Netzwerken – mutig, vielschichtig, lebendig

Christiane Wolff ist aus unserer Sicht eine Netzwerk-Ikone. Warum sie Frauennetzwerke für so wichtig hält, erzählt sie uns in diesem Interview.

 

CC: Frau Wolff, Sie sind seit kurzem selbständig als Kommunikations- und Positionierungsexpertin und haben lange Zeit in Führungsrollen in Agenturen gearbeitet – zuletzt als Chief Marketing Officer DACH für die Agenturgruppe Dentsu. Sie sind aber auch seit 20 Jahren die Netzwerk-Ikone, die Frauen mit ihren Netzwerken stets ermutigt sichtbar zu werden, über ihre Herausforderungen zu sprechen und sich gegenseitig zu unterstützen. Welche Bedeutung haben für Sie Frauennetzwerke?

 

Ch. Wolff: Netzwerken bedeutet für mich extrem viel. Für meine berufliche Karriere, aber auch für mich persönlich. Mein Netzwerk gibt mir die Freiheit, das zu tun, was ich wirklich tun möchte. Fast alle meine beruflichen Schritte habe ich aufgrund meines Netzwerks gemacht und auch in meinen jeweiligen beruflichen Positionen hat mir mein Netzwerk immer wieder neue Impulse, Inspirationen und natürlich auch Ideen und Antworten gegeben, wenn ich nicht weiter wusste.
Es ist eine ständige Inspiration und Unterstützung, die ich für meine Karriere als elementar empfinde. Ein Netzwerk aufzubauen und zu pflegen erfordert viel Hingabe, Zeit und Engagement. Aber gibt mir als Geschenk so viel zurück, dass ich ohne mein Netzwerk nicht die Person wäre, die ich heute bin, und nicht dort wäre, wo ich heute bin.
Und mich jetzt selbständig zu machen, als Kommunikationsexpertin für Positionierung von CxOs und Führungskräften und natürlich auch weiterhin als Ambassador für dentsu, ist durch mein Netzwerk ein viel leichterer Schritt gewesen!

 

CC: Sie waren beim Thema Frauennetzwerke vor 20 Jahren ganz vorne mit dabei und haben seitdem zahlreiche Frauen inspiriert sich zu vernetzen. Was nehmen Sie selbst für sich aus dem Netzwerken mit?

 

Ch. Wolff: Netzwerken ist erst mal ganz viel Geben. Als Mensch – das sehe ich immer als eine Einheit, meine persönliche und meine berufliche Seite – überlege ich zunächst, wofür ich stehe und was meine Expertise ist und welche Erfahrungen ich in ein Netzwerk hineingeben kann. Das ist für mich immer der erste Schritt.
Und wenn ich offen bin und auf Menschen zugehe und Ihnen meine Unterstützung anbiete, mich einbringe und engagiere, dann bekomme ich diese Unterstützung in den meisten Fällen eben auch zurück. Daher habe ich ganz viel aus meinen Netzwerken mitnehmen dürfen – bis heute. Von großartigen Jobangeboten über tolle Kooperationsideen bis zur Unterstützung bei ganz kleinen Anfragen, die im täglichen To-do anfallen. Das kann eine Location sein, ein Kontakt oder eine Expertin, die ich für ein bestimmtes Thema suche.

 

CC: Gibt es aus Ihrer Sicht Unterschiede zwischen Frauennetzwerken und Netzwerken, die männlich geprägt sind?

 

Ch. Wolff: Ich erlebe in Frauennetzwerken wahnsinnig viel Offenheit und Authentizität. Das empfinde ich als sehr positiv und vertrauensvoll. Ich habe das Gefühl, Netzwerke sind für Frauen auch heute ein wichtiger Ort, um sich wirklich öffnen zu können und mit Gleichgesinnten über auch sensible Themen sprechen zu können. Daher haben aus meiner Sicht Frauennetzwerke auch weiterhin eine absolute Berechtigung und einen sehr relevanten Wert. Ich kann das natürlich bei Männern nur von außen betrachten. Und habe hier das Gefühl, dass Männer sich entspannter unterstützen. Sei dies ein neuer Job, ein Kontakt oder eine Empfehlung. Und es auch als selbstverständlich zu sehen, bei bestimmten Tätigkeiten oder Unterstützungen eine Rechnung zu stellen. Da tun wir Frauen uns in beiden Punkten noch sehr schwer.

 

CC: Was können Männernetzwerke von Frauen lernen und was können Frauennetzwerke von Männern lernen?

 

Ch. Wolff: Das sind genau die beiden Punkte, die ich oben genannt habe. Ich glaube, wir Frauen dürfen und müssen uns noch viel selbstverständlicher gegenseitig empfehlen und für neue Jobs, Positionen oder Projekte ins Gespräch bringen. Ich weiß auch nicht genau, warum wir uns hier so schwertun. Ist es die Angst, jemanden zu empfehlen, ohne sicher zu sein, dass sie die Rolle auch erfolgreich erfüllt? Hier habe ich noch keine wirkliche Antwort oder auch Lösung gefunden.
Und ich glaube, Männer können sich bei uns eine Scheibe abschneiden, wenn es darum geht, eigene Ängste und auch Fehler öffentlich zu machen und darüber im vertrauten Kreis zu sprechen.

 

CC: Nach einer Phase als selbständige Unternehmerin und Ihrer Rolle als CMO Dach bei dentsu haben Sie nun eine neue Herausforderung als selbständige Kommunikationsberaterin gesucht und gefunden. Sie sind zudem auf allen Social Media Kanälen aktiv und organisieren zahlreiche Netzwerkevents. Was treibt Sie an? Woraus schöpfen Sie Energie?

 

Ch. Wolff: Ich liebe es, Menschen zusammen zu bringen, sie miteinander zu vernetzen, Neues zu entwickeln und entstehen zu lassen und dies auch auf die Straße zu bringen. Mich treibt an, aus jeder Begegnung und mit jedem Menschen das Besondere heraus zu spüren und zu merken, wo sie oder er auf ähnlichen Themen unterwegs ist oder sich unterstützen und ergänzen kann. Ich glaube, wir sind im Miteinander viel stärker, kreativer, innovativer und erfolgreicher unterwegs. Daher glaube ich an die Kraft der Begegnung und sowohl an das berufliche als auch menschliche Wachstum, das aus dem persönlichen Austausch entsteht. Hier erwächst so viel Energie und diese Energie fasziniert mich und treibt mich an.
Deswegen mache ich mich jetzt auch genau mit diesem Thema selbstständig. Aus Menschen Marken zu machen, sie aus ihrer beruflichen Brille, aber auch aus ihrem menschlichen Sein mit allen Werten und ihrer Haltung eine Persönlichkeitsmarke gemeinsam zu entwickeln und diese dann mit allen Kräften in die richtigen Kanäle und auf die relevanten Plattformen zu bringen. Potentiale zu sehen und gemeinsam zu entwickeln – das gibt mir extrem viel Energie!

 

CC: Sie waren in vielen männerdominierten Organisationen als weibliche Führungskraft aktiv. Was sind Ihre Learnings? Wie kann es gelingen, in solchen Organisationen als Frau erfolgreich zu sein?

 

Ch. Wolff: Ich kann es zwar nicht belegen und habe hier auch keine Statistik, ich habe aber schon das Gefühl, dass wir Frauen oftmals noch besser, noch schneller und noch erfolgreicher sein müssen, um an die Spitze zu kommen. Für mich sind es neben einer persönlichen Begeisterung für meinen Job auch immer die Thinking out of the box-Ideen und Momente, die Frauen aber natürlich auch jeden Mann sichtbarer werden lassen. Einen USP in seiner Rolle zu finden und diesen auch sichtbar zu machen. Und einen schlauen Match zu finden zwischen den Werten, für die ich stehe und den Anforderungen an meinen Job und meinen beruflichen Zielen.
Sichtbarkeit zu erreichen ist auch für Frauen im Job aus meiner Sicht nicht nur wichtig, sondern elementar. Sich ein internes und externes Netzwerk aufzubauen, ein persönliches Kompetenzteam für die wirklich heiklen Fragestellungen und auch über berufliche Erfolge zu sprechen und sie ebenso sichtbar zu machen. Hier tun sich Frauen aktuell in der Regel noch schwerer als Männer.
Es mit kleinen Schritten auszuprobieren und sich im Unternehmen Verbündete zu suchen, die sich gegenseitig pushen, kann ein guter Tipp sein. Sich vorzunehmen, in jedem Meeting ein Thema zu kommunizieren, sich innerhalb des Unternehmens zu vernetzen, mit Themen-Lunches beispielsweise oder sogar ein eigenes Netzwerk zu gründen, sind sicher auch gute erste Schritte. Daneben kann sich jede Mitarbeiterin mit ihrer Expertise auch als Thought Leader innerhalb und außerhalb des Unternehmens auch als Corporate Influencerin positionieren. Es gibt heute so viele Möglichkeiten und Kanäle, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen. Einfach starten und machen!

 

CC: Viele Männer haben in ihrer Sozialisation gelernt, dass sie über ihre Erfolge sprechen müssen, um gesehen zu werden. Viele Frauen hingegen haben Bescheidenheit immer noch als Tugend in sich verankert? Wie schaffen Sie es, Frauen zu ermutigen, mit ihren Erfolgen sichtbar zu werden, anstatt sich für ihre Erfolge zu schämen?

 

Ch. Wolff: Wir haben Jahrzehnte oder Jahrhunderte lang gelernt, nicht aufzufallen. Es wird sicher noch einige Zeit dauern, bis wir diese Haltung abgelegt haben. Sich selber darüber klar zu werden, dass ich frei nach dem Motto „Tue Gutes und sprich darüber!“ auch über erfolgreiche Projekte und erreichte Ziele im Job spreche und darauf stolz bin, ist für viele daher noch nicht selbstverständlich. Aber zu wissen, dass ich nur über eine gewisse Sichtbarkeit auch die nächsten beruflichen Schritte mache, hilft enorm. Und es hat sich zum Glück in den letzten Jahren einiges getan. Ich habe das Gefühl, es gibt sehr viele wunderbare und erfolgreiche Frauen, die dies auch gerne kundtun. Und das ist gut so. Sich hier Vorbilder zu suchen und zu schauen, wie sie es umsetzen, kann auch für die ersten Schritte in die Sichtbarkeit motivieren!

 

CC: Was hat Sie selbst in Ihrem Leben ermutigt, bzw. wer oder was hat Sie ermutigt Ihren Weg zu gehen?

 

Ch. Wolff: Meine Eltern waren sehr offene, mutige und abenteuerlustige Menschen. Und sie waren und sind mir ein großes Vorbild. Sie sind immer ihren Weg gegangen und sind dabei ihren Werten treu geblieben. Sie waren bereits in den 1960er-Jahren in New York, Pakistan und Afrika mehrere Jahre zum Arbeiten. In der damaligen Zeit hieß das noch etwas ganz anderes als in der heutigen globalen und digitalisierten Welt. Die Geschichten, die Erfahrungen und die Ideen, die sie davon mitgebracht haben und die ich miterlebt und aufgesogen habe, haben mich sicher stark geprägt.
Nach den Auslandsaufenthalten sind wir nach Offenbach gezogen. Und auch das Erwachsenwerden in dieser Stadt, die von Diversity und Migration schon seit den 1950er-Jahren geprägt wurde, hat mich sicher sehr in meinem Tun und Werden begleitet. Meine Schulzeit, wenn ich hier heute aus bayrischer Sicht zurückblicke, war auch eine sehr proaktive. Wir haben sehr viel eigene Projekte auf die Beine gestellt und durften uns sehr früh schon selber ausprobieren. Ich empfand das System dort sehr partnerschaftlich und motivierend.

 

CC: Frau Wolff, Sie haben früh erkannt, dass Netzwerke wesentlich dazu beitragen, Frauen zu stärken. Sie setzen sich darüber hinaus aber auch dafür ein, das Thema „GenderDiversity“ bei Ihren Arbeitgebern immer wieder auf die Agenda zu setzen. Was würden Sie Frauen mit auf den Weg geben, die das Thema vorantreiben möchten?

