% in meinem Bereich im Verhältnis zu den anderen Bereichen in unserer Abteilung sehr hoch.

 

Welche Art von Vorbild möchten Sie gerne für junge Frauen darstellen?

Mutig zu sein, sich etwas zu trauen und auch mal Angst vor der eigenen Courage zu haben. Frauen neigen dazu, sich selbst zu hinterfragen – das kann man mal, aber nicht so oft. Einfach mal „machen“ – und dabei an sich zu glauben. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Frauen besser sein mussten als männliche Kollegen, um aufzufallen oder wirklich ernst und wahrgenommen zu werden.

Natürlich wollen wir Frauen durch unsere Leistungen weiterkommen und nicht nur weil wir Frauen sind, dennoch stehen Frauen mehr oder anders unter Beobachtung als Männer. Darauf sollten junge Frauen sich einlassen. Wichtig ist authentisch zu bleiben, sich nicht verstellen zu wollen. Wenn man mit Freude an die Aufgaben herangeht und andere begeistern kann – läuft das eine oder andere allein. Geduld und eine gewisse Robustheit schadet nicht. Besser ist es auch, manches gelassener anzugehen – aber vielleicht ist das auch eine Tugend, die kommt, wenn man älter wird 🙂

 

Was waren die größten Herausforderungen auf Ihrem Weg?

Eine Herausforderung war, das Gleichgewicht zwischen Arbeit und Familie zu halten, als die Kinder noch klein waren. Perfektionismus abzulegen und auch mal Abstriche machen zu müssen, ist etwas, was durchaus herausfordernd ist.

 

Wie haben Sie es dennoch geschafft, Job und Familie zu vereinbaren und sich stetig weiterzuentwickeln?

Grundlegend mochte ich immer schon meinen Beruf und ich arbeite gern. Außerdem wollte ich immer unabhängig sein, auch finanziell. Auf Kinder wollte ich aber auch nicht verzichten. Leider waren keine Großeltern in unmittelbarer Nähe, so dass ich auf Ganztagsbetreuungen angewiesen war. Organisationsgeschick ist da gefragt und der Spaß an der Arbeit erleichtert es, wenn man sich weiter entwickeln möchte. Es war nicht immer einfach und ich denke, es gehört eine Menge Disziplin und Improvisationsfähigkeit dazu. Die Zeit mit meinen Kindern habe ich immer genossen und ich habe diese, da ich sie nicht immer um mich hatte, auch intensiv erlebt.

 

Einige Frauen scheitern nach wie vor an der Vereinbarkeitsproblematik – was kann aus Ihrer Sicht das Unternehmen leisten, um Frauen in dieser Hinsicht zu unterstützen und zu halten?

Naja, zuerst einmal stellt sich die Frage, warum das meistens ein Problem der Frauen ist. Da könnte sich neben dem Unternehmen auch noch anderes ändern. Mittlerweile gibt es eine eigene LVM Kindertageseinrichtung, was ich sehr gut finde. Leider war sie zu der Zeit, als ich sie benötigt habe, noch nicht vorhanden. Außerdem bieten wir als Unternehmen für einige Altersstufen Kinderbetreuung in den Ferien an, was für Mütter und Väter hilfreich ist. Da der Tagesablauf mit Kindern nicht immer vorhersehbar ist, hätten hochflexible Arbeitszeiten Vorteile, wenn man sich aussuchen kann, zu welchen Tageszeiten die Tätigkeiten erledigt werden.

In der IT, wo es viele Besprechungstermine mit anderen Kollegen gibt, ist das allerdings schwierig. Ad-hock Betreuung für kranke Kinder wäre dann gut, die Stundenweise einspringen könnten, um wichtige Termine wahrnehmen zu können.

 

Würden Sie rückblickend alles wieder genauso machen? Oder gibt es etwas, das Sie bereuen?

Ja, ich würde den Weg ähnlich gehen – genauso vielleicht nicht, da ich weiß, welche Dinge nicht so gut gelaufen sind, aber generell gibt es nichts, was ich bereue. Denn neben dem eingangs erwähnten Zitat von Walt Disney, passt auch dieser Satz von Henry Ford gut zu mir: „Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist.“

 

Interview: Julia Schmid

 

Hier geht’s zu einer anderen mutmacher.in, die in einem männlich dominierten Umfeld arbeitet:

Mutmacher.in für Erfolg im Job

 

Mutmacher.in für “Kids First”

Ein Jahr in Elternzeit gehen, danach das Kind in die Kita bringen und mit mindestens 60% in den Job zurückkehren, dabei bloß keinen Karriererückschritt in Kauf nehmen. Dieser Trend zeichnet sich seit einigen Jahren bei berufstätigen Müttern immer stärker ab. Auch in den meisten unserer MFF-Interviews erzählen erfolgreiche Frauen, wie wichtig ihr schneller Wiedereinstieg nach den Kindern für ihre berufliche Laufbahn war. Doch dieser Weg soll kein Credo für alle sein. Es gibt auch viele Frauen (oder Männer), die gerne länger zu Hause bleiben und Zeit mit ihren Kindern verbringen möchten.

 

So wie unsere mutmacher.in Ursula Beck. Die Diplom-Betriebswirtin nahm über fünf Jahre lang Elternzeit, wartete bis der jüngere ihrer beiden Söhne das Kindergartenalter erreicht hatte und entschied sich erst dann für einen Wiedereinstieg bei ihrem langjährigen Arbeitgeber BayernLB. Und siehe da: Auch für sie ging es im Unternehmen weiter. Mittlerweile ist die 41-Jährige als „Spezialistin HR Consulting“ für die Beratung von Führungskräften diverser Fachbereiche, Personalmarketing und Sonderprojekte zuständig. Ihr Weg in der BayernLB – vom Traineeprogramm über mehrere Referentenstellen bis hin zur Spezialistin und wahrscheinlich noch weiter – macht Mut, sich von gesellschaftlichen Erwartungen nicht unter Druck setzen zu lassen und die Zeit zu nehmen, die man für die Familie und das eigene Wohlbefinden braucht. Denn damit hat Ursula Beck vollkommen Recht: „Wenn meine Söhne 16 und 18 Jahre alt sind, habe ich immer noch das halbe Arbeitsleben vor mir, um mich voll und ganz auf meine Karriere zu konzentrieren.“

 

Mit welchen Gefühlen haben Sie ihren ersten Arbeitstag nach der fünfjährigen Elternzeit begonnen?
Ursula Beck: Natürlich war ich aufgeregt, wie bei jedem „Neuanfang“. Ich habe mich aber auch wahnsinnig gefreut, wieder arbeiten zu dürfen.

 

Haben Sie sich vor Ihrem Wiedereinstieg viele Sorgen gemacht?
Klar. Gedanken wie: Schaffe ich die Doppelbelastung? Bin ich fachlich noch up-to-date? Wie wird es für die Kinder sein, acht Stunden im Kindergarten zu verbringen?

 

Was war die größte Herausforderung nach Ihrer Rückkehr aus der Elternzeit?
Selbst wenn man danach ins gleiche Unternehmen zurückkehrt, ist es quasi ein absoluter Neuanfang: neue Strukturen, neue Führungskräfte, neue Kollegen. Als ich zurückkam, gab es meine alte Einheit nicht mehr und meine Stelle wurde der Nachwuchsentwicklung zugeordnet. Aber ich habe mich mit Sicherheit wesentlich schneller wieder eingefunden als eine Externe. Daher konnte ich bald wieder Verantwortung übernehmen. Ich habe mich aber auch aktiv dafür eingesetzt.

 

Was bedeutete die lange Elternzeit für ihre Karriere?
Es war definitiv erstmal ein Rückschritt. Bevor ich schwanger wurde, war angedacht, dass ich im Folgejahr in ein „Nachwuchsförderprogramm“ komme. Nach der Elternzeit ließ sich das Teilzeit nicht realisieren. Außerdem mussten gerade die neuen Führungskräfte mich und meine Arbeit erst einmal kennenlernen. Das dauert einfach.
Andererseits muss ich heute sagen: Statistisch gesehen habe ich mein halbes Arbeitsleben hinter mir, wenn meine Söhne 16 und 18 Jahre alt sind. D. h. ich habe die zweite Hälfte vor mir, in der ich mich voll und ganz auf meine Karriere konzentrieren kann.
Wir sollten uns daran gewöhnen, dass die Zeiten der linearen Karriereentwicklung vorbei sind – für Männer und für Frauen.

 

Wie haben Sie es danach geschafft, nach Ihrer Elternzeit Job und Familie zu vereinbaren und sich stetig weiterzuentwickeln?
Kurz gesagt: Organisationsgeschick, Familienbande und Hartnäckigkeit. Aber natürlich zählen auch offene Führungskräfte dazu, die es auch in Teilzeit ermöglichen, anspruchsvolle Tätigkeiten in Eigenverantwortung zu übernehmen. Auch ein gutes und verlässliches Netzwerk, sowohl im Job als im Privatleben, sind von unschätzbarem Wert. Wir Kindergarten-Muttis haben uns z.B. oft gegenseitig geholfen. Auch wohnen meine Eltern „nur“ knappe 150 km entfernt, so dass diese – zwar nicht für 2 Stunden am Nachmittag – aber für längere Betreuungszeiträume auch mal zur Unterstützung kamen.

 

Welche Eigenschaften haben Ihnen geholfen?
Organisationsgeschick ist das A und O. Darüber hinaus war ich schon immer sehr flexibel – im Übrigen auch mein Mann und meine Führungskräfte. Dadurch ist mit genügend Vorausplanung fast alles möglich. Und ein gewisser Pragmatismus hilft ebenfalls. Ich habe mir z. B. sehr bald eine Putzhilfe gesucht und mich um die Möglichkeit eines mobilen Arbeitsplatzes bemüht.