 

Ch. Wolff: Wir alle wissen, dass wir nur in diversen Teams wirklich kreativ, innovativ und damit auch erfolgreich sein können. Hier braucht es immer einen Kopf im Unternehmen, der das auch wirklich auf seine Agenda setzt. Hier helfen Vorbilder aus der obersten Geschäftsführung und drum sollte man sich hier unbedingt Verbündete holen. Und gemeinsam und vielleicht auch mit externer Unterstützung Projekte aufsetzen, die sich des Themas annehmen und auch wirklich ins Tun kommen.
Wir sind es ja gewohnt, groß zu denken und das ist auch gut so. Dennoch helfen hier vielleicht auch manchmal kleine Pflänzchen, wenn es nicht gleich das große Ganze geben kann. Und ich habe in meinem beruflichen Leben die Erfahrung gemacht, dass manches Mal Themen so lange diskutiert werden, dass dann am Ende gar nichts umgesetzt wird. Und hier lautet meine Devise: Es muss nicht immer alles gleich von Anfang an perfekt sein. Lieber 80-prozentig starten und mit einer Idee im Kopf loslegen und dann kann man auf dem Weg immer noch nachjustieren und korrigieren. Aber erst mal machen!
Auch bei diesem Thema hilft es sicher, sich mit Netzwerken auseinander zu setzen und auch dort um Unterstützung zu fragen. Hier gibt es ja zum Glück sehr viele tolle Initiativen und Projekte, die man anschauen und sicher auch Unterstützung bitten kann.

 

CC: Gibt es für Sie eine zentrale Erkenntnis zum Thema Frauen in Führung, die Sie gerne noch mit uns teilen möchten?

 

Ch. Wolff: Ich habe in dieser für uns sicher oft anstrengenden, weil immer digitalen Zeit gelernt, dass es hier fast noch wichtiger ist, auch über Gefühle zu reden und auch Persönliches zu zulassen. Führung heißt für mich miteinander und gemeinsam. Partnerschaftlich und auf Augenhöhe. Wir sind hier Begleiterin, Coach und Vorbild. Diese Rolle verlangt sehr viel Aufmerksamkeit und immer wieder auch Nachjustieren. Und es auch zu schaffen, in der nicht persönlichen Kommunikation den Menschen zu sehen und zu spüren und sie oder ihn wahrzunehmen. Da haben wir als Frauen sicher aufgrund unserer Sozialisation einige Vorteile, die wir hier gut anwenden dürfen und sollten.

 

CC: Liebe Frau Wolff, ich danke Ihnen für das sehr offene, bereichernde und inspirierende Gespräch.

 

Hier der Kontakt von Christiane Wolff!

Interview mit Dr. Richard Schneebauer über die verschiedenen Rollen des Mannes, Beziehungsprobleme und Geschlechterrollen

“Nur wer sich selbst gut spürt und sich seiner Stärken und Schwächen bewusst ist, kann auch gut führen”

 

Nach vielen Jahren Frauenförderung hat sich die Wahrnehmung durchgesetzt, dass Frauen gefördert werden müssen, damit wir dem Ziel „Mixed Leadership“, also gleichberechtige Teilhabe von Frauen und Männern an Führung näherkommen. Wir haben aber in den letzten Jahren gesehen, dass wir dem Ziel nicht wirklich näherkommen, wenn Männer sich ihrerseits für das Thema nicht einsetzen. Wie gelingt es Männer davon zu überzeugen, dass es sich auch für sie lohnt?

 

Langsam sickert es zu den Männern durch, dass das Mauern und Festhalten am Alten auch an ihnen zerrt. Aber natürlich verunsichern solche Veränderungen, auch wenn das im Alltag kaum ins Bewusstsein durchdringt. Was es braucht ist nicht nur Power und starke Forderungen der Frauen, es braucht zusätzlich auch Angebote, die sich direkt an Männer richten. Sonst haben sie immer das Gefühl, bei Frauenthemen mitmachen und sich selbst aufgeben zu müssen. Welche Vorteile gemischte Teams und veränderte Rollenbilder für uns Männer bringen, müsste auch stärker unter Männern thematisiert werden.

 

Herr Schneebauer, Sie sagen „Frauen haben sich seit Jahren auf den Weg für mehr Gleichberechtigung gemacht. Jetzt sind die Männer dran, gemeinsam zu überlegen, wie sie den Weg gehen wollen“. Wie könnte dieser Weg aus Ihrer Sicht aussehen?

 

Es entsteht gerade in vielen Bereichen, dass Männer sich mehr reflektieren, dass sie in neuer, weniger konkurrenzbehafteten Art zusammenkommen und überlegen, wie sie ihr Leben und ihr Mannsein gestalten wollen. Männerforschung ist nun Teil der Genderforschung. Männerberatung etabliert sich. Unternehmen stehen zwar erst am Anfang, aber auch hier wird vielen PersonalerInnen bewusst, dass es neben Angeboten für Frauen auch solche für Männer geben sollte, um das gute Miteinander zu fördern.

 

 Letztlich, so machen Sie in Ihren Büchern deutlich, haben Frauen und Männer ähnliche Bedürfnisse, Ängste, Unsicherheiten, nur gesteht die Gesellschaft Frauen offenbar eher zu darüber zu sprechen, ohne dass sie dann gleich als schwach abgestempelt werden. Wie können Frauen Männer dazu ermutigen, vielschichtiger zu sein.

 

Indem sie die Männer immer wieder ermutigen und gleichzeitig auch ihr eigenes Denken hinterfragen. Die meisten Frauen haben in Wahrheit noch Probleme damit, wenn ihr Partner, ihr Kollege oder Chef eine „schwächere“ Seite zeigt. Insofern müssen beide Seiten dazulernen. Sehr viele Männer kommen übrigens auf Druck der Partnerin zum ersten Gespräch. Wenn er danach für sich selbst kommt, ist der größte Schritt schon getan, das zeigt, dass „ermutigen“ Sinn machen kann!

 

In Ihrem ersten Buch „Männerabend“ sprechen Sie dieProblematik an, dass Männer sich zwar treffen und Dinge miteinander unternehmen, aber gemeinsam über Schwierigkeiten und eigene Herausforderungen sprechen, eher selten vorkommt. Warum ist es aus Ihrer Sicht wichtig, dass Männer gute Freunde haben, mit denen sie reden?

 

Ja, das ist leider tatsächlich immer noch so, vor allem bei denen ab 30. Sie sprechen zwar darüber, was passiert ist, aber selten wie es ihnen dabei gegangen ist. Das fehlt Männern für ihre innere Sicherheit. Denn es entlastet ungemein, zu erkennen, dass doch letztlich alle ihre Themen haben, ihre Sorgen, ihre Probleme, die Momente, wo man sich eben nicht stark und heldenhaft fühlt. Im Kopf wissen das die Männer heute, aber im realen Erleben ist sehr viel Luft nach oben. Ein offenes und wertschätzendes Gespräch unter Männern ist Gold wert. Wenn sie ohne Abwertung oder spontane kumpelhafte Aufmunterung a lá „Andere Mütter haben auch schöne Töchter!“ zusammenkommen können, dann geht das tief, gibt enorm viel Kraft und Lebensfreude.

 

In Ihrem Buch „Männerherz“ steht das Thema „Beziehung“ im Vordergrund. Sie bringen auch persönliche Erfahrungen einer Trennung mit ein. Warum ist es für Männer wichtig, sich stärker mit dem Thema Beziehung zu beschäftigen? Welche Bedeutung hat das auch für das Miteinander von Frauen und Männern im Berufsalltag.

 

Traditionell haben Männer das Thema Beziehung nach der Eroberung eher an die Frau ausgelagert. Das funktioniert heute nicht mehr so gut, Frauen wollen mehr und nehmen abwesende Männer nicht mehr so hin. Wir Männer dürfen nicht einfach zu vieles Recht machen wollen, sondern müssen uns selbst damit beschäftigen, was wir möchten, empfinden, wie wir das gut rüber bringen usw. Was das für die Zusammenarbeit auf allen Fronten bringt, liegt wohl auf der Hand. Nur wer sich selbst gut spürt und sich seiner Stärken und Schwächen bewusst ist, kann auch gut führen.

 

Männer gelten stereotyp als das starke Geschlecht. Der Gehirnforscher Gerald Hüther entlarvt in seinem Buch „Männer“ den dahinterliegenden Mechanismus. So sei das Balzverhalten bei den Menschen letztlich davon geprägt, dass Männer ihre Stärke und ihren beruflichen Erfolg herausstreichen, um damit bei den Frauen punkten zu können. Was passiert aber, wenn Frauen das gar nicht mehr so wichtig ist, da sie selbst erfolgreich sind? Haben Männer Angst, dass Frauen sie dann nicht mehr wollen?

 

Diese Angst kennen wohl beide Geschlechter und ja es verändert sich sehr viel. Das fordert uns alle und bietet unendlich große Chancen. Wir Männer haben da noch einiges aufzuholen! Daher meine Bücher und mein Anliegen, für Männer hier einen Rahmen zu schaffen, der es ihnen in einer wertschätzenden Art ermöglicht, durch echte Begegnungen hier dazuzulernen. Ich selbst habe davon über die Jahre enorm profitiert.

 

Wenn wir schon über Ängste bei Männern sprechen: was sind aus Ihrer Erfahrung aus 20 Jahren Männerberatung die Ängste, die viele Männer umtreiben?

 

Die Angst (erneut) verletzt zu werden. Die Angst vor der eigenen Kraft und damit zu verletzen, was nicht nur körperlich gemeint ist. Die Angst unter Männern nicht zu bestehen, als unmännlich da zu stehen. Das ist aber je nach Arbeits- und Lebensbereich mittlerweile sehr unterschiedlich. Im Kunst- und Kulturbereich ist das natürlich weniger Thema als in männlich geprägten Unternehmen. Letztlich wollen wir alle Anerkennung und Bestätigung – für das, was wir sind und tun. Aber insgeheim spüren viele Männer, dass ihre Art irgendwie aus der Zeit gefallen scheint und einen Aufbruch benötigen würde. Aber zu oft bleiben wir starr stehen oder laufen hektisch davon, bis es in irgendeiner Weise kracht.

 

Wie könnte ein besseres Miteinander von Frauen und Männern aussehen? Was braucht es dafür?

 

Mehr Selbsterkenntnis und Selbstannahme auf beiden Seiten. Verzeihen und Selbstverantwortungsübernahme, kein Wettlauf im Opferstatus. Ich denke, dass Frauen sich weiterhin und noch viel mehr stärken sollten und dass Männer mehr Kraft aus herzlichen wertschätzenden Begegnungen unter Männern schöpfen sollten. Wenn wir das lernen, können wir Menschen ganz wunderbar gemeinsam noch viel mehr erreichen. Dann können wir in vielen Bereichen offener und damit diverser werden. Das ist nicht umsonst in aller Munde, schließlich brauchen wir und unsere Welt neue Lösungen.

 

Herr Schneebauer. Ich danke Ihnen für das offene Gespräch.

 

Dr. Richard Schneebauer ist Autor, Dozent, Trainer und Vortragsredner und beschäftigt sich mit verschiedenen Rollen des Mannes, Beziehungsproblemen und Geschlechterrollen. Sein jüngstes Buch: Männerherz.

 

Das Interview führte Dr. Nadja Tschirner, Geschäftsführerin der Cross Consult GbR

Unternehmerin Ute Doetsch als Mutmacherin – von der Geschäftsführung zur Inhaberin

Interview mit Ute Doetsch, Geschäftsführerin der brandarena GmbH & Co. KG

 

  1. Die brandarena steht für Innovation, coole Ideen, modernes Auftreten und Agieren. Welchen Anteil haben Sie als Chefin an diesem Erfolg?

 

Das freut mich, dass brandarena mit diesen Attributen wahrgenommen wird. Den größten Anteil an dem Erfolg hat sicherlich das brandarena-Team. Unsere Aufgabe im Führungsteam ist es ein vertrauensvolles Umfeld zu schaffen und die Kolleg:innen zu motivieren. Mein Anteil daran ist es zu zu hören, Anstöße zu geben und neue Ideen zu fördern – und von den jungen Kolleg:innen zu lernen.

 

  1. Frau Doetsch, Sie haben den Schritt gewagt und gemeinsam mit Ihrem Geschäftspartner die brandarena übernommen. Damit machen Sie Frauen Mut ihren Weg zu gehen. Was hat Sie bewogen, diese Herausforderung anzunehmen?

 

Ich habe die brandarena schon seit 2003 gefühlt wie eine Unternehmerin geführt, obwohl ich “nur” Geschäftsführerin war. Das war möglich, da der ANTENNE BAYERN Vorstand mir vertraut hat und ich ausreichend Selbstvertrauen in meine Fähigkeiten entwickeln konnte.

Ein anderer, wichtiger Aspekt war auch, dass mein Lebenspartner mich sehr motiviert hat diesen Schritt zu gehen. Er hat viel Interesse an den Themen der brandarena. Ich kann ihn immer um Rat fragen und die Themen mit ihm diskutieren.

Das war eine gute Ausgangsbasis für die Übernahme.

Da ich dieses Jahr 55 Jahre alt werde, war es für mich auch sehr wichtig, das Unternehmen nicht alleine zu führen. Mit Marc Hörhammer (38 Jahre) habe ich einen perfekten Geschäftspartner gefunden. Er ist auch seit vielen Jahren ein Teil der brandarena, wir kennen uns lange und gut, schätzen uns sehr und haben die gleiche Leidenschaft für die Brandarena.

Altersdiversität und Geschlechtervielfalt im Management sind Erfolgsfaktoren und zu zweit sind viele Herausforderungen noch besser zu bewältigen.

 

  1. Als Mixed Leadership Team sind Sie Beide Vorbild und zeigen, dass Frauen und Männer gemeinsam Großes bewegen können. Wie gelingt es Ihnen, Diversität in Ihrem Unternehmen voranzutreiben?

 

Diversität ist ein wichtiges Thema. Je bunter ein Team ist, desto besser. In der Diversität eines Teams liegt die große Chance, unterschiedliche Blickwinkel und Erfahrungen offen auszutauschen und dabei neue Ideen zu finden. Dass dabei neue Arbeitszeitmodelle und Flexibilität gefragt sind, gehört dazu. Unser Ziel ist es ja, dass der Kunde happy ist und wir gemeinsam Freude an der Arbeit haben.

 

  1. Was braucht es aus Ihrer Sicht, dass man sich für andere Perspektiven und Ideen öffnet, damit Neues entstehen kann?

 

Wichtig ist erst mal, dass man bereit für Neues ist. Der Welt mit offenen Augen und Ohren begegnen. Man darf nicht auf dem Alten beharren. Ich mag das Zitat von Einstein: „Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben“. Als Führungskraft müssen wir zeigen, welche positiven Auswirkungen Neues haben kann – aber auch die Herausforderungen von Neuem müssen angesprochen werden.

Damit Neues entsteht, ist vernetztes Denken sehr wichtig. Daraus entsteht Kreativität und die erzeugt wiederum „Neues“. Das kann man richtig trainieren. Wertvolle Tipps dazu sind in dem Buch „Die Kunst des kreativen Denkens“ (Dorte Nielsen & Sarah Thurber) zu finden.

Sehr wichtig ist auch ein vertrauensvolles Umfeld. Jeder darf / soll seine Gedanken frei formulieren dürfen – egal wie verrückt sie sind. Ich habe schon oft erlebt, dass unsere sehr jungen Kollegen:innen, die noch in der Ausbildung sind, großartige Ideen haben, auf die wir so nicht gekommen wären.

 

  1. Eine Agentur zu leiten ist mehr als Führung und Organisation. Welche Fähigkeiten sind gefragt, wenn frau aus der Führungsrolle in die Unternehmerinnenrolle wechselt?

 

Das ist interessant was das Wort „frau“ mit mir macht. Mir fällt es schwer dies in diesem Kontext so in den Mittelpunkt zu rücken. Ich wünsche mir einfach, dass ich als Mensch (egal ob Mann oder Frau, homosexuell oder heterosexuell etc.) wahrgenommen werde. Allerdings verstehe ich natürlich, wie wichtig es ist Frauen für Führungspositionen zu motivieren. Das möchte ich auch unterstützen.

 

Aber jetzt zu Ihrer Frage:

Leidenschaft und Freude sind entscheidend. Meine Arbeitswoche endet nicht nach 40 Stunden. Die brandarena ist Teil meines Lebens, ich trenne hier nicht strikt.

Das große Ganze zu sehen und nicht immer jede Kleinigkeit so wichtig zu nehmen, muss ich auch immer wieder neu lernen. Als Unternehmerin kommen noch einige neue Aufgaben im Tagesablauf dazu. Ich bin ja für viele Aspekte des Unternehmens verantwortlich. Das ist eine noch größere Verantwortung, die ich aber gerne trage.

Ohne meine Disziplin wäre das für mich nicht möglich. Ich muss, Gott sei Dank, meinen inneren Schweinehund nicht überwältigen. Er darf regelmäßig mit mir zum Joggen an die Isar. Damit möchte ich sagen, dass es sehr wichtig ist, auch auf seine Fitness zu achten.

Und einfach ich sein, auch Frau sein. Ich bin gerne eine Frau. Ich brauche weder einen Hosenanzug noch hochhackige Schuhe, um Zeichen zu setzen.

 

Was hat Sie auf diesen Schritt vorbereitet? Was hat Ihnen geholfen, diesen neuen Weg zu gehen?

 

Es ist für mich kein neuer Weg, es fühlt sich eher als logische Folge der vorherigen Arbeit an.

Ich bin in einer Unternehmerfamilie aufgewachsen. Meine Eltern haben mich immer gefördert und mich motiviert, das zu machen was mir Freude bereitet. Mir ist heute erst bewusst was für eine großartige Unterstützung das war, um meinen eigenen Weg einzuschlagen.

Wichtig war sicher auch, dass ich mit 30 Jahren das erste Mal geschäftsführende Gesellschafterin in einer Agentur war und die Dotcom – Blase 2000 erlebt habe. Ich habe aus Fehlern gelernt und lerne immer weiter.

Hinfallen, Aufstehen, Krönchen richten, Weitergehen – und in den Spiegel schauen können. Für Werte einstehen. Dann läuft das.

 

  1. Sie selbst waren vor ein paar Jahren Mentorin im proMix-Programm für Frauen in Führung, das die IHK für München und Oberbayern mit Unterstützung von Cross Consult aufgesetzt hat. Hatten Sie selbst auch eine Mentorin?

 

Das ist ein großartiges Programm und sicher auch für Männer wichtig????.

Ich hatte viele Begleiter:innen und Unterstützer:innen – männlich und weiblich. Dafür bin ich sehr dankbar.

 

  1. Wer hat Sie auf Ihrem beruflichen Weg unterstützt? Wer hat Sie ermutigt, Ihren Weg zu gehen? Wer sind Ihre Vorbilder?

 

Der damalige Vorstand von ANTENNE BAYERN, Karlheinz Hörhammer, der mir 2003 die Chance gegeben hat, die brandarena als Geschäftsführerin weiterzuentwickeln war sicherlich mein größter
Unterstützer.

Ich bin sehr beeindruckt von Menschen, die sich bedingungslos für Andere einsetzen – das sind für mich Vorbilder. z.B. Flüchtlingshelfer oder Menschen, die für wenig Geld in der Pflege arbeiten. Ich bin überzeugt, dass es hilft, wenn wir uns nicht so wichtig nehmen. Das kann ich von diesen Vorbildern lernen und muss es mir immer wieder selber bewusst machen.

 

  1. Was braucht es aus Ihrer Sicht, um Frauen zu ermutigen, ein eigenes Unternehmen zu gründen und die eigene Komfortzone zu verlassen?

 

Eltern, Lehrer, Führungskräfte müssen das Selbstvertrauen von Frauen fördern. Ihnen zeigen, dass vieles möglich ist, es vorleben. Auch und besonders die Vereinbarkeit von Familie und Beruf – sowohl für Mann als auch für die Frau.

Entscheidend ist auch, dass Frauen im Laufe ihrer Schulbahn und beruflichen Entwicklung immer wieder die Chance auf Austausch mit Unternehmerinnen bekommen, z.B. eine Unternehmerin für einen Tag begleiten können.

 

  1. Was würden Sie jungen Frauen am Anfang ihres Berufslebens raten? Worauf kommt es aus Ihrer Sicht an?

 

Offen sein, viel fragen und hinschauen. Lieber etwas länger „ausprobieren“ als einen Job zu machen, der nicht erfüllt. Lieber mal scheitern und eine neue Aufgabe ausprobieren. Genau hin spüren, ob die Aufgabe erfüllt. Wichtig ist zu erkennen, dass wir selber viel mehr gestalten können, als wir zunächst denken.

 

Das Interview führte Dr. Nadja Tschirner, Geschäftsführerin der Cross Consult GbR

MutmacherInnen-Tipps in Krisenzeiten

Wir sitzen alle im selben Boot – im „Corona“-Boot. Ungläubig verfolgen wir in den vergangenen Tagen und Wochen die Geschehnisse, die unsere Freiheit in einem Umfang einschränken, wie wir das noch nie erlebt haben. Das betrifft nicht nur unsere Freizeit, das Reisen, die Arbeit, das geht ganz tief ins Privatleben. Kann ich Homeoffice machen, wie organisiere ich mich mit Kindern, welche Kontakte halte ich aufrecht, besuche ich meine Verwandte im Altenheim?
Wir stehen als gesamte Gesellschaft vor neuen Herausforderungen!

Können wir diese Krise nutzen, um alte Mechanismen etwa in der Kommunikation oder in unserem sozialen Leben zu verändern? Gibt es Bereiche, die wir radikal neu denken sollten? Es wäre zumindest wünschenswert, dass wir mit neuen Impulsen und Stärken aus dieser Krise kommen.

 

Wir stellen Ihnen hier interessante Aktionen und Links vor, die ihren Alltag vielleicht erfreuen oder erleichtern. Wir freuen uns, wenn Sie uns in einem Kommentar oder per Mail ebenfalls Ihre „Mutmacher“ oder innovative Ideen schicken, die wir hier darstellen! In diesem Sinne: #FlattenTheCurve!

 
Homeoffice
 

Und es geht doch

 
Das Wort Homeoffice ist gerade in aller Munde. Vor „Corona“ arbeiteten etwa 12 Prozent der Beschäftigen in Deutschland gelegentlich von zuhause, unter dem EU-Schnitt, so das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung. Jetzt scheint mutiert Homeoffice zum Allheilmittel, damit die Wirtschaft nicht komplett zusammenbricht. Aber MitarbeiterInnen können nicht einfach zum Homeoffice verpflichtet werden. Umgekehrt können sie ihre Arbeitnehmer auch nicht dazu verpflichtet.

 
Organisationspsychologin Jennifer Chatman erklärt auf tagesschau.de, wie der Umstieg auf das Homeoffice gelingt.

 

  • Wie Arbeit und Führung flexibler gedacht werden könnte, haben wir schon vor einiger Zeit in diesem Artikel aufgegriffen: Flexible Führung.

Wie das Arbeiten zuhause effektiver werden kann

Jetzt sind viele von uns im Homeoffice angekommen, aber zuhause am Schreibtisch sitzen ist das eine. Was ist, wenn dann die Kinder herumspringen und sich voller Energie über die ungewöhnlichen Zeiten freuen?  Auf Großeltern oder Spiel- und Lerngruppen kann man aufgrund der aktuellen Krise nicht zählen. Wie soll man da bitte konzentriert arbeiten? KiKA hat aus unserer Sicht nützliche Tipps zusammengestellt – wie beispielsweise Wochenplan, Zeiteinteilung oder Kommunikationsregeln. Hier Tipps zum effektiven Arbeiten zuhause. 

Dazu gibt es ein interessantes Interview von Kinder- und Jugendpsychotherapeut Dr. Christian Lüdke, der bestätigt: “Es ist für alle eine außergewöhnliche und schwierige Situation“ und ebenfalls mit praktischen Tipps unterstützt.

 

Kinderbetreuung

 

Hochkonjunktur beim Mathelehrer der Nation – Schulunterricht

Alle Eltern von kleinen und schulpflichtigen Kindern schwitzen. Wie sollen die nächsten Wochen gestaltet werden – ohne Kita, ohne Schule?

Schon seit 2011 erklärt Daniel Jung, der Mathelehrer Deutschlands, SchülerInnen und Eltern die Welt der Zahlen. Kostenlos können Interessierte nicht nur Mathe auch Biologie, Chemie oder Informatik in kurzen informativen Videos den Stoff erfassen, im eigenen Tempo und sehr prägnant erklärt.

 

Aber auch Geschichtsunterricht kann weiter unterhaltsam gelehrt werden
und für die englische Sprache empfehlen wir diese Plattform.
 
Eine sehr übersichtlich aufbereitete Lernseite hat ARD.de zusammengestellt. Sie ist gegliedert nach Vorschule, Grundschule, Mittel- und Oberschule und bündelt die Angebote aller öffentlich-rechtlichen Sender.

 
Freizeit zuhause gestalten

 

Fantastische Frauen – Lesetipp

Das letzte Treffen unserer Mitarbeiterin Tanja Anfang März führte nach Frankfurt. Dort zeigt (bis auf Weiteres geschlossen) die Schirn „Fantastische Frauen“. Tanja empfiehlt als literarische Abwechslung die Lektüre „Meine Schwester Frida“ von Bárbara Mujica – ein mitreißend erzähltes Portrait über eine faszinierende Frau und Künstlerin.
 

Durch die Museen der Welt

Schulangebote gibt es wie Sand am Meer. Aber beim Gang durch das „Digitale Klassenzimmer“ vom ZDF sind wir auf die Rubrik “Kunst” gestoßen. Und das ist sicher nicht

nur für Kinder und Jugendliche interessant. Ob Carl Spitzwegs „Der Witwer“, Lindberghs “Untold Stories” oder ein Gang über die Architekturbiennale: Für Kunstinteressierte ein spannender Gang durch Museen der Welt – von der Couch aus.

 

Gegen einsame Abende – Klavierkonzerte

Etwas Besonderes hat sich Pianist Igor Levit mit seinen Hauskonzerten einfallen lassen, die er täglich um 19 Uhr live spielt und auf Twitter überträgt. Auf wunderbare Weise hat er die auftrittsfreie Zeit genutzt, um auf digitalem Wege Musikliebhaber seine Kunst näher zu bringen, zu trösten, zu unterhalten.
https://twitter.com/igorpianist

 

 

Am 25. März aktualisiert. In Kürze erweitern wir die Liste, mit nützlichen Tipps und Anregungen in Zeiten der Corona-Krise. Gerne nehmen wir Ihre Anregungen auf!

 

Fünf Tipps, wie das Netzwerken für Sie zum Erfolg wird

Online wie offline – Netzwerken und besonders Frauen-Netzwerke sind an der Tagesordnung – auch in Unternehmen. Sie sollen zum Austausch dienen, der es erlaubt voneinander zu lernen, gesehen zu werden und sich gegenseitig Feedback zu geben. Im Ergebnis sollten Sie daraus Stärke beziehen und sich persönlich weiterentwickeln können.

Wir haben für Sie fünf Tipps, wie Frauennetzwerke für Sie nachhaltig nützlich sein können:

1. Sichtbarkeit üben

Unterschiede dürfen sein. Das ist ein zentrales Learning, welches Frauen aus Netzwerken mitnehmen können. Denn wenn ich erfolgreich sein will, werde ich das Risiko eingehen müssen, auch mal den Kopf auszustrecken und sichtbar zu werden. Ohne Sichtbarkeit keine Wahrnehmung. Das kann in Netzwerken ganz wunderbar geübt werden, über Formate wie Speed-Dating und Erfolgsberichte.

2. Einsames KämpferInnen-Dasein ablegen

Frauennetzwerke können dazu beitragen, dass Frauen erleben, dass sie mit ihrer Wahrnehmung in der Organisation nicht alleine dastehen, dass andere ihre Erfahrungen teilen. MitstreiterInnen zu haben, die sich ebenfalls das Ziel gesetzt haben, beruflich weiter zu kommen, ermutigt, dass man sich nicht selbst als einsame Kämpferin im großen Unternehmens-Universum erlebt.

3. Offene Kommunikation pflegen

Netzwerken dient idealerweise dem Erfahrungsaustausch und der Vertrauensbildung. Damit all das wirken kann, ist es aber wichtig, dass sich Frauen auch zu ihren Befürchtungen austauschen, wenn sie ein reines Frauennetzwerk gründen. Die Angst, Männer könnten sich benachteiligt fühlen, oder Frauen auch nur belächeln, schwingt häufig mit.

4. Geben und Nehmen

In einem Berufsnetzwerk geht es nicht in erster Linie um Freundschaften: Es geht um nützliche berufliche Beziehungen. Dennoch ist Netzwerken ein stetes Geben und Nehmen. Wird dieses Gleichgewicht gestört, entstehen Frustration und Konflikte. Und dann kann gleich auch mal geübt werden, dass es Sinn machen kann, sich gegenseitig zu unterstützen, auch wenn man sich als Konkurrentinnen erleben mag.

5. Know-who statt Know-how

Aus Know-who lässt sich beruflich oft weit mehr Nutzen ziehen als aus Know-how. Geschätzte 90 Prozent aller Geschäfte werden über Beziehungen vergeben und rund 70 Prozent der Führungspositionen unter der Hand besetzt. Wie gut, dass Sie dann stark vernetzt sind.

Ach ja, und ganz wichtig: unbedingt die organisatorische Last auf mehrere Schultern verteilen, denn sonst wird das Netzwerk aus Überlastung einzelner eingestellt. Frauen verstehen in der Regel den Sinn von Netzwerken, scheitern aber häufig am Faktor Zeit. Durch Familie und Beruf zeitlich sehr stark eingespannt, verzichten sie dann lieber auf die Teilnahme an Netzwerktreffen.

Ähnlicher Artikel: So entsteht ein Frauennetzwerk – am Beispiel der LVM Versicherung

Mehr über Frauennetzwerke erfahren Sie in „Clever aus der Abseitsfalle“ von Simone Schönfeld und Nadja Tschirner. 

EIN LEBEN OHNE PRÄSENZ UND WIRKUNG … IST KEIN GUTES … – Interview mit Karin Krug

„Nur 22 Prozent der deutschen Theater werden von Frauen geleitet – und noch weniger von Frauen gegründet. Karin Krug ist eine davon. Zusammen mit ihrem Kollegen Andreas Wolf aus der Schauspielschule gründete sie 1992 das fastfood theater München, eine der ersten Improvisationsbühnen des Landes, und leitet es seitdem sehr erfolgreich.

 

Studiert hat Karin Krug Theaterwissenschaft. Sie arbeitet als Schauspielerin, ist Deutsche Meisterin im Theatersport, tritt national und international auf und ist als Trainerin in Unternehmen und künstlerischen Bereichen tätig. Darüber hinaus ist sie Mentorin für Künstler*innen und Führungskräfte.

 

Auf der Theaterbühne geht es um Freude am Spiel, Improvisation und Präsenz. Aber auch im Unternehmenskontext ist es extrem wichtig, die „Bühnen“ für die eigene Sichtbarkeit und Präsenz zu nutzen – gerade auch von Frauen. Wie das gehen kann und wie ihre beruflichen Bühnen so aussehen, verrät uns Karin Krug in einem Interview.“

 

 

EIN LEBEN OHNE PRÄSENZ UND WIRKUNG

… IST KEIN GUTES …

Liebe Karin, du bist Schauspielerin und mit Deinem Improvisationstheater fastfood theater im gesamten deutschsprachigen Raum auf den Theaterbühnen und in Unternehmen tätig. Was bedeutet für Dich Präsenz?

Karin Krug (KK): Das ist natürlich ein großer Begriff. Ich definiere ihn in meinen Seminaren aber gerne sehr konkret als der „Moment, in dem Kommunikation stattfindet“. In diesem Moment hat jeder Mensch entweder eine Ausstrahlung, die seinen inhaltlichen und räumlichen Ausdruck unterstützt oder manchmal sogar verhindert. Wir „spüren“ den anderen mehr, als uns bewusst ist. Wir spüren, ob der andere an sich selbst glaubt, ob er gerne da ist, ob er Widerstände in sich trägt. Das „Spüren“ ist dabei eine intuitive Mischung aus Sehen, Hören, Fühlen und Riechen gepaart mit den eigenen schon erlebten Erfahrungen. Darum ist Präsenz auch subjektiv und objektiv wahrnehmbar. Und oft ist es eine bunte Mischung aus beidem. Einer Führungskraft unterstellen wir gerne mehr Präsenz – unabhängig davon, was sie tut oder spricht. Bei einer Frau in der Führungsrolle erwarten wir aber mitunter andere Präsenzmerkmale als bei einem Mann.

Generell ist meine Erfahrung, dass wir im gegenüber eine „angenehme Präsenz“ wahrnehmen, wenn er oder sie mit sich selbst im Reinen ist und unabhängig von den Erwartungen „authentisch“ anwesend ist. Dann nehmen wir den oder die andere als stimmig wahr. Ob uns das gefällt oder nicht, wir unterstellen der Person eine „natürliche“ Präsenz.

 

Was können wir vom Improvisations-Ansatz lernen? Sollen wir alle Theater spielen?

KK: Erst einmal stellt man schnell fest, dass jegliche öffentliche Präsenzsituation ein kleines Theater ist. Wir nehmen unsere Rolle im System ein und wirken durch die Rolle hindurch. Wir ziehen uns bei Präsentationen sehr bewusst an (im Theater ist es das Kostüm). Wir wählen unsere Worte bewusst (im Theater ist das der Text). Und wir sprechen über die Inhalte jenseits unserer ganz persönlichen und intimen Haltungen (im Theater ist das die Rolle). Wir sind nicht privat unterwegs, sondern im professionellen Kontext (im Theater ist das das Stück).

Wenn wir uns nun ansehen, wie Theater funktioniert, dann kann uns das helfen, unseren Handlungsspielraum innerhalb des beruflichen Kontextes zu erweitern. Wir können einen spielerischen Umgang mit unseren beruflichen Situationen finden und damit auch mehr Freude am Erforschen, was denn gerade passend sein könnte. Damit erhalten wir mehr Flexibilität und oft auch mehr Balance im eigenen Ausdruck.

 

Erzähle uns doch bitte ein wenig von Deinem Werdegang!

KK: Ich habe Theaterwissenschaften, englische Literaturwissenschaft und Sozialpsychologie studiert. Allerdings wollte ich immer Schauspielerin werden und immer im Live-Ort Theater. Während des Studiums habe ich das Improvisationstheater für mich entdeckt und mit Andreas Wolf (und 9 anderen Kommilitonen) das fastfood theater gegründet. Das war vor 30 Jahren. Seitdem habe ich nie aufgehört, mich an der Vielfalt, der Kreativität und der Handlungsstärke von Menschen in Teams zu begeistern. Ich habe viel geforscht, viel von meinem Wissen weitergegeben und mich auch selbst sicher oft verändert.

 

Was ist Gender für dich?

KK: Erst einmal ist es etwas, das ich erfahren und gelernt habe. Eine Möglichkeit, die ich nutzen kann und wo ich gut darin bin. Ich weiß z.B., wie Frau auf der Bühne wirkt und wirken kann. Als Schauspielerin weiß ich allerdings auch, dass ich auch gegen den Strom großartige Ausdrucksmöglichkeiten habe. Ich kann männlich und weiblich spielen und erhalte dabei ganz unterschiedliche Reaktionen. Ich weiß aber auch, dass das Geschlecht sich erst nach dem Menschen-Sein formt. Erst einmal sind wir Menschen. Alle haben das gleiche (nicht dasselbe) Handwerkszeug, mit dem sie präsent sein können. Erst dann wirkt das Geschlecht – sei es sozial, real oder virtuell. Und es ist meine Entscheidung, wie sehr ich es in den Vordergrund meiner Ausstrahlung nehme. Menschen mit hoher Wirkkraft gehen sehr souverän mit ihren Mitteln um. Sie entscheiden bewusst, was sie wie einsetzen, um gut in ihre eigene individuelle Wirkung zu kommen. Da ist Gender ein nützliches, nicht zu leugnendes, doch genau zu dosierendes Mittel.

 

Wie kann uns Improvisationstheater helfen, einen flexiblen Umgang mit unserer eigenen Präsenz zu bekommen?

KK: Improvisationstheater ist teamorientiert, humorvoll, agil, spielerisch, ernsthaft, wahr und macht sehr viel Spaß. Es ist also ein fruchtbarer Erfahrungsraum, in dem ich auch mal Scheitern darf und ganz viele Erfahrungen sammeln kann, die sich körperlich einprägen. Präsenz hat sehr viel mit Erfahrung zu tun. Unser Körper lernt nicht durch Denken, sondern durch Tun. Improvisationstheater ist einfach ein tolles Training.für Präsenz in allen Lebenslagen.

 

Warum gerade jetzt dieses Thema?!

KK: Vor 25 Jahren habe ich für meine Magisterprüfung in Sozialpsychologie ein sehr komplexes Genderthema gewählt. Für mich war das eine Offenbarung. Später dachte ich, jetzt haben wir das gesellschaftlich endlich hinter uns und jede und jeder kann spielerisch mit ihren und seinen Geschlechteranteilen umgehen – auch im professionellen Kontext. Ich musste in den letzten Jahren erkennen, dass dem leider immer noch nicht so ist. Frauen und Männer spüren noch immer die Genderthemen als Hürde oder auch als Vorsprung. Doch überall entsteht zur Zeit der Wille nach Veränderung. Sowohl in den Chefetagen der großen Firmen als auch in den Teams. Gerade für uns Frauen öffnen sich große Chancen uns neu zu definieren und zu positionieren. Und das sollten wir nutzen. Und zwar mit Leichtigkeit, Humor und Freude an der Variation.

 

 

Am 27./28.04.2020 startet dazu unser neues Seminar „Professionelle Präsenz – Wirkungsvoll durch Körpersprache und Stimme”.

 

Hier finden Sie mehr Informationen zu diesem Seminar

 

Interview: Dr. Tanja Haupt

 

Weiteres zum Thema Auftreten:

 

Das gewisse Auftreten Interview mit Irene Bärtle

herCAREER – Das MFF auf der Leitmesse für weibliche Karriereplanung

herCAREER…

…die etwas andere Karrieremesse für Frauen, befasst sich mit allen Aspekten einer weiblichen und familiären Karriereplanung. Vom 10. – 11. Oktober 2019 können Sie uns und viele andere Unternehmen auf der herCAREER Leitmesse für weibliche Karriereplanung besuchen! Weibliche Professionals – sei es mit oder ohne Führungsverantwortung – finden hier attraktive Arbeitgeber, die sich ausdrücklich für Chancengleichheit und Frauen im Management engagieren, sowie zahlreiche Angebote zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zu Weiterbildungsmöglichkeiten und rund um das Thema Existenzgründung. Auch wir sind in diesem Jahr mit einem Stand vertreten und und legen unser Fokus in diesem Jahr auf ein ganz besonderes Thema:

 

 

mutmacher.in – female empowerment

Unser Ziel ist es, Frauen zum Nachdenken anzuregen: Welche Frau hat mich ermutigt? Wen habe ich ermutigt und wie kann ich andere ermutigen? Das sind Fragen, die sich jede Frau stellen sollte. Denn für ein erfolgreiches Netzwerk und Erfolg und Well-Being im Berufsalltag ist Empowerment unter Frauen enorm wichtig. Gerade in männerdominierten Berufsfeldern oder Positionen neigen viele Frauen dazu, sich eher als Konkurrenz denn als Verbündete wahrzunehmen. Aber wieso eigentlich?

Diesen Fragen wollen wir auf der Messe und bei unserer Facebook-Aktion auf den Grund gehen! Dafür suchen wir noch Teilnehmerinnen, die gerne sichtbar werden wollen. Sie fühlen sich angesprochen, sind selbst mutmacher.in oder wurden in Ihrem Berufsleben von einer Frau ermutigt? Melden Sie sich gerne hier bei uns und erzählen Sie uns davon!

 

 

Karriere-Meet Ups


 

Dr. Sabine Hölter-Koch – Karriere in der Wissenschaft

Drei mutmacher.innen konnten wir sogar für unsere Karriere-MeetUps gewinnen. Am Donnerstag, 10. Oktober 2019 von 10:00 – 10:45 Uhr können Sie sich mit Frau Dr. Hölter-Koch vom Helmholtz Zentrum zum Thema wissenschaftliche Karriere austauschen. Die Neurobiologin hat es sich in Ihrer Funktion als Doktorandenbetreuerin schon lange zur Aufgabe gemacht, Nachwuchswissenschaftler*innen zum ermutigen. Eine Perspektive in der Wissenschaft scheint für viele junge Menschen aufgrund hoher Selbstzweifel unmöglich. Dr. Sabine Hölter-Koch ermutigt und informiert über die unterschiedlichen und vielfältigen Wege, eine Karriere in der Wissenschaft zu gestalten.

 

 

 

 

Karoline Pilawa – “Meine Stelle gab es damals noch gar nicht”

Karoline Pilawa startete nach der Schule eine Ausbildung zur Erzieherin – heute ist sie Team Leaderin der Organisationsentwicklung beim ADAC. Die ehemalige Leistungssportlerin liebt Herausforderungen und ging schon immer ihren ganz eigenen Weg. Als Werkstudentin beim ADAC sammelte sie Erfahrungen in der Personalentwicklung, nach dem Masterabschluss verwirklichte sie ihre eigenen Projekte im Unternehmen. Warum New Work für sie das ideale Konzept ist und inwieweit sie im Changemanagement agiert, erzählt Karoline Pilawa im Karriere-MeetUp am 10.10.2019 von 12:00 – 12:45 Uhr.

 

 

 

Corinna Walther – Digitalisierung in der Pflege

Durch den demographischen Wandel wird es in den nächsten Jahren zu Personalmangel und gleichzeitig zu einer Steigerung der pflegebedürftigen Personen kommen. Die Digitalisierung bietet in der Pflege Möglichkeiten, um das daraus entstehende Gap zu schließen, stellt den Bereich Pflege jedoch auch vor neue Herausforderungen. Wie Digitalisierung in der Pflege eingesetzt werden kann und was das für Mitarbeiter*innen bedeutet weiß Corinna Walther, Fachbereichsleiterin für die ambulante Pflege beim Caritasverband e.V. in München. Sie können mit Frau Walther am 11.10.2019 von 15:00 – 15:45 Uhr in den Dialog treten.

 

Tickets für die Messe gibt es hier!

 

herCAREER kompakt

Wann?

Do. 10.10.2019 von 09:00 – 17:30 Uhr und Fr. 11.10.2019 von 09:30 – 16:30 Uhr.

Wo? 

MTC world of fashion – Haus 1 (silver)
Halle 1 – 4
Taunustraße 45 · Ingolstädter Straße 45
80807 München

 

Unsere Karriere Meet Ups:

Do. 10.10.2019 10:00 – 10:45 Uhr  – Dr. Sabine Hölter-Koch, Helmholtz Zentrum München

Do. 10.10.2019 12:00 – 12:45 Uhr – Karoline Pilawa, ADAC

Fr. 11.10.2019 15:00 – 15:45 Uhr – Corinna Walter, Caritasverband e.V.

Sie können sich für Veranstaltungen auf unserer Facebookseite anmelden. Wir freuen uns auf Ihr Kommen!

 

 

Nachgefragt: Topsharing und Elternzeit – kann das funktionieren? Dr. Clara Kronberger und Nicole Gargitter von den Stadtwerken München im Interview

Vor einiger Zeit interviewten wir Frau Dr. Kronberger und Frau Nicole Gargitter schon einmal. Die beiden Frauen leiten zusammen den Bereich “Telekommunikation” bei den Stadtwerken München. Damals war Frau Kronberger bereits Mutter, heute ist Frau Gargitter in Elternzeit. Doch wie funktioniert Topsharing, wenn eine der beiden Führungskräfte plötzlich ausfällt? Welchen Herausforderungen sahen sich die beiden gegenüber? Und wie hat das Unternehmen das Modell weiterhin unterstützt? Diese und weitere Fragen beantworten die beiden Führungsfrauen im Interview mit dem MFF. 

 

Frau Kronberger, zum Zeitpunkt des letzten Interviews war Ihre Tochter drei Jahre alt, weshalb Sie sich bewusst für ein Teilzeitmodell mit 50% entschieden haben. Wie gestaltet sich das nun, da Frau Gargitter in Elternzeit ist? Wie haben sich die Anteile von Frau Gargitter neu verteilt?

Clara Kronberger (CK): Für die Zeit in der Nicole in Elternzeit ist, war klar, dass ich meine Stunden beträchtlich aufstocken werde. Derzeit arbeite 36h, also eher vollzeitnahe Teilzeit. Natürlich kann ich mit 36h nicht den gesamten Workload unserer bisherigen 60h abdecken. Wir haben allerdings einige Neuverteilungen vorgenommen z.B. haben wir zeitaufwendige Projektleitungen an Projektleiterinnen z.T: auch aus anderen Abteilung abgegeben. Außerdem haben wir noch während der Anwesenheit von Nicole Strukturen geschaffen die eine Verteilung der Aufgaben auf mehrere Schultern erlauben und auch nach der Rückkehr von Nicole zur Entlastung des Managements weiter beitragen können.

Nichts desto trotz bleiben natürlich auch ein paar Dinge liegen. Es ist in unserem Unternehmen nicht ungewöhnlich, dass Elternzeiten von Führungskräften durch kommissarische Übernahme der Leitungsposition von bereits vorhandenen Mitarbeitern ausgeglichen werden. Dann legen wir eben mehr Wert auf die Prio A und auf Führungsthemen und verschieben Prio B Themen. Zusätzlich gibt es nun auch eine Vertretung für die TK-Leitung. Bisher konnten wir uns gegenseitig vertreten und so war „die TK-Leitung“ nie im Urlaub. Für die Zeit von Nicoles Abwesenheit vertritt die TK-Leitung bei Abwesenheit (z.B. meinem Urlaub) ganz klassisch eine unserer Teamleitrinnen.

 

 Wie haben sich die Aufgabenbereiche neu verteilt?

CK: Es ist uns wichtig, dass wir weiterhin als Führungstandem gesehen werden, daran ändert auch eine zeitweilige Abwesenheit von Nicole nichts. Wir stehen auch zu strategisch relevanten Themen (und auch privat) weiterhin in engem Kontakt. Für die Zeit ihrer Abwesenheit bedeutet das allerdings, dass ich die Verantwortung für alle Themen der TK-Leitung übernommen habe. Ich delegiere allerdings Projektthemen, Terminteilnahmen und Ausarbeitungen z.T. an unseren technischen Referenten oder die einzelnen Teamleiter. Spezielle Aufgaben die besonders mit Nicoles Person verknüpft waren, hat sie gesondert umverteilt.

 

 Frau Gargitter, war der Schritt für Sie, in Elternzeit zu gehen, von vornherein klar oder haben Sie lange überlegen müssen, wie Sie diese Zeit gestalten?

Nicole Gargitter (NG): Ja, es war für mich klar, dass ich Elternzeit in Anspruch nehmen werde. Allerdings habe ich lange mit meinem Partner überlegt, wie wir diese Zeit gestalten bzw. unter uns aufteilen. Ich konnte mir vor der Geburt meiner Tochter nicht vorstellen, wie ich mich als Mutter fühlen werde bzw. welche Verteilung zwischen der Betreuung meiner Tochter und der Berufstätigkeit ich mir wünsche. Ehrlicherweise weiß ich das auch heute noch nicht so genau. Nach einer schlaflosen Nacht, nach der ich aktuell um ca. 4:30 Uhr die Vöglein zwitschern höre und den Morgen willkommen heiße, kommt es vor, dass ich mir wünsche, mit meinem Partner tauschen zu können und in die Arbeit gehen zu dürfen. J Ich denke, ich hadere wie jede Frau, die gerne in die Arbeit geht, mit der Vereinbarkeit der beiden Rollen – „Mutter“ und „Berufstätige“.

 

 

Und dabei geht es nicht nur um die organisatorische Vereinbarkeit; auch emotional bin ich noch dabei dies mit mir zu vereinbaren. Man möchte eine „gute Mutter“ sein und für dieses kleine Wunder, das man auf die Welt gebracht hat, da sein, und gleichzeitig merkt man, dass nur „Muttersein“ einen nicht erfüllt. Die Gesellschaft (Kollegen, Freunde etc.) spiegeln einem mit entsprechenden Aussagen zudem, dass es noch nicht „normal“ ist, dass Mutter und Vater sich gleichermaßen um die Betreuung der Kinder kümmern. Für mich persönlich hat sich in den ersten Wochen nach der Geburt herausgestellt, dass, so sehr ich meine Tochter auch liebe, mir die Arbeit und der Austausch mit den Kollegen sehr fehlen. Deshalb werde ich im August – nach zwei Monaten Mutterschutz und einem Monat Elternzeit – für einen Monat Vollzeit in die Arbeit gehen. In diesem Monat nimmt mein Partner Elternzeit und kümmert sich unter Tags um unsere Tochter. Ab Oktober komme ich Teilzeit in Elternzeit zurück; zunächst für ca. 2 Tage pro Woche und ab nächstem Mai, wenn unsere Tochter 1 Jahr wird und wir einen Kita-Platz gefunden haben, werde ich auf 30 Stunden in der Woche aufstocken. Ich bin sehr dankbar, einen Freund und Eltern an meiner Seite zu haben, die mich dabei unterstützen.

 

Zum Zeitpunkt des letzten Interviews stand ja auch schon im Raum, dass Frau Gargitter vielleicht einmal Kinder bekommen möchte. Haben Sie oft über dieses Szenario miteinander gesprochen und schon im Vorfeld Fragen und Organisatorisches geklärt oder haben Sie erst das Gespräch gesucht, als klar war, dass nun eine Veränderung ansteht?

CK: Ist es ja so, dass sich nicht alles mit Sicherheit vorherplanen lässt. Daher haben wir das Thema nur allgemein im Vorfeld besprochen. So war z.B. immer klar, dass unser Modell auf eine 30h/30h Teilzeit Teilung abzielt. Aber auch, dass dies nur dann wirklich spruchreif wird, wenn sich tatsächlich auch Nachwuchs bei Nicole ankündigt.

NG: Wie Clara sagt, haben wir erst dann ganz konkret über das Szenario gesprochen, als ich schwanger war. Mir erschien es davor nicht richtig, etwas zu planen, das ggf. gar nie eintreten wird. Man ist bei so etwas ja auch etwas vorsichtig. Als es allerdings dann soweit war, haben wir – ähnlich wie vor unserer Bewerbung auf die gemeinsame Führungsposition – ziemlich oft darüber gesprochen, wie wir die Zeit gestalten wollen, wie wir die Themen und Projekte aufteilen und welche Erwartungshaltung bzgl. Kommunikation untereinander in dieser Zeit besteht.

 

 Welchen Herausforderungen standen Sie beide gegenüber, als klar war, dass Frau Gargitter in Elternzeit gehen wird?

NG: Für mich gab es zwei große Herausforderungen. Zum einen musste ich lernen, mir wichtige Projekte und Themen „loszulassen“ und an Kollegen zu übergeben. Dies ist mir spätestens nach der Geburt meiner Tochter gut gelungen – ich hatte schlichtweg keine Zeit mehr, um an den Themen dran zu bleiben oder E-Mails zu lesen. So ein kleines Wesen ist wirklich ein Fulltimejob. J

Zum anderen war mir vor der Geburt meiner Tochter nicht so ganz klar, wieviel Abstand zur Arbeit ich tatsächlich möchte. Deshalb konnte ich auch Clara nicht verbindlich mitteilen, in welchen Abständen ich über die Arbeit und den aktuellen Stand informiert werden möchte. Wir haben uns dann darauf verständigt, dass wir definieren, zu welchen Themen sie mich informiert bzw. bei welchen Themen wir weiter gemeinsam Entscheidungen treffen. Diese Vorgehensweise hat bisher gut funktioniert.

 

CK: In meinem Fall war klar, dass sich meine Aufteilung von Privat- und Berufsleben gravierend ändern würde. Bisher war ich nachmittags nicht mehr für das Tagesgeschäft verantwortlich – ich konnte zwar an meinen Themen weiterarbeiten aber ich musste nicht mehr verfügbar sein. Dies hat sich nun natürlich geändert. Zum einen arbeite ich jetzt einfach mehr Stunden, zum anderen verteile ich sie nach wie vor so, dass ich nachmittags (bis auf einen Wochentag) Zeit für meine Tochter habe. Das heißt aber natürlich, dass ich die Stunden abends dranhängen muss und auch nachmittags für dringende und wichtige Themen erreichbar bin.

Wir haben gerade gegen Ende der Schwangerschaft viele Gespräche geführt um die gegenseitigen Erwartungen und Wünsche zu verstehen und in Einklang zu bringen. Während ich lieber die Dinge plane und mich dann darauf festlege, ist für Nicole Flexibilität ein wichtiger Faktor, daher mussten wir beide viel Fingerspitzengefühl und Empathie aufbringen.

 

 Was ging Ihnen vor und während der Veränderungen durch den Kopf?

NG: Ich habe mich sehr über die Schwangerschaft gefreut und bin nun unglaublich glücklich, eine gesunde Tochter zu haben. Allerdings machen mir die Veränderungen auch heute noch etwas Angst. Man ist mit Kind deutlich fremdbestimmter als ohne. Es war mir klar, dass ich einen Teil meiner Freiheiten, die ich ohne Kind hatte, zunächst aufgeben muss z.B. spontane Treffen mit Freunden, Arbeiten ohne auf die Uhrzeit schauen zu müssen, spontane Urlaube etc. Tatsächlich fällt es mir immer noch etwas schwer, anzunehmen, dass nun Windeln wechseln und Füttern meinen Tagesablauf bestimmen und kaum Zeit für einen selbst oder die Beziehung bleibt. Das mag sehr egoistisch klingen, ist aber das Gefühl, das mich durchaus öfter beschleicht, wenn wir im Rhythmus der Schlafenszeiten unserer Tochter unsere Tage und Nächte verbringe. Auf unser Topsharingmodell bezogen war mir klar, dass ich mich auf Clara verlassen kann und hatte deshalb bezüglich der Führungsaufgabe unseres Bereiches keine Bedenken für meine Abwesenheit. Mir ging eher bereits durch den Kopf, wie es wohl wird, wenn ich in Teilzeit zurückkomme. Es stellen sich plötzlich ganz neue organisatorische Fragen für unser Modell.

CK: Ich habe mich sehr für Nicole gefreut, dass sie diese außergewöhnliche Erfahrung: Mutter zu werden, machen kann. Ich war auch gespannt auf die neue Herausforderung in Teilzeit allein verantwortlich zu sein. Auf der anderen Seite war mir schon klar, dass es ein Kraftakt werden würde und ich den täglichen Austausch mit Nicole sehr vermissen werde.

 

 Wie waren die Reaktionen des Umfelds und welche Unterstützung haben Sie von Seiten des Unternehmens erhalten, um die neue Situation zu gestalten?

CK: Unser Umfeld hat sehr positiv reagiert. Die Kollegen haben mir das Gefühl gegeben, dass sie mir die Erweiterung meiner Aufgaben zutrauen. Und gerade in so einer Situation, in der eine Führungskraft für mehrere Monate ausfällt oder ihre Arbeitszeit reduziert, liegt die Stärke des Topsharing Modells, denn die andere Führungskraft kann ohne große Einschwingphase übernehmen.

Unsere Vorgesetzten haben uns die maximale Unterstützung gewährt: sie haben uns das Thema selbst und eigenverantwortlich ausgestalten lassen und alle unsere Entscheidungen (Zeitdauer der Elternzeit, Themenverteilung, Arbeitszeitverteilung, etc.) so wie wir sie getroffen haben unterstützt. Das Credo war: ihr müsst euch mit euren Entscheidungen wohl fühlen und der Laden muss laufen. Diese Flexibilität rechne ich den Stadtwerken hoch an.

NG: Es haben sich alle sehr für mich gefreut und mir gratuliert. Zudem war es schön, von den Kollegen gespiegelt zu bekommen, dass ich ihnen fehlen werde und sie sich auf meine Rückkehr freuen. Einige Kollegen hatten Sorge, dass ein Teil meiner Aufgaben und Arbeitszeit auf ihre Schultern verteilt wird. Ich denke, diese Sorge konnten Clara und ich ihnen schnell nehmen, als wir ihnen die Verteilung der Themen und Projekte, die bisher bei mir lagen, vorgestellt haben. Wir haben z.B. unsere Teamleiter in diese Entscheidung eingebunden und sie nach ihrer Meinung gefragt. Wie Clara bereits sagte, haben uns unsere Vorgesetzten maximale Freiheit gelassen, diese Situation für uns zu gestalten. Die Offenheit der Führungskräfte – ein Topsharingmodell immer wieder an neue Gegebenheiten anzupassen – hat wesentlichen Einfluss auf den Erfolg solcher Modelle. Unsere Führungskräfte bzw. die SWM haben uns hierbei stets unterstützt.

 

 Was bedeutet die neue Situation für das Topsharing Modell?

NG: Es ist zwar eine neue Situation für uns bzw. das Modell, jedoch denke ich, dass weiterhin die gleichen Dinge wichtig sein werden. Dies ist v.a. der persönliche Austausch, um dem Topsharingpartner die eigenen Erwartungen und Wünsche offen mitzuteilen. Nur so kann dauerhaft ein Modell geschaffen werden, das beiden zusagt und in dem wir uns beide wohl fühlen und das Beste für das Unternehmen leisten können. Jeder muss das Modell an die eigene Situation und die eigenen Bedürfnisse anpassen. Clara und ich schaffen dies durch viele persönliche Gespräche. Organisatorisch werden wir nach meiner Rückkehr natürlich ein paar Änderungen vornehmen müssen. Wir müssen die Aufteilung der Arbeitszeit neu regeln und somit auch der Themen und Projekte.

CK: Mit jeder größeren Veränderung in so einem Modell muss man sich bewusst sein, dass auch wieder eine Findungsphase zwischen den Tandem Partnern eintritt. Es ist ja nicht so, als ob Nicole nach einigen Monaten wieder Vollzeit zurückkommt und alles wieder so wird wie vorher. Das Modell muss atmen und sich an unsere beiden Bedürfnisse und Notwendigkeiten anpassen. Aber uns ist bewusst, dass diese Anpassung kein Selbstläufer ist, wir lassen uns weiterhin von einem Coach begleiten und gehen sehr viel in persönlichen Austausch – das war immer unsere Stärke und wird es weiter sein.

 

 Hat sich das Verhältnis zu den Mitarbeiter*innen geändert, seit Frau Gargitter in Elternzeit ist und wenn ja, wie?

CK: Ich habe jetzt einen häufigeren Austausch mit den Mitarbeitern zu einer größeren Bandbreite an Themen. Das ist natürlich dem geschuldet, dass ich nun nahezu alle Themen der TK-Leitung selbst verantworte. Wir haben ein tolles Führungsteam bei TK, und ich empfinde die Kollegen als große Stütze, gerade in der jetzt sehr arbeitsintensiven Zeit. Aber ich würde nicht sagen, dass sich unser Umgang oder unser Verhältnis sehr stark verändert haben.

 

Das Interview führte Anna Karger

“Im IT-Bereich oder wo auch immer. Den Ausschlag gibt am Ende das Herzblut, das man mitbringt” Interview mit Dr. Pamela Herget-Wehlitz

Die IT sorgt dafür, dass der Laden läuft. Die MTU Aero Engines ist bei technischen Neuerungen zudem immer eine Nasenspitze voraus, scheint es. Wie machen Sie das?

Wir entwickeln die entsprechenden Softwaretools in vielen Geschäftsbereichen zum Großteil selber. Wir arbeiten hier grundsätzlich sehr eng mit den Fachbereichen zusammen. Die Fachbereiche kennen ihre Arbeitsprozesse und wir steuern die IT-Technologie dazu. Das ist unser Grundverständnis.

Durch den Einsatz von Softwaretools ist es zum Beispiel möglich, frühzeitig die Triebwerksfunktion oder die Funktion der einzelnen Bauteile zu simulieren. Ein großer Teil der IT-Arbeit findet auch im Produktionsumfeld statt. Hier versuchen wir, die Prozesse soweit wie möglich zu automatisieren, also die Maschinenbetreuung sozusagen „mannlos“ zu machen. Es geht aber auch um die Frage, wie man die Daten aus der Maschine nutzen kann, um die Qualität der Bauteile abzusichern. Stichworte sind hier Datenanalyse und Prozessdatenmanagement. Auch im Maintenance-Bereich geht es sehr stark um Automatisierung bzw. um Effizienzsteigerung im Prozess. Im administrativen Bereich gilt das Gleiche. Im Vordergrund steht auch hier, der Versuch die Effizienz der Prozesse zu steigern.

 

Wie sind Sie in die Position gekommen, in der Sie heute tätig sind? Was waren die entscheidenden Schritte bzw. Wegmarken?

Ich bin keine Informatikerin, sondern Quereinsteigerin. Ich habe Luft- und Raumfahrttechnik studiert und damals vor knapp 34 Jahren im Bereich Aerodynamik bei der MTU angefangen. Dort habe ich unter anderem auch Rechenverfahren entwickelt und programmiert. Nach verschiedenen Stationen und zehn Jahren in der Autoindustrie, wo ich mich auch mit Simulationsverfahren beschäftigt habe, bin ich dann vor fast 20 Jahren wieder zur MTU zurückgekommen. In meiner neuen Position habe ich zunächst die Verantwortung für die Konstruktion übernommen. Große Themen waren damals Computer Aided Design und die Datenverwaltung, Stichwort Produktdatenmanagement. Ich habe dann anschließend die Verantwortung für die Einführung des Produktmanagementsystems übernommen und war nach dem Projekt dann sieben Jahre als Qualitätsleiterin tätig. Vor vier Jahren habe ich dann die Leitung des Bereiches IT übernommen.

Ein solcher Lebensweg, der über verschiedene Stationen und Disziplinen in höhere Hierarchieebenen führt, ist heute keineswegs selten

 

Als Quereinsteigerin bringen Sie da noch andere Sachen mit, eben gerade weil Sie nicht den geraden Weg gegangen sind. Gibt es etwas was Sie einbringen gerade, weil Sie woanders herkommen?

In meiner jetzigen Position profitiere ich von meiner Erfahrung im Bereich der Aerodynamik und von meiner Erfahrung in der Entwicklung von Rechenverfahren. Es hilft auch, dass ich auf meinem Weg über mehrere Stationen schon viele Bereiche im Unternehmens kennen gelernt habe. Im Qualitätsbereich haben wir z. B. sehr eng mit der Produktion zusammengearbeitet. Den Engineering-Bereich kenne ich sowieso aus langjähriger Tätigkeit in diesem Bereich. Die Breite der Erfahrung, die ich auch teilweise außerhalb der MTU sammeln konnte, ist natürlich sehr hilfreich.

 

Sie sind sehr gut vernetzt im Unternehmen. Gab es denn spezifische Netzwerke, die Ihnen weitergeholfen haben?

Damals, zu der Zeit als ich in Führung gegangen bin, da waren Netzwerke noch nicht en vogue. Oder anders gesagt, hat man da zumindest nicht Netzwerk dazu gesagt. Was mich schon immer weitergebracht hat,  ist der Kontakt zu den Kollegen. Die MTU ist ja ein noch vergleichsweise übersichtliches Unternehmen verglichen mit Großkonzernen. Ganz viele Kollegen sind schon sehr lange im Unternehmen. So wie ich auch. Da wächst man natürlich über die Jahre zusammen. Bei uns geht ganz viel über einen unkomplizierten Austausch. Auch die Hierarchien sind relativ durchlässig. Das ist charakteristisch bei der MTU.

 

Sie haben sich mehrmals als Mentorin im Cross-Mentoring München engagiert, drei Mal sogar. Gab es in Ihrem Leben Vorbilder, Role Models oder eine Mentor*in, die Sie in Ihrem Berufswunsch oder in Ihrem Werdegang unterstützt haben?

Das gab es. Nur hat man damals nicht von Mentoren gesprochen. Auf meinem Lebensweg gab es einige Personen, die mich beobachtet, unterstützt und gefördert haben. Sozusagen ein wenig die Hand über mich gehalten haben. Das fing in der Schule schon an. Ich hatte einen sehr guten Mathelehrer. Der hat mich aktiv gefördert, als er mitbekommen hat, dass ich Luft- und Raumfahrttechnik studieren will. Das war sein persönlicher unverwirklichter Studientraum. Er hatte sehr viel Freude daran, mit mir diesen Weg zu gehen.

Und im Beruf hatte ich zwei, drei Vorgesetzte, die mich besonders unterstützt haben. Sie haben mich in Situationen gebracht, in denen ich die Komfortzone verlassen musste, haben mir die Gelegenheit gegeben, ein größeres Projekt zu leiten und so „sichtbar“ zu werden, vielleicht auch mal einen wichtigen Vortrag vor größerem Publikum zu machen. Es gab also durchaus Personen, die meine Entwicklung unterstützt haben.

 

Wenn man annimmt, dass sich das Arbeitsleben mit der Digitalisierung verändert und die IT aus fast keinem Beruf mehr wegzudenken ist: bringt die Digitalisierung eine positive Veränderung für Frauen in der Berufswelt? Können Sie da Anzeichen erkennen? Was würden Sie als Prognose wagen, wird sich da etwas verändern, im Verhältnis, oder auch im Interesse von Frauen? Oder darin, dass Frauen sich stärker dem MINT-Bereich zuwenden oder sich für ein Studium entscheiden?

Ich glaube, dass Frauen ihre Studienwahl recht rational betreiben und die Entscheidung tendenziell weniger emotional fällen als Männern. Mit der Digitalisierung überlegen sich kluge Frauen sicher, ob sie nicht den Studiengang Informatik wählen, um damit auf Dauer einen guten Arbeitsplatz und eine gute Perspektiven zu haben. Das könnte ich mir zumindest durchaus vorstellen.

Digitalisierung wird zudem noch ganz andere Dinge verändern. Uns eröffnen sich neue Möglichkeiten mobil , zum Beispiel von zu Hause aus zu arbeiten. Das Stichwort Remote-Arbeiten bzw. mobiles Arbeiten wird immer mehr Raum einnehmen. Das ist natürlich ein Thema, das Frauen, aber durchaus auch Männern, grundsätzlich entgegen kommt. Es ist ein Gewinn für alle, dass man den Arbeitstag nicht von acht bis siebzehn Uhr in der Firma verbringen muss, sondern auch von zuhause arbeiten kann und damit den Anforderungen im privaten Umfeld eher gerecht werden kann. Die IT ist der Enabler dafür, dass sowas überhaupt passieren kann.

 

Welche Maßnahmen ergreift die MTU noch, speziell um mehr Frauen zu gewinnen, in einem Bereich, in dem Fachkräfte ganz dringend gesucht werden? Fahren Sie da auch Kampagnen, um direkt Frauen anzusprechen oder auch zu ermutigen, sei es ein duales Studium bei Ihnen anzufangen oder für eine Ihrer Positionen zu gewinnen?

Wir haben bei MTU über längere Zeit hinweg ein Projekt durchgeführt mit der speziellen Zielsetzung, den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen. Und aus diesem Projekt resultierten eine ganze Menge an Maßnahmen. Es fängt ganz banal damit an, dass wir unsere Stellenanzeigen generell überarbeitet haben. Wir haben das Wording eher so gestaltet, dass sich auch mehr Frauen angesprochen fühlen. Da gibt es Unterschiede. Frauen finden bestimmte Begriffe unattraktiv und bewerben sich dann schlichtweg nicht. Die Idee hier war die Anzahl von Bewerbungen von Frauen zu erhöhen. Das hat auch gut funktioniert.

Darüber hinaus versuchen wir natürlich auch, Frauen gezielt in Richtung Führung zu entwickeln. Zentral sind hier die Mentorings, die wir seit Jahren durchführen. Die MTU engagiert sich natürlich im Cross-Mentoring München. Die Zielgruppe des Programms sind hier ja explizit Frauen. Ergänzend dazu haben wir auch interne Mentorings gemacht, auch speziell für Frauen.

Zudem sind wir dabei, unser internes Frauennetzwerk neu aufzusetzen und mit einer Neuorientierung zu verstetigen. Wir haben auch ein Studiennetzwerk, die Studienstiftung für Frauen. Da fördern wir Absolventinnen, junge Frauen, die die ersten Stationen im Unternehmen schon durchlaufen haben. Das ist auch ein Mentoring-Projekt, wo wir die Frauen weiter begleiten und außerdem noch Fördermöglichkeiten anbieten in Form von bestimmten Weiterbildungen. Wir sagen hier bewusst `das könnte unser Nachwuchs sein`. Wir wollen diese Studentinnen an uns binden, nicht aus dem Auge verlieren und letztendlich für uns gewinnen.

 

Welche Eigenschaften und Kompetenzen sollen Frauen mitbringen, die gerne im Bereich IT und Digitalisierung bei der MTU arbeiten wollen? Was sind die gesuchten Schlüsselqualifikationen?

Wir planen eine neue Recruiting-Kampagne zum Thema IT, weil wir viele Stellen im IT-Bereich zu besetzen haben. Wir suchen vor allem Leute mit Informatik-Hintergrund oder vergleichbarer Qualifikation. Im Prinzip haben wir auch kein Problem mit Quereinsteigern.

Wichtig ist, dass die Kandidaten sehr gut mit dem jeweiligen Fachbereich zusammenarbeiten können. Das müssen alle mitbringen. Die Zielsetzung im IT-Bereich ist, dass wir die Anforderungen der Anwender verstehen und daraus dann Spezifikationen erstellen, die dann wiederum in der Programmierung umgesetzt werden. Wir suchen in erster Linie keine Programmierer, sondern Leute, die diesen Transfer sicher stellen. Das ist natürlich sehr spannend und macht den Kollegen immer viel Freude, da sie damit sehr nah an den Prozessen und damit auch am Produkt dran sind. Am Ende sehen sie den Erfolg ihrer Arbeit und zufriedene Kunden. Insofern braucht man eine gewisse Neugier und ein grundsätzliches Dienstleistungsverständnis, mit den Willen dem Fachbereichen helfen zu wollen, indem man die passende IT für sie baut.

 

Ist da auch ein spezifisches Wissen, eine Nähe zum Fachbereich Voraussetzung?

Wir erwarten nicht, dass jemand ein duales Studium hat und sich in Produktionstechnik UND Informatik auskennt. Ein gewisser technischer Hintergrund oder eine Affinität zu den administrativen Prozessen ist wichtig. Aber die meisten Dinge kann man bei uns lernen, daher sind uns Neugier und Interesse wichtig. Wir suchen vor allem Menschen, die länger bei uns bleiben, denn Kontinuität ist uns sehr wichtig. Wir sind davon überzeugt, dass wir ein toller Arbeitgeber sind und einiges zu bieten haben.

 

Sie sagen, Sie suchen langfristig Leute. Was machen Sie denn um Leute zu entwickeln ? Was gibt es für Entwicklungsmöglichkeiten bei der MTU? Was für Möglichkeiten gibt es speziell für Absolvent*innen?

Wir machen sehr viel interne Weiterbildung. Für jeden, der bei uns an Board kommt, gibt es zunächst ein individuelles Einarbeitungsprogramm. Das sieht zunächst verschiedene interne Kurse vor. Dann natürlich aber auch sehr stark training on the job. Ganz klar. Die Kolleg*innen bekommen am Anfang schon Aufgaben und erste kleine Projekte, die werden dann immer größer, bis sie dann schließlich eigenverantwortlich die größeren Sachen stemmen.

Bei der Einführung neuer Technologien, beispielsweise dem neuen SAP Release, senden wir unsere Mitarbeiter auf externe Weiterbildungen und die einschlägigen Kurse. Das können wir im Haus gar nicht abbilden. Für den Führungsnachwuchs haben wir spezielle Führungstrainings, die dann je nach Ebene verschiedenen ablaufen. Hierbei handelt es sich um Zeitspannen zwischen zwei und drei Wochen, die mit verschiedenen Themenfeldern gefüllt werden.

 

Wir haben viel dazu gehört, was eine Beschäftigung bei der MTU so interessant macht. Wieso haben Sie sich denn für den IT-Bereich entschieden? Sie sind ja erst mal in eine andere Richtung gegangen, haben noch eine Kurve genommen. Was begeistert Sie speziell im IT-Bereich?

Das ganz tolle am IT-Bereich ist, dass wir durch die Digitalisierung unheimlich viel bewegen und gestalten können. Wir hatten, glaube ich, noch nie so viele neue Technologien am Markt: Mobile Geräte, Spracherkennung, Augmented Reality, das ganze Thema Big Data. Wir sind dabei, eine neue Produktionshalle zu bauen und überlegen, die Halle mit 5G ausstatten, also dem neuen Hochgeschwindigkeitsnetz. Da bewegt sich wahnsinnig viel, auch im Consumer-Bereich, was dann überschwappt in die Industrie. Wir haben daher derzeit viele unheimlich spannende Projekte. Wir haben eine riesige Nachfrage durch die Fachbereiche. Die IT hat mittlerweile auch einen höheren Stellenwert. Wir sind nicht nur diejenigen, die fast geräuschlos die Infrastruktur bereit stellen. Wir sind auch der Enabler. Wir helfen den Fachbereichen bei der Umsetzung ihrer Ziele. Man merkt an vielen Stellen, dass wir riesige Sprünge machen durch die neue Technologie. Das macht es einfach irre spannend bei uns.

 

Wie können Sie Ihre persönlichen Stärken einbringen, in die Position, in die Aufgaben? Wie konnten Sie dieses Stärken einsetzen, um in diese Position zu kommen? Wie konnten Sie sich durchsetzen?

Ich denke, den wesentlichen Ausschlag gibt, dass mir die Arbeit wirklich immer Spaß macht, dass ich in einem Bereich arbeite, wo ich wirklich Freude habe. Wenn man Freude hat an der Arbeit, dann geht man auch die Extrameile. Ich war immer von Neugier angetrieben. Ich wollte immer mehr lernen und habe dann immer noch  ein weiteres Projekt übernommen. Es war immer mein Antrieb mich breit aufzustellen. Und jetzt, wenn ich als Vorgesetzte merke, dass junge Menschen sich interessieren und auch sichtbar werden wollen und am Ende auch bereit sind mehr Verantwortung zu übernehmen, dann ist das eine richtig tolle Sache.

 

Unser Blog heißt „Mutmacher.in“ und Sie eine der Mutmacher.innen, die dem Blog ein Gesicht geben. Wie würden Sie andere Frauen ermutigen, die in die gleiche Branche möchten? Welche Tipps würden Sie ihnen geben?

Im Lauf der Karriere muss sich jeder die Frage beantworten: was will ich denn eigentlich? Will ich eine Expertenfunktion einnehmen und eine Fachlaufbahn anstreben oder ist mir Führung wichtig. Diesen Weg muss man dann auch konsequent gehen. Es ist auch sehr wichtig, eine positive Einstellung und gewisse Flexibilität zu haben, denn es läuft meistens nicht alles geradlinig. Das heißt man muss manchmal ein paar Niederlagen einstecken können, und dann eine gewisse Standfestigkeit haben und sich trotzdem nicht unterkriegen lassen. Und immer mit Überzeugung dabei sein, ich glaube, das ist das Wichtigste. Wenn man keine Freude an dem hat, was man tut, dann macht man es eben auch nicht gut. Das strahlt dann sofort in die Umgebung ab.

Man muss einfach eine Liebe zu seinen Aufgaben mitbringen. Sagen können, `es interessiert mich und es macht mir Freude mich in diesem Bereich in neue Themen einzugraben`. Im IT-Bereich oder wo auch immer. Den Ausschlag gibt am Ende das Herzblut, das man mitbringt.

Was nicht wirklich förderlich ist, ist Perfektionismus. Insbesondere Frauen tendieren manchmal dazu zu sagen, ´Jetzt muss ich erst noch diesen Kurs machen und jenes noch lernen und den dritten Schein und den fünften, und dann auch noch den Auslandsaufenthalt absolvieren`. Und dann reicht’s aus ihrer Sicht immer noch nicht, sich um eine Stelle zu bewerben. Also haben Sie Mut zur Lücke und das Selbstvertrauen, zu sagen `die schließt sich dann schon`. Niemand bringt von VORNHEREIN 100 Prozent aller Voraussetzungen mit. Denken Sie daran, wenn ein neues Projekt oder die nächste Beförderung ansteht. Stehen Sie zu sich selbst und sagen Sie, `wenn ich das wirklich möchte, ich mir sicher bin, ich habe Freude daran, dann mache ich das. Ich gehe aus der Komfortzone raus und bin bereit dazu‘.

 

Vielen Dank für das Interview, Frau Dr. Herget-Wehlitz.

Interview: @Cross Consult

 

Interview mit Dr. Karin Thelen – Leitung der Qualitätssicherung der Stadtwerke München

Jeder Münchner Bürger ist in seinem Alltag schon direkt oder indirekt mit den Stadtwerken in Berührung gekommen. Sei es der Strom aus der Steckdose oder das nächstgelegene Freibad. Dr. Karin Thelen leitet die Qualitätssicherung der Stadtwerke München. Zur Qualitätssicherung gehört eine Material- und Schweißprüfungsabteilung, ein Trinkwasserlabor und ein Labor, das die chemischen Prozesse in den Kraftwerken der SWM überwacht. Karin Thelen und ihr Team leisten somit Tag für Tag einen wichtigen Beitrag dazu, dass sich die Infrastruktur in München reibungslos bewegt. Und auch intern bei den Stadtwerken engagiert sich die gebürtige Münchnerin aktiv.

 

Frau Dr. Thelen, Sie sind im Vorstand des Frauennetzwerk der Stadtwerke. Was macht denn ein Frauennetzwerk?

Das Ziel des Frauennetzwerkes ist es die Frauen im Unternehmen zu vernetzen, Frauen zu fördern, sie sichtbar zu machen und zu empowern. Zentral sind alle Themen, die die Frauen bei uns im Unternehmen bewegen.

Ein wichtiges Thema ist hier z.B. das Aufzeigen von Entwicklungsmöglichkeiten für Frauen, aber auch zu wissen welche Möglichkeiten bieten die SWM als Arbeitgeber um Beruf und Familie zu verbinden. Denn unser Unternehmen tut hier sehr viel und schafft durch flexible Arbeitszeitmodelle, eine Kita, Hortplätze und Unterstützung durch Familien- und Pflegedienste, mobile Arbeitsmöglichkeiten viele Optionen die genutzt werden können. Über dieses Angebot Bescheid zu wissen ist gerade für Frauen wichtig, denn oftmals müssen sie den Spagat zwischen der Pflege von kranken Kindern oder Angehörigen und den Herausforderungen im Job meistern. Das Netzwerk bietet hierfür eine sehr gute Möglichkeit zur Vernetzung und zum Austausch. Mittlerweile sind mehr als 200 Frauen aktiv dabei und setzen verschiedenste Projekte um und tragen so zur übergreifenden Vernetzung des Unternehmens bei.

 

Sie engagieren sich zu diesem Thema nicht nur bei den Stadtwerken München. Im Herbst letzten Jahres haben Sie als Role Model bei einem Karriere-Meet-Up des Memorandums für Frauen in Führung von Ihrem Karriereweg berichtet. Was war Ihre Motivation sich bei der Karrieremesse herCAREER zu engagieren?

Ich finde es persönlich sehr wichtig, dass man durch Vorbilder Wege aufzeigt, die bereits erfolgreich gegangen wurden. Insbesondere auch für naturwissenschaftlich/technische Bereiche in denen bis jetzt noch nicht so viele Frauen vertreten sind. Dieses soll verdeutlichen, dass Bedarf für Frauen in diesen Bereichen besteht, dass Frauen hier auch Karriere machen können, wenn sie dieses möchten und dass es sehr viele verschiedene Möglichkeiten gibt um diese Wege zu beschreiten. Dazu ist es sehr wichtig persönlich aktiv zu werden und sich Gelegenheiten zu suchen die einen Austausch mit Erfahrungsträgern ermöglichen, z.B. bieten hier die herCAREER oder andere Veranstaltungen und Netzwerke eine sehr gute Plattform.

Denn meine Erfahrungen in den letzten Jahren haben gezeigt, dass Frauen tendenziell häufiger an sich zweifeln und sich Dinge eher zutrauen wenn sie selbst davon überzeugt sind, diese zu 100 % zu erfüllen können. Zweifel kann man aber leichter reduzieren, indem man mehr Transparenz über die Erwartungen schafft, aufzeigt dass man in Rollen hinein wächst und diese nicht vom ersten Moment ausfüllen muss und kann, aber auch den Mut braucht „ja ich will“ zu sagen, wenn sich eine Möglichkeit ergibt.

Das heißt, in der Quintessenz, dass sich Frauen proaktiv austauschen sollen, sich nach Wegen für die eigene Entwicklung umsehen sollen und Chancen ergreifen sollen.

 

Sie sind Mikro- und Molekularbiologin. Wieso haben Sie sich für diesen Weg entschieden?

Dass ich in die Naturwissenschaften möchte, das war mir schon relativ früh klar. Als Schülerin habe ich mich schon immer sehr für Biologie und Chemie interessiert. Und auch die Vertiefung im Biologie-Leistungskurs und im Chemie-Grundkurs hat mich darin weiter bestärkt.

Während des Studiums war es mir immer wichtig auch praktische Erfahrung in der Industrie zu sammeln und so habe ich sehr früh als studentische Mitarbeiterin in einem StartUp angefangen, welches sich zu einem kleinen mittelständischen Unternehmen (KMU) entwickelt hat.

Ich war dann tatsächlich auch 15 Jahre dort und bin von der Praktikantin bis zur Leiterin der Forschung und Entwicklung aufgestiegen. Ich konnte in dieser Zeit sehr viel lernen und habe dabei viele verschiedene Industrien sowie deren Bedürfnisse und Herausforderungen kennen lernen. Insbesondere habe ich hierbei auch meine Managementkompetenz weiter ausgebildet, weil ich den kompletten Value-Chain-Prozess kennen gelernt habe, von der Entwicklung, über das Produktdesign und die Produktion, bis hin zur Vermarktung und Vertrieb von innovativen Produkten und Dienstleistungen über alle Industrien hinweg.

 

Wie sind Sie denn vom StartUp zu den Stadtwerken gekommen?

Nach der Erfahrung in einem Start-Up und KMU war es für mich sehr reizvoll die Perspektive zu wechseln und für einen großen Konzern zu arbeiten. Und bei den Stadtwerken hatte ich die Gelegenheit einen Bereich zu modernisieren und über eine umfassende Reorganisation neu auszurichten. Das hat mich sehr gereizt, weil ich hier alle meine Fähigkeiten einbringen konnte und vor allem auch den Freiraum zur Gestaltung hatte.

Dieser Perspektivwechsel war natürlich auch eine Herausforderung, denn Transformationsprozesse sind grundsätzlich kein Selbstläufer – man braucht sehr viel Fingerspitzengefühl, Geduld und Führungskompetenz, um die Stakeholder mitzunehmen und keinen Performanceverlust zu riskieren Zudem sind in einem Konzern die Strukturen gewachsen, die Teams meist sehr heterogen, hinsichtlich der Motivation, der Altersstruktur, der Kenntnisse. Das zu bewegen und dabei die Mitarbeiter zu motivieren, das war nicht ganz einfach. Aber es ist mir sehr gut gelungen.

 

Welche persönlichen Eigenschaften bringen Sie mit, um in Ihrem Bereich erfolgreich zu sein? Was erwarten Sie von Mitarbeiter*innen, die eine Führungslaufbahn einschlagen wollen?

Ich bin Managerin und Naturwissenschaftlerin. Das passt sehr gut zusammen, denn so kann ich das Beste aus beiden Welten verknüpfen. Als Naturwissenschaftlerin denke ich analytisch, komme sehr gute mit komplexen Fragestellungen zu recht und treibe Innovationen voran. Als Managerin setze ich diese in Geschäftsmodelle um und trage damit zum wirtschaftlichen Erfolg bei und gestalte aktiv die Entwicklung meines Unternehmens. Das ist meine Leidenschaft und meine Motivation.

Als Führungskraft ist es zudem sehr wichtig, dass, man gerne mit Mitarbeitern zusammenarbeitet und die Mitarbeiter*innen nach ihren Stärken einsetzt. Dass man die Ziele des Unternehmens für sie herunterbricht und sie damit an der Umsetzung der Unternehmensvision partizipieren lässt. Dass man den Mitarbeiter*innen auch Wissen weitergibt, sie fördert und fordert und dass man das richtige Handwerkszeug hat. Bei meinen Führungskräften, die hier im Bereich agieren, ist mir auch wichtig, dass wir alle das gleiche, dem SWM Führungsleitbild entsprechende Führungsverständnis haben. Das wir uns aufeinander verlassen können und gegenseitig Rückendeckung geben und integer, wertschätzend und verlässlich sind.

 

Was würden sie Frauen raten, die Karriere im MINT-Bereich machen wollen? Wie möchten Sie sie ermutigen?

An erster Stelle sollten Frauen die Berufsbilder wählen für die sie brennen und die ihnen Spaß machen und sie sollten sich nicht davon abschrecken lassen, dass es vielleicht im Moment noch nicht so vielen Frauen in diesen Berufen gibt. Dann würde ich Frauen empfehlen sich auszutauschen, z.B. über Netzwerke und sich auch Erfahrungsträger*innen und Mentoren*innen zu suchen. Wenn man ähnliche Probleme hat oder vor ähnlichen Herausforderungen steht, merkt man, dass es vielleicht jemanden gibt, der diese schon gemeistert hat und der vielleicht sagt „probier`s doch mal so“ und dann platzt der Knoten.

Meine Passion, mein Gestaltungsinteresse und die Lust mich kontinuierlich weiter zu entwickeln waren immer mein persönlicher Antrieb. In meinem beruflichen Werdegang habe ich meine Entwicklung immer sehr aktiv gestaltet. Ich möchte alle anderen Frauen auch ermutigen aktiv zu werden und sich für die Dinge einzusetzen, die sie bewegen möchten. Denn Frauen machen gerne den Fehler, dass sie warten bis jemand kommt und ihre Leistung erkennt. Aus meiner Erfahrung hat sich gezeigt, dass gute Leistung aber auch das konkrete Ansprechen und die Bereitschaft Gelegenheiten zu ergreifen der richtige Weg sind, um sich zu entwickeln.

Auch das Cross-Mentoring Programm, dass Sie firmenübergreifend steuern ist hier eine hervorragende Möglichkeit und viele Münchener Unternehmen, die SWM fast seit Beginn, sind hier schon dabei. Deshalb kann ich nur empfehlen: Vernetzen Sie sich, seien Sie offen, ergreifen Sie die Initiative und gestalten Sie Ihren Weg aktiv.

 

Vielen Dank für das Interview, Frau Dr. Thelen.

Interview: Veronika Schmid, Cross Consult