 

Was heißt in Ihrem Fall „mobiler Arbeitsplatz“ und wie füllen Sie diesen aus?
Ich habe einen Laptop zu Hause, mit dem ich mich „einloggen“ kann. So kann ich je nach Bedarf mal einen ganzen Tag zu Hause arbeiten (Kind krank, Ferien, etc.) oder mal nachmittags früher nach Hause. Gerade zu Kindergartenzeiten gab mir das die Möglichkeit, auch „Akut“-Aufträge flexibel zu bearbeiten und mein Kind trotzdem pünktlich abzuholen. Ich habe aber ehrlicherweise auch kein Problem damit, wenn die Kinder im Bett sind, noch ein wenig zu arbeiten.

 

Einige Frauen scheitern nach wie vor an der Vereinbarkeitsproblematik – was kann aus das Unternehmen leisten, um Frauen in dieser Hinsicht zu unterstützen?
Flexible Arbeitsmodelle, die Möglichkeit zum Homeoffice oder Eltern-Kind-Büros – wenn mal die Betreuung ausfällt und man trotzdem vor Ort sein muss. Wir haben Eltern-Kind-Büros bei der BayernLB und sie werden gerne und gut genutzt. Diese Büros sind kindersicher eingerichtet und verfügen über eine Spielecke mit Spielzeug. Aber das Wichtigste ist, Frauen, die in Teilzeit arbeiten, als Mitarbeiter ernst zu nehmen. Die Meinung, dass Frauen ihre „Stündchen“ im Büro eher als Hobby sehen oder mit ihrer Arbeit nur einen kleinen Teil zur Familienkasse beizutragen, ist leider immer noch weit verbreitet.

 

Wie sieht ihr derzeitiges Arbeitsmodell aus?
Bis letztes Jahr habe ich 50 % gearbeitet. Nachdem ich mich aber bankintern neu orientiert habe und mein Mann parallel entschieden hat, eine berufliche Auszeit zu nehmen, arbeite ich zurzeit 100 %. Sie können mich aber gerne noch einmal nächstes Jahr fragen 😉

 

Dann tauschen Sie jetzt quasi mit ihrem Mann Rollen?
Ja, mein Mann übernimmt nun zu Hause ein paar mehr Aufgaben als vorher und entlastet mich damit. Es ist letztendlich wie im Job: nach einer gewissen Einlernphase läuft es immer besser und besser. Mein freier Vormittag pro Woche, der fehlt mir aber ab und an.

 

Wenn Sie an Ihre Kindheit zurückdenken: Gab es eine Heldin, die Sie bewundert haben?
Mit Sicherheit meine Oma. Wenn man zwei Weltkriege miterleben musste, mit kleinen Kindern und ohne Mann aus der Heimat vertrieben wird und immer wieder aus dem Nichts etwas aufbaut. Dennoch war sie zufrieden mit ihrem Leben.
Wenn ich also mal wieder vor den vielen – oft selbst gemachten – Problemchen unserer Zeit stehe, quasi auf hohem Niveau jammere, dann relativiert so ein Blick zurück Vieles.

 

Welche Art von Vorbild möchten Sie gerne für junge Frauen darstellen?
Sie sollten sich nicht zur sehr von gesellschaftlichen Erwartungen, schnell wieder in den Beruf zurückkehren zu müssen, unter Druck setzen lassen. Es ist auch wunderschön, die Entwicklung der Kinder so intensiv miterleben zu können. Es sollte einfach jeder die Freiheit haben, das für sich selbst herausfinden und entscheiden zu können.
Außerdem finde ich es wichtig, in die eigenen Fähigkeiten zu vertrauen und hierbei ruhig hartnäckig zu sein. Wir Frauen neigen immer noch dazu, uns selber zu sehr zu „relativieren“, eher unsere Unzulänglichkeiten zu sehen als unsere Potentiale. Das muss aufhören.

 

Würden Sie rückblickend alles wieder genauso machen?
Ich würde von Anfang an hartnäckiger sein und mir selber mehr zutrauen. Meine fünf Jahre Elternzeit möchte ich mir auch im Nachhinein nicht nehmen lassen. Ich habe viele schöne Sachen mit den Jungs erlebt und die Zeit sehr genossen. Für mich war diese Zeit sehr wertvoll. Hierbei möchte ich nicht wertend sein. Jeder sollte diese Entscheidung für sich treffen.

 

Interview: Julia Schmid

 

Hier geht’s zu einer weiteren mutmacher.in:

Mutmacher.in für Dual Career

Und wenn ihr etwas über die Elternzeit aus männlicher Sicht lesen möchtet, dann ist unser Interview mit Daniel Jagar sehr zu empfehlen:

„Elternzeit ist kein Karrierehemmnis